Denn die Idee des Bologna-Prozesses war mehr Freiheit, weil nur mehr Freiheit zu mehr Denken führt und nicht zu weniger. Wir haben, wie ein Hochschullehrer sagt, nicht Bologna umgesetzt, sondern nur unsere Vorurteile perpetuiert. Meine Damen und Herren, das ist der falsche Weg. Wenn Herr Kollege Herr eben darauf verweist, die Ausgaben seien gestiegen: Ja, jedes Jahr verweist irgendjemand irgendwo auf gestiegene Bildungsausgaben. Ich kann es nicht mehr hören.
Meine Damen und Herren, der Dresdener Bildungsgipfel hat erklärt, wir bräuchten 7 % des Bruttoinlandprodukts für Bildung bis 2015. Sofort beginnt die große Schönrechnerei, weil man das eigentlich fast sozusagen mehr oder weniger schon erreicht hat. Selbst wenn man die Schönrechnerei begünstigt und die Ausgaben für Bildung von der Krippe bis zur Hochschule zusammenfasst, dann kommt man auf 6,2 % des BIP. Es fehlen 0,8 Prozentpunkte.
Meine Damen und Herren, ich will es hier einmal auf den Punkt bringen. Ich für meinen Teil würde sehr, sehr gerne 1 % mehr Einkommensteuer dafür zahlen, dass unsere Schulen wie Orte aussehen, an die man seine Kinder gerne schickt. Das wäre es mir allemal wert. Und ich kenne ziemlich viele Leute, denen es ganz genauso geht.
Meine Damen und Herren,wer mehr und bessere Bildung will, der muss das eben auch bezahlen. Das müssen auch die Jünger der Gier einsehen, die sich manchmal aufführen wie die blau-gelben Hooligans der Staatsfinanzen.
Steuersenkungen in einem Niedrigsteuerland zu fordern bedeutet eben nicht, dass wir mehr Geld für Bildung ausgeben könnten.Weniger Mittel für Bildung aber bedeuten Verluste an Wirtschaftskraft und am Ende Verluste an Lebenschancen junger Menschen.
Dabei gibt es in Zeiten des demografischen Wandels nur drei Wege,Werte in die Zukunft zu transportieren: erstens Bildung, zweitens Bildung und drittens Bildung der nächsten Generation – nur dann können sie den Herausforderungen genügen.
Ich komme zum Schluss. – Meine Damen und Herren, eines haben unsere jungen Leute nicht: Zeit, weiter zu warten. Das sehen wir auch in Hessen.
Meine Damen und Herren,Bildungserfolg ist Bringschuld der Erwachsenen.Wenn Kinder nichts lernen, dann ist die Schule schuld. Denn Kinder sind Kinder, und wir sind die Erwachsenen. Wenn Schule ihren Auftrag nicht erfüllen kann, dann sind wir schuld.Wir in diesem Raum: die Politik; wir, die Erwachsenen. So einfach ist das.
Schon gelernt zu haben, bedeutet kein Recht, kein Privileg – es bedeutet die Pflicht, den Erfolg der nächsten Generation zu sichern. Es liegt an uns – allen.
Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Spies. – Nächste Rednerin ist für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Kollegin Dorn.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! In den letzten Tagen hier im Parlament musste man feststellen, dass sich die Regierungskoalition leider gerade nicht mit den Ursachen der Bildungsproteste beschäftigt, sondern dass eher immer wieder rein formale Argumentationen vorgebracht wurden.
Häufig haben wir uns deshalb hier in den letzten Tagen mit Nebenschauplätzen beschäftigt – wie der Frage des Streiks der Lehrer und des Betretens der Bannmeile. Ich wünsche mir, dass dieses Haus wirklich einmal in sich kehrt und schaut:Was sind denn die Ursachen dafür, dass hier in Hessen Tausende Menschen auf die Straßen gegangen sind, um ihrer Kritik am Bildungssystem Ausdruck zu verleihen?
Ich habe eben auch Herrn Herr gehört. Sie haben gesagt, Sie haben ein gewisses Verständnis für die Studierenden. Das finde ich positiv. Noch im Juni haben wir von Herrn Irmer eine ganz andere Rede gehört – da ging es um die Vereinnahmung der Bildungsproteste für antidemokratische Zwecke. Ich sehe, insofern ist die CDU durchaus lernfähig.
Allerdings muss ich Ihnen sagen:Ich glaube nicht,dass Sie für die Studierenden dadurch das richtige Verständnis aufbringen, indem Sie sagen: „Wir waren im Grunde immer gegen die Bologna-Reform.“ Im Endeffekt: Wenn hier ein Stillstand besteht, indem Sie lediglich sagen: „Die Bologna-Reform ist etwas, das wir nie haben wollten“, indem Sie sagen: Die Hochschulen sind autonom, sollen sie schauen, was sie damit machen“, dann ist das genau der falsche Weg.
Wir als Landespolitiker haben die Aufgabe, die BolognaReform richtig umzusetzen und die Fehler, die dadurch entstanden sind, dass wir die Reform den Hochschulen teilweise übergestülpt haben – indem wir ihnen keine zu
Wir haben dazu einige Vorschläge gemacht. Ich würde mich freuen, wenn Sie aus Ihrer Stillhaltehaltung herauskommen und einmal wirklich schauen, was wir an der Bologna-Reform ändern können.
Die Studierenden haben noch viele andere begründete Anliegen. Das Hessische Hochschulgesetz ist ein sehr gutes Beispiel dafür, genau den Punkt zu zeigen, den ich bei Ihrer Haltung kritisiere. Ich sehe noch nicht, dass Sie die Studierendenproteste, die Proteste der Lehrerinnen und Lehrer, der Schülerinnen und Schüler ernst nehmen. Denn wenn Sie sie ernst nehmen würden, dann würden Sie mit ihnen in eine echte Diskussion eintreten,und dann würden Sie auch ihre Kritik so verstehen, dass sie ein großes Interesse haben, sich an dem gesamten Bildungssystem zu beteiligen, ihre Interessen einzubringen und mitzubestimmen.
Genau das aber bauen Sie immer weiter ab. Aber das ist genau das Problem, warum die Schülerinnen und Schüler, die Studierenden und die Lehrer zu immer drastischeren Mitteln greifen. Wenn Sie verhindern wollen, dass die Bannmeile betreten wird, und es schaffen wollen, dass sich die Schülerinnen und Schüler endlich eingebunden fühlen, dann wäre es an der Zeit, endlich mit ihnen auch in eine Diskussion zu treten.
An einem wichtigen Beispiel des Hessischen Hochschulgesetzes möchte ich das noch einmal deutlich machen.
Hier sagen Sie, die Hochschulen haben den ungeheuren Gewinn der Autonomie. Dazu sage ich: Das stimmt zur Hälfte. Ja, Autonomie der Hochschulen ist äußerst wichtig.Aber eine Autonomie der Hochschulen kann nur dann funktionieren, wenn sie auch demokratisch ist, wenn weiterhin die demokratisch legitimierten Gremien eine Stimme haben.
Ihr Autonomiebegriff ist leider völlig paradox. Bei Ihnen sind nicht die Hochschulen autonom – nein, bei Ihnen sind Präsidien und Hochschulräte von Hochschulen autonom. Das ist nicht Autonomie.
Zum anderen habe ich Herrn Herr schon vorgeworfen: Ich glaube, Sie gebrauchen die Autonomie als Deckmantel.
Auch Frau Kühne-Hörmann hat letztens im Interview gesagt: Die Bologna-Reform hat Probleme, aber wir haben ja autonome Hochschulen, und die müssen diese Probleme lösen.
Das ist aber nicht das Ziel. In der Hochschulpolitik haben wir das Mittel der Zielvereinbarungen und der Mittelzuweisungen. Genau da müssen wir ansetzen, unsere politi
schen Ziele für eine gerechte Hochschulpolitik klarzustellen und die Hochschulen danach aufzustellen. Innerhalb dieses Rahmens sollen die Hochschulen natürlich autonom agieren. Aber Sie können Ihre Verantwortung nicht einfach abgeben.
Nehmen Sie also diese Demonstrationen ernst. Nehmen Sie den Willen zur Mitgestaltung ernst.Fangen Sie an,Diskussionen zu führen.
Herr Reißer hat dazu schon einen ersten Ansatz gemacht, indem er unten bei den protestierenden Studierenden vor dem Landtag war. Herr Herr hat jetzt zumindest einmal Verständnis gezeigt. Ich glaube, wenn Sie noch weiter gehen und auch die Mitbestimmung als einen wesentlichen Weg ansehen, dann könnten wir weit vorankommen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir reden heute einmal wieder über den sogenannten Bildungsstreik. Die Damen und Herren von der Opposition haben uns auch reichlich mit Anträgen zu diesem Thema gefüttert.
Wenn man sich diese Anträge anschaut – ich will mit der SPD anfangen –, dann muss man sagen, dort gibt es viele Formulierungen, bei denen man erst einmal denkt: Das ist in Ordnung, das kann man so unterschreiben.