Protokoll der Sitzung vom 28.01.2010

sante Veranstaltung von ver.di, wo genau diese Frage angesprochen und die Diskussion darüber angestoßen wird, wie die Steuerfahndung in anderen Bundesländern organisiert ist, wieso die Steuerfahndung in anderen Ländern effektiver ist als die in Hessen. Das hat ja möglicherweise eine Ursache. Das ist eine ganz spannende Frage, und die hängt in der Tat mit der Umorganisation zusammen, die von Ihnen angesprochen wurde. Hier Licht ins Dunkel zu bringen, finde ich richtig.

Man muss an dieser Stelle sagen – man kann es nicht oft genug betonen –, dass die gesamte Debatte natürlich erst wieder begann, nachdem ein Berufsgericht ein Urteil gesprochen hatte. Das Urteil ist mittlerweile rechtsräftig. Im Urteil werden die Gutachten,die von Ihnen in Auftrag gegeben wurden, als wissentlich und vorsätzlich falsch erstellt bezeichnet. Der Gutachter wurde ja auch verurteilt. Auch das gehört zur Wahrheit und zu dieser Diskussion.

Lassen Sie mich zum Schluss noch sagen: Wir haben im Haushaltsausschuss über die Prüfung der Mobbingvorwürfe diskutiert, die die vier Steuerfahnder erhoben haben. Herr Minister Weimar hat mich z. B. darauf hingewiesen, dazu gebe es schon ein Gutachten aus dem Untersuchungsausschuss im Jahr 2006.Wenn aber derjenige, der den Auftrag erteilt hat, die Gutachten zu erstellen, derjenige ist, den man damit beauftragt, den Mobbingvorwürfen nachzugehen, gerät das Gutachen möglicherweise auch in ein anderes Licht und wird zu einem Tatbestand, der im Untersuchungsausschuss genauestens geprüft werden sollte. Ebenso sollten sämtliche Zeitabläufe untersucht werden, die seit dem Ende des Untersuchungsausschusses im Jahr 2006 hier eine Rolle gespielt haben.

Der Untersuchungsausschuss ist richtig und wichtig. Er soll Licht in den schwarzen Keller bringen. Daran werden wir uns beteiligen.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank,Herr Kollege Schaus.– Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen zur Abstimmung. Bei der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses handelt es sich um ein Minderheitsrecht.Auch wenn das entsprechende Quorum erfüllt ist – dies ist bei dem Antrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei dem Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP der Fall –, muss darüber abgestimmt werden. Allerdings kann die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses nur abgelehnt werden, wenn verfassungsrechtliche Bedenken geltend gemacht werden. – Das vorab zur Information.

Ich lasse über den Antrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, Drucks. 18/1790, abstimmen. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist das ganze Haus. Der Untersuchungsausschuss ist somit eingesetzt.

Nun zum Dringlichen Antrag der Fraktion DIE LINKE. Ich weise darauf hin, dass hier das für das Minderheitsrecht notwendige Quorum nicht erfüllt wurde und dass insofern normal abgestimmt wird. Ich lasse abstimmen über den Dringlichen Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend Erweiterung zu dem Antrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, Drucks. 18/1826.

Wer diesem Antrag die Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion DIE LINKE. Gegenstimmen? – Der Rest des Hauses. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Ich komme zur Abstimmung über den Dringlichen Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend Erweiterung zu dem Antrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, Drucks. 18/1833. Wer diesem Antrag die Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind CDU und FDP. Gegenstimmen? – Der Rest des Hauses. Damit

(Unruhe)

ich bin noch mitten in der Abstimmung – ist dieser Antrag angenommen, und der Einsetzungsbeschluss des Untersuchungsausschusses ist somit erweitert.

Nun hat sich Herr Kollege Wagner nach § 88 unserer Geschäftsordnung zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe mich nach § 88 unserer Geschäftsordnung zu Wort gemeldet. Das ist die Erklärung zum Abstimmungsverhalten. Der Kollege Rudolph hat mir signalisiert,dass ich auch im Namen der Abgeordneten der SPD-Fraktion sprechen darf. Ich möchte begründen, warum die Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN den Antrag abgelehnt haben.

Wir haben das getan, weil wir verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich des Untersuchungsauftrags haben, den CDU und FDP beantragt haben. Ich möchte vorlesen, was im Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP steht:

Aufzuklären ist auch, ob, mit welchem Hintergrund und mit welchem Ergebnis von dritter Seite, insbesondere auch von Abgeordneten des Hessischen Landtags, Gespräche mit den vier Steuerbeamten im Zusammenhang mit der Inruhestandsversetzung und der Ergreifung etwaiger Rechtsmittel geführt wurden.

Weiter heißt es in dem Antrag:

Es soll insbesondere aufgeklärt werden,... inwieweit im Vorfeld des Untersuchungsausschusses 18/1 zur Ermöglichung dieses Untersuchungsausschusses Kontakt der vier Steuerbeamten zu Abgeordneten des Hessischen Landtags bestand.

Die beiden Fraktionen haben erhebliche Zweifel, dass dieser Einsetzungsbeschluss mit dem verfassungsmäßigen Recht nach Art. 97 der Hessischen Verfassung vereinbar ist.

(Günter Rudolph (SPD): So ist es!)

