Protokoll der Sitzung vom 21.03.2017

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Es geht nicht um Spaß!)

Ja, aber dass Sie die GRÜNEN an dieser Stelle auch politisch vorführen wollen, kann ich nachvollziehen. Das gehört zum politischen Geplänkel dazu. Aber in der Sache hilft es nun einmal nicht weiter.

Das andere ist, dass die damals geltenden Grundlagen, also die Verknüpfungen für die bundesgesetzliche Grundlage, heute auch nicht mehr in Kraft sind. Sie müssten also auch die bundesgesetzlichen Grundlagen erst einmal wieder in Kraft setzen, um das Zweckentfremdungsgesetz so, wie Sie das gerne möchten, wieder in Kraft treten zu lassen. Das ist mittlerweile seit vielen Jahren nicht mehr da. Diese Verknüpfungen gibt es nicht mehr. Von daher ist es auch aus dieser Sicht schon schwierig.

(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Das haben wir Ihnen damals gesagt. Damals konnten wir Ihnen das noch etwas besser darlegen, als wir noch in der Regierungsverantwortung waren. Ich glaube, das Zweckentfremdungsgesetz begleitet mich jetzt seit 2008. Aber nach den Initiativen, die die Landesregierung gestartet hat, freue ich mich schon auf Ihre neuen Vorschläge. Dann werden wir uns auch wieder gern darüber unterhalten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort hat Herr Abg. Siebel für die Fraktion der SPD.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Lenders, der Grundkonflikt, mit dem wir es hier zu tun haben, ist die Frage:

Wollen wir die Zweckentfremdung, oder wollen wir eine andere Möglichkeit der Einflussnahme – ich will das einmal etwas allgemeiner formulieren – auf die Veränderung von Stadtteilen in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt?

Eine der Möglichkeiten, die wir vorgeschlagen hatten – auch rechtssicher –, war, im Rahmen eines Antrages zu sagen: Wir ermöglichen über eine Verordnung der Landesregierung eine Milieuschutzsatzung. Das wäre eine der Möglichkeiten gewesen. Sowohl an dieser als auch an der anderen Stelle, nämlich der Frage der Zweckentfremdung, verweigert sich aus mir nicht nachvollziehbaren Gründen die Hessische Landesregierung, tätig zu werden.

Deshalb will ich noch einmal zwei Dinge hervorheben, die es mir so unverständlich machen, auch, da es in den Stellungnahmen bei der Anhörung sehr deutlich gesagt worden ist. Ich zitiere Frau Meier-Sienel, Leiterin des Wohnungsamtes, aus der Anhörung vom 9. Juni 2016:

Die Außerkraftsetzung des Gesetzes zum Verbot der Wohnraumzweckentfremdung erfolgte 2004 mit der Begründung, dass sich der Wohnungsmarkt entspannt habe und sich weiter entspannen werde. Zwölf Jahre danach wissen wir, dass das im RheinMain-Gebiet nicht der Fall ist. Das ist so nicht eingetroffen. Für Frankfurt am Main kann ich sagen: Wir haben eigentlich alle möglichen gesetzlichen Regelungen, die untermauern, dass Frankfurt ein Gebiet mit erhöhtem Wohnungsbedarf … ist.

Weiterhin führt sie aus, was auch der Kollege Schaus schon zitiert hat, nämlich dass in den 30 Jahren der Anwendung des Wohnraumzweckentfremdungsgesetzes in Frankfurt 9.000 Wohnungen aus einer zweckfremden Nutzung für das Wohnen zurückgewonnen worden seien. – Wenn das nicht Nachweis dafür ist, dass das Wohnraumzweckentfremdungsgesetz in Frankfurt gewirkt hat, was soll dann noch Beweis dafür sein?

(Beifall bei der SPD)

Deshalb kann ich es nicht nachvollziehen. Man spürt auch in den Reden, dass offensichtlich Sand im Getriebe zwischen CDU und den GRÜNEN ist. Deshalb ist ein politischer Kompromiss geschlossen worden. Das mag sozusagen unter koalitionshygienischen Gesichtspunkten richtig sein, bezogen auf die Lösung der Probleme in angespannten Wohnungsmärkten aber ist das falsch, und deshalb werden wir – wie wir es auch schon im Ausschuss getan haben – dem Gesetzentwurf der LINKEN zustimmen, weil er zumindest Ideen hat, an denen man weiter arbeiten kann. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Das Wort hat Frau Kollegin Feldmayer für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben hier schon häufiger über den Gesetzentwurf gegen eine Wohnraumzweckentfremdung und gegen Leerstand in Hessen gesprochen. Wir haben auch schon mehrfach diskutiert,

dass wir es uns zu eigen machen, die tatsächlich vorhandenen Probleme lösen zu wollen.

Wenn wir es uns einmal anschauen – wir haben es auch in der Anhörung zu Ihrem Gesetzentwurf gehört, Herr Schaus –, dass in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt wie in Frankfurt eine Leerstandsquote von unter 1 % besteht, dann frage ich mich schon, was Sie an dieser Stelle mit diesem Gesetz wollen. Man muss doch die tatsächlichen Probleme analysieren und dann pragmatisch handeln. Das ist unser Ansatz, Herr Schaus.

(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Es gibt ein Gutachten des IWU – das Institut Wohnen und Umwelt war auch in der Anhörung –, es gibt den Wohnraumförderbericht der Landesregierung von 2016. Darin steht schwarz auf weiß, wie hoch bzw. wie niedrig die Leerstandsquote in den Ballungsräumen ist. Sie ist sehr, sehr niedrig – und genau das ist das Problem.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Hätte man nicht eine so niedrige Leerstandsquote, könnte man diese Gebiete auch nicht als Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt definieren; denn das ist eines der Kriterien. Das Problem, das Sie in Ihrem Gesetzentwurf benennen, existiert so nicht; das muss man leider wirklich sagen.

(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Es ist ein Problem, wenn man zu wenig leer stehenden Wohnraum hat. Die Menschen können nicht umziehen, und das Angebot an Wohnungen ist sehr gering. Dieses Problem gibt es, und auf dieses Problem der wenigen