Protokoll der Sitzung vom 31.03.2009

Ich glaube, deswegen schadet es auch nicht, dass dieser Teilaspekt in die Anhörung integriert werden soll.Das haben wir Ihnen dargelegt. Das sind valide und plausible Gründe. Es ist deswegen nicht sinnvoll, das Regelwerk, das die Gesamtheit unseres Zusammenwirkens hier in irgendeiner Form vernünftig koordinieren soll, aufzubrechen und mit Regelungen zu überfrachten, die auf einzelne Handlungen und einzelne Fälle bezogen sind. Ich glaube, das würde dem Charakter einer Geschäftsordnung nicht mehr genügen und nicht gerecht werden.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Es ging um ein normales Gesetzgebungsverfahren!)

Deswegen können wir Ihrem Antrag mit diesem Punkt nicht folgen. Es wird bei dem Antrag zur Änderung der Geschäftsordnung bleiben, den die Mehrheit dieses Hauses eingebracht hat und den sie so auch beschließen wird. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Herr Blum, danke. – Herr Wintermeyer, Sie haben sich noch einmal für die CDU-Fraktion zu Wort gemeldet. Sie haben noch 1 Minute 40 Sekunden Redezeit.

Herr Präsident, ich denke nicht, dass ich die brauche. – Ich habe mich noch einmal wegen der Rede des Kollegen Rudolph gemeldet, der hier von der Aussage „Mehrheit ist Wahrheit“ gesprochen und versucht hat, darzustellen, dass es Mehrheitsentscheidungen genereller Natur bezüglich Anhörungen gebe. Herr Rudolph, Sie sind auch schon seit einiger Zeit im Hessischen Landtag.

(Günter Rudolph (SPD): Das stimmt!)

Sie müssten wissen, dass wir meistens einvernehmlich beschlossen haben – ich will sagen, in 98 % der Fälle –, Anhörungen durchzuführen. Wir haben uns vielleicht dann darüber gestritten, ob eine schriftliche oder eine mündliche Anhörung durchzuführen ist.

Ich bin dem Herrn Kollegen Wagner, der das angesprochen hat, und auch dem Herrn Kollegen Blum sehr dankbar.Es ging vorletzte Woche ausschließlich um den Punkt, dass im Herbst eine große Dienstrechtsreform vorgenommen werden soll und die hessischen Gesetze zum Dienstrecht geändert werden sollen. Dabei werden auch entsprechende Anhörungen durchgeführt werden. Es bringt nichts, wenn man zweimal im Jahr zu demselben Thema die gleichen Anhörungen macht.Ich wollte das nur einmal als Beispiel sagen.

Ich verspreche Ihnen hier, dass wir, so wie wir das grundsätzlich immer getan haben, dazu gemeinsam Anhörungen beschließen werden, wenn das gefordert wird. Aber zweifelsfrei muss man sagen: Es ist normales Recht der Mehrheit – und nicht etwas Absolutes –, zu Anhörungen, die nicht unbedingt notwendig sind, sagen zu können: Das wollen wir nicht.

Ein letzter Punkt. Herr Kollege Rudolph, es verwundert uns schon,dass Sie dem Antrag der Fraktion der LINKEN zustimmen werden. Sie haben in Hessen in den letzten 60 Jahren 50 Jahre lang Zeit gehabt, das umzusetzen.

(Lachen des Abg. Günter Rudolph (SPD) – Willi van Ooyen (DIE LINKE):Herr Wintermeyer,jeder lernt dazu, auch Sie!)

Jetzt kommen Sie auf diese Idee. Ich vermute, Sie stellen sich auf eine längere Zeit in der Opposition ein. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Herr Wintermeyer, vielen Dank. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Es ist vorgesehen, dass über beide Anträge jetzt abgestimmt wird.

Ich rufe gemäß der Tagesordnung zunächst den Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend die Geschäftsordnung des Hessischen Landtags zur Abstimmung auf. Das ist Drucks. 18/254.

Wer dem Antrag der Fraktion DIE LINKE zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Mitglieder der Fraktionen DIE LINKE und der SPD. – Wer stimmt dagegen? – Das sind die Mitglieder der Fraktionen der CDU, der FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Ich lasse nun über den Antrag der Fraktionen der CDU, der SPD, der FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und

DIE LINKE betreffend die Geschäftsordnung des Hessischen Landtags, Drucks. 18/265, abstimmen.

Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Mitglieder aller Fraktionen. Gibt es Gegenstimmen? – Das ist nicht der Fall. Gibt es Enthaltungen? – Das ist ebenfalls nicht der Fall. Damit ist dieser Antrag einstimmig angenommen, und wir haben die Geschäftsordnung entsprechend geändert. Vielen Dank.

