Die Kinder sind am Anfang der Klasse 7 im Gymnasium verglichen worden. Es gab einen Leistungsvorsprung der Kinder, die aus dem klassischen Gymnasium kommen, von 1,5 Jahren gegenüber den Brandenburger Kindern. Das nehmen Sie einfach nicht zur Kenntnis. Was mich offen gestanden immer wieder wundert, das ist, dass Sie so beratungsresistent sind, dass Sie eine Politik machen, die letzten Endes auf dem Rücken der Kinder ausgetragen wird.
Deshalb sagen wir: Wir wollen die Vielfalt unserer Talente fördern, die Vielfalt der unterschiedlichen Begabungen, und das geht nur durch Vielfalt der Schulen.
Vielen Dank, Herr Kollege Irmer. – Nun hat sich Herr Kollege Wagner zu einer Kurzintervention zu Wort gemeldet.
(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Irmer erzählt seit elf Jahren dasselbe! – Zuruf des Abg. Mario Döweling (FDP))
Frau Präsidentin! Herr Kollege Irmer, ich glaube, Ihr Redebeitrag hat gezeigt, wie wichtig es ist, dass wir auch im Hessischen Landtag die ideologischen Debatten überwinden. Das hat Ihr Beitrag wieder eindringlich gezeigt.
Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, als Sie gesagt haben, das, was wir mit der neuen Schule und dem zweisäuligen Schulmodell vorschlagen, gehe nicht. Dann haben Sie zu einer riesigen Philippika angehoben, was an diesem Konzept alles falsch ist. Was Sie dabei übersehen haben: Sie reden damit gegen das, was Ihre Parteifreunde in Bremen gut finden. Sie reden damit gegen das, was Ihre Parteifreunde in Thüringen in der Regierung machen. Sie reden damit gegen das, was Ihre Parteifreunde in Hamburg mit absoluter Mehrheit auf den Weg gebracht haben. Sie reden damit gegen das, was Ihre Parteifreunde in Sachsen-Anhalt gerade in den Koalitionsvertrag geschrieben haben; denn das ist exakt, teilweise bis in die Formulierungen hinein, das, was auch wir in Hessen wollen.
Sie glauben, eine Philippika gegen die GRÜNEN gehalten zu haben. Sie haben eine Philippika gehalten gegen das, was bundesweit mittlerweile Mehrheitsmeinung in Ihrer eigenen Partei ist. Sie wissen, wie es mit den Geis terfahrern ist. Wenn man glaubt, es sind viele Geisterfahrer unterwegs, dann ist man meistens selbst der Geisterfahrer. Herr Kollege Irmer, das haben Sie noch einmal eindrucksvoll unter Beweis gestellt.
Wenn Sie glauben, Sie haben die besseren Argumente, wenn Sie glauben, das, was Sie dargestellt haben, überzeugt die hessischen Eltern – wieso haben Sie dann Angst
davor, dass wir diese Wahlmöglichkeit ins Schulgesetz schreiben, wie wir es vorschlagen? Wieso haben Sie davor eigentlich solch panische Angst, Herr Irmer, wenn Sie so überzeugt sind von Ihren Argumenten?
Es ist bei Ihnen – Herr Kollege Al-Wazir hat es schon dazwischengerufen – wie bei allen Ideologen. Alle Ideologen haben Angst vor der Freiheit, und das haben Sie eben noch einmal eindrucksvoll unter Beweis gestellt.
Herr Kollege Wagner, aus meiner Sicht ist Ihr Grundproblem, dass Sie von der Schulwirklichkeit keine Ahnung haben.
Das ist Ihr Grundproblem: Sie haben nie vor einer Klasse unterschiedlich begabter Kinder gestanden, haben nie Unterricht geführt. Das, was Sie vorschlagen, ist alles theoretisch.
Wenn Sie jetzt auf andere Bundesländer verweisen, sage ich sehr deutlich: Erstens sind wir hier in Hessen. Das ist eine klare Aussage. Zweitens diskutieren wir natürlich in der Union. Ich bin, wie Sie vielleicht wissen, der bildungspolitische Sprecher aller CDU/CSU-Landtagsfraktionen. Wir diskutieren sehr genau darüber. Deswegen sage ich Ihnen deutlich, dass das, was Sie hier vorgetragen haben, in der Sache falsch ist.
