Protokoll der Sitzung vom 07.06.2011

Herr Staatsminister Grüttner.

Herr Abgeordneter, die geplante Auflage im Rahmen des Betriebserlaubnisverfahrens soll noch in diesem Jahr erfolgen.

Zusatzfrage, Kollege Bocklet.

Herr Minister, die vermutlich wenig überraschende Frage: An welche Einrichtungen werden Sie diese Empfehlungen aussprechen?

Herr Minister Grüttner.

Herr Abgeordneter, die entsprechenden Empfehlungen, die noch breit diskutiert und abgestimmt werden – deshalb meine Aussage: in diesem Jahr –, werden mit dem Landesjugendhilfeausschuss, den Heimbeiräten und der LAG hessische Heimaufsicht diskutiert und abgestimmt. Die Diskussion und Abstimmung wird auch die Fragestellung der Zieladressaten beinhalten. Im Anschluss daran werde ich diesen Empfehlungen Rechnung tragen.

Vielen Dank, Herr Minister.

Ich rufe Frage 508 auf. Frau Abg. Schulz-Asche, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Ich frage die Landesregierung:

Welche konkreten Maßnahmen wird sie ergreifen, um künftig die kommunalen Krankenhäuser zur Zusammenarbeit zu verpflichten?

Herr Sozialminister.

Frau Abgeordnete, mit der Novellierung des Hessischen Krankenhausgesetzes wurde die Verpflichtung zur Kooperation der Krankenhäuser konkretisiert. Ich will § 4 Abs. 1 des Hessischen Krankenhausgesetzes in Erinnerung rufen, der lautet – ich zitiere –:

Zur Optimierung der regionalen Versorgung auf der Grundlage des Krankenhausplanes sind Krankenhäuser innerhalb ihres Einzugsbereichs unbeachtet ihrer Trägerschaft und entsprechend ihrer Aufgabenstellung zur Zusammenarbeit verpflichtet. Dies gilt insbesondere für die Bildung von Untersuchungs- und Behandlungsschwerpunkten, die Abstimmung bei chronischen Krankheiten sowie die Abstimmung der intensivmedizinischen Kapazitäten.

Wie Sie dem Gesetzestext entnehmen können, zielt diese Vorschrift – deswegen das Wort „insbesondere“ – vorwiegend auf die Qualität der medizinischen Versorgung ab. Dies ist allerdings unabhängig von der Trägerschaft. Das Wort „insbesondere“ heißt aber auch, dass darüber hinaus eine stärkere organisatorische Zusammenarbeit der öffentlich-rechtlichen Kliniken durchaus eingefordert werden kann. Dies hält die Landesregierung für notwendig, denn wir haben in unserem Land die Erfahrung gesammelt, dass beispielsweise durch die Gründung einer Holdingstruktur eine ganze Reihe guter Ergebnissen erzielt worden ist. Die Gesundheit Nordhessen Holding AG ist ein Beispiel dafür.

Natürlich kann und will die Landesregierung den Kommunen nicht vorschreiben, ob sie Krankenhäuser selbst betreiben oder privatisieren oder ob irgendwelche gesellschaftsrechtlichen Optionen umgesetzt werden; denn der Sicherstellungsauftrag obliegt den Landkreisen und den kreisfreien Städten. Diesen Auftrag können sie auch mit dem Betrieb eigener Krankenhäuser erfüllen. Hierbei ist die Organisationshoheit natürlich freigestellt. Wir haben nach § 36 des Hessischen Krankenhausgesetzes aber die Möglichkeit, durch die Gewährung von Fördermitteln Anreize zur Erfüllung der Verpflichtung zur Qualität und zur Kooperation zu setzen. Ich bin gewillt, dieses Instrumentarium anzuwenden, das im Gesetz niedergeschrieben ist.

Vielen Dank. – Eine Zusatzfrage, bitte sehr.

Haben Sie angesichts der finanziellen Situation einiger Krankenhäuser eine konkrete Zeitplanung, wie Sie vorgehen werden und wie Sie die Probleme – auch im Hinblick auf die Sicherung der weiteren Existenz bestimmter Krankenhäuser – lösen können?

Herr Staatsminister Grüttner.

Frau Abgeordnete, der Zeitplan ist abhängig vom Verlauf der Gespräche, die wir mit den Krankenhausträgern, aber auch mit den Betreibern der Krankenhäuser führen. Wir beobachten mit Sorge eine zunehmende finanzielle Schieflage bei gleichzeitig hohem Versorgungsniveau von Krankenhäusern, insbesondere im kommunalen Bereich. Hier steht in einzelnen Bereichen eine Reihe von Ersatzinvestitionen an.

Wir werden diese Situation zum Anlass nehmen, mit den Krankenhäusern, aber auch den Trägern der Krankenhäuser Gespräche im Hinblick auf eine verstärkte Kooperation zu führen, auch immer vor dem Hintergrund der Tatsache, dass uns das Hessische Krankenhausgesetz entsprechende Handlungsmöglichkeiten vorgibt. Wie schnell und wie zielgerichtet diese Gespräche geführt werden können, hängt nicht allein von uns, sondern auch von den Gesprächspartnern und ihrer Bereitschaft ab, Kooperationen einzugehen. Das loten wir im Moment aus.

Ich wiederhole an dieser Stelle das, was ich öffentlich häufig gesagt habe. Es kann nicht sein, dass es in dicht besiedelten Gebieten Krankenhäuser gibt, die einen Steinwurf voneinander entfernt sind, die sich aber eher gegenseitig zur Aufrüstung treiben, als Kooperationen einzugehen. Wir müssen uns überlegen, ob es nicht insbesondere in Ballungszentren zu viele Krankenhäuser sind. Diese Frage müssen wir stellen. Wir müssen Fördermittel einsetzen, und wir müssen mit den Krankenhausträgern darüber reden, ob manche kommunale Egoismen überwunden werden können.

Vielen Dank, Herr Minister. – Noch eine Zusatzfrage, Frau Kollegin Schulz-Asche.

Sie haben auf einer Veranstaltung der „Initiative Gesundheitswirtschaft Rhein-Main“ vor wenigen Tagen, am 25. Mai, gesagt – was Sie gerade angedeutet haben –, dass nicht jedes Krankenhaus alles machen sollte. Sie haben die Krankenhausplanung sozusagen als Instrument in der Hand, das zu steuern. Heißt das, dass Sie in der Krankenhausplanung auch die potenzielle Überversorgung in einzelnen Fachgebieten berücksichtigen und die Krankenhäuser, insbesondere in Ballungsgebieten, damit konfrontieren werden? Heißt das, dass bestimmte Krankenhäuser dann bestimmte medizinische Leistungen nicht mehr anbieten können?

Herr Staatsminister Grüttner.

Wenn wir in Kooperationen gehen und wenn wir bedenken, dass es in manchen Bereichen betriebswirtschaftliche Schieflagen gibt, dann wird man zu dem Ergebnis kommen, dass nicht mehr jeder alles machen kann. Das heißt, man wird mit den Krankenhausträgern in bestimmten Versorgungsgebieten darüber reden müssen, wo welche Leistungen angeboten werden, ob sie schwerpunktmäßig angeboten werden und welche Kooperationen einzuge

hen sind. Wir haben das beispielsweise mit dem Onkologiekonzept über kooperierende Krankenhäuser und über Verbindungen zum ambulanten Bereich entsprechend geregelt. So stelle ich mir das durchaus auch für das eine oder andere Fachgebiet vor. Es wird sicherlich eine intensive Diskussion darüber geben, dass in Zukunft nicht mehr jedes Krankenhaus alles anbieten kann.

Vielen Dank. – Keine weitere Zusatzfrage.

Zum Schluss kommen wir zu Frage 509. Herr Abg. Reißer.

Ich frage die Landesregierung:

Welche konkreten Verbesserungen erwartet sie von der Änderung der Bedingungen für die Förderlinie 3 des LOEWE-Programms, durch welche künftig neben kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) auch die Fachhochschulen selbst eigene Forschungsprojekte im Zusammenwirken mit den hessischen KMU besser gestalten und beantragen können?

Frau Staatsministerin Kühne-Hörmann.

Sehr geehrter Herr Abgeordneter, bei den Forschungsund Entwicklungsprojekten im Bereich des Fördermoduls B werden die Ausgaben an den Fachhochschulen zu 100 % vergütet, sodass längerfristige Projekte, die zwei bis drei Jahre dauern können, mit einem entsprechenden Personalaufbau und einem adäquaten wissenschaftlichen Output – das betrifft Veröffentlichungen und Schutzrechte – an den Fachhochschulen einhergehen können. Das sind die wesentlichen Vorteile.

Zusatzfragen gibt es keine mehr. Dann haben wir die Fragestunde absolviert.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:

Regierungserklärung des Hessischen Sozialministers betreffend „Ärztliche Versorgung sichern – neue Wege für eine patientengerechte Versorgungsstruktur“

Redezeit: 20 Minuten pro Fraktion. Herr Staatsminister Grüttner, bitte sehr.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben heute Morgen erneut gehört, dass Hessen in diesem Jahr den Vorsitz der Gesundheitsministerkonferenz innehat. Als Vorsitzender der Gesundheitsministerkonferenz habe ich das Ziel, die Länderkompetenzen im Gesundheitswesen zu stärken, um so den Patientinnen und Patienten in Deutschland, also auch in Hessen, zukünftig eine optimale medizinische Versorgung zu ermöglichen.

(Beifall bei der CDU)

Hierfür habe ich mich in den vergangenen Monaten – wie ich denke, durchaus erfolgreich – nachdrücklich eingesetzt.

Es war lange Zeit unmöglich, bei der ärztlichen Versorgung in Bezug auf die gesetzlichen Vorgaben eine Kompromisslösung zwischen dem Bund und den Ländern zu finden. Für mich ist es besonders erfreulich, dass nunmehr ein Entwurf vorliegt, der die Anliegen der Länder angemessen berücksichtigt. Als GMK-Vorsitzender und hessischer Gesundheitsminister habe ich mich im Interesse des Landes Hessen sowohl auf der Bundes- als auch auf der Länderebene dafür stark gemacht, sodass wir letztendlich dieses Ergebnis erzielen konnten. Dies ist ein Ergebnis im Sinne der Bürgerinnen und Bürger in Hessen und in ganz Deutschland.

Deswegen freue ich mich, dass ich meinen Teil dazu beitragen konnte, dass in diese über lange Zeit festgefahrenen Verhandlungen Bewegung gekommen ist und dass sich die Länder mit ihren Forderungen durchsetzen konnten. Wir haben in der Tat eine große Lösung erzielt.

Es reicht allerdings nicht aus, ausschließlich auf der Bundesebene tätig zu sein. Deswegen war es mir parallel auch wichtig, auf der Länderebene tätig zu werden. Aus diesem Grund habe ich eine hessische Initiative gestartet, mit der zum einen eine gute Kommunikation zwischen allen Akteuren des Gesundheitswesens auf der Landesebene gefestigt und zum anderen ausgelotet werden soll, welcher hessischen Lösungen es bedarf, um passgenaue Ansätze für die Sicherstellung der gesundheitlichen Versorgung zu entwickeln. Beide Initiativen, sowohl die auf der Bundes- als auch die auf der Landesebene, sollen dazu beitragen, auch künftig die flächendeckende ärztliche Versorgung in Hessen zu sichern.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Dabei ist es wichtig, eine patientengerechte Versorgungsstruktur beizubehalten und diese an den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger ausgerichtet weiter auszubauen. Es ist dringend notwendig, über die Regelungen, Voraussetzungen und Bedingungen einer langfristigen Sicherung der ärztlichen Versorgung zu sprechen; denn die bisherigen Regelungen – das sehen wir sehr deutlich – werden in der Zukunft nicht mehr ausreichen.

Seit 1993 haben sich die Rahmenbedingungen in der gesetzlichen Krankenversicherung permanent verändert, inzwischen mit spürbaren Auswirkungen in den Ländern. Beginnend mit dem Gesundheitsstrukturgesetz aus dem Jahr 1993 über das ab 1996 geltende freie Kassenwahlrecht für alle Versicherten bis aktuell zum GKV-Finanzierungsgesetz wurden sehr weitreichende Änderungen in der GKV bewirkt. Infolgedessen stieg die Zahl der Kassenfusionen stark an, die mehrheitlich zur Bundesunmittelbarkeit der neuen Krankenkassen geführt haben. Im Umkehrschluss sind die geltenden Aufsichtskompetenzen der Länder stetig ausgehöhlt worden, da immer mehr Kassen unter die Aufsicht des Bundesversicherungsamts fallen.

Neben diesen rechtlichen Rahmenbedingungen sind aber auch Veränderungen in der Arbeitswelt zu berücksichtigen, an denen Ärztinnen und Ärzte partizipieren wollen. Das Gleichgewicht zwischen Berufs- und Privatleben spielt bei Ärztinnen und Ärzten, sowohl bei denen, die stationär arbeiten, als auch bei denen, die ambulant tätig

sind, eine immer größere Rolle. Die Forderung nach der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Attraktivität einer Region sowie die Belastungen aufgrund des ärztlichen Bereitschaftsdienstes beeinflussen die Berufswahl zugunsten der vertragsärztlichen Tätigkeit inzwischen spürbar. Wir machen nicht nur in Hessen, sondern auch deutschlandweit immer mehr den Trend aus, dass Medizinerinnen und Mediziner nach Abschluss ihres Studiums nicht den Arztberuf ausüben, sondern eher in die Forschung und zu Unternehmen gehen oder ins Ausland ziehen.

(Beifall bei der CDU)

Ich finde, wir müssen die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass Ärztinnen und Ärzte, die bei uns teuer und qualitativ hochwertig ausgebildet worden sind, ihren Beruf hier oder in einem anderen Bundesland ausüben können.

Die demografische Entwicklung fordert darüber hinaus eine stärkere regionale Vernetzung sowohl innerhalb der medizinischen Versorgung als auch zwischen dieser einerseits und den Einrichtungen der pflegerischen und sozialen Betreuung andererseits. Damit werden zudem veränderte Anforderungen an die Zusammenarbeit von Ärzten und Angehörigen nicht ärztlicher Gesundheitsberufe deutlich. Eine weitere Herausforderung wird darin bestehen, das drohende Ungleichgewicht in der medizinischen Versorgung zwischen den teilweise erheblichen Versorgungslücken auf dem Land und dem Überangebot insbesondere in Großstädten und Ballungsräumen zu bewältigen.

Ihnen ist die demografische Entwicklung in unserem Land bekannt. Sie wissen, dass im Jahr 2030 bereits über 30 % der Bürgerinnen und Bürger älter als 60 Jahre sein werden. Der hausärztliche und der pflegerische Betreuungsbedarf von Kranken hängen dabei sowohl vom Alter als auch vom persönlichen Umfeld ab. Abnehmende Unterstützungsmöglichkeiten innerhalb der Familie, ablesbar z. B. an der steigenden Zahl von Singlehaushalten, werden die Erwartungen an die ärztliche und die pflegerische Versorgung weiter erhöhen.