Es gibt fünf Verfahren, das haben wir doch gestern erörtert. Darüber kann man diskutieren. Es gibt z. B. unterschiedliche Verfahren der Deutschen Bundesbank und der Europäischen Gemeinschaft, nur um zwei zu nennen. Beide kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Auch das muss doch im Vorfeld diskutiert werden.
Ich merke Ihren Schweinsgalopp. Nicht einmal mit diesen Fragen haben Sie sich sachgerecht auseinandergesetzt. Das macht dies doch deutlich.
Meine Damen und Herren, schließlich kann es nicht sein, dass die Landesregierung anders als auf Bundesebene die Schritte zu einer Nullverschuldung im Jahr 2020 nicht definiert. Auf der Bundesebene heißt es: in gleichmäßigen Schritten. Sie wollen das hier nicht regeln. Warum nicht? Weil Sie anscheinend dazu nicht der Lage sind.Auch darüber muss nachgedacht werden. Wir werden darüber nachdenken, damit wir zu einer entsprechenden Regelung kommen.
Zu Ihrem Verfahrensantrag.Wir müssen uns fragen, ob in Zukunft immer mit Dringlichkeitsanträgen die Geschäftsordnung des Landtags zum Tragen kommen soll. Aber wir werden natürlich jeder Selbstverständlichkeit zustimmen.
Herr Kollege Schmitt, Sie müssen zum Schluss Ihrer Rede kommen.Also bitte eine schnelle Zusammenfassung.
Die SPD wird sich intensiv an den Beratungen beteiligen und Änderungen einbringen. Ohne eine harte Absicherung, dass die Einnahmen der Kommunen für eine aufgabengerechte Finanzierung ausreichen, wird es keine Zustimmung der SPD geben.
Zweitens. Wir wollen erreichen, dass die Staatsziele und die Aufgaben des Landes durch eine Schuldenbremse nicht so in Mitleidenschaft gezogen werden, dass sie am Ende ramponiert und zerschlissen sind. – Danke sehr.
Vielen Dank, Herr Kollege Schmitt. – Das Wort hat Herr Kollege Dr.Wilken für die Fraktion DIE LINKE.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Vorneweg gesagt:Auch wir LINKEN wissen selbstverständlich, dass Zinszahlungen unsere politische Handlungsfähigkeit stark einschränken.
Aber, meine Damen und Herren der Regierung und Regierungsfraktionen nicht nur hier im Land, dann verpflichten Sie sich doch endlich, die Schulden zurückzuzahlen. Das würde Sinn machen. Stattdessen verteilen Sie weiter Steuergeschenke an die Reichen und die Großkonzerne zulasten der öffentlichen Hand.
Die Konjunkturentwicklung der letzten Jahre auf nationaler und internationaler Ebene zeigt eindrucksvoll, dass eine Konsolidierung der öffentlichen Haushalte auch ohne Schuldenbremse möglich ist, wenn sie denn politisch gewollt ist. Insofern ist notwendige Voraussetzung einer Konsolidierung nicht die Existenz einer Schuldenbremse, sondern ein Konjunkturaufschwung.
Richtig ist allerdings, dass ein Konjunkturaufschwung zumindest in der Vergangenheit bei diesen Regierungen inklusive Rot-Grün keine hinreichende Bedingung dafür war, dass der Strom konjunkturell bedingter Steuereinnahmen tatsächlich zur Konsolidierung der Staatsfinanzen verwendet wurde, statt sie wie in den letzten Jahren Hoteliers zu schenken.
Meine Damen und Herren, wer in sozial verantwortlicher Weise Schulden begrenzen will, muss auf Dauer Vermögen sowie Großverdiener und Unternehmensgewinne wieder stärker besteuern. Das geht auch in Deutschland, nicht nur in den USA mit Obama. Wir müssen die Ursachen für die anwachsende Staatsverschuldung bekämpfen,nicht die Symptome.Die Banken müssen an die Kette und den Schlamassel, den sie angerichtet haben, selbst bezahlen.Mit einer Bankenabgabe könnten wir 9 Milliarden c jährlich einnehmen, wenn sie nach US-Vorbild kreiert würde.
Eine Finanztransaktionsteuer bringt bei einem Steuersatz von 0,05 % nahezu 30 Milliarden c jährlich.Mit der Millionärsteuer könnte Vermögen mit 5 % versteuert werden. Das würde 80 Milliarden c jährlich einbringen.
Alle Steuerreformen seit 1998 haben zusammengerechnet in den letzten zehn Jahren zu Einnahmeausfällen beim Staat von insgesamt fast 340 Milliarden c geführt. Über 30 Milliarden c davon haben die Gemeinden zu verkraften. Bund, Länder und Gemeinden verzichten in diesem Jahr durch diese Steuergesetzgebung auf über 51 Milliarden c, die sie mehr einnehmen würden, wenn noch die Steuergesetze von 1998 gelten würden.
