Protokoll der Sitzung vom 05.03.2009

Wenn wir all das beschreiben, was wir politisch tun und an unseren Schulen verändern müssen, dann haben wir als Politiker auch die Aufgabe, den relevanten Akteuren im Bildungsbereich zu beschreiben, wie das gehen könnte. Das ist nicht der Job der Interessenvertreter im Bildungsbereich. Das ist nicht ihre Aufgabe.

Es ist völlig legitim, dass Interessenvertreter im Bildungssektor, wie Gewerkschaften, Elternvertretungen und Schülervertretungen, ihre Erwartungen an die Politik formulieren. Das ist gut, das ist nützlich, das ist hilfreich, das ist ein wesentlicher Baustein für unsere Arbeit.

Aber die entscheidende Leistung, die die Fraktionen dieses Landtags und die Landesregierung erbringen müssen, ist, zu beschreiben, wie man aus der Summe der Interessen ein Gesamtkonzept formuliert und wie man dieses Gesamtkonzept tatsächlich umsetzen und finanzieren kann.Das ist die Leistung der Politiker.Das unterscheidet uns von den außerparlamentarischen Gruppen, und ich würde mir sehr wünschen, dass die Fraktion DIE LINKE diesen Unterschied endlich begreift und hier adäquate Lösungsvorschläge macht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In puncto adäquate Lösungsvorschläge bin ich übrigens den Kolleginnen und Kollegen von der SPD sehr dankbar für ihren Antrag zu dem Thema Sozialindex. Auch das ist ein Projekt, das sich nach und nach immer mehr Fraktionen des Hessischen Landtags auf die Fahnen geschrieben haben.

Wir glauben ebenfalls, es ist ein richtiger Weg, sich genauer anzuschauen, wie die Bedingungen sind, unter denen unsere Schulen arbeiten müssen. Sie sind eben nicht für alle gleich.Eine Schule im Hochtaunuskreis hat mit Sicherheit andere Arbeitsbedingungen als eine Schule im Frankfurter Gallusviertel. Das müssen wir bei der Lehrerzuweisung endlich stärker berücksichtigen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das macht der Antrag der SPD. Deshalb findet er auch unsere Unterstützung.

Meine Damen und Herren, ich habe versucht, Ihnen Folgendes darzustellen:Wir brauchen ein bildungspolitisches Gesamtkonzept. Einige Eckpfeiler dieses bildungspolitischen Gesamtkonzepts habe ich genannt. Dann müssen wir beschreiben, wie man dieses Konzept tatsächlich umsetzt.

Meine Damen und Herren von Schwarz-Gelb, man muss sich dann eben ein bisschen mehr Arbeit machen, als Sie es in Ihrem Koalitionsvertrag getan haben.

(Zurufe von der CDU: Oh!)

Das, was Sie in Ihrem Koalitionsvertrag festgelegt haben, passt nämlich hinten und vorne nicht zusammen.

(Judith Lannert (CDU): Aber bei Ihnen hat es gepasst?)

Ja, unserer hat gepasst, Frau Kollegin Lannert. Aber hallo.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Kollegin Lannert, Ihnen kann ruhig vieles in unserem Koalitionsvertrag nicht gefallen. Aber er hat für den Bildungssektor geleistet, dass die relevanten Akteure gesagt haben, das wäre ein Aufbruch für unsere Schulen gewesen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Florian Rentsch (FDP): Wer sind die „relevanten Akteure“?)

Das, was Sie beschrieben haben, ist dagegen ein bloßes „Weiter so!“ – Herr Kollege Rentsch hat eine Zwischenfrage. Ich habe nur noch eine Minute Zeit. Da ich ihn aber schätze, lasse ich sie zu.

Herr Kollege Rentsch.

Herr Kollege Wagner, „relevante Akteure“: Sind das für Sie mehr Gruppen als die GEW in Hessen?

(Zuruf von der FDP: Gute Frage!)

Selbstverständlich, Herr Kollege Rentsch. Für uns ist die GEW zwar ein wesentlicher Akteur, aber es gibt weitere. Herr Kollege Rentsch, ob es Ihnen gefällt oder nicht: Es gab viele Schüler, viele Lehrer und viele Eltern, die, was die Bildungspolitik betrifft, auf diesen Koalitionsvertraggesetzt haben, gerade weil er eine deutliche grüne Handschrift getragen hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben Folgendes in Ihrem Koalitionsvertrag gemacht. Sie haben manches Richtige hineingeschrieben, haben dann aber erklärt: Maximal gibt es an den Schulen 2.500 zusätzliche Stellen. – Das, was Sie vorne zu Ihren Absichten geschrieben haben, und die Zahl der Stellen, die Sie den Schulen dann zugestehen, passen vorne und hinten nicht zusammen. Das ist Steine statt Brot für die Schulen. Insofern sind Sie in Sachen Realitätsferne und in dem Mangel an Präzision, mit dem Sie die Maßnahmen an den Schulen umsetzen, nicht wesentlich anders als DIE LINKE mit dem Antrag, den Sie uns heute vorgelegt hat. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Wagner. – Das Wort hat Herr Kollege Döweling für die FDP-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Wagner, zunächst einmal habe ich eine Botschaft direkt für Sie:Wenn Sie ein bildungspolitisches Gesamtkonzept fordern, schauen Sie doch in unseren Koalitionsvertrag.

(Beifall bei der FDP – Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie da Verständnisschwierigkeiten haben, greife ich den Hinweis auf, dass Sie offensichtlich gern mit den bildungspolitischen Sprechern der Fraktionen frühstücken gehen.Vielleicht können wir beide einmal frühstücken gehen.Vielleicht kann ich Ihnen das eine oder andere peu à peu erläutern, lieber Herr Kollege Wagner. Das können wir bilateral klären.

(Beifall bei der FDP)

Wenn man sich den Antrag der LINKEN zu diesem Setzpunkt durchliest, muss man sagen – Frau Cárdenas, da bin ich bei Ihnen –: Das hört sich wirklich toll an.

Kleinere Klassen kann man sicherlich fordern. Da sind wir tendenziell bei Ihnen. Aber ich kann nicht umhin, Sie zu fragen: Warum haben wir denn die derzeitige Situation? Warum haben wir in manchen Klassen über 30 Schüler? Ich kann nur sagen, es liegt an der verfehlten rot-grünen Schulpolitik der Neunzigerjahre. Das ist ganz klar.

(Beifall bei der FDP – Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ja, Herr Schäfer-Gümbel, das ruft Heiterkeit bei Ihnen hervor.Aber es ist so.

(Günter Rudolph (SPD):Da warst du doch noch im Kindergarten!)

Da war ich noch im Kindergarten? Da sehen Sie es einmal: Ich bin ein Opfer Ihrer Schulpolitik.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP – Zuruf der Abg. Heike Habermann (SPD))

Die sogenannte Sternchenregelung, die ein Überziehen der Klassenobergrenzen ermöglicht hat, wurde von Kultusminister Holzapfel eingeführt. Das ist eine Tatsache, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Wir hingegen werden,wie es der Kollege Irmer schon ausgeführt hat, diese Regelung peu à peu abschaffen. Wir werden für eine Lehrerversorgung von 105 % sorgen sowie in diesem Rahmen die schon mehrfach erwähnten 2.500 zusätzlichen Lehrerstellen in Hessen schaffen.

Sie haben die Statistik der GEW erwähnt.Ich sage immer: Trau keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast. – Uns liegen offensichtlich etwas andere Zahlen vor. Wir werden 2.500 zusätzliche Lehrerstellen schaffen.Wir werden dadurch zu einer qualitativen Verbesserung des Unterrichts mit einer stärkeren individuellen Förderung kommen. Auch das hat der Kollege Irmer schon angesprochen: Langfristig gesehen werden wir das natürlich auch durch die sinkenden Schülerzahlen erreichen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Richtigerweise wurde erwähnt, dass wir nicht erst in der Schule mit der Förderung anfangen dürfen, sondern dass wir auch die frühkindliche Förderung ausbauen müssen. Auch das werden wir machen. Dazu liegen entsprechende Konzepte vor.Ich empfehle wiederum,den Koalitionsvertrag zu lesen.

(Zuruf des Abg. Manfred Görig (SPD))

Ja, Herr Görig, das ist richtig. – Wir wollen im Rahmen der Entwicklung zur selbstständigen Schule auch ein neues, transparentes Zuweisungsverfahren für die Lehrer an Hessens Schulen. FDP und CDU werden Hessens Schulen zu selbstständigen Schulen entwickeln, zu Orten des Lernens, zu Schulen – ich betone das extra –, in die die

Kinder gern gehen. Wir werden nicht irgendwelche Kartenhäuser der Bildung bauen, die dann in sich zusammenfallen.

Lassen Sie mich zum Schluss ein Wort zu den Antragstellern sagen. Es ist mehrfach erwähnt worden, dass das, was in dem Antrag steht, den Sie von der LINKEN hier gestellt haben, nicht finanzierbar ist. Wir haben die Köpfe für die Lehrerstellen, die Sie da fordern, nicht irgendwo in der Tasche.Vielleicht haben Sie sie im Kelsterbacher Wald gefunden. Ich weiß es nicht.

Ich bitte Sie: Hören Sie bitte auf, uns mit solchen unrealistischen Anträgen zu belästigen.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zurufe von der LINKEN)

Das ist diesem Haus nicht angemessen. Wir sind es leid, die Menschen in Hessen sind es leid, und wir können es uns nicht leisten, mit so etwas Zeit zu verplempern. Wir werden handeln, wir werden Hessens Schulen voranbringen. – Vielen Dank.