Protokoll der Sitzung vom 10.12.2009

Meine Damen und Herren, stellen Sie sich daher schon einmal auf eine Folgekostenberechnung dieses Flughafenausbaus ein. Dieser wird Unsummen an öffentlichen Mitteln kosten, die natürlich nicht Fraport bezahlt, sondern der Steuerzahler in Hessen.

(Michael Boddenberg (CDU): Herr Schaus, wollen Sie den Flughafen ganz schließen?)

Meine Damen und Herren von der FDP, der CDU und auch von der SPD, was schlagen Sie den Städten und Gemeinden denn vor, in denen eine solche Verlagerung der sozialen Infrastruktur nicht möglich ist? Schließen, überdachen oder mit Geld entschädigen? – Wer anfängt,das zu denken, dem werden die brutalen Folgen des Ausbaus für die vom Fluglärm betroffenen Menschen schnell klar. Die Menschen, die in den Siedlungsbeschränkungsbereichen leben, und die Nutzer der sozialen Einrichtungen stehen quasi unter Hausarrest. Nur im Haus hilft der passive Lärmschutz, und das nur, wenn Menschen auch bei sommerlichen 30 Grad die Fenster geschlossen halten. Dieser

rein passive Lärmschutz war von Anfang an die Strategie der Landesregierung.

Mit Ihrer Erlaubnis zitiere ich aus einer Pressemitteilung der Kommission zur Abwehr des Fluglärms. Vorsitzender ist der Bürgermeister von Raunheim, Thomas Jühe, der hier dieser Diskussion mit weiteren Bürgermeistern und Repräsentanten der Region folgt. Ich zitiere:

Den Vorstandssprechern der Frankfurter Fluglärmkommission Thomas Jühe..., Wolfgang Reichel... und Horst Gölzenleuchter... liegt ein vertrauliches Protokoll der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV) vom 22./23.03.2007 vor, in dem die Strategie zur Überwindung von Nachtschutzregelungen an Flughäfen preisgegeben wird: „Herr Mäder (Flughafen Dresden) weist darauf hin, dass infolge jüngerer Urteile des BVerwG (...) ein generelles Nachtflugverbot für alle Flughäfen droht, die eine Planfeststellung anstreben und den Nachweis eines dringenden Bedarfs an Nachtflugverkehr nicht gerichtsfest führen können.

Meine Damen und Herren, genau diesen Nachweis konnte die Fraport laut der Urteilsbegründung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs nicht erbringen.

Weiter aus dem Protokoll der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen – Zitat –:

Dies ist ein Paradigmenwechsel der Rechtsprechung, dem die ADV entgegenwirken muss. Dazu wären Anforderungen an einen qualifizierten Bedarfsnachweis für Nachtflüge festzulegen und auf eine Änderung bzw. Klarstellung des § 29b LuftVG hinzuwirken, auf den sich das BVerwG bei seinen Entscheidungen stützt. Herr Lurz (Fraport) weist darauf hin, dass insbesondere klargestellt werden muss, was unter Nachtruhe zu verstehen ist. Nachtruhe muss mit „ungestörtem Schlaf“ gleichgesetzt werden, nicht mit absoluter Nachtruhe im Außenbereich. Er (...) sieht die Notwendigkeit (...) ADVintern tätig zu werden.“

Meine Damen und Herren, Herr Lurz ist intern tätig geworden, z. B. im Regionalen Dialogforum und offensichtlich auch bei der Landesregierung. Die von Fraport-Vertreter Lurz geforderte Klarstellung entspricht nämlich exakt der im Koalitionsvertrag von FDP und CDU auf Bundesebene geforderten Präzisierung des Luftverkehrsgesetzes.

Meine Damen und Herren, man muss sich einmal klarmachen, was hier passiert. Es gibt reihenweise Wortbrüche von Ministerpräsident Koch und Wirtschaftsminister Posch im Zuge des Genehmigungsverfahrens. Stichwort: Ausbau nur mit Nachtflugverbot.

Herr Abgeordneter, die Redezeit ist zu Ende.

Herr Präsident, ich komme zum Schluss. – Die FDP täuscht die Wähler mit ihrer offensichtlich nur wahlkampfrhetorischen Aussage: „Unter Wort gilt“, einzuhalten natürlich nur gegenüber Fraport und der Lufthansa.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Verhalten der Landesregierung macht deutlich, dass ihr Ziel von Anfang an ein Flughafenausbau ohne Nachtflugverbot war. Ja, noch mehr: Sie haben die Menschen hintergangen und belogen und machen weiter die Politik der Lobbyverbände.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Herr Dr.Arnold für die Fraktion der CDU.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Erfüllungsgehilfe!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die heutige Aktuelle Stunde ist eine gute Gelegenheit für alle Fraktionen, noch einmal ihren Standpunkt zum Ausbau des Frankfurter Flughafens deutlich zu machen. Herr Schäfer-Gümbel, ich begrüße ausdrücklich für meine Fraktion, dass Sie hier noch einmal eindeutig das Ja der Sozialdemokratie zum Ausbau des Flughafens bekundet haben.