In Art. 97 der Hessischen Verfassung heißt es:

Die Mitglieder des Hessischen oder eines anderen deutschen Landtags sind berechtigt,über Personen, die ihnen in ihrer Eigenschaft als Abgeordnete Tatsachen anvertrauen oder denen sie in Ausübung ihrer Abgeordnetentätigkeit solche anvertraut haben, sowie über diese Tatsachen selbst das Zeugnis zu verweigern.

Deshalb haben wir erhebliche Zweifel, dass der Untersuchungsauftrag, den CDU und FDP hier beantragt haben, mit der Hessischen Verfassung vereinbar ist.

(Zurufe von der CDU – Unruhe – Glockenzeichen der Präsidentin)

Ich sage in aller Ruhe, dass wir diese Zweifel haben. Wir sind auch im Vorfeld mit den Fraktionen bzw. mit einer Fraktion in Kontakt getreten, um diese Frage zu klären. Das war in der Kürze der Zeit nicht möglich.

Ich hinterlasse das hier ausdrücklich: Für uns ist das Verfassungsrecht, dass Abgeordnete über ihre Gespräche keine Auskunft zu erteilen brauchen, ein sehr hohes Gut. Es steht nicht ohne Grund in der Hessischen Verfassung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,der SPD und der LINKEN)

Es steht aus dem Grund in der Hessischen Verfassung, weil Abgeordnete, über welche Zusammenhänge auch immer, informiert werden dürfen und sollen. Ich spreche hier nicht im Zusammenhang mit dem konkreten Untersuchungsgegenstand. Es muss Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes möglich sein, mit ihren Abgeordneten zu sprechen und sie auf Fehlentwicklungen hinzuweisen.Dabei müssen sie die Sicherheit haben, dass Abgeordnete über das, was ihnen anvertraut wird, anschließend nicht berichten müssen und auch von einer Mehrheit des Landtags nicht gezwungen werden können, darüber Auskunft zu erteilen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,der SPD und der LINKEN)

Es geht nämlich genau darum, dass der Bürger die Möglichkeit hat, sich an seinen Abgeordneten zu wenden, damit dieser seiner Kontrollfunktion gegenüber der Regierung nachkommt, unabhängig davon, wer gerade die Regierung stellt.

(Norbert Schmitt (SPD): Frau Wolski entscheidet das!)

Dieses hohe Gut ist uns unabhängig davon, welchen Fraktionen wir angehören, wichtig. Wir können heute in der „Frankfurter Rundschau“ lesen, dass der Kollege Blum einen Schriftwechsel und ein Gespräch mit den Steuerfahndern hatte. Herr Kollege Blum, wir finden es ausdrücklich gut, dass Sie Ihre Aufgabe als Abgeordneter wahrnehmen. Uns geht es aber überhaupt nichts an, worüber Sie mit den Steuerfahndern gesprochen haben. Darauf legen wir Wert.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,der SPD und der LINKEN)

Deshalb haben wir bei der Abstimmung über den Antrag von CDU und FDP mit Nein gestimmt. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,der SPD und der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Wagner. – Nun hat sich Herr Kollege Wintermeyer ebenfalls nach § 88 unserer Geschäftsordnung zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte für die CDU-Fraktion nach § 88 begründen, warum wir unserem Antrag zugestimmt haben,

(Lachen bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

und die Gelegenheit nutzen, um zu sagen, dass wir den Antrag, auch in diesem Bereich, für absolut verfassungskonform halten. Wir halten ihn aus folgenden Gründen für verfassungskonform.

Erstens.Wir brauchen nicht unbedingt einen Abgeordneten zu fragen, wer Einfluss auf die Steuerfahnder genommen hat, sondern wir können auch die Steuerfahnder selbst befragen. Die haben als Zeugen kein Zeugnisverweigerungsrecht, wie das die Abgeordneten haben.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Zweitens. Wir brauchen die Abgeordneten auch aus dem Grund nicht zu befragen, weil Herr Kollege Kaufmann, wie er es eben selbst zugegeben hat und es von Mitgliedern der Landespressekonferenz abgedruckt worden ist, offensichtlich Einfluss auf die Steuerfahnder dahin gehend genommen hat, keine Klage einzureichen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Dann werden wir die Steuerfahnder fragen, ob es stimmt, was Herr Kaufmann behauptet hat. Was daran verfassungswidrig sein soll,mögen Sie mir bitte einmal erklären.

(Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das wollen wir doch einmal sehen!)

Drittens.Wir halten unseren Antrag auch deshalb für verfassungsgerecht, weil in den üblichen IPA-Regeln, die wir der Einsetzung von Untersuchungsausschüssen zugrunde legen, entsprechende Klauseln – § 5 – bezüglich des Ausscheidens von Ausschussmitgliedern für den Fall, dass sie als Zeugen vernommen werden, enthalten sind. Das steht in den Regeln über Untersuchungsausschüsse, die wir in Hessen seit 1970 anwenden.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dann muss der Vorsitzende als Erster weg! Ihr kennt kein Maß mehr! – Gegenruf des Abg.Volker Hoff (CDU): Das sagt der Richtige! – Weitere Zurufe)

Es sind entsprechende Regelungen bei IPA getroffen worden sind. Das Gleiche gilt – –

(Unruhe – Glockenzeichen der Präsidentin)

Frau Präsidentin, vielleicht sorgen Sie dafür, dass ich meine Begründung nach § 88 der Geschäftsordnung abgeben kann.