Die Opposition sollte einsehen, dass sie mit ihrer staatlichen Zwangsversicherung, Bürgerversicherung genannt, völlig danebenliegt. Das führt zu massiven Beitragserhöhungen für alle Bürger, die brutto mehr als 3.500 c verdienen. Das sind keine reichen Leute.
Sehr geehrte Antragsteller, beteiligen Sie sich an der Diskussion über die Gesundheitsprämie mit sozialem Ausgleich. Ihr Antrag ist leider kein besonders konstruktiver Beitrag dazu. Insofern werden Sie Verständnis dafür haben, dass wir weiterhin versuchen, Sie im Ausschuss zu überzeugen.Aber so,wie er ist,müssen wir den Antrag ablehnen. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Bartelt. – Nächste Rednerin ist Frau Kollegin Schulz-Asche für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Keine Kurzintervention, Herr Spies? Das ist doch eine Gesundheitsdebatte! – Gegenruf des Abg. Dr.Thomas Spies (SPD): Nein!)
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist schön, dass sich hier alle munter unterhalten. Aber ich würde mich freuen, wenn Sie mir zuhören würden.
Die gesetzliche Krankenversicherung hat in Deutschland eine sehr hohe Akzeptanz in der Bevölkerung. Über 90 % der Menschen finden, dass sie richtig organisiert ist, und alle wissen,dass es gute Gründe dafür gibt,die bestehende Versicherung weiterzuentwickeln.
Der eine Grund ist – das ist hier schon mehrfach gesagt worden –, dass wir das jetzige System zu einem gerechteren System weiterentwickeln müssen. Es ist auch gesagt worden, dass wir ein Gesundheitssystem brauchen, das demografiefester ist und die Lebenslagen von Menschen heute berücksichtigt, die sich in den 100 Jahren des Bestehens der Sozialversicherung natürlich verändert haben. Von daher finden wir es richtig, darüber nachzudenken,
Ich möchte aber ausdrücklich darum bitten, dass wir nicht nur über die Finanzierung reden, sondern endlich auch über die Qualität der gesundheitlichen Versorgung in unserem Land. Darauf kommt es an, und das ist es, was im Moment auf der Tagesordnung steht.
Wir brauchen heute eine Diskussion darüber,welches Gesundheitssystem wir wollen. Herr Kollege Rentsch, wenn ich an die Debatte von heute Morgen denke, muss ich sagen: Unsere Sozialversicherungen und ihre Einbettung in unser Gemeinwesen sind auch ein Teil der staatlichen Funktionen. Wir müssen uns überlegen, welches System wir bei der Gesundheitsversorgung wollen. Dann müssen wir sagen, wie wir dieses System finanzieren wollen. Das ist es, worüber im Moment diskutiert werden muss. Deswegen insistiere ich darauf, dass wir endlich auch über die Qualität der medizinischen Versorgung in unserem Land diskutieren.
In dieser Situation bringt der Bundesgesundheitsminister, der Kollege Rösler von der FDP, einen Systemwechsel ins Gespräch, was meiner Meinung nach schon deswegen falsch ist, weil es von der vorrangigen Debatte über die Qualität der Versorgung ablenkt. Er bringt eine Kopfpauschale ins Gespräch. Eine Anfrage der Bundestagsfraktion der GRÜNEN hat ergeben, dass sogar das Finanzministerium in Berlin überhaupt nicht sagen kann, wie die dadurch entstehenden Kosten für den Steuerausgleich finanziert werden sollen. Für die Zuhörerinnen und Zuhörer ist vielleicht Folgendes interessant: Steuerzuschüsse von 22 bis 35 Milliarden c sind im Gespräch.
Gleichzeitig stellt sich die FDP hin und will die Steuern senken. Sie verkauft das als ein nachvollziehbares Programm. Mein Kollege Mathias Wagner hat heute völlig zu Recht gesagt: Ordnungspolitisch ist die FDP auf den Hund gekommen.
Die Bürgerinnen und Bürger spüren, dass sie hier für dumm verkauft werden: Auf der einen Seite soll ein Systemwechsel angestrebt werden, dessen Finanzierung Summen in zweistelliger Milliardenhöhe erfordert, und auf der anderen Seite wird mit Steuersenkungen argumentiert. Dass die Bürger das spüren, sehen wir glücklicherweise an den sinkenden Umfragewerten der FDP. Diese Rechnung geht nicht mehr auf. Die Bürgerinnen und Bürger sind inzwischen sehr viel schlauer, als dass sie nicht merkten, was ihnen von der FDP verkauft werden soll.
