Protokoll der Sitzung vom 22.02.2011

In diesem Zusammenhang ist die steigende Gewaltbereitschaft von linken Extremisten ein sehr besorgniserregender Tatbestand. Das ist ein Thema, das – nicht hier in Hessen, aber bundesweit – von vielen viel zu lange verharmlost worden ist. Wir beobachten, dass Linksextremisten immer gewaltbereiter werden, dass es eine immer stärkere Vernetzung zwischen den verschiedenen Gruppen und natürlich auch mit der Linkspartei gibt.

In sogenannten Sommercamps, an denen auch Kräfte der Antifa teilgenommen haben, wird nicht nur indoktriniert, da werden nicht nur verqueres politisches Zeug und irre Ideologien gelehrt, sondern da wird auch gelehrt und gelernt, wie man Gewalt gegen diesen Staat, insbesondere Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte auf Demonstrationen, ausübt.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Quatsch!)

Das ist kein Quatsch, das ist leider die Realität, und das halte ich für eine Katastrophe.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Willi van Ooyen (DIE LINKE): Großer Quatsch!)

Wenn ich schon dabei bin – Herr van Ooyen, ich nehme Sie dabei ausdrücklich aus, aber andere nehme ich dabei nicht aus –: Über eine obskure Gruppe Marx 21, die offen für die Umwälzung unseres demokratischen rechtsstaatlichen Systems eintritt,

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Das steht im Grundgesetz!)

über andere extremistische Zusammenschlüsse wie beispielsweise die Kommunistische Plattform oder die Antikapitalistische Linke und sonstige extremistische Gruppen, auch über Personen bis in den Landesvorstand der Linkspartei hinein wird ein enormer Einfluss ausgeübt

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

diejenigen, die am lautesten rufen, sollten sich in diesem Fall ein bisschen zurückhalten –,

(Holger Bellino (CDU): So ist es!)

über radikale extremistische militante linke Gruppierungen. Meine Damen und Herren, da würde ich an Ihrer Stelle überhaupt nicht so auftreten, wie Sie es hier tun.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Deswegen bleibe ich dabei: Die Linkspartei ist keine normale Partei. Sie ist eine Partei, die nach außen hin vorgibt, den Rechtsstaat zu akzeptieren, die aber zulässt, dass es innerhalb ihrer Strukturen – das ist das Problem – Gruppierungen gibt, die alles tun, um diesen Staat abzuschaffen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Deswegen ist es richtig, und deswegen ist es wichtig, dass die Linkspartei, solange die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind, weiterhin vom Verfassungsschutz beobachtet wird,

(Beifall bei der CDU und der FDP)

von einem Verfassungsschutz, den viele von denen, die heute hier sitzen – einige davon sind nicht mehr hier; das ist vielleicht gut so –, abschaffen wollen. Aber auch hier gilt: Wer die Feinde der Demokratie wirkungsvoll bekämpfen will, der braucht einen starken Verfassungsschutz, der braucht einen gut aufgestellten Verfassungsschutz, und der braucht einen mit wirkungsvollen Instrumenten ausgestatten Verfassungsschutz.

Das gilt ganz besonders in einem Bereich, der einen großen Raum der Arbeit und der Aktivitäten der Sicherheitsbehörden des Landes Hessen einnimmt; das gilt insbesondere im Bereich des islamistischen Terrorismus.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Wahlkampf!)

Islamistischen Terroristen ist es in den vergangenen Jahren gelungen, schwerste Anschläge zu verüben. Denken Sie an New York 2001, 3.000 Tote; Bali 2002, 500 Tote; Madrid 2004, 200 Tote und 1.500 Verletzte; London; Mumbai usw. usf.

Auch unser Land ist vom islamistischen Terror unmittelbar bedroht. Deswegen sage ich immer wieder, auch wenn es sich furchtbar anhört: Es ist schon lange nicht mehr die Frage, ob es zu einem Anschlag kommt, sondern, so schrecklich das ist, es ist die Frage, wann eine solche schreckliche Situation auch in Deutschland Wirklichkeit wird, weil eben Deutschland nicht mehr nur ein Ruheraum ist, weil Deutschland nicht mehr nur ein Rückzugsraum für diesen Personenkreis ist, sondern weil Deutschland mittlerweile mitten im Fadenkreuz solcher militanter Islamisten steht.

Denken Sie an die Festnahme der sogenannten Sauerlandgruppe, die viele Kilogramm Sprengstoff gesammelt hatte und bei der es nur durch eine wirklich vorzügliche polizeiliche Arbeit gelungen ist, furchtbare Anschläge zu verhindern. Denken Sie an die versuchten Kofferbom ben anschläge vom Juli 2006 auf zwei Regionalzüge, die nur deswegen nicht stattgefunden haben, weil handwerkliche Fehler glücklicherweise verhindert haben, dass es zu einer Zündung gekommen ist. Oder denken Sie auch an das, was ich immer als Jemen-Bombe bezeichne, was über präparierte Computerdrucker nach Deutschland ge

schickt worden ist. Auch hier war es wieder eine glänzende Arbeit der Polizei, der Verfassungsschützer und der Geheim dienste, die dafür gesorgt hat, dass es eben nicht zu einem Anschlag gekommen ist.

Deswegen sage ich ganz unmissverständlich, dass Islamisten aufmerksam und intensiv beobachtet werden müssen. Das betrifft sogenannte legalistische Organisationen, wie es die Islamische Gemeinschaft Milli Görüs ist. Das betrifft aber ganz besonders gewaltorientierte islamistische Netzwerke.

