Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte ist jetzt sehr emotional geworden. Es kommt immer wieder die Begründung: Wir müssen ein Antragsrecht schaffen; die Männer können das Sorgerecht nicht originär haben. – Herr Bocklet, Sie haben das eben genauso wie Frau Sorge damit begründet, dass es zu viele Männer gibt, die sich vom Acker machen, die sich nicht benehmen können usw. Ja, wenn das richtig wäre.
Ich bringe einmal ein ganz plattes Beispiel dazu: Nur weil Frauen rückwärts schlecht einparken können, können wir ihnen doch nicht das Autofahren verbieten.
Insofern bitte ich Sie, darüber nachzudenken, dass das ursprüngliche Sorgerecht selbstverständlich bei beiden Elternteilen liegen muss.
Es ist eine Überweisung an den Rechts- und Integrationsausschuss vorgeschlagen. – Dem wird nicht widersprochen.
Zweite Lesung des Dringlichen Gesetzentwurfs der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Fünftes Gesetz zur Änderung des Hessischen Gesetzes zum Abbau der Fehlsubventionierung im Wohnungswesen – Drucks. 18/ 4105 zu Drucks. 18/3952 –
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen von CDU und FDP gegen die Stimmen von SPD, GRÜNEN und LINKEN, den Dringlichen Gesetzentwurf in zweiter Lesung abzulehnen.
Schönen Dank, Herr Kollege Kaufmann. – Herr Kollege Klose hat sich für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu Wort gemeldet. Es ist eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion vereinbart worden. Herr Klose, bitte schön.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben bereits im letzten Plenum über die Fehlbelegungsabgabe debattiert. Heute wird darüber entschieden, ob Sie den hessischen Kommunen dadurch, dass Sie das Gesetz auslaufen lassen, die einzigen Mittel entziehen, die diese derzeit noch in den sozialen Wohnungsbau investieren können, oder ob Sie dem, was in unserem Gesetzentwurf steht, folgen und den Städten und Gemeinden dieses bewährte Instrument über den 30. Juni hinaus erhalten.
Gerade in den Ballungsräumen und in den Städten, in denen es zu wenig Wohnraum für die Bezieher kleinerer Einkommen gibt, ist die Fehlbelegungsabgabe unverzichtbar. Wir reden bei einem Erhebungszeitraum von drei Jahren immerhin über einen Betrag von mehr als 50 Millionen €, den Sie den Kommunen entziehen würden.
Tun Sie nicht immer so, als ob die Fehlbelegungsabgabe verpflichtend wäre. Die Kommunen selbst entscheiden, ob sie sie erheben. Keine Gemeinde muss das machen. Wir geben ihnen lediglich die Möglichkeit dazu.
Wahrscheinlich werden Sie auch heute wieder ein hessisches Wohnraumfördergesetz ankündigen, in dem all diese Fragen mit geregelt werden sollen. Seit der Föderalismusreform im Jahr 2006 könnte das Land Hessen so etwas machen. Andere Länder haben es auch längst getan. Bisher liegt aber nicht einmal ein Entwurf für ein solches Gesetz vor.
Deshalb brauchen wir gar nicht drum herumzureden: Sie wollen das Gesetz auslaufen lassen, ohne den Kommunen gleichzeitig ein neues Werkzeug zur Verfügung zu stellen. Dagegen wenden wir uns strikt.
Herr Minister, Sie haben am 30. Dezember 2010 in dem wunderschönen Brief an den Städtetag und auch an die Kommunen wörtlich geschrieben: „Die Hessische Landesregierung befürwortet die Verlängerung der Geltungsdauer des Gesetzes.“ In demselben Schreiben haben Sie angekündigt, es werde einen Gesetzentwurf aus der Mitte des Landtags geben. Meine Damen und Herren, offensichtlich haben Sie sich darauf verlassen, dass die Mitte des Landtags, nämlich die Fraktion der GRÜNEN, ihre Arbeit macht.
Weiter bitten Sie in diesem Schreiben um Verständnis dafür, dass – ich darf wiederum zitieren – „die Entscheidung für die weitere Erhebung der Abgabe erst nach einem langwierigen Diskussionsprozess gefallen ist“. „Gefallen ist“ – Sie wissen sehr gut, dass die Kommunen aufgrund dieses Schreibens in die Planung für die weitere Erhebung der Abgabe eingestiegen sind.
Herr Minister, diese Kommunen haben sich auf Ihr Wort verlassen. Ihr Staatssekretär verhöhnt sie zusätzlich, wenn er im Ausschuss erklärt, davon gebe es überhaupt nichts zurückzunehmen. Sie haben die Kommunen schmerzlich getäuscht, und das ist ein Teil des Trauerspiels um die Fehlbelegungsabgabe.
Deshalb sind Sie hier und heute in der Pflicht, zu erklären, welche neuen Erkenntnisse Sie zwischen Januar und April dazu bewogen haben, von dieser verbindlichen Erklärung abzuweichen, oder ob Sie lediglich von Ihrer eigenen Fraktion – der FDP-Fraktion – in den Regen gestellt wurden. Herr Minister, wenn es so kommt, wie es sich abzeichnet, bleibt an Ihnen einmal mehr der FDP-Slogan hängen: Unser Wort gilt nicht.
Die Fehlbelegungsabgabe ist, wie es der Bad Homburger Oberbürgermeister in der vergangenen Woche im Landtag ausgeführt hat, ein wichtiges Element des sozialen Ausgleichs, weil sie die Kommunen durch ihre Zweckbindung zu Investitionen in den Wohnungsbau anregt. Wir reden hier über Menschen, die auf geförderten Wohnraum angewiesen sind. Deshalb kam es nicht von ungefähr, dass in der Anhörung beide Kommunalen Spitzenverbände und die Vertreter von acht von neun Kommunen, darunter Frankfurt, Wiesbaden und Darmstadt, den Erhalt der Fehlbelegungsabgabe gefordert haben.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen insbesondere von der CDU-Fraktion, heute Morgen hat Ihr Generalsekretär noch einmal geschworen, dass die soziale Marktwirtschaft weiterhin ein wichtiger Bestandteil christdemokratischer Politik sei.
Ich bin mir sehr sicher, dass es in Ihren Reihen manchen gibt, für den die soziale Verantwortung ein essenzieller Bestandteil der Politik der Volkspartei CDU ist.
Herr Dr. Arnold, wenn es so ist, dass ich mich darauf verlassen kann, sage ich: Niemand zwingt Sie, das nachzu
Deshalb haben wir es Ihnen heute ganz leicht gemacht. Stimmen Sie unserem Gesetzentwurf zu, verlängern Sie die Geltungsdauer Ihres eigenen Gesetzes, und sorgen Sie so dafür, dass dieses etablierte Instrument zumindest bis zum Beschluss eines Folgegesetzes erhalten bleibt und nicht ohne Not aufgegeben wird. Im Rahmen einer namentlichen Abstimmung, die ich für meine Fraktion beantrage, haben Sie hier und heute die Gelegenheit dazu. – Vielen Dank.
Schönen Dank, Herr Klose. – Für die FDP-Fraktion hat sich Herr Lenders zu Wort gemeldet. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Um zu verhindern, dass Bürger, die einmal in den Genuss subventionierter Wohnungen gekommen sind, aus diesen ausziehen müssen, wenn sie eine bestimmte Einkommensgrenze überschritten haben, wurde die Fehlbelegungsabgabe eingeführt. Dadurch sollte die staatliche Förderung in den Fällen, in denen keine Bedürftigkeit mehr vorliegt, quasi abgeschöpft werden.
Im Jahr 2011 ist diese Regelung allerdings nicht mehr zeitgemäß. Sie hat zu sozialen Brennpunkten geführt. Diese sind mehr oder weniger ausgeprägt, und jeder kann sie sehen, wenn er durch seine Stadt geht. So heißt es in der Stellungnahme des VdW Südwest zu Ihrem Gesetzentwurf. Aus heutiger Sicht ist sie „eine systemwidrige Marktintervention“, erklärt Haus & Grund. Das Institut Wohnen und Umwelt hat Ähnliches zu Ihrem Gesetzentwurf geschrieben.
Die Erhebung der Fehlbelegungsabgabe steht in einem Missverhältnis zu dem damit verbundenen Verwaltungsaufwand. Das sagen die Vertreter vieler Städte und Gemeinden, z. B. auch die von Kassel oder Schwalbach. Aber auch die Frankfurter SPD äußert sich dahin gehend.
Höchstrichterliche Entscheidungen werden dazu führen, dass die Stadt Darmstadt aus eben diesem Grund zukünftig überhaupt keine Fehlbelegungsabgabe mehr erheben kann. Nur noch vier Städte in Rheinland-Pfalz – also außerhalb von Hessen – erheben eine Fehlbelegungsabgabe. Das sollte uns irgendwann zu denken geben.
Herr Klose, deswegen wollen CDU und FDP gemeinsam dafür sorgen, dass es keine Grundlage für die Erhebung der Fehlbelegungsabgabe mehr gibt.
Die Fehlbelegungsabgabe ist ein völlig veraltetes, starres Instrument der Siebzigerjahre. Wir wollen mit einem modernen Wohnraumfördergesetz den betroffenen Menschen, die sich selbst nicht mit ausreichendem Wohnraum versorgen können, zielgerichteter und effektiver helfen.
Statt den Bau von Beton zu fördern und Bindungsfristen von 30 Jahren und mehr einzugehen, wollen wir die Menschen entsprechend ihrer persönlichen Lebenssituation
fördern. Wir müssen auf die Auswirkungen der demografischen Entwicklung und auf soziale räumliche Veränderungen in städtischen Quartieren flexibler reagieren. Dazu taugen starre Programme mit jahrzehntelangen Bindungsfristen nicht. Auch die hessischen GRÜNEN sollten irgendwann einmal begreifen, dass sich die Welt weitergedreht hat und moderne Sozialförderung anders aussieht als zu Zeiten der Hausbesetzungen.
Meine Damen und Herren, im Ausschuss wurden die Anträge der Koalition und der SPD zusammengeführt, um Klarheit darüber zu schaffen, dass es ein hessisches Gesetz zur Förderung und Nutzung von Wohnraum geben soll. Wir als Liberale wollen ein zeitgemäßes und modernes Gesetz zur Wohnraumförderung schaffen. Die Politik muss sich den Veränderungen der Menschen anpassen und nicht die Menschen den Politikvorstellungen einiger weniger.
Das liberale Verständnis von moderner Wohnungsbaupolitik ist, den Menschen mit weniger Bürokratie gezielter und effektiver zu helfen, um auf deren Veränderungen im Leben zu reagieren. Nichts ist mehr Ausdruck von Individualität als die Form des Wohnens. Ein hessisches Gesetz zur sozialen Wohnungsbauförderung muss nach unseren Vorstellungen eine ganze Reihe von Anforderungen erfüllen: Es muss auf die demografische Entwicklung reagieren, d. h. barrierefreies oder altersgerechtes Wohnen. Es muss soziale Brennpunkte verhindern, Integration unterstützen und für energetische Sanierung sorgen. Natürlich gehört die Versorgung von Bedürftigen mit bezahlbarem Wohnraum entscheidend zu den Zielen.
Hessen gibt bereits jährlich mehr als 60 bis 70 Millionen € für den sozialen Wohnungsbau aus, und das soll auch in Zukunft so bleiben.