Deswegen sage ich eines:Wir müssen endlich von solchen ideologisierten, durch Lobbys angeregten Debatten wegkommen und darüber reden, wie wir die heute existierende gesetzliche Krankenversicherung weiterentwickeln.
Deswegen schlagen wir die Einführung einer Bürgerversicherung vor. Das habe ich an dieser Stelle schon öfter gesagt, obwohl es ein bundespolitisches Thema ist. Wir müssen es schaffen, dass alle Bürgerinnen und Bürger in eine solche Versicherung einzahlen, und wir müssen dafür sorgen, dass sich die Jungen, Reichen und Kinderlosen dem System nicht entziehen können. Sie müssen alle einzahlen. Bei der Festsetzung der Beitragshöhe müssen wir alle Einkunftsarten berücksichtigen.
Wir brauchen eine paritätische Finanzierung von Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Wir brauchen eine kostenlose Mitversicherung von Kindern und natürlich auch von Ehegattinnen bzw.Ehegatten,wenn sie aufgrund von Kinderbetreuung oder von Pflegeleistungen nicht in der Lage sind, erwerbstätig zu sein. Wir brauchen auch – das sage ich hier noch einmal ausdrücklich – eine vernünftige Abstimmung zwischen der gesetzlichen Krankenversicherung und dem,was im Moment noch in der privaten Krankenversicherung passiert. Wir brauchen einen einheitlichen Rechtsrahmen, damit die Ungerechtigkeit, die durch zwei verschiedene Systeme der Krankenversicherung entsteht, endlich aufgehoben wird und es zu einem gerechteren System kommt.
Zu den beiden vorliegenden Anträgen. Wir werden den Antrag der Fraktion DIE LINKE ablehnen, weil er das unfinanzierbare Gegenmodell zu dem Konzept der FDP darstellt, und wir werden dem Antrag der SPD zustimmen, weil sein Inhalt ungefähr in die Richtung geht, die auch wir einschlagen wollen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank,Frau Kollegin Schulz-Asche.– Nun hat Herr Kollege Rentsch für die FDP-Fraktion das Wort.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich will kurz auf das eingehen, was die Kollegin von den GRÜNEN zum Schluss gesagt hat. Frau Schulz-Asche, neben der Erwähnung der Tatsache, dass Ihre Forderung, die privat Versicherten einzubeziehen, ein Argument für das Prämienmodell ist, das wir und die Kollegen von der Union vertreten, möchte ich eine grundsätzliche Frage stellen. Wir könnten lange darüber streiten, was ordnungspolitisch richtig und was ordnungspolitisch falsch ist.Sie sagen hier ständig, wir hätten in diesem Bereich keine Ordnungspolitik, obwohl wir genau das vertreten, was wir seit zehn Jahren vertreten und was der Kollege Rösler vor der Wahl gesagt hat. Es ist alles so geblieben. Wir haben unsere Position nicht geändert und setzen das gerade durch.
Abgesehen davon sagten Sie vorhin, wir seien auf den Hund gekommen.Was Sie als Mitglieder einer Partei, die dem Tierschutz nahesteht, in dieser Frage ständig mit Hunden haben, weiß ich nicht. Der Kollege Wagner hat dieses Bild vorhin ebenfalls bemüht. Er hat Hunde oder Hundebesitzer – wen auch immer – beschimpft.
Das finde ich nicht in Ordnung. Ich sage das anlässlich der Debatte über diesen Tagesordnungspunkt. Herr Kollege Wagner – auch Kollegin Schulz-Asche –, vielleicht sollten Sie sich dafür entschuldigen.
ImAnschluss.Ich möchte jetzt kurz das Thema aufgreifen, das der Kollege Spies freundlicherweise zur Sprache gebracht hat.
Herr Kollege Spies – wir sitzen jetzt seit sieben Jahren zusammen in diesem Parlament –, Sie haben zum wiederholten Mal eine feurige Rede zugunsten der Bürgerversicherung vorgetragen. Das ist ein Modell, an dem Sie in einer Kommission der SPD zusammen mit, ich glaube, Andrea Ypsilanti und Thorsten Schäfer-Gümbel gearbeitet haben.
