Protokoll der Sitzung vom 13.12.2011

(Janine Wissler (DIE LINKE): Wecken Sie jetzt Erwartungen?)

die gut gemeint sein mögen. Aber guter Wille reicht halt nicht immer, sondern es muss auch ein bisschen unterfüttert sein. – Besten Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin Puttrich. – Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir sind damit am Ende der ersten Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD für ein Hessisches Energiekonsens-Gesetz.

Zur Vorbereitung der zweiten Lesung wird der Gesetzentwurf dem Ausschuss für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz überwiesen. – Kein Widerspruch, dann so beschlossen.

Dann rufe ich Tagesordnungspunkt 5 auf:

Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz zur Errichtung der InformationstechnikStelle der hessischen Justiz (IT-Stelle) und zur Regelung justizorganisatorischer Angelegenheiten sowie zur Änderung von Rechtsvorschriften – Drucks. 18/4824 zu Drucks. 18/4261 –

Bevor ich Herrn Berichterstatter Tipi das Wort erteile, rufe ich weiterhin die mündliche Frage 590 des Kollegen

Weiß auf. Er kann sie nach der Berichterstattung durch Herrn Tipi vortragen.

Des Weiteren rufe ich Tagesordnungspunkt 6 auf:

Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz zu dem Staatsvertrag über die Einrichtung einer Gemeinsamen elektronischen Überwachungsstelle der Länder – Drucks. 18/4825 zu Drucks. 18/4656 –

Dazu wird Herr Kollege Mick Bericht erstatten. – Zunächst darf ich Herrn Tipi um seinen Bericht bitten.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Beschluss empfehlung: Der Rechts- und Integrationsausschuss em pfiehlt dem Plenum mit den Stimmen von CDU und FDP gegen die Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE, den Gesetzentwurf in zweiter Lesung unverändert anzunehmen. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Herr Tipi, vielen Dank. – Wir kommen jetzt zur Einbringung der Mündlichen Frage: Herr Weiß.

Ich frage die Landesregierung:

Warum hat sie im Rahmen der geplanten Errichtung einer Informationstechnik-Stelle der hessischen Justiz, IT-Stelle, Drucks. 18/4261, keine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung, Kosten-Nutzen-Untersuchung, nach § 7 Abs. 2 LHO durchgeführt?

Herr Weiß, vielen Dank. Diese Frage wird nachher durch die Stellungnahme der Landesregierung mit beantwortet werden. – Berichterstatter Herr Mick zu dem anderen Gesetzentwurf.

Meine Damen und Herren, ich darf Ihnen die Beschluss empfehlung des Rechts- und Integrationsausschusses zu dem Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Gesetz zu dem Staatsvertrag über die Einrichtung einer Gemeinsamen elektronischen Überwachungsstelle der Länder, Drucks. 18/4656, vortragen.

Der Rechts- und Integrationsausschuss empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen von CDU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Enthaltung der LINKEN, den Gesetzentwurf in zweiter Lesung unverändert anzunehmen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Herr Mick, vielen Dank. – Wir kommen jetzt zur Aussprache über die beiden Gesetzentwürfe. Zunächst hat sich

Frau Hofmann für die SPD-Fraktion gemeldet. Frau Kollegin, die vereinbarte Redezeit beträgt fünf Minuten.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der vorgelegte Gesetzentwurf beabsichtigt bekanntlich, die rechtliche Grundlage für die IT-Stelle in Bad Vilbel als eigenständige Landesoberbehörde zu schaffen. – Ich weiß, für die Gäste hier im Haus ist es ein etwas sperriges Thema.

Ziel der Landesregierung ist es hier, die Informationsund Kommunikationstechnik der gesamten Justiz zu straffen, neu zu organisieren und gar zu optimieren.

Fakt ist aber – und da muss ich jetzt gleich Wasser in den Wein gießen –, dass die dazu durchgeführte mündliche wie schriftliche Anhörung tatsächlich eine schallende Ohrfeige für die Landesregierung war. Aus gutem Grund hat kaum einer der Anzuhörenden ein gutes Haar an diesem Gesetzentwurf gelassen. Deswegen ist es ein Affront, wenn der Justizminister sogar behauptet, dieser Entwurf sei mit der Praxis abgestimmt.

Dieser Gesetzentwurf hat viele Schwächen und lässt viele Fragen offen. Die Einrichtung der IT-Kontrollkommission etwa, die eigentlich bezweckt, die richterliche Unabhängigkeit zu schützen, das Qualitätsprinzip zu wahren und die sachliche Unabhängigkeit zu bewahren, ist unzureichend. Welche effektiven Befugnisse hat etwa die ITKontrollkommission, auch gegenüber der HZD? Auch die Anbindung der IT-Kontrollkommission an die IT-Stelle ist problematisch – das hat die Anhörung deutlich gemacht.

Obwohl die Regierung hier immer wieder vorträgt, dass die Fachaufsicht über die Verfahrensdaten künftig dem zuständigen Gericht obliege, bleiben verfassungsrechtliche Fragen bezüglich der Herauslösung der Datenverarbeitung aus dem Bereich der Selbstverwaltung der Justiz und der Zuordnung zur Exekutive offen.

§ 4 des Gesetzentwurfs bestimmt jetzt auch noch etwas anderes: Es wird dem sogenannten Personalinformationssystem Davin§y – das der Aufsichtsbehörde und den Direktoren und Präsidenten der Gerichte weitreichende Einblicke in die Erledigungs- und Eingangsdaten liefert – hier kraft Gesetzes ein Freibrief ausgestellt.

Wir finden nicht nur, dass Davin§y durch dieses Gesetz hinterrücks eingeführt wird, sondern wir finden zudem, dass dieser Tatbestand natürlich mitbestimmungspflichtig ist. Meine Damen und Herren, außerdem werfen wir hierzu einige kritische Fragen auf – etwa die Frage, ob mit Davin§y die richterliche und staatsanwaltschaftliche Tätigkeit gar nur aus quantitativer Sicht betrachtet wird.

Sachfremd ist auch, dass der Justizminister angesichts der BGH-Entscheidung über die sogenannte Netzklage im Rechtsausschuss sehr selbstbewusst – wir finden: zu selbstbewusst – schon die Sektkorken hat knallen lassen. Denn in der Anhörung wurde nochmals schön herausgearbeitet, was der Bundesgerichtshof entschieden hat und was nicht.

Zudem soll die IT-Stelle dem Justizministerium direkt unterstellt werden. Die IT-Kontrollkommission kontrolliert aber lediglich die HZD, nicht die IT-Stelle.

Weiterhin problematisch ist, dass die Steuerung der den Gerichten und Staatsanwaltschaften obliegenden Geschäftsabläufe nicht im Gesetz selbst geregelt werden soll,

sondern in späteren Rechtsverordnungen. Wir finden ganz klar, dass das nicht dem Bestimmtheitsgrundsatz und der erforderlichen Transparenz genügt.

Völlig unbeantwortet bleibt auch die vom Bundesgerichtshof aufgeworfene Frage der Verletzung des verfassungsrechtlichen Gebots der organisatorischen Selbstständigkeit aus Art. 20 Abs. 2 sowie Art. 92 und 97 des Grundgesetzes. Meine Damen und Herren, in einem seriösen Gesetzgebungsverfahren hätte diese verfassungsrechtliche Frage aus unserer Sicht hinreichend geklärt werden müssen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE))

Zudem – da danke ich für die Frage des Kollegen Weiß – fehlt angesichts dieser Pläne eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung nach § 7 Abs. 2 LHO.

Meine Damen und Herren, insgesamt trägt dieser Gesetzentwurf den Erfordernissen einer möglichst eigenständigen dritten Gewalt und damit den Interessen des rechtsuchenden Bürgers nicht ausreichend Rechnung. Deswegen wird die SPD-Fraktion diesen Gesetzentwurf ablehnen. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Frau Hofmann, vielen Dank. – Als Nächster wird Herr Dr. Jürgens für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu uns sprechen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich glaube, alle hier im Haus und auch darüber hinaus wollen die ITAusstattung der hessischen Justiz verbessern und weiterentwickeln. Natürlich ist eine moderne Justiz ohne die Nutzung von Informationstechnologien überhaupt nicht mehr vorstellbar.

