Protokoll der Sitzung vom 07.06.2011

Wir sind da guter Hoffnung und glauben, der Minister hat einen hervorragenden Entwurf vorgelegt. Wir werden ihn unterstützen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Für die CDU-Fraktion hat Herr Kollege Burghardt das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Sinne Herrn Deckers versuche ich, mich kurz zu halten – er will zum Fußball und uns morgen erfolgreiche Nachrichten mitbringen. Drücken wir ihm alle die Daumen.

(Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Wir haben jetzt die zweite Lesung des OFFENSIV-Gesetzes. Deswegen erspare ich mir die grundsätzlichen Ausführungen und komme direkt zu dem Punkt, der uns heute beschäftigt: die Satzungsänderung bzw. die Pauschalierung.

Warum beschäftigen wir uns mit der Pauschalierung? Zum einen wurde die Kurzfristigkeit bemängelt. Das haben wir im Ausschuss eingesehen. Frau Schott, Sie haben von der Macht der Mehrheit gesprochen. Wenn das so wäre, hätten wir keine Erweiterung der schriftlichen Anhörung bekommen. Zumindest die Stellungnahmen der Kommunalen Spitzenverbände waren eindeutig.

(Zuruf der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE))

Herr Decker, wenn da kurz geschrieben wird: „Wir haben keine Einwände“, dann ist das für mich eine positive Aussage, die dafür spricht, dass wir diese Pauschalierung ins Gesetz aufnehmen sollten.

Warum haben wir diesen Änderungsantrag eingebracht? Grundlage dafür war, dass es in Berlin die Entscheidung über die Bemessungsgrundlage gab. Deswegen auch die Kurzfristigkeit, denn diese Entscheidung in Berlin fiel erst, nachdem das OFFENSIV-Gesetz in den Hessischen Landtag eingebracht worden war. Wenn ich mich richtig erinnere – sonst korrigieren Sie mich bitte –, hat auch die SPD in Berlin diese Entscheidung mitgetragen. Deswegen verstehe ich überhaupt nicht, was gerade hier passiert und was auch im Ausschuss schon passiert ist. Wir schreiben ins Gesetz hinein – und da bitte ich um ein bisschen mehr Vertrauen in die Kommunen –, dass jede Kommune entscheiden kann, ob sie pauschalieren möchte oder nicht. Dann muss auch noch über die Höhe der Pauschale entschieden werden. – Es hörte sich jetzt hier so an, als ob wir landesweit eine Pauschale festsetzen. Nein, das überlassen wir den Kommunen. Ich denke, das ist der richtige Weg.

Es wurde gesagt, dies könne der Auslöser für Kosteneinsparungen sein. Das ist richtig. Wir gehen davon aus, dass Kosten gespart werden – aber nur auf der Seite der Verwaltung, bei der Errechnung der Kosten, weil die Abrechnungen erleichtert werden. Deswegen haben auch Kommunen wie Kassel schon entschieden, eine Pauschalierung einzuführen. Denn es ist ein riesiger Verwaltungsakt, die Kosten für jede einzelne Wohnung zu errechnen. Diese Kosten liegen bei den Kommunen.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Die Sozialgerichte werden das lösen!)

Ich hoffe, dass wir am Donnerstag vielleicht noch die Zustimmung der anderen Fraktionen in der dritten Lesung bekommen. Das OFFENSIV-Gesetz und das Thema Optionskommune ist im Optionsland Nummer eins, Hessen, ein sehr positiv besetztes Thema. Ich wünsche mir, dass wir da ein geschlossenes Votum hinbekommen, aber ich habe die Hoffnung darauf ein bisschen verloren. Es wäre

aber schön, wenn wir das OFFENSIV-Gesetz gemeinsam verabschieden könnten. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Für die Landesregierung hat Herr Minister Grüttner das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich denke sowohl an die Fraktionsveranstaltungen im Anschluss wie auch an das Fußballspiel – ich bin sehr dankbar, dass der Präsident denen, die keine Veranstaltung haben, es ermöglicht hat, die Übertragung hier anzuschauen. Trotzdem: Dies ist ein wichtiger Gesetzentwurf.

