Protokoll der Sitzung vom 31.03.2009

Eine weitere Anforderung ist die Einführung umfangreicher Informationspflichten. Ich sage in Klammern: Informationspflichten sind immer gut. Ich finde, das sollte man auch für die Bereiche tun, für die man selber zuständig ist. Informationsrechte sind für Bürgerinnen und Bürger oft wichtig. Mit dem Informationsfreiheitsgesetz werden wir uns mit Sicherheit in den nächsten Wochen noch einmal beschäftigen. Aber grundsätzlich ist gut, dass Informationspflichten festgelegt werden.

Weiterhin wird festgelegt, dass Entscheidungsfristen definiert und Genehmigungsfiktionen festgeschrieben werden. Die Kosten – das hat der Innenminister gerade auch gesagt – sind ein Thema, das nicht immer so ganz sexy ist. Aber wenn man die Zeche bezahlen muss, gibt es doch den einen oder anderen Ärger um die Kosten des Verfahrens. Hier ist es in der Tat so, dass die Kosten, die in Rechnung gestellt werden, verhältnismäßig sein müssen und die Kosten des Verfahrens nicht überschreiten dürfen.

Herr Innenminister, auf den ersten Blick ist es grundsätzlich positiv. Die einheitlichen Stellen in anderen Berei

chen haben Sie erwähnt. Ich habe das mit D 115 gerade gesagt. Wir kennen es aber auch von vielen Kommunen, die Bürgerbüros und Ähnliches betreiben – Bürgerinnen und Bürger haben die Möglichkeit, ihre Verfahren bei einer Stelle abzuwickeln.

Dazu sage ich, dass wir natürlich eine Anhörung im zuständigen Ausschuss machen müssen. Ich bin gespannt, was die Kommunalen Spitzenverbände zu diesem Bereich sagen. Dazu gibt es die eine oder andere Äußerung, die man im Verfahren diskutieren muss. Aber im Grundsatz ist der Gesetzentwurf durchaus zu begrüßen, und wir stimmen der Überweisung an den zuständigen Ausschuss zu.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Herr Frömmrich. – Als Nächste hat Frau Kollegen Faeser für die SPD-Fraktion das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Als eine Juristin, die im Verwaltungsrecht arbeitet, muss ich Ihnen leider sagen: Ich finde dieses Gesetz schon etwas Bedeutendes. Es enthält bedeutende Änderungen. Aber man kann von dem Haus wohl kein allgemeines Interesse an diesem Gesetz erwarten.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Erwarten kann man das schon! – Zuruf des Abg.Wolfgang Greilich (FDP) – Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das Haus hat ganz viele Juristen an Bord!)

Man muss von hier vorne aus auch einmal etwas Positives über Juristen sagen.

Der Minister hat es gesagt: Der Gesetzentwurf enthält Änderungen des Hessischen Verwaltungsverfahrensgesetzes und des Hessischen Verwaltungskostengesetzes,die wegen der Umsetzung der Europäischen Dienstleistungsrichtlinie sowie der Anpassungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes notwendig sind. Daher werden auch für den einen oder anderen Nutzer Verbesserungen entstehen, und deswegen werden wir diesen Gesetzentwurf in den Anhörungen sehr wohlwollend begleiten.

Wie Herr Frömmrich gesagt hat, ist Ziel die Verbesserung des EG-Binnenmarktes für die grenzüberschreitende Einbringung von Dienstleistungen. Wir haben das Problem, dass Bürger und Unternehmen häufig mit einer Vielzahl von Vorschriften, erforderlichen Verfahren, Formalitäten und unterschiedlichen Behörden konfrontiert sind. Das soll durch die Richtlinie vereinfacht werden, und dazu soll dieser Gesetzentwurf eine Bündelung und eine Verfahrensbeschleunigung bewirken. Ich denke, das ist aller Ehren wert und unterstützungsfähig.

