(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie haben die Gutachten nicht erhalten – aber die Mitarbeiter sind schuld, dass sie nicht dagegen protestiert haben? Das wird ja immer schlimmer!)
Die OFD erhielt nur das Ergebnis im Hinblick auf die Dienstunfähigkeit. Die nunmehr durch die Presseinformation bekannt gemachte Entscheidung des Verwaltungsgerichts Gießen liegt uns nicht vor und ist auch wohl noch nicht abgefasst. Daher kann das Urteil auch noch nicht kommentiert werden. Nach Rechtskraft werden wir eine Entscheidung über die Folgerungen aus diesem Urteil vornehmen, nicht vorher. Bei objektiver Betrachtung leuchtet das sicher ein. – Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich begrüße es sehr, dass Minister Weimar hier als Erster Stellung genommen hat. Denn dadurch kann man die Argumente und das Verfahren in Rede und Gegenrede sehr gut bewerten.
Herr Minister, Sie haben die Amtsverfügung eingeführt und Ihre Interpretation davon gegeben. Selbst wenn diese Interpretation der Amtsverfügung richtig ist, so war das subjektive Empfinden der Steuerfahnder doch ganz anders.
Das waren auch nicht nur vier. Zunächst waren es 45 oder 43 Steuerfahnder, die sich getroffen und gesagt haben, das kann nicht das Ergebnis unserer Arbeit sein – dass eine solche Amtsverfügung in die Welt gesetzt wird. Die hatten dieses Gefühl – selbst, wenn es objektiv nicht so gewesen sein sollte; darüber kann man lange streiten. Übrigens hat damals auch ein Staatsanwalt eine andere Bewertung vorgenommen. Selbst wenn es objektiv so gewesen sein sollte, subjektiv hat diese Amtsverfügung manchem Steuerfahnder – wie soll ich sagen? – das Rückgrat gebrochen und bei ihm das Gefühl erweckt, er solle kaltgestellt und aus diesem Verfahren herausgenommen werden.
Ich kann nur wiederholen: Nachdem die Beamten remonstriert hatten, nachdem sie gesagt hatten, diese Amtsverfügung ist falsch, und als einige hartnäckig blieben und darauf bestanden,diese Amtsverfügung sei falsch,wurden sie in einer Art und Weise, wie ich das in der hessischen Verwaltung noch nie erlebt habe – darauf bestehe ich und werde das auch immer wieder sagen –, drangsaliert, schikaniert,kaltgestellt und am Ende zwangspensioniert.Dieses Verfahren können Sie als Dienstherr überhaupt nicht verteidigen, ganz im Gegenteil.
Schikane.Die erste Schikane bestand darin,dass sie,nachdem sie remonstriert hatten, abgeschoben wurden. Steuerfahnder, die ihre Arbeit super erledigt haben, immer gesund, die viele Millionen Euro eingenommen haben und im Bankenverfahren belobigt worden sind, wurden auf einmal in eine neu gegründete Rechtsstelle geschickt, wo sie überhaupt nichts zu tun hatten. Dort waren sie 10 oder 15 Leute und hatten überhaupt nichts zu tun.Dabei gab es – wie Sie selbst sagten – Hunderte, Tausende von Fällen, die hätten bearbeitet werden sollen. Dennoch wurden sie abgeschoben.
Dagegen ist dann einer der Steuerfahnder vorgegangen. Was war das Ergebnis? Das Verwaltungsgericht Frankfurt hat festgestellt, an diesem Disziplinarverfahren ist überhaupt nichts dran, es ist willkürlich eingeleitet worden.
Auch das ist doch ein Beleg dafür,wie gegen diese Beamte vorgegangen wurde: Blindwütig wurde gegen sie vorgegangen.
Dann hat ein Prozess begonnen, in dem sie immer weiter an den Rand geschoben wurden. Natürlich hat das Auswirkungen. Ich wüsste nicht, welche Wirkungen das auf Sie gehabt hätte,wenn Sie durchgemacht hätten,wie diese Steuerfahnder behandelt worden sind, welche Wirkung das auf Sie gehabt hätte, wenn Sie das Gefühl gehabt hätten, alles, was Sie tun, wird von Ihrem Dienstvorgesetzten abgeblockt, und Sie werden gemobbt. Das war das Ergebnis.
Das Schlimme ist – und deswegen bestehen wir heute auf dieser Debatte –: Das alles ist unter Ihren Augen als Finanzminister und unter den Augen des Ministerpräsidenten geschehen. Denn die betroffenen Steuerfahnder haben sich vertrauensvoll an den Minister und den Ministerpräsidenten gewandt und gesagt: Das sind ganz schlimme Dinge, die uns da passieren.