Gemäß der Tagesordnung rufe ich nun Tagesordnungspunkt 8 auf:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz zur Änderung verwaltungsverfahrens- und verwaltungskostenrechtlicher Vorschriften – Drucks. 18/184 –

Der Gesetzentwurf wird durch Herrn Staatsminister Bouffier eingebracht. Herr Bouffier, bitte schön, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Für die Landesregierung bringe ich einen Gesetzentwurf zur Änderung verwaltungsverfahrens- und verwaltungskostenrechtlicher Vorschriften ein, ein Klassiker des Parlamentsrechts. Worum geht es? Ich will es in kurzen Strichen machen. Wir haben hier die Vorgaben des europäischen Rechts und teilweise auch des Bundesrechts nachzubilden. Das greift alles ineinander.

Im Großen und Ganzen geht es zunächst um zwei Bereiche. Ihnen ist der Begriff der Dienstleistungsrichtlinie bekannt. In dieser Dienstleistungsrichtlinie ist vorgesehen, dass es quer durch die Verwaltung eine sogenannte einheitliche Stelle geben soll. Diese einheitliche Stelle kann man untechnisch als eine Art Pfadfinder oder als einen Pförtner bezeichnen,bei dem jemand,der,wo auch immer in der Verwaltung, etwas wissen oder Anträge abgeben will, seine entsprechenden Beziehungen zur Verwaltung an einer Stelle regeln kann.

Das ist ein Gedanke, der in den Reformdiskussionen des Verwaltungsrechts nun seit vielen Jahren umzusetzen versucht wird – aus meiner Sicht absolut richtig. Deshalb implementieren wir jetzt in das hessische Verwaltungsverfahrensrecht zunächst einmal die Institution dieser berühmten einheitlichen Stelle, um die es geht.

Diese einheitliche Stelle ist nicht die Behörde oder der Behördenteil, der die Sache materiell bearbeitet, sondern er nimmt entgegen, führt zurück, hält den Kontakt mit dem Bürger, und in aller Regel bleibt die vertiefte juristische Prüfung bei den Fachbehörden.

Damit geht eine zweite Entscheidung einher, die ich Ihnen vorschlage, nämlich die, dass wir nur eine Grundregelung im Verwaltungsverfahrensrecht vornehmen und jetzt nicht den Versuch unternehmen, quer über das gesamte Recht auch noch Regelungen zu basteln, wie sich das im Einzelfall bei welcher Behörde darstellt.

Damit man ein bisschen besser begreift, um was es geht: Wenn jemand einen Führerschein beantragt, dann geht es nach dem Fahrerlaubnisrecht. Wenn jemand bauen will, geht es nach dem Baurecht.Wenn jemand eine Gaststätte betreiben will, geht es nach dem Gaststättenrecht. Und wenn jemand einen Beruf ergreifen will, geht es nach dem Berufsrecht. Das sind ganz unterschiedliche Bereiche.

Das, was wir hier regeln, ist die verwaltungsrechtliche Grundlage. Für den jeweiligen einzelnen Bereich gibt es Fachgesetze. Diese Fachgesetze müssen umsetzen,was die berühmte einheitliche Stelle eigentlich aufnimmt, wo sie für den jeweiligen Fachbereich ist und was die machen können.

Mir scheint das die richtige Grundentscheidung zu sein. Ich kenne im Übrigen auch kein Land, wo es anders gemacht wird. Das würde zu einem Riesenwerk führen und keinerlei Übersicht mehr gewährleisten. Das ist das eine. Es klingt furchtbar trocken, ist aber für jeden, der mit Behörden zu tun hat, in Zukunft hoffentlich ein Segen, wenn es umgesetzt wird.

Wenn jemand z. B. von außerhalb oder sogar außerhalb Deutschlands einen Betrieb, eine Niederlassung oder was auch immer errichten will,dann soll es in Zukunft möglich sein, dass alles an einer Stelle – völlig egal, ob die zuständig ist oder nicht – gebündelt wird, damit der Bürger oder das Unternehmen, das interessiert ist, nicht von einer Behörde zur anderen weitergeleitet wird.

Was zumindest für Verwaltungsrecht neu ist: Diese Kommunikationswege müssen zukünftig elektronisch eingerichtet werden, aber auch für einen Übergangszeitraum noch konventionell, d. h. in Papierform, vorgehalten werden.

Das Zweite, worauf ich hinweisen will, weil ich glaube, dass wir die Feinheiten im Ausschuss diskutieren können, ist die Veränderung des Verwaltungskostengesetzes – auch ein Thema, das normalerweise Menschen bis auf die, die es bezahlen müssen, nicht sehr erregt.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Die müssen es bezahlen!)