Ich bin Herrn Kollegen Rock sehr dankbar, dass er nicht nur dargelegt hat, dass es bei diesem Gesetzentwurf um das Thema Satzungslösung und Pauschalierung geht, sondern es auch angesprochen hat: Das ist ein Gesetz mit einem Bildungs- und Teilhabepaket, das die Umsetzung in den Kommunen regelt und es ermöglicht, dass Kindern aus einkommensschwachen Familien oder aus Familien mit Leistungsbezug die Chance gegeben wird, Nachhilfe und Mittagessen zu bekommen, und auch die Schülerbeförderungskosten im ländlichen Raum werden damit geregelt.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Das wird doch gar nicht abgerufen!)

All diese Dinge gehören zu diesem OFFENSIV-Gesetz. Sie aber reduzieren es auf die Satzungslösung und die Pauschalierung von Leistungen im Bereich der KdU. Das ist schlicht und einfach ein Fehler.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zuruf der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE))

Ja, Sie regen sich darüber auf. Darüber können Sie sich auch aufregen. Das ist aber ein Fehler, denn die Argumentationen, die Sie bringen, sind schlicht und einfach falsch.

Ich möchte an dieser Stelle schon noch einmal auf die Satzungslösung eingehen, damit vielleicht die dritte Lesung etwas einfacher wird. Es geht nicht darum, einen Gesetzentwurf umzuschreiben, sondern bei den Oppositionsfraktionen, die hier nochmals Anträge eingebracht haben, einen Nachdenkprozess auszulösen

Eines ist klar: Der Bund hat die Länder nur dazu ermächtigt, die Satzungslösung ins Landesrecht zu übernehmen. Alle inhaltlichen Regelungen dazu hat der Bund selbst getroffen. Sie sind auch allein seine Sache. Damit ist die von der Opposition jetzt aufgebrachte Grundsatzdebatte schlicht und einfach verspätet. Abgesehen davon haben manche der Überlegungen sowieso Eingang in die Regelungen des Bundes gefunden.

§ 22 Abs. 1 SGB II sieht vor, dass die Bundesländer die Kreise und kreisfreien Städte per Landesgesetz ermächtigen oder verpflichten können, „durch Satzung zu bestimmen, in welcher Höhe Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in ihrem Gebiet angemessen sind“. Das ist eine Variante.

Die Länder können die Kommunen zudem landesgesetzlich ermächtigen, die Bedarfe für Unterkunft und Heizung im Satzungswege durch eine monatliche Pauschale abzugelten. Das ist die zweite Möglichkeit.

Der Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP sieht nun vor, dass von der Ermächtigung Gebrauch gemacht wird. Wir als Landesregierung unterstützen diesen Antrag, und ich sage dazu: Eine Festsetzung der angemessenen Höhe der KdU im Einzelfall bleibt auch weiterhin möglich. Aber mit der Möglichkeit, die angemessene Höhe der KdU durch Satzung festzulegen oder auch die Bedarfe für Unterkunft und Heizung per Satzung zu pauschalieren, eröffnen wir den Kommunen zusätzliche Handlungsspielräume. Eine Satzungslösung kann zur Verwaltungsvereinfachung einerseits und zu einer Reduzierung der Zahl der sozialgerichtlichen Auseinandersetzungen andererseits führen.

Welche Variante die beste ist, also alles beim Alten zu belassen oder die angemessene Höhe der KdU per Satzung festzulegen oder die KdU zu pauschalieren, hängt von den individuellen Verhältnissen vor Ort ab und kann deshalb auch nur dort entschieden werden. Damit vollziehen wir keine sozialpolitische Wende auf Landesebene, wie das manche unterstellen wollen, sondern wir vollziehen nur das nach, was sinnvollerweise auf Bundesebene im Rahmen der letzten SGB-II-Novellierung beschlossen worden ist.