Aber es wurde nichts unternommen. Die haben sich in die Schutzmacht des Ministers und des Ministerpräsidenten begeben – und was ist passiert? Sie wurden weiter drangsaliert, sie wurden noch mehr schikaniert.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))
Den Beamten wurde nie hilfreich zur Seite getreten – Beamten, die bis zu dem Zeitpunkt, zu dem sie diese Amtsverfügung kritisiert haben, als untadelige Beamte hervorragende Arbeit geleistet und super Zeugnisse erhalten hatten. Danach hat sich alles ins genaue Gegenteil verkehrt. Ich glaube, das macht deutlich, dass diese Vorwürfe sehr wohl berechtigt sind.
Die Beamten haben dann natürlich versucht,sich dagegen zu wehren. Sie haben darüber nachgedacht, ob sie nicht, beispielsweise wegen Strafvereitelung, eine Anzeige einreichen müssen, damit das einmal von der Staatsanwaltschaft aufgeklärt würde. Aber sie waren Beamte, und dadurch wären Kenntnisse aus ihrem Dienstverhältnis bekannt geworden;sie brauchten dafür eine Genehmigung –
aber es wurde ihnen verboten, eine solche Strafanzeige zu stellen, damit es von der Staatsanwaltschaft hätte geklärt werden können.
Meine Damen und Herren, die Beamten wurden nach und nach zum Abschuss freigegeben. Das hat Auswirkungen gehabt. Herr Minister, der Höhepunkt war dann die Einleitung der Zwangspensionierung.
Es ist bis heute immer noch unklar, wieso der Nervenarzt Dr. H. ausgewählt wurde, der sich nur eine Stunde – wir haben natürlich mit den Steuerfahndern gesprochen –,anders als es in solchen Verfahren üblich ist,mit ihnen unterhalten und sie dann für paranoid erklärt hat.
Das hat bei der Ärztekammer natürlich zu Kopfschütteln geführt.Deshalb ist das Verfahren eingeleitet worden.Wir haben jetzt das Ergebnis des Verfahrens vorliegen: Der Arzt wurde zu einer Geldbuße verurteilt, weil er eine falsche Begutachtung vorgenommen hat.Aufgrund all dieser Dinge sage ich: Es stinkt bei diesem Verfahren an jeder Ecke.
Es stinkt an jeder Ecke. Deswegen sage ich Ihnen: Der ganze Vorgang ist eine Schande für das Land Hessen, und es wird endlich Zeit, dass Sie sich bei den Steuerfahndern entschuldigen und diese rehabilitieren. Das ist längst an der Zeit und längst überfällig. Sie hätten heute, als Sie an dieses Pult getreten sind,diese Chance nutzen müssen.Sie haben das wieder versäumt, und das ist ein schwerer Fehler. Diese Sache wird Ihnen weiterhin nachgehen.Wir stehen auf der Seite der Menschen, die drangsaliert und unmenschlich behandelt worden sind. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank,Herr Kollege Schmitt.– Der nächste Redner ist Herr Kollege Schaus für die Fraktion DIE LINKE.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass wir dieses Thema zu später Stunde noch einmal behandeln, ist richtig und wichtig. Ich bin der SPD und den GRÜNEN ausdrücklich dafür dankbar, dass sie hier einen Dringlichen Antrag eingebracht haben, mit dem sie fordern,dass sich die Landesregierung – insbesondere Sie, Herr Minister Weimar – bei den vier Betroffenen entschuldigt, die durch Zwangspensionierung und gleichartige – das muss man immer wieder betonen – Gutachten eines und desselben Gutachters nicht nur in ihrer Ehre und Persönlichkeit verletzt, sondern aus dem Dienst ge
drängt wurden – und dies möglicherweise wissentlich, zumindest unter Duldung derjenigen, die zu diesem Zeitpunkt im Ministerium die Verantwortung getragen haben.
Ich denke, dass es nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Gießen überfällig ist, dass Sie sich nicht mehr wie noch in der Presseerklärung von heute hinter Ihren Mitarbeitern verstecken; denn nur so kann ich die Erklärung Ihres Ministeriums werten. Es ist immer so, dass der Sprecher zunächst eine Erklärung abgibt. Es ist nun das erste Mal in den letzten Wochen, dass Sie selbst – das begrüße ich sehr – hierzu Stellung genommen haben. Sie haben aber wieder nichts anderes getan – wie auch letztlich in der Presseerklärung –, als darauf zu verweisen, dass hier Mitarbeiter tätig geworden und dass das Hessische Amt für Versorgung und Soziales dasjenige gewesen sei, das diese Gutachten veranlasst habe, und dass Sie damit überhaupt nichts zu tun hätten. Das kann nicht sein. Sie haben zumindest die politische Verantwortung für das, was Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tun. Aus dieser Verantwortung werden wir Sie nicht entlassen.
Sie haben auch die politische Verantwortung dafür zu tragen, dass es im Zusammenhang mit der Zwangspensionierung dieser vier erfolgreichen Steuerfahnder zu einer Veränderung der erfolgreichen Abteilung gekommen ist, zu einer Veränderung, die nach wie vor klärungsbedürftig ist,weil das eine Verwaltungsveranlassung gewesen ist,die Sie zu verantworten haben.