Die Potenziale für einen weiteren IT-Einsatz sind auch noch längst nicht ausgeschöpft. Deshalb ist es vom Prinzip her selbstverständlich richtig und gut, die Kompetenz und die Aufgaben hierfür in einer Gemeinsamen IT-Stelle zu bündeln, die alle Gerichtsbarkeiten, die Staatsanwaltschaften und die Vollzugsanstalten bedient.

In dem vorliegenden Gesetzentwurf hat allerdings die Landesregierung – besser gesagt: der Justizminister – wieder einmal nicht beachtet, dass die Justiz keine Behörde wie jede andere ist, sondern – das gilt zumindest bezogen auf die Gerichte – die dritte Gewalt im Staat. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gilt aber die Gewaltenteilung auch für den jeweiligen Verwaltungsunterbau.

Bisher wurde dieses Trennungsgebot eingehalten, weil bisher die Gemeinsame IT-Stelle, abgekürzt GIT, eine eigenständige, von der Justiz selbst getragene Behörde war, genauer gesagt: von den jeweiligen Gerichtspräsidenten getragen. Jetzt soll die GIT eine eigenständige Landesoberbehörde unter Aufsicht des Justizministers werden, in der Verantwortungen also von der dritten zur zweiten Gewalt hinüberwandern.

Frau Hofmann hat es schon gesagt: In der Anhörung wurden erhebliche Zweifel geäußert, ob diese Konstruktion tatsächlich mit der Gewaltenteilung noch vereinbar ist.

Zwar ist eine IT-Kontrollkommission vorgesehen, aber auch die kann diese Zweifel eigentlich nicht beseitigen. Denn dort sind zwar Vertreter der jeweiligen Richterräte vorgesehen, doch die IT-Kontrollkommission hat lediglich die Aufgabe, an Überprüfungen zum Schutz vor unbefugten Zugriffen durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der HZD mitzuwirken. Es geht also sozusagen um Einzelfallüberprüfungen. Die entscheidenden Fragen, etwa des Datenschutzes, der Gestaltung der Datenverarbeitung, der Zugriffsmöglichkeiten und der allgemeinen Vorkehrungen gegen Missbrauch, sind gerade nicht Aufgaben der IT-Kontrollkommissionen. Deswegen kann ihre Errichtung auch die verfassungsrechtlichen Bedenken nicht beseitigen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Heike Hofmann (SPD))

Es hatte im Vorfeld des Gesetzentwurfs zu der Gestaltung der alten GIT bereits Klagen von Richterinnen und Richtern gegen die Übertragung der technischen Umsetzung auf die HZD gegeben. Durch diese Gestaltung lässt sich nämlich nicht vermeiden, dass von außen – das sind technische Notwendigkeiten, die nicht beseitigt werden können –, von der HZD, grundsätzlich auf gerichtsinterne Dokumente bis hin zu vertraulichen Voten und Notizen über Kammerberatungen, Vorarbeiten für Urteile etc. zugegriffen wird, wenn, wie allgemein üblich, sie auf den entsprechenden Servern gespeichert sind.

Der Dienstgerichtshof beim Oberlandesgericht hat hierzu im Übrigen eine Entscheidung getroffen. Ich darf einmal den Tenor vorlesen:

Es wird festgestellt, dass die Überlassung der Verwaltung des EDV-Netzes der hessischen Justiz für den Rechtsprechungsbereich an die... (HZD) unzulässig ist, solange nicht die Art der Behandlung von Dokumenten des richterlichen Entscheidungsprozesses durch die HZD für den Rechtspflegebereich durch Verwaltungsvorschriften seitens des Ministeriums der Justiz konkret festgelegt und deren Einhaltung durch den Minister der Justiz im gleichberechtigten Zusammenwirken mit gewählten Vertretern der Richter überprüft werden kann.