Protokoll der Sitzung vom 19.11.2009

Vielleicht entsteht durch die persönliche Grundeinstellung von dem, der da die Verantwortung trägt, für uns die Chance, die Probleme, die sich aus der Situation ergeben werden, so gering wie möglich zu halten. Da werden alle konstruktiv mitarbeiten müssen, vor allem auch die Stadt Frankfurt, weil dort immerhin 10 % der Menschen Hessens leben.

Schauen wir uns einmal an, was die GRÜNEN vorgeschlagen haben. Sie haben nur die Alternative Verfassungsänderung genannt. Wir haben einen eigenen Dringlichen Antrag eingebracht und haben in diesem immerhin deutlich gemacht, dass wir uns dafür einsetzen und dass wir mit einer Bundesratsinitiative versuchen wollen – das

sehe ich wie Herr Bocklet –, dass wir zumindest mehr Optionskommunen kriegen und dass die, die diesen Weg weiterentwickeln wollen, das können.

Es gibt Arbeitsgemeinschaften, da hat die Agentur sozusagen das erste Sagen. Daneben gibt es Arbeitsgemeinschaften, in denen haben die Kommunen schon mehr das Ruder übernommen. Denen sollte man die Möglichkeit geben, sich zu Optionskommunen weiterzuentwickeln.

Man muss die Realität akzeptieren. Die Realität ist: Wir werden die Verfassung in dieser Hinsicht in absehbarer Zeit nicht ändern können. Also müssen wir schauen, wie wir am besten weiterkommen. Da gibt es nur zwei Möglichkeiten. Man kann versuchen, mit dem Bundesministerium konstruktiv zusammenzuarbeiten und eine vernünftige Lösung hinzubekommen. Die zweite Möglichkeit ist eben, es auch anderen Kommunen zu ermöglichen, sich in Optionskommunen umzuwandeln. Das ist der Weg, den wir in Hessen zu gehen versuchen.

Wenn wir zur Kenntnis nehmen, dass eine Verfassungsänderung nicht machbar ist, dann kann ich nur sagen: Ich sehe keinen anderen Weg.

Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss Ihrer Rede kommen.

Ich denke, wir werden das Thema im Ausschuss sehr intensiv diskutieren. Ich hoffe, dass wir uns da noch hinsichtlich der Frage ein bisschen näherkommen, was man da machen kann.Mein Angebot dazu steht.Meine Grundhaltung ist klar.Wenn jemand einen klugen Vorschlag hat – außer dem, zu sagen: „Wir machen eine Verfassungsänderung“; denn die ist meiner Ansicht nach momentan politisch nicht durchsetzbar –, dann möge er ihn machen. Ich werde ihn gerne prüfen und nach Möglichkeit unterstützen. – Danke.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Herr Kollege Rock, schönen Dank. – Zu einer Kurzintervention hat sich Herr Bocklet zu Wort gemeldet.

Herr Kollege Rock, die Frage ist nicht nur rhetorisch gemeint.Warum versuchen Sie nicht wenigstens, eine politische Lösung über die Änderung des Grundgesetzes zu erreichen? Wer hindert Sie, das zu versuchen?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie der Abg. Petra Fuhrmann (SPD) und Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Das war der erste Punkt.

Zweitens. Wenn Ihre Meinung in der Koalition aus CDU und FDP in Berlin vorherrschend wäre, dass die Lage so aussichtslos ist – das ist so resignativ – und dass man keine Grundgesetzänderung hinbekommt, dann frage ich Sie: Warum haben Sie nicht die Kraft aufgebracht, die Öffnung der Optionsklausel in Ihren Koalitionsvertrag hin

einzuschreiben? – Das ist aus Ihrer Sicht die einzige politische Alternative.

Wir GRÜNEN haben hinsichtlich der Frage:„Was ist besser, die Arbeitsgemeinschaft oder die Optionskommunen?“,einen langen Weg hinter uns.Wir haben gesagt:Die Trägerschaft ist immer die sekundäre Frage. Wichtig ist, dass man eine Lösung hat, bei der alles aus einer Hand kommt. Das ist bei einer Optionskommune der Fall.

Wenn man es nicht schafft, zu einer Änderung des Grundgesetzes zu kommen, wird das dazu führen, dass am 31. Dezember 2010 bei 13 Arbeitsgemeinschaften die Lichter ausgehen.Wenn man es nicht schafft, das Grundgesetz zu ändern, dann muss man das bundesgesetzlich hinbekommen. Es muss dann eine Klausel geben, die es den Kommunen erlaubt, mehr zu optieren.

Das steht aber nicht im Koalitionsvertrag. CDU und FDP haben in diesem Punkt versagt. Ich frage Sie: Warum? – Das erklärt sich keinem.

Sie haben das jetzt noch einmal gesagt. Man erhält das Gefühl: Sie leben im Tal der Ahnungslosen.

Herr Rentsch, jetzt einmal ernsthaft. Wir haben 13 Arbeitsgemeinschaften. Es gibt sie von Nord- bis Südhessen. Sie beginnen mit den Planungen zur Zerschlagung ihrer Organisationsstruktur. Sie haben gar keine andere Wahl.

(Patrick Burghardt (CDU): Das stimmt doch gar nicht!)

Herr Burghardt, doch, das ist so. – Wenn Sie zum 1. Januar 2011 zwei Behörden aufbauen müssen, können Sie nicht am 31. Dezember 2010 damit beginnen. Sie müssen jetzt mit der Schaffung der Organisationsstruktur mit zwei Einheiten beginnen.

Ich meine das jetzt ernst. Nehmen Sie den Telefonhörer in die Hand, und rufen Sie die Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaften an. Die schlagen die Hände über dem Kopf zusammen angesichts dessen, was da auf sie zukommt. – Sie sind ahnungslos.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Michael Siebel (SPD))

Sie sind ahnungslos. Ich habe Ihnen zunächst einmal unterstellt, dass Sie politisch umgefallen sind, weil Sie noch mehr Optionskommunen in Hessen wollten.

Sie haben es nicht hinbekommen, dass das im Koalitionsvertrag steht.

Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss Ihrer Rede kommen.

Ich komme zum Schluss meiner Rede. – Jetzt stellt sich heraus, dass es ganz offensichtlich fehlender politischer Wille, gepaart mit grober Ahnungslosigkeit ist. Das werden 180.000 Arbeitslose in Hessen auslöffeln müssen. Ich wünsche da gute Verrichtung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie der Abg. Petra Fuhrmann, Michael Siebel (SPD) und Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Herr Kollege Bocklet, vielen Dank. – Zur Erwiderung erhält nun Herr Kollege Rock das Wort.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Bocklet, ich bin mir sicher, dass ich nicht im Tal der Ahnungslosen lebe. Denn ich erkundige mich vor Ort und mache mich damit kundig.

Ich glaube, ich habe mit meinen Aussagen klargemacht, wo wir stehen. Sie nehmen nicht zur Kenntnis, dass diese Landesregierung einen Gesetzentwurf zur Änderung der Verfassung eingebracht hatte, der eben nicht mehrheitsfähig war. Mehr kann man nicht tun.

Wir haben mit unserem Dringlichen Antrag etwas klargemacht. Lesen ist keine Schande. Lesen kann weiterbilden.

(Günter Rudolph (SPD): Man muss es auch verstehen!)

Lesen Sie unseren Dringlichen Antrag. Da steht doch etwas zu den Optionskommunen.

Im Koalitionsvertrag steht, dass die jetzt vorhandenen Optionskommunen gesichert sind. Es steht da aber nicht, dass es künftig keine weiteren geben wird.

Sie machen sich die Welt, wie sie Ihnen gefällt. Passen Sie auf. Dann werden Sie sehen, was die Jungs in Berlin alles auf den Weg bringen. Danach diskutieren wir weiter. – Danke.

(Beifall bei der FDP)

Herr Kollege Rock, vielen Dank. – Für die Landesregierung hat sich Herr Minister Banzer zu Wort gemeldet. Herr Minister, bitte.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, wir werden in den nächsten Wochen – das wird sehr bald beginnen – über entsprechende Gesetzesvorschläge des Bundesministers zu diskutieren haben. Ich glaube, dass man zu Beginn die Positionen sehr deutlich machen muss.

Die entsprechenden sechs Zeilen in der Koalitionsvereinbarung gefallen mir nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Sie gefallen auch der Landesregierung nicht. Denn das steht im Widerspruch zu unseren Aktivitäten, die wir gemeinsam beschlossen haben. Wir haben dazu etwas im Bundesrat eingebracht. Wir wollten die Änderung des Grundgesetzes erreichen. Sowohl Frau Kollegin Lautenschläger als auch ich haben uns in den entsprechenden Ministerkonferenzen sehr eindeutig für eine Änderung des Grundgesetzes ausgesprochen.

Es sind sechs von 6.200 Zeilen. Es ist nun einmal so, dass es bei einem Interessenausgleich zwischen Land und Bund und einem Interessenausgleich zwischen drei Par

teien passieren kann, dass man am Ende nicht mit jedem Wort einer Koalitionsvereinbarung einverstanden ist.

Ich will das nur gesagt haben, damit wir uns nicht in den Diskussionen, die wir in den nächsten Wochen und Monaten über die Ausführung dessen, was in der Koalitionsvereinbarung steht, zu führen haben, pausenlos mit diesen Diskussionen aus der Vergangenheit beschäftigen. Deswegen habe ich das so deutlich gesagt.

Ich wäre aber dankbar, wenn alle ehrlich wären. Herr Bocklet, da könnten Sie ein bisschen nachbessern. Wir hätten nämlich den ganzen Schlammassel nicht, wenn damals die Wünsche der CDU, als es um die Hartz-IV-Gesetze ging und wir die Struktur mit den Optionskommunen natürlich als bundesweite Konzeption haben wollten, nicht am erbitterten Widerstand der SPD und der GRÜNEN, die damals die Bundesregierung stellten, gescheitert wären. Da ging es Ihnen nicht anders, als es uns heute geht. Deswegen seien Sie ehrlich, und tun Sie nicht so, als wäre das alles eine wahnsinnig aufregende Geschichte.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Ministerpräsident Roland Koch hat sich da verdient gemacht. Er hat um jede einzelne Option gerungen, bis er die 69 Optionen zusammenhatte. Das ist ein merkwürdiger Kompromiss. Das war nämlich die Zahl der Stimmen im Bundesrat.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja.