hat in ihrer Oktoberausgabe einen Schwerpunkt bei dem Thema der sogenannten U-Untersuchungen gesetzt. Das ist durchaus wichtig. Das ist interessant. Da kommen verschiedene Kinderärzte und Entwicklungspsychologen zu Wort. Sie argumentieren, dass diese U-Untersuchungen traditionell zu stark nur auf körperliche Defizite ausgerichtet sind und dass man vieles auch hinsichtlich der Bildung erreichen könnte, wenn man sie um entwicklungspsychologische Elemente ergänzen würde, um möglichen Entwicklungsstörungen vorzubeugen, die sich negativ auf den Schulerfolg auswirken können.
Ich denke, das ist interessant. Denn das tritt nicht nur bei Migrantenfamilien, aber natürlich gehäuft bei Migrantenfamilien auf. Das gibt es aber auch bei Familien ohne Migrationshintergrund, die aus niedrigeren sozialen Schichten kommen. Ich denke, wenn wir da ansetzen – denn durch diese Untersuchungen muss jeder einmal durch –, dann könnten wir auch für die Bildung einiges erreichen. In dem Artikel steht auch noch anderes, das sich nicht mit Sprachförderung beschäftigt. Ich denke, das war aber ein ganz wichtiger Punkt.
Damit ist ein weiteres Problem verknüpft. In einem Gespräch mit einem Vertreter einer großen Krankenkasse, das ich letzthin geführt habe, wurde mir auch bestätigt, dass viele Eltern mit Migrationshintergrund die Untersuchungen für ihre Kinder nicht so stark wahrnehmen, wie das Eltern ohne Migrationshintergrund tun. Auch das ist ein Ansatz für die Integrationspolitik. Man kann den Menschen erst einmal nahebringen, was wir für Angebote in diesem Land haben. Es ist nicht so, dass zu wenig getan wird und dass das Land seiner Bringschuld nicht nachkäme. Vielmehr haben wir in vielen Bereichen auch eine Holschuld der Migranten. Auch darauf muss man immer wieder einmal hinweisen. Ich denke, gerade in diesem Bereich ist das sehr evident.
Es ist vieles gesagt worden. Ich möchte, wie gesagt, nicht alles wiederholen. Ich bin der letzte Redner zu diesem Thema und halte Sie insofern vom Kaffee ab.
(Günter Rudolph (SPD): Wir wollen noch einen Tagesordnungspunkt behandeln! Es ist nicht so, dass wir nichts zu tun hätten!)
Deswegen möchte ich nur noch ein paar Bemerkungen zum Thema islamischer Religionsunterricht machen. Denn es hat in den letzten Wochen einige Debatten dazu gegeben.
Natürlich stehen wir, die Mitglieder der FDP-Fraktion, ohne Wenn und Aber zu unserem Koalitionsvertrag. Natürlich stehen wir zu dem Ziel der Einführung dieses Religionsunterrichts. Dazu haben der Ministerpräsident und der Integrationsminister in den vergangenen Wochen alles gesagt.
Ich möchte aber noch etwas ergänzen, was mir in der ge samten Debatte zu kurz kommt. Natürlich hatten wir auch eine Diskussion über den christlichen Religionsunterricht. Frau Cárdenas, der Integrationsminister hat das natürlich nicht angesprochen, um die christlichen Religionsgemeinschaften irgendwie zu verunsichern. Herr Merz, ich glaube, Sie haben den Integrationsminister da bewusst missverstanden. Er hat da keine Verunsicherung betreiben wollen. Das hat er nicht gemacht.
Vielmehr hat er bestätigt, dass wir zu diesem bekenntnisorientierten christlichen Religionsunterricht stehen. Er hat aber natürlich darauf hingewiesen, dass es diese Debatte gibt. Ich weiß nicht, wie es Ihnen ergeht. Wenn ich in einer Runde zum Thema islamischer Religionsunterricht bin, kann ich die Uhr danach stellen, dass irgendwann aus dem Publik um die Fragen kommen: Ist denn Religionsunterricht überhaupt noch zeitgemäß? Wäre es nicht zeitgemäß, einen Religionsunterricht für alle zu haben?
Diese Diskussion wird in der Gesellschaft geführt, nicht nur in der FDP. Sie gibt es überall. Frau Cárdenas hat doch auch darauf hingewiesen. Deswegen ist es doch die Aufgabe des Integrationsministers und vollkommen richtig, klarzustellen, dass wir weiterhin daran festhalten werden und dass wir das aus Gründen der Gleichberechtigung eben auch für die islamischen Religionsgemeinschaften einführen wollen.
Einen Aspekt will ich noch ansprechen, weil er mir in der Debatte hinter den ganzen Zweckmäßigkeitserwägungen viel zu kurz kommt. Nach Art. 7 Abs. 3 Grundgesetz wird der Religionsunterricht in Deutschland „unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes“ nach „den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften“ erteilt. Das ist auch eine bürgerrechtliche Frage. Wir als Staat gewähren den Religionsgemeinschaften dieses Bürgerrecht und ziehen uns da zurück. Der Staat organisiert das also nicht selbst, sondern überlässt das den Religionsgemeinschaften, weil der Glaube eine höchst persönliche Angelegenheit ist. Deshalb soll der Unterricht nach ihren Grundsätzen durchgeführt werden.
Wir könnten jetzt sagen, das würde alles der Terrorismusbekämpfung dienen. Es ist sicherlich richtig, dass da dem Fundamentalismus usw. vorgebeugt werden soll. Ich finde aber, es ist eine Tatsache, dass wir da eine bürgerrechtliche Errungenschaft haben, und zwar für die christlichen Reli
gionsgemeinschaften, aber auch für die anderen Religionsgemeinschaften. Das ist eine Tatsache, die mir in der allgemeinen Debatte immer viel zu sehr unter den Tisch fällt. Deswegen wollte ich das hier nicht unerwähnt lassen.
Mir ist übrigens nicht bekannt, dass christliche Religionsgemeinschaften in hessischen Schulen fundamentalistische Lehren predigen würden. Mir ist davon nichts bekannt.
Das Modell ist doch sehr erfolgreich. Weil dieses Modell so erfolgreich ist, sind wir bei dieser Frage so pedantisch. Deswegen wollen wir die große Lösung. Deswegen können ein staatlicher Islamkundeunterricht oder sonst irgendwelche Beiratskonstruktionen nicht das Ziel, sondern immer nur eine Ausweichmöglichkeit sein.
Die verschiedenen Beispiele, mit denen ich versucht habe, das ausführlicher darzulegen, zeigen, so denke ich, sehr anschaulich, dass der koordinierende und ressortübergreifende Ansatz für das wichtige Thema Integrationspolitik nötig und auch richtig ist.
Die Regierungserklärung von Staatsminister Hahn hat deutlich gemacht, wie viele Erfolge die Landesregierung mit dem neu geschaffenen Integrationsministerium schon erzielt hat. Sie hat aber auch gezeigt, welche großen Herausforderungen und welche schwierigen Baustellen in diesem Bereich noch in der zweiten Hälfte dieser Legislaturperiode abzuarbeiten sind.
Wir von der FDP-Fraktion sind sehr zuversichtlich, dass die Landesregierung diese schwierigen Baustellen ebenfalls sehr erfolgreich meistern wird, und unterstützen sie darin voll und ganz. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Mick, noch einmal bezogen auf Prof. Toprak: Ich kenne ihn auch und habe mit ihm ausführlich diskutiert. Man muss seine Analyse ja nicht teilen. Er hat dargestellt, dass gerade bei den türkischen Migrantenfamilien häufig ein sehr konservatives Erziehungsverständnis vorliegt und sie es aus ihrem Herkunftsland gewohnt sind, die Verantwortung quasi an die Schulen abzugeben.
Es ist völlig egal, ob Sie diese Analyse teilen oder Verständnis dafür haben. Das Entscheidende ist doch, dass die Politik gefordert ist, genau dort entsprechend über Ganztagsschulen, Hausaufgabenbetreuung etc. für Ausgleich zu sorgen. Es geht darum, sich für das Interesse der Kinder einzusetzen, und nicht darum, Verständnis oder kein Verständnis für die Eltern zu haben. Das ist das Entscheidende, was ich darzustellen versucht habe.
Vielen Dank, Frau Cárdenas. – Ich stelle fest, dass keine weiteren Wortmeldungen vorliegen. Wir sind damit am Ende der Aussprache zur Regierungserklärung des Ministers der Justiz, für Integration und Europa betreffend „Hessische Integrationspolitik – gemeinsam die Zukunft gestalten“.
Dazu war mit aufgerufen der Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betreffend Einführung eines bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterrichts an hessischen Schulen, Drucks. 18/4529. Von Herrn Kollegen Merz ist bereits namentliche Abstimmung beantragt worden. Dann treten wir auch gleich in diese ein und beginnen mit dem Verlesen der Namen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben ein einstimmiges Ergebnis, was uns drei hier oben angeht. Mit Ja haben 41 gestimmt, mit Nein 62 bei sechs Enthaltungen und neun Fehlenden. – Somit ist der Antrag abgelehnt.
(Beifall bei der CDU und der FDP – Tarek Al-Wa- zir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Jetzt wird es völlig irre: Die Christdemokraten beklatschen ein Nein zu Religionsunterricht!)
Ich gehe davon aus, dass der Dringliche Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend umgehende Einführung von Islamkunde an hessischen Schulen, Drucks. 18/4560, jetzt ebenfalls zur Abstimmung kommt. – Das ist so.
(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Er soll dem Rechts- und Integrationsausschuss und dem Kulturpolitischen Ausschuss überwiesen werden!)
Dieser Antrag soll damit also dem Rechts- und Integrationsausschuss, federführend, und dem Kulturpolitischen Ausschuss, mitberatend, überwiesen werden.
Es wird jetzt abgestimmt über den Dringlichen Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend islamischer Religionsunterricht an hessischen Schulen, Drucks. 18/4563. Es ist beantragt, dass der erste Absatz getrennt abgestimmt werden soll, danach die Abs. 2 bis 4. – Das ist so.
Wer dem ersten Absatz zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Fraktionen der CDU, der FDP und der SPD. Wer ist dagegen? – Dagegen zähle ich eine Stimme. Enthaltungen? – BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Rest der Fraktion DIE LINKE. Damit ist der ers te Absatz angenommen.
Wir stimmen über die Abs. 2 bis 4 ab. Wer möchte zustimmen? – CDU, FDP. Wer ist dagegen? – Fraktion DIE LINKE. Wer enthält sich? – Bei Enthaltung von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sind Abs. 2 bis 4 mit Mehrheit angenommen.
Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU und der FDP für ein Gesetz über die Anpassung der Besoldung und Versorgung in Hessen 2011/2012 sowie zur Änderung des Hessischen Sonderzahlungsgesetzes – Drucks. 18/4521 zu Drucks. 18/4125 –
Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betreffend kein Sonderopfer für Beamte – kein Wortbruch der Landesregierung bei der Beihilfe – Drucks. 18/4425 –
Zur Berichterstattung in Sachen zweiter Lesung darf ich Herrn Dr. Blechschmidt bitten, ans Mikrofon zu treten.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Der Innenausschuss empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen von CDU und FDP gegen die Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE, den Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des Änderungsantrags der Fraktionen der CDU und der FDP, Drucks. 18/4466, in zweiter Lesung anzunehmen.
Vielen Dank, Herr Dr. Blechschmidt. – Zur Aussprache hat sich als Erster Herr Kollege Bauer für die CDU-Fraktion zu Wort gemeldet.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf orientiert sich mit seiner Anpassung in der Besoldung und Versorgung in Hessen hinsichtlich der linearen Erhöhungen an den Ergebnissen der Tarifverhandlung für die Beschäftigten des Landes Hessen für die Jahre 2011 und 2012. Lohnsteigerungen für unsere Beamtinnen und Beamten bewegen sich immer in einem Spannungsfeld zwischen dem Wunsch, die Mitarbeiter unserer Verwaltung ordentlich zu bezahlen, und der Rücksicht auf die finanzielle Leistungsfähigkeit unseres Landes. Um dem gerecht zu werden, sollen die Besoldungs- und Versorgungsbezüge für die Beamten dem Tarifabschluss für die Angestellten des Landes Hessen zwar angeglichen, aber nicht 1 : 1 übernommen werden.
Wir wollen, dass die Beamtinnen und Beamten eine Gehaltsverbesserung erfahren. Die Beamten werden mit dem vorliegenden Gesetzentwurf an einer positiven Einkommensentwicklung selbstverständlich teilhaben. Die Tarifergebnisse sind bekanntlich Kompromisse. Auch die Vorschläge zur Besoldungsanpassung der Beamten sind der Versuch, einen vertretbaren und verantwortbaren Mittelweg zu finden.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich bei dieser Gelegenheit einmal Henry Kissinger zitieren, immerhin amerikanischer Politiker und Friedensnobelpreisträger. Er sagte zu dem Stichwort Kompromiss: