Protokoll der Sitzung vom 21.04.2009

Die Erweiterung der Jugendarrestanstalt Gelnhausen/ Rockenberg um weitere 24 Haftplätze ist mit geschätzten Gesamtkosten von 1,5 Millionen c veranschlagt worden.

Für eine wirksame Bekämpfung der Alltagskriminalität soll die Amtsanwaltschaft mit sechs Stellen personell verstärkt werden. In der weiteren Umsetzung des Hessischen Jugendstrafvollzugsgesetzes sind in der zweiten Tranche 26 Stellen vorgesehen.

Lassen Sie mich zu Ende meiner Rede noch auf die wichtigsten Reformen in der Finanzpolitik eingehen. Ich begrüße ausdrücklich die grundsätzliche Einigung in der Föderalismuskommission II über die Einführung einer Schuldenbremse. Wir haben dies mitgetragen und in der Diskussion auch durchaus mitgestaltet.

Im Falle der Einigung auf ein Verschuldungsverbot, das dann im Grundgesetz verankert würde, würden wir, wie bereits mit der Koalitionsvereinbarung angekündigt, dieses den hessischen Bürgerinnen und Bürgern in einer Volksabstimmung mit dem Ziel zur Entscheidung vorlegen, dass es zu einer Änderung der hessischen Landesverfassung kommt. Mit dem Vorschlag für eine derartig einschneidende Maßnahme wollen wir dem Ziel einer dauerhaften und nachhaltigen Haushalts- und Finanzpolitik gerecht werden, die sich nicht am Wünschbaren, sondern am Machbaren und Verantwortbaren orientiert.

Allerdings wird dies nicht ohne spürbare Einschnitte in das Leistungsniveau unseres Landes möglich sein. Darü

ber müssen wir mit den Bürgerinnen und Bürgern im Vorfeld einer Volksabstimmung diskutieren.

Im Zusammenhang mit der Verschuldungsfrage werden wir uns für eine Reform des Länderfinanzausgleichs einsetzen, damit die besondere Belastung Hessens verringert wird.Wir können nicht zulassen, dass die hessischen Steuerzahler auf Dauer die Hauptzahler in den Länderfinanzausgleich sind.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Mit einem Maßnahmenbündel in der Haushalts- und Finanzpolitik wollen wir zu einer strikten Ausgabenbegrenzung beitragen und zugleich für mehr Transparenz sorgen. Dazu zählt, dass wir im Rahmen unserer politischen Schwerpunktsetzung zusätzliche Personalstellen in den Bereichen Bildung und innere Sicherheit schaffen, zugleich aber die Zahl der Stellen im Landeshaushalt nicht erhöhen werden. Ohne die Begrenzung der Personalkostenquote nehmen wir künftigen Generationen jeglichen Spielraum für Investition in die Zukunft unseres Landes. Langfristig müssen wir genau aus diesem Grund die Personalkostenquote des Landeshaushalts zurückfahren.

Das Hessische Sonderinvestitionsprogramm für Schulen und Hochschulen sowie die Konjunkturpakete I und II sind der Einstieg in eine antizyklische Investitionspolitik des Landes. Deshalb werden wir die hohe Investitionsquote der kommenden beiden Jahre beim nächsten Aufschwung deutlich reduzieren. Ohne eine strikte Begrenzung des Anstiegs der konsumtiven Ausgaben ohne Personalkosten, die weit unterhalb des langfristigen durchschnittlichen Einnahmewachstums liegen, werden wir das Ziel einer Nettoneuverschuldung von null nicht erreichen können. Deshalb werden wir den Anstieg aller sonstigen konsumtiven Ausgaben auf 0,5 % pro Jahr begrenzen.

Meine Damen und Herren, als Fazit: Der Haushaltsentwurf der Landesregierung zeigt, dass kraftvolle Antworten auf die derzeitige beispiellose Krisensituation von uns gegeben werden. Die nachhaltige Konsolidierung der öffentlichen Haushalte ist nur bei Wirtschaftswachstum möglich.

Übergeordnetes Ziel ist daher die Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen und die Stärkung von Wachstum. Darauf müssen wir den Haushalt ausrichten. Der Staat muss sich auf die Kernaufgaben konzentrieren, um so in anderen Bereichen wieder finanzielle Spielräume zurückzugewinnen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Minister, ein Hinweis zur Redezeit.

Meine Damen und Herren, für die Landesregierung steht fest: Wir nutzen diese Krise als Chance. Unser Ziel muss sein, dass Hessen gestärkt aus diesem Tal herauskommt. Dazu handeln wir wohlüberlegt, aber rasch. Deswegen legen wir Ihnen dieses Konvolut von Haushaltsvorlagen mit der Bitte vor, dass Sie diesem so zustimmen. – Ich bedanke mich.

(Lang anhaltender Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Staatsminister Weimar, herzlichen Dank. Die Redezeit wurde fast exakt eingehalten – vielen Dank auch dafür.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Uiuiui!)

Ich eröffne die Aussprache. Herr Schmitt hat sich für SPD-Fraktion zu Wort gemeldet.

(Zurufe von der CDU:Eieiei! – Horst Klee (CDU): Jetzt kommt ein Haushaltsrhetoriker!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! In der Tat finden diese Haushaltsberatungen zu einem Zeitpunkt statt, zu dem sich die Weltwirtschaft und damit natürlich auch die Wirtschaft in Deutschland und in Hessen in einer der schwierigsten Situationen, vielleicht in der schwierigsten Wirtschaftskrise seit dem schwarzen Freitag 1929, befinden. An welcher Stelle des Tales wir uns befinden, das weiß derzeit niemand. Es gibt an einem Tag gute Nachrichten. Es gibt an einem Tag weniger gute Nachrichten. Es wird, wie es der Finanzminister gesagt hat, keiner momentan richtig solide einschätzen können, wann wir aus dieser elementaren Krise herauskommen werden.

Lassen Sie mich eines vorweg sagen: Die Große Koalition in Berlin hat mit den beiden Konjunkturpaketen entschlossenes und richtiges Verhalten gezeigt. Auch wir Sozialdemokraten haben das Konjunkturprogramm der Hessischen Landesregierung begrüßt und unterstützt.Aus unserer Sicht wurde an dieser Stelle richtig reagiert.

Aber Hessen ist im besonderen Maß gefordert.Aufgrund der Versäumnisse dieser Landesregierung – nämlich der Vorgängerregierung,der absoluten CDU-Regierung,aber auch der davor bestehenden FDP/CDU-Regierung – ist es so gekommen, dass Hessen seine Spitzenposition beim Wirtschaftswachstum längst eingebüßt hat.

Herr Schmitt, eine Sekunde einmal. – Ich darf bitten, die Gespräche auf der Regierungsbank einzustellen. Das stört den Redner sehr. Bitte machen Sie damit Schluss.

Hessen hat seine Spitzenposition beim Wirtschaftswachstum längst eingebüßt. Ich kann das gerne wiederholen. Dazu gibt mir die Störung die Gelegenheit.

(Günter Rudolph (SPD): Die Wahl tut weh!)

Die Landesregierung feiert mittlerweile schon Tabellenplätze im Mittelfeld als Erfolg. Die Arbeitslosigkeit hat sich schlechter als im Durchschnitt der westdeutschen Flächenländer entwickelt.Die Landesregierung muss deswegen in der Begründung zum Haushaltsgesetz eingestehen, dass das hessische BIP im laufenden Jahr noch stärker schrumpft als die bundesweit prognostizierten 2,25 %.

Sie muss eingestehen – Zitat –, „dass sich auch der hessische Arbeitsmarkt in den kommenden Monaten ungünstiger entwickeln wird als der Bundesdurchschnitt“, also ein Eingeständnis der Landesregierung, dass sich Hessen schlechter als der Durchschnitt der bundesdeutschen Länder entwickelt und dass deswegen mit einem Kon

junkturprogramm das Engagement in dieser Krise deutlich größer sein muss.

Übrigens ist zu der Frage Wirtschaftswachstum und Arbeitslosigkeit noch vor drei Monaten im Landtagswahlkampf von der Landesregierung und insbesondere von der CDU etwas ganz anderes gesagt worden – das nur zum Stichwort Wahlbetrug.

(Beifall bei der SPD – Lachen bei der CDU und der FDP)

Ich habe diese Reaktion geahnt. – Hessen muss mehr als andere tun. Hessen muss jetzt mehr tun, weil die Landesregierung weder ein Konzept für den Bankenstandort Hessen noch für den Automobilstandort Hessen hatte, als die Zeiten noch besser waren.

Herr Finanzminister, das war auch schön: Sie haben angesprochen, möglicherweise komme Deutschland oder der Wirtschaftsplatz Frankfurt besser durch die Krise, weil dort deutsche Tugenden herrschten. Das erinnert mich wieder an Kochs Forderung nach besonderen Steuererleichterungen für ausländische Manager. Meine Damen und Herren, zum Glück haben wir, die SPD auf Bundesebene, das verhindert.

(Beifall bei der SPD)

Herr Ministerpräsident, aber das zeigt natürlich, welche geistige Richtung Sie einnommen hatten: Machen wir es doch den Bankmanagern in den USA oder in Großbritannien nach; das wird schon richtig sein. – Das war doch Ihre Geisteshaltung.Dazu kann man nur sagen:Wie hat er sich da geirrt. Gott sei Dank haben wir verhindert, dass sein Vorschlag nach steuerlichen Erleichterungen für ausländische Bankmanager im Bundesrat abgelehnt wurde. Ich glaube, dann würde das in Frankfurt noch schlechter aussehen, als es jetzt schon aussieht.

Die Entwicklung bei Opel hat besondere Aufmerksamkeit. Wenn wir über die Frage Wirtschaftsstandort und über Wirtschaft reden, ist Opel eine zentrale Frage. Opel ist hessische Industriegeschichte. Ich füge auch hinzu: Opel ist hessische Industrieentwicklung.

Über alle Parteigrenzen sind wir uns einig, dass wir Opel mit Bürgschaften helfen wollen und auch helfen müssen, wenn sie überhaupt notwendig sein sollten; denn die Liquidität, auch bedingt durch den Insignia, ist gar nicht so schlecht, wie man das zunächst einmal befürchtet hat. Streitig ist nur, ob eine staatliche Beteiligung im Fall der Fälle sinnvoll ist. Wir wollen dies jedenfalls nicht ausschließen. Es geht schließlich um viele Arbeitsplätze bei Opel und bei vielen Automobilzulieferern.

Es freut uns, dass es anscheinend Interessenten gibt, die bei Opel einsteigen wollen. Ich glaube, das ist in diesen Zeiten eine gute Nachricht.

(Beifall bei der SPD)

Das zeigt, dass Opel auch oder vielleicht gerade ohne GM Perspektive haben kann. Wir werden jedenfalls um Opel kämpfen. Das sind wir den betroffenen Menschen schuldig. Das sind wir auch dem Industriestandort Hessen und damit vielen Dienstleistern in der Region schuldig, die von den Anwendungsmöglichkeiten in ihrer Entwicklung in der Region profitieren.

Herr Finanzminister, dass der Bürgschaftsrahmen mit dem Haushaltsgesetz auf immerhin 1,7 Milliarden c ausgeweitet werden soll, halten wir für richtig, um möglichen Bürgschaftsanträgen von Unternehmen zur Überwin

dung der schwierigen Lage, die die Automobilindustrie betrifft, die aber auch den Maschinen- und Anlagenbau betrifft, auch zum Teil die Bauindustrie, nachkommen zu können.

Meine Damen und Herren, das war es dann aber schon an Positivem, was man zu diesem Haushaltsgesetz und diesem Haushaltsbegleitgesetz sagen kann.

(Minister Karlheinz Weimar: Immerhin!)

Immerhin, sagen Sie, aber jetzt kommt es dick: Mit der Vorlage dieses Haushaltsgesetzes und dieses Begleitgesetzes haben sich alle Haushaltsversprechungen von CDU und FDP als Lug und Trug erwiesen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Widerspruch des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Leider zeigt der vorgelegte Haushaltsentwurf eben auch, dass diese Wirtschaftskrise von CDU und FDP anscheinend zum Anlass genommen wird, in nie da gewesener Weise mit vollen Händen Geld auszugeben und ein Rekorddefizit von 2,5 Milliarden c herbeizuführen, das es in dieser Höhe in der Geschichte Hessens noch nie gegeben hat.

(Michael Boddenberg (CDU): Das hatten Sie vor der Krise auch in Ihrem Koalitionsvertrag stehen!)

Herr Boddenberg, Schulden in Höhe von 2,5 Milliarden c gab es bisher in Hessen noch nie.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)