Es geht darum, dass dort Haupt- und Realschüler in einer wie auch immer gearteten Form zusammengeführt werden, egal wie ich das Kind nenne. Das wollen wir nicht. Wir sagen: Wir wollen die Unterschiedlichkeit der Begabungen individuell fördern, und das geht am besten in unterschiedlichen Schulformen.
Das hat etwas mit Begabungsgerechtigkeit zu tun. Das hat etwas mit individueller Förderung zu tun. Das hat etwas mit Motivation zu tun. Lieber Herr Kollege Wagner, abschließend – –
Wagner, GRÜNE. – All das ist für mich persönlich keine politische Frage. Es sind ausschließlich pädagogische Gründe, die uns und mich zu dieser Erkenntnis kommen lassen, nicht mehr und nicht weniger. Das hat mit Ideologie überhaupt nichts zu tun.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Irmer, nach Ihrer Rede habe ich mich wieder einmal gefreut, dass Sie mein Kollege im Hessischen Landtag sind
Liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN, ich bedauere, dass Sie mit diesem Setzpunkt Herrn Irmer Gelegenheit gegeben haben, seine ganze Palette in 20 Jahren angesammelter Vorurteile und ideologischer Scheuklappen noch einmal vor uns auszubreiten und dieses Haus damit zu strapazieren.
Herr Irmer, die Debatte wird ein bisschen anders. Sie hat nicht das gleiche Strickmuster, keine Bange. Eigentlich habe ich auch nicht verstanden, was dieser Setzpunkt soll, lieber Mathias. Denn allzu viel Neues ist den GRÜNEN dazu nicht eingefallen. Noch nicht einmal die neue Schule war so neu, wie sie hier verkauft worden ist.
Du hast richtigerweise darauf hingewiesen, dass viele andere Bundesländer längst strukturelle Entscheidungen getroffen haben.
Sie haben die Zahl der Schulformen reduziert und eine Gemeinschaftsschule eingeführt. Herr Irmer, Ihre Bemerkung ist schlicht und einfach falsch. Ich kann Ihnen Hamburg als Beispiel nennen. Die Stadtteilschule, die dort aufgebaut wird, geht sogar bis zur Klasse 13, und die Gemeinschaftsschulen in den anderen Bundesländern haben zwar zuerst dazu geführt, dass Haupt- und Realschulen aufgelöst werden, aber sie haben ein drittes Standbein, den Weg zur gymnasialen Bildung, und sind in der Regel an eine Oberstufe angedockt.
Wenn Sie schon Sprecher der Unionsfraktionen sind, sollten Sie sich besser bei den Kollegen informieren.
Herr Wagner hat einige Beispiele genannt. Ich habe bewusst Hamburg erwähnt, weil Hamburg schon 2003 diese Entscheidung getroffen hat, und zwar nicht nur bei einer CDU-Alleinregierung, sondern in einem parteiübergreifenden Kompromiss zwischen Opposition und Regierung. Dieses Schulsystem haben alle damals im Senat vertretenen Parteien beschlossen. Den gleichen Weg ist übrigens Bremen in der Großen Koalition gegangen, und in der rot-roten Koalition in Berlin haben wir die Gemeinschaftsschule. – Wir haben an mancher Stelle auch keine GRÜNEN gebraucht. Das muss man deutlich sagen.
(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das stimmt! Hauptsache, es geht in der Sache voran!)
Quintessenz daraus ist: Um solche parteiübergreifenden Prozesse einzuleiten, braucht man eine CDU, die in der Lage ist, bildungspolitische Realitäten wahrzunehmen und ohne ideologische Scheuklappen Konsequenzen daraus zu ziehen. Andere Bundesländer haben so eine CDU, wir in Hessen haben sie nicht. Das ist aber weder neu, Mathias, noch wird sich das durch den Antrag der GRÜNEN hier im Landtag ändern.
Was ist also im Saarland so bemerkenswert, dass ihr das in das Zentrum eures Antrags gestellt habt? Du hast schon darauf hingewiesen, es ist nicht gerade das größte Bundesland. Hierzu sind mir drei Dinge eingefallen:
Zweitens. Im Saarland gab es eine ungewöhnliche Konstellation. Die CDU hat ihre Abneigung gegenüber den LINKEN überwunden, weil sie die LINKEN gebraucht hat. Im Saarland muss nämlich die Verfassung geändert werden, wenn man die Schulstruktur ändern will. Insofern hat die LINKE dem Reformentwurf der Jamaikakoalition zur Mehrheit verholfen.