Sie wissen sehr gut, dass ich der Arbeitsgruppe des Vermittlungsausschusses auf Bundesebene zu diesem Gesetz angehört habe. Erstaunlicherweise ist von keinem Vertreter im Vermittlungsausschussverfahren, weder von der SPD noch von den GRÜNEN, jemals die Satzungslösung thematisiert worden. Wenn Sie sich vorstellen, welche Punkte Sie in das Gesetzgebungsverfahren hineingebracht haben, was Sie auch durchgesetzt haben, was auch durchaus im Sinne der Betroffenen gewesen ist, dann wäre es doch, wenn es Ihnen so ein Herzensanliegen gewesen wäre, vielleicht denkbar gewesen, in der Arbeitsgruppe einmal solch einen Punkt anzusprechen. Nicht ein einziges Mal ist das geschehen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Aber hier machen Sie einen Popanz, wo es um die Entlastung der Kommunen geht, wobei ganz klar feststeht, dass die Pauschalierung der KdU immer nur so erfolgen kann, dass der Betrag regelmäßig bedarfsdeckend ist und dass das Gesetz an keiner Stelle irgendjemanden dazu ermächtigt, eine Pauschale unterhalb der angemessenen KdU festzulegen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Antrag der Opposition insbesondere zur Streichung des § 4a des OFFENSIV-Gesetzes würde all dem, was wir versuchen wollen mit den Kommunen zu vereinbaren, schlicht und einfach entgegenstehen. Denn selbstverständlich sieht der neue § 4a des OFFENSIV-Gesetzes die Verpflichtung vor, die bundesgesetzlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Satzung auch bei der Pauschalierung zu beachten. Also muss sich jede Kommune daran halten.

Ich finde es schade, dass durch die Diskussion über die Satzungslösung von dem eigentlichen Sinn des OFFENSIV-Gesetzes abzulenken versucht wird. Es ist ein gutes Gesetz, das die Kommunen in die Lage versetzen wird, leistungsberechtigten und auch leistungsbedürftigen Familien die Teilhabe und die Leistungen zu gewähren, die ihnen zustehen, und vieles darüber hinaus. Deswegen denke ich, dass es gut ist, wenn der Landesgesetzgeber in dritter Lesung diesem Gesetzentwurf zustimmen wird. – Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. – Das Kabinett kann keine dritte Lesung beantragen, Sie stellen aber fest, es gebe eine. Mir liegt kein offizieller Antrag vor.

(Minister Stefan Grüttner: Das ist aber beantragt worden!)

Nein, tut mir leid, in der heutigen Sitzung noch nicht. Ein bisschen Ahnung habe ich von dem Geschäft. Wenn Sie heute Morgen sagen, Sie haben die Absicht, dann haben Sie es lange noch nicht beantragt. – Herr Schaus, bitte.

(Minister Stefan Grüttner: Frau Kollegin Schott hat es beantragt!)

Herr Präsident, vielen Dank für den Hinweis. Unsere Fraktion beantragt die dritte Lesung.

(Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE): Frau Schott hat das in ihrem Beitrag schon laut und deutlich gesagt!)

Dann sind wir hier oben alle hörgeschädigt. Aber okay, vielleicht bekommen wir demnächst Hilfe.

Damit ist es jetzt korrekt. Einverstanden? – Ich stelle fest, dass die zweite Lesung durchgeführt worden ist und es einen Antrag auf eine dritte Lesung gibt. Wir überweisen den Gesetzentwurf nach der durchgeführten zweiten Lesung zur Vorbereitung der dritten Lesung an den Sozialpolitischen Ausschuss, der am Donnerstagmorgen dazu tagen wird. – Dem widerspricht keiner. Dann ist es somit beschlossen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist für heute Abend kein Punkt mehr vorgesehen. Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend. Egal, was Sie machen, kommen Sie morgen um 9 Uhr wieder gesund zum Plenum. Tschüss.

(Schluss: 19:15 Uhr)