In Einzelfällen müssen konsequente staatliche Maßnahmen erfolgen. Zum Beispiel muss es auch einmal dazu kommen, dass Aufenthaltsrechte entzogen werden oder dass abgeschoben wird. In Einzelfällen wird es auch immer notwendig sein, dass wir terroristische Attentäter an der Ausreise in terroristische Ausbildungslager, wo sie das Handwerk erst recht lernen, hindern. Wenn entsprechende Anhaltspunkte vorliegen, muss dies konsequent geprüft und von den zuständigen Behörden verfügt werden, weil niemand dorthin geht, um ein Bäckerhandwerk zu lernen oder was auch immer, sondern weil derjenige, der dorthin geht, das tödliche Handwerk des bewaffneten Dschihad lernt. Deswegen ist es nach meiner festen Überzeugung die richtige Entscheidung im Lande Hessen gewesen, sie in mindestens zehn Fällen zu stoppen, bevor etwas passiert.

Damit komme ich auf das zurück, was ich eingangs gesagt habe. Hessens Polizei ist in einem glänzenden Zustand. Hessens Polizei ist großartig aufgestellt, sie leistet eine ganz vorzügliche Arbeit. Hessen ist so sicher wie nie zuvor. Seit 2004 ist in Hessen die Zahl der Straftaten um über 60.000 Fälle zurückgegangen. Seit 2002 ist die Aufklärungsquote um mehr als 10 % gestiegen, und pro 100.000 Einwohner registrieren wir in diesem Jahr den geringsten Straftatenanteil seit 1981. Das ist eine großartige Leistung, das kann sich sehen lassen. Wie gesagt, es wäre angebracht, dass auch Sie in einer solchen Situation hin und wieder einfach einmal die Großzügigkeit besitzen, zu sagen: „Das ist ein gutes Ergebnis, ein Ergebnis, das sich sehen lassen kann“, dass Sie den hessischen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten Danke dafür sagen, dass Sie dieser Regierung sagen: „Ihr habt gute Rahmenbedingungen dafür geschaffen, dass das so möglich ist“.

Ich finde, das ist ein erfolgreicher Weg, der 1999 begonnen hat. Diesen erfolgreichen Weg werden wir im Interesse der Bürgerinnen und Bürger fortsetzen, weil wir der festen Überzeugung sind, dass Sicherheit der beste Garant für Freiheit ist. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank. – Ich eröffne die Aussprache. Die vereinbarte Redezeit beträgt 30 Minuten. Das Wort hat Frau Abg. Faeser für die Fraktion der SPD.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Innenminister, ich habe es bei einer Regierungserklärung in diesem Hause selten erlebt, dass sich in einer derart lächerlichen Art und Weise an der Opposition abgearbeitet wurde. Das ist dem Thema völlig unangemessen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Der Innenminister Boris Rhein wurde sogar von der „FAZ am Sonntag“ gelobt, die es gut gefunden hat,

(Peter Beuth (CDU): Zu Recht! – Gegenruf des Abg. Günter Rudolph (SPD): Auch die können irren!)

dass er „ausnahmsweise mit positiven Nachrichten aus der Polizei punkten kann“. Meine Damen und Herren, wir finden nicht, dass es für einen Innenminister spricht, auf diese Weise von einer konservativen Zeitung gelobt zu werden.

Hinzu kommt: Die Aufklärungsquote von 58,3 %, die er hier so schön gelobt hat, ist erfreulich. Das sagen wir auch, das haben wir im Übrigen auch in unserer Pressemitteilung gesagt.

(Holger Bellino (CDU): Thema verfehlt!)

Thema verfehlt, wenn ich den Innenminister lobe? Herr Bellino, da sollten Sie schon ein bisschen zuhören.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD, dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Holger Bellino (CDU): „FAZ“ Thema verfehlt!)

Aber das ist kein Grund, sich dafür feiern zu lassen. Zunächst liegt Hessen mit dieser Aufklärungsquote von 58,3 % bundesweit nur auf Rang 7 im Vergleich der Bundesländer.

(Minister Boris Rhein: Ach Gottchen!)

Die höchsten Aufklärungsquoten haben Thüringen mit 65,1 %, Bayern – das hat der Innenminister selbst erwähnt – mit 63,9 % und Rheinland-Pfalz mit 62,3 %. Also befinden wir uns mitnichten in der Spitzengruppe der sichers ten Bundesländer, wie der Innenminister so schön gesagt hat. Meine Damen und Herren, eine Spitzenposition in diesem Land sieht anders aus.

(Beifall bei der SPD)

Lassen Sie mich dies auch tun, Herr Innenminister. Das tue ich hier auch sehr gern. Ich möchte denjenigen, die dazu beigetragen haben, dass sich die Zahlen so positiv entwickelt haben, im Namen der SPD-Landtagsfraktion sehr herzlich danken. Wir danken allen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten für diesen Erfolg.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Der ist umso bemerkenswerter, als dies durch den spürbaren Stellenabbau durch die „Operation düstere Zukunft“ und durch die zahlreichen Skandale innerhalb der Polizei in diesem Bundesland alles andere als leicht war.

(Beifall bei der SPD)

Als echten Anlass zur Freude hat der Innenminister heute die Entwicklung der Häufigkeitszahl, also der Anzahl der registrierten Delikte pro 100.000 Einwohner, bezeichnet. Hessen habe die 7.000 durchbrochen und liege nun bei 6.629 Straftaten. So weit, so gut. Ich nenne Ihnen zum Vergleich zwei Bundesländer, die wesentlich mehr Einwohner haben. In Baden-Württemberg sind es nur 5.324 Straftaten. In Bayern sind es nur 5.073. In Thüringen sind es übrigens nur 6.150.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Wer regiert da?)

Meine Damen und Herren, wo ist dabei der Anlass zur echten Freude in Hessen? Wo denn?

(Beifall bei der SPD – Horst Klee (CDU): Man muss auch gönnen können!)