Dazu soll durch das Hessische Verwaltungsverfahrensgesetz diese sogenannte einheitliche Stelle geschaffen werden. Dort sollen Anzeigen, Anträge, Willenserklärungen und Unterlagen entgegengenommen und unverzüglich an die zuständigen Behörden weitergeleitet werden, also eine echte Bündelungsfunktion.

Allerdings – das hat gerade die Anhörung der Kommunalen Spitzenverbände ergeben – wird befürchtet, dass es bei der neuen Servicenummer D 115 zu Problemen kommen könnte, weil dort bereits Bündelungswirkungen ein

getreten sind. Ich denke, das sollte man bei der Anhörung beachten, damit sich die neuen Projekte – die unter anderem sehr erfolgreich im Main-Taunus-Kreis gestartet sind, Herr Wintermeyer;

(Axel Wintermeyer (CDU):Das ist richtig! Wir sind gut im Main-Taunus-Kreis! – Zurufe von der SPD)

wir im Main-Taunus-Kreis sind gut – nicht gegenseitig behindern.

(Axel Wintermeyer (CDU): Da gebe ich Ihnen recht!)

Das muss in der Anhörung berücksichtigt werden.

Eine weitere und, wie ich aus juristischer Sicht finde, auch interessante Änderung ist die Neuregelung der Genehmigungsfiktion. Die kannte das Verwaltungsverfahrensgesetz bislang nicht, doch in den Fachgesetzen ist sie bereits vorgesehen. Es kommt also ein neues Rechtsinstitut hinzu, und auch das werden wir in der Anhörung kritisch mitbetrachten müssen.

Der Minister hat gesagt, entscheidend ist die Änderung im Verwaltungskostengesetz. Da werden sich einige Behörden tatsächlich umschauen, denn die Gebühren werden erheblich sinken.

Das ist sehr freundlich für die Antragsteller, und das sehen wir gemeinsam so. Aber das wird eine große Änderung ergeben, denn die dem Dienstleister entstehenden Kosten sollen nach der Dienstleistungsrichtlinie jetzt ausdrücklich vertretbar und zu den Kosten des Genehmigungsverfahrens verhältnismäßig sein; und vor allem sollen sie die Kosten des Verfahrens in Gänze nicht überschreiten.

Meine Damen und Herren, ich habe es bereits gesagt: Diesen Gesetzentwurf werden wir in den Anhörungen durchaus wohlwollend begleiten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank, Frau Faeser. – Herr Bellino, Sie haben jetzt die Möglichkeit, für die CDU-Fraktion das Wort zu ergreifen. Bitte.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Auch wir werden die Anhörung – ich gehe davon aus, dass sie stattfinden wird – positiv begleiten.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Hört, hört! – Zuruf von der SPD)

Hier verweise ich auf den Kollegen Wintermeyer: Das haben wir in 98,9 % der Fälle in der Vergangenheit gemacht

(Axel Wintermeyer (CDU):Wenn es sinnvoll ist!)

und werden es auch in Zukunft tun. Über den besonderen Fall werden wir heute noch sprechen und die Möglichkeit haben, uns ausgiebig auszutauschen.

Es wurde bereits darauf hingewiesen:Wir haben die erste Lesung des Gesetzentwurfs zur Änderung verwaltungsverfahrens- und verwaltungskostenrechtlicher Vorschriften durchzuführen und müssen den Gesetzentwurf dem Innenausschuss überweisen. Für mich persönlich geht es in der Hauptsache zunächst einmal um die Übernahme ei

nes Mustergesetzentwurfs des Bundes und der Länder, die die angesprochene EG-Richtlinie umzusetzen hat.

Meines Erachtens verdient in diesem Zusammenhang das Verfahren um die sogenannte einheitliche Stelle besondere Beachtung. Diese neue Verfahrensart, diese neue Stelle hat die Funktion eines unterstützenden Verfahrensmittlers zwischen dem Antragsteller auf der einen Seite und der zuständigen Behörde auf der anderen Seite. Das bedeutet natürlich auch, dass die zuständigen Behörden zusätzliche Pflichten haben, denn sie müssen/dürfen dem Antragsteller künftig noch besser helfen, als dies bisher der Fall war. Ich darf stellvertretend hier nur die Information über die relevanten Rechtsgrundlagen nennen, auch den rechtzeitigen Hinweis, wenn etwas bei den Antragsformularen fehlen sollte, oder die simple, aber nicht immer ausgestellte Empfangsbestätigung. Das sind positive Aspekte.

Ähnlich positiv bewerte ich, dass nach Ablauf einer gewissen Frist die Genehmigungsfiktion gelten soll. Das ist mit Sicherheit auch im Sinne der Antragsteller, woher auch immer sie kommen mögen.

Wir werden also diese Umsetzung, diese Anpassung der EU-Richtlinie entsprechend würdigen.Wir werden anhören, was Betroffene dazu zu sagen haben.

Um das abschließend zu sagen: Ich bin davon überzeugt, dass die Einführung der umfangreichen Informationspflichten, die festgelegten Entscheidungsfristen, die Genehmigungsfiktion, aber auch die Tatsache, dass sich die Kosten an dem tatsächlichen Aufwand orientieren müssen, im Sinne nicht nur des Gesetzgebers, sondern auch der Betroffenen sind.

Insofern freuen auch wir uns auf die Diskussion im Innenausschuss. – Besten Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Herr Bellino, vielen Dank. – Jetzt hat Herr Schaus das Wort für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Mir ist durch den Kopf geschossen: Es gibt durchaus Aspekte der Europäischen Dienstleistungsrichtlinie, die positiv sind. In diesem Zusammenhang kann ich mich aber an andere Diskussionen der Vergangenheit erinnern, doch um diese geht es hier nicht.

Wie schon dargestellt geht es um einen Gesetzentwurf, durch den die EG-Richtlinie gemäß einem bundesweiten Mustergesetzentwurf verändert wird. Wie bereits dargestellt, sind diese wichtigen Änderungen im Verwaltungsverfahrensrecht sicherlich notwendig und sinnvoll.

Im Wesentlichen handelt es sich dabei – so sehen wir es – um Verbesserungen für die Bürger.Aber ich will auch sagen: An dieser Stelle können durchaus auch Probleme auftreten, und die müssen wir in der Tat diskutieren.

Die aus unserer Sicht wichtigste Verbesserung ist die Einführung der einheitlichen Stelle. Das haben meine Vorrednerin und meine Vorredner schon dargestellt. Modellhaft wird manches davon bereits über die Nummer 115 praktiziert und wird offensichtlich gut angenommen.

Durch diese Änderung soll es den Bürgern zukünftig erspart werden, die zuständige Behörde für die verschiedenen Verfahren und Formalitäten selbst zu suchen und erfolgreich zu finden.In Zukunft genügt ein Antrag an diese einheitliche Stelle.

Nun bin ich kein Jurist und betrachte diesen Gesetzentwurf natürlich aus praktischer Sicht. Dabei ist mir aufgefallen, dass es damit durchaus Probleme geben könnte.

Aus unserer Sicht problematisch ist die Einführung der Genehmigungsfiktion. Sie ist in § 42a geregelt, beträgt in der Regel drei Monate und kann nur in begründeten Fällen verlängert werden. Nach Ablauf dieser Frist gilt die Genehmigung als fiktiv erteilt.

(Zuruf des Abg.Wolfgang Greilich (FDP))

Herr Greilich, das hört sich zunächst sehr bürgerfreundlich an.

(Wolfgang Greilich (FDP): Das ist es ja auch!)

Aber das kann nur richtig funktionieren – jetzt kommt die praktische Seite –, wenn insbesondere in sensiblen Bereichen eine ausreichende Personalausstattung gewährleistet wird.

Denken wir an das Umweltrecht, an das Lebensmittelrecht, das Gewerbe- oder das Baurecht: Wenn es wegen der Arbeitsüberlastung in diesen Behörden zu ungerechtfertigten fiktiven Genehmigungen kommen kann, dann muss dies in der praktischen Umsetzung dieser gesetzlichen Regelung beachtet werden.