Ja, eben. Genau das ist das Problem. – Hier gibt es einen wesentlichen Unterschied zur bisherigen Rechtslage in Hessen. Wir haben das sogenannte Äquivalenzprinzip. Das heißt, der Staat im weitesten Sinne darf für seine Handlungen eigentlich nur eine Gebühr nehmen, die sich danach berechnet, was er als Staat an Aufwendungen hat.

Das ist das berühmte Äquivalenzprinzip. Das ist vielfach aufgeweicht, weil wir bei den Gebühren nicht nur in Hessen in der Vergangenheit auch berücksichtigt haben, welchen wirtschaftlichen Wert ein Bescheid für den Betroffenen hat.Wenn jemand z. B. einen Genehmigungsbescheid mit der Folge bekommt, dass er eine außergewöhnlich attraktive Bebauung vornehmen kann oder dass er Grund und Boden ausbeuten kann oder dass er Wasserkraft oder was auch immer entsprechend nutzen kann, dann steht dahinter in der Regel ein großes wirtschaftliches Interesse.

Das konnte bislang in Hessen bei der Bemessung der Gebühren berücksichtigt werden. Das ist zukünftig nicht mehr möglich, weil das EU-Recht, das insoweit das hessische Recht ablösen muss, ausschließlich auf das Äquivalenzprinzip Bezug nimmt, mit der Folge, dass es selbst bei einem Bescheid, der jemandem die Möglichkeit gibt, sehr beachtliche Einnahmen zu erzielen, in Zukunft auch in Hessen dabei bleiben muss, dass die Gebühr eben nur für den reinen Verwaltungsaufwand bemessen wird.

Meine Damen und Herren, das sind aus meiner Sicht die wesentlichen Änderungen. Ich denke, dass wir im Ausschuss Gelegenheit haben, das näher zu erörtern. Ich bitte das Haus um Zustimmung.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Staatsminister Bouffier.

(Minister Volker Bouffier: Ihr habt jetzt alles ver- standen, worum es geht?)

Wir haben alles selbstverständlich verstanden. Die Nachfrage war etwas despektierlich, Herr Minister.

(Heiterkeit)

Ich eröffne die Aussprache. Herr Frömmrich, Sie haben zuerst für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort. Fünf Minuten Redezeit.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Man merkt die Wichtigkeit, weil das Haus so voll besetzt ist. Der Innenminister hat zu den Grundzügen des Gesetzes eigentlich alles Wichtige gesagt. Es kommt nicht sehr oft vor, dass wir von dieser Seite des Hauses den Einlassungen des Innenministers ausdrücklich zustimmen.

Es geht um die Umsetzung der Richtlinie aus dem Jahre 2006, der sogenannten Dienstleistungsrichtlinie. Ziel dieser Dienstleistungsrichtlinie oder dessen, was wir jetzt umsetzen müssen, ist eine Verbesserung des EU-Binnenmarktes für grenzüberschreitende Dienstleistungen. Dienstleister sollen zukünftig sämtliche zur Aufnahme einer Dienstleistung erforderlichen Verfahren, Formalitäten sowie die Beantragung der erforderlichen Genehmigung über eine aus ihrer Sicht einheitliche Stelle abwickeln. Der Innenminister hat das gerade gesagt.

Wir kennen heute schon solche einheitlichen Stellen. Neulich ist erst eine vorgestellt worden, nämlich die gemeinsame Rufnummer D 115.Es handelt sich um ein ähnliches Prinzip, dass man sich, um Verfahren abwickeln zu können,an eine Stelle wenden kann und nicht von Pontius zu Pilatus laufen muss, um alle Antragsformalitäten zu erledigen.

Das ist grundsätzlich positiv. Verfahren müssen auf Wunsch des Dienstleisters sowohl bei der einheitlichen Stelle als auch bei den zuständigen Behörden elektronisch abzuwickeln sein. Das ist bisher nicht üblich.Aber es wird hiermit vorgeschrieben, dass das Angebot zumindest vorgehalten wird.

Eine weitere Anforderung ist die Einführung umfangreicher Informationspflichten. Ich sage in Klammern: Informationspflichten sind immer gut. Ich finde, das sollte man auch für die Bereiche tun, für die man selber zuständig ist. Informationsrechte sind für Bürgerinnen und Bürger oft wichtig. Mit dem Informationsfreiheitsgesetz werden wir uns mit Sicherheit in den nächsten Wochen noch einmal beschäftigen. Aber grundsätzlich ist gut, dass Informationspflichten festgelegt werden.