Aber das war ein guter Zwischenruf.Also können wir ihn auch aufnehmen. Aber ich glaube, Herr Scheer engagiert sich mehr für das Thema Solarenergie, und da geht es um andere Fragen, aber nicht um Gesundheit.
Herr Kollege Spies, Fakt ist, dass Sie diese Thematik in den letzten Jahren und Jahrzehnten mit großem Engagement vorangetrieben haben. Ich glaube, wir kommen gemeinsam zu dem Ergebnis, dass es nicht so richtig erfolgreich war. Das kann man sagen.
Sie haben das Thema immer wieder auf die Tagesordnung gebracht. Sie haben das aber während der Regierungszeit von Rot-Grün nicht umgesetzt. Das muss man sagen. Ich verstehe gar nicht, warum Sie das nicht getan haben.Aber Bundeskanzler Gerhard Schröder hat immer ein ganz gutes Gefühl dafür gehabt, was geht und was nicht geht. In diesem Fall hat er Ihnen erklärt: Das geht nicht. – Damit hat er richtig gelegen.
Dann haben Sie es in der Großen Koalition probiert. Da haben Ihnen die Kollegen der Union erklärt, dass das nicht geht. Dann haben Sie es auch da gelassen.
Jetzt befinden Sie sich in der Opposition und versuchen es wieder. Ich kann Ihnen dazu einen Ratschlag geben. Das ist mit Abstand der ungeeignetste Zeitpunkt, so ein Thema vorzubringen. Denn Sie haben jetzt keine Mehrheit mehr. Herr Kollege Spies, es wird einfach nicht funktionieren, dass wir Ihre Politik umsetzen. Das ist unwahrscheinlich.
Ja, es ist nicht wahrscheinlich, dass die CDU und die FDP ihr Prämienmodell, das sie vertreten, jetzt für eine Bürgerversicherung opfern. Es wäre auf jeden Fall überraschend, wenn wir das vertreten würden, was die politische Konkurrenz da haben will.
Ich will drei Punkte dazu sagen. Ich habe da noch ein schönes Ende für Sie vorbereitet. Denn es begeistert mich wirklich, wie stark Sie das Thema vorantreiben und welche Unterstützung Sie bekommen.
Das erste Argument in Ihrem Antrag befindet sich in Nr. 1. Es besagt, das bisherige System der Krankenversicherung habe sich seit 120 Jahren bewährt.
Herr Kollege Spies, seit den Siebzigerjahren wurden im Durchschnitt alle drei Jahre Reformen gemacht, um die Situation bei den Einnahmen zu verbessern. Frau Kollegin Schulz-Asche, ich teile da Ihre Auffassung. Es ist schade, dass wir nur über die Einnahmen reden. Aber sie sind die Voraussetzung dafür, dass wir das Ganze bezahlen können.
Nur hinsichtlich der Einnahmen hat es also alle drei Jahre Reformen gegeben.Sie wollen uns sagen,dass das System, das alle drei Jahre reformiert werden muss, um es einigermaßen stabil zu halten, das von der Systematik her richtige ist? Das ist abenteuerlich.
Ihr zweites Argument lautet, die Prämie, die wir vorschlagen, würde zu mehr Bürokratie führen. Das ist eindeutig falsch. Damit komme ich zum Grundproblem Ihrer Ausführungen.
Wir als Liberale haben genauso wie die Kollegen der CDU eine Grundsystematik in unserer Politik. Herr Kollege Dr. Spies, diese Grundsystematik besagt, dass, wenn es um einen sozialen Ausgleich geht, der in vielen Bereichen notwendig ist – das ist er z. B. auch in der Gesundheitspolitik, denn da müssen wir dafür sorgen, dass die Menschen, die wenig oder gar nichts verdienen, einen sozialen Ausgleich erhalten –, dieser soziale Ausgleich nicht in das Versicherungssystem gehört. Vielmehr gehört er zum Steuersystem. Da gehört er von der Systematik her hin.
Das kann anhand eines einfachen Beispiels erklärt werden. Ich erwähne das von diesem Pult aus nicht zum ersten Mal. Wenn Sie weniger verdienen, zahlen Sie beim Bäcker auch nicht weniger für das Brötchen, das Sie sich dort kaufen. Vielmehr haben Sie vorher einfach weniger Steuern gezahlt. Das ist der Unterschied.