(Zuruf des Abg. Gernot Grumbach (SPD))

Die Mehrheit des Landtags hat eindeutig die Meinung: Der Ausbau des Frankfurter Flughafens ist richtig und wichtig für die Entwicklung unseres Bundeslandes.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Ich möchte aber genauso deutlich sagen: Herr Kaufmann, das, was Sie hier vorne über das Nachtflugverbot gesagt haben, ist an Scheinheiligkeit eigentlich nicht zu überbieten. Kommen Sie doch bitte hier nach vorne, und sagen Sie eindeutig, es geht Ihnen gar nicht um das Nachtflugverbot.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): So ist es!)

Es geht Ihnen darum, dass dieser Flughafen nicht ausgebaut wird. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie das eindeutig sagen

(Beifall bei der CDU und der FDP)

und damit deutlich machen, dass Sie gegen eine wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes sind.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Können Sie zum Thema reden, Herr Kollege? – Zuruf der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Deswegen darf ich zunächst einmal, ich glaube, für die Mehrheit dieses Hauses, allen Verantwortlichen im Wirtschaftsministerium für die erfolgreiche zehnjährige Arbeit danken. Denn das, was in dieser Urteilsbegründung des Verwaltungsgerichtshofs steht, ist eindeutig. Das Gericht schreibt – Herr Präsident, ich darf mit Ihrer Genehmigung zitieren –:

Der Planfeststellungsbeschluss des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung vom 18. Dezember 2007 leidet nicht unter einem Form- oder Verfahrensfehler, der zur Aufhebung oder Ergänzung des Plans führt.

Das ist ein Erfolg der Arbeit der Planfeststellungsbehörde, und es ist ein guter Tag für Hessen, dass das so eindeutig festgestellt worden ist.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ein Punkt, der eindeutig von großer politischer Bedeutung und von besonderer Bedeutung für die Menschen ist, die davon betroffen sind, ist die Frage des Nachtflugverbots. Ich möchte an der Stelle noch einmal klar sagen: Es gibt ein Nachtflugverbot für die neue Bahn. Wir reden über Ausnahmen von diesem Nachtflugverbot.

(Lachen bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der SPD und der LINKEN – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das ist doch abenteuerlich!)

Das Gericht sagt in seiner Begründung, die Zulassung – –

(Lebhafter Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Güm- bel (SPD))

Hören Sie mir doch in Ruhe zu. Herr Schäfer-Gümbel, versuchen Sie, keinen Rückfall zu bekommen.

Herr Kollege Schäfer-Gümbel, bitte.

Sie haben die andere Auffassung der Planfeststellungsbehörde zitiert.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Fasching ist erst im Februar, Herr Kollege!)

Die Zulassung von 17 planmäßigen Flügen von 23 bis 5 Uhr ist wegen Verstoßes gegen das Abwägungsgebot fehlerhaft. Die 17 Flüge sind weg. Die sind kaputt. Das ist keine Frage.

(Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Jetzt ist die Frage:Was ist denn richtig? Was ist tatsächlich Inhalt eines Planergänzungsverfahrens?

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ja?)

Herr Schäfer-Gümbel, Sie haben zitiert, was das Gericht gesagt hat. Ich darf zitieren: Durch die Abwägung des VGH ist klar geworden, dass hierdurch „der Gestaltungsspielraum der Planfeststellungsbehörde hinsichtlich der Betriebsregelung für die Kernstunden der Nacht sehr weit – auf annähernd null –“ eingeschränkt werde.

Jetzt frage ich Sie:Was heißt „annähernd null“?

(Petra Fuhrmann (SPD): Null!)

Heißt das null? – Wenn das Gericht null gemeint hätte, hätte das Gericht auch null dort hineingeschrieben.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich glaube, man muss kein Jurist sein, um klar zu sagen: Die Aussage „annähernd null“ ist ein unbestimmter Rechtsbegriff,aus dem man nicht zwingend ableiten kann, dass jetzt sozusagen ein Planergänzungsverfahren klar auf dem Tisch liegen könnte, das ein Nachtflugverbot mit null Ausnahmen beinhaltet.

(Zuruf der Abg. Heike Habermann (SPD))