Was Sie hier machen und was alle anderen Parteien außer uns im Bund gemacht haben und noch tun, ist, einerseits die Einnahmen zu begrenzen, und dann zu argumentieren, jetzt müssten wir die Ausgaben an die Einnahmen anpassen.
Die Schuldenbremse setzt nicht am zentralen finanzpolitischen Problem der BRD, an der Aushöhlung der Einnahmesituation in konjunkturell guten Zeiten, an.
Wir können es auch aussprechen. – In der Bundesrepublik Deutschland haben wir ein anderes Problem als ein Ausgabenproblem.Wir haben ein Einnahmeproblem.
Wir brauchen eine andere Steuerpolitik, die die Entlastungen und Privilegierungen von Spitzeneinkommensbezieherinnen und -beziehern, von Vermögenden und von Unternehmen der vergangenen Jahre rückgängig macht.
Meine Damen und Herren, die Steuerbelastung in Deutschland liegt inzwischen unter dem europäischen Durchschnitt. Sie appellieren zwar in Ihren Argumentationen, wie Herr Wagner es gerade wieder gemacht hat, andauernd an das populäre Konzept des Sparens, wohl wissend, dass das gar nichts mit Schuldenbremse zu tun hat.
Trotzdem will ich mich mit einigen Ihrer Argumente auseinandersetzen.Was Sie als Schuldenbremse ankündigen, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als Investitions- und Wachstumsbremse. Schon heute befindet sich Deutschland, was den Anteil der öffentlichen Investitionen am Bruttoinlandsprodukt betrifft, an vorletzter Stelle aller OECD-Staaten – weit unterhalb des Durchschnitts.
Wir müssen Ihnen entgegenhalten: Schulden sind nichts anderes als Kredite für neue Investitionen, und das ist bekanntlich nicht immer schlecht, meine Herren von der FDP, weder für ein Unternehmen noch für den Staat.
Für ein Unternehmen gilt das immer dann, wenn es mit den Neuanschaffungen mehr Geld erwirtschaften kann, als es für den Zinsdienst aufwenden muss. Ein Manager, der dauernd Erfolg versprechende Projekte mit Renditen von 10 % streicht, wenn er sich für 5 % Zinsen Geld von der Bank leihen kann, wird sehr bald von den Aktionären abgesetzt, und das zu Recht.
Auch für Privathaushalte sind Schulden nicht unbedingt gefährlich. Wenn eine Familie feststellt, dass sie sich mit einer monatlichen Hypothekenrate von 1.000 c ein Haus leisten kann, für das sie sonst 1.500 c Miete zahlen müsste, macht das Sinn.
Das ist im Übrigen genau das Gegenteil von dem, was Sie in den letzten Jahren immer an öffentlich-privater Partnerschaft propagiert haben. Auch dort wird bekanntlich auf sinnvolle Investitionen verzichtet – mit dem Ergebnis, dass jahrzehntelang überzogene Mieten gezahlt werden müssen.
Nun wollen Sie – der Ministerpräsident hat es angekündigt, der Finanzminister hat es etwas weiter ausgeführt – Ihrer marktliberalen Ideologie folgend im Stile eines Internationalen Währungsfonds einen Fonds für notleidende Kommunen auflegen und ihn mit aller Wahrscheinlichkeit mit in die vollkommen falsche Richtung zeigenden Kürzungsvorschriften verbinden.
Meine Damen und Herren, auch für die öffentliche Hand gilt, dass Schulden nicht gefährlich sind, wenn Investitionen z. B. in Bildung erhebliche Steigerungen der Zukunftsaussichten zur Folge haben. Das wäre allerdings genau das Gegenteil der Streichungen der hessischen „Operation düstere Zukunft“, die kurzfristig Geld eingespart hat und langfristig erheblich höhere Folgekosten nach sich gezogen hat.
Politisch ist die Folge der Kreditbremse, wie wir sie nennen, katastrophal. Deutschland droht in einen Teufelskreis aus rigider Sparpolitik, schwachem Wachstum und hoher Arbeitslosigkeit zu geraten.
Das Ergebnis wird sein, Sie wollen eine schuldenfreie Zukunft, aber in Zukunft schuldenfreie, aber schlecht ausgebildete Kinder.Das können Sie doch wohl nicht ernst meinen.
Meine Damen und Herren, Sie nennen es Schuldenbremse und meinen Sozialabbau, wie uns die derzeitige Kürzungsorgie im Bund beweist. Wir brauchen stattdessen eine Steuersenkungsbremse, und ich füge hinzu, eine Steuersenkungsbremse für Unternehmen und Besserverdiener. Konjunkturpolitisch wären Steuersenkungen für Niedrigverdiener und die Erhöhung von Sozialleistungen, z. B. des ALG II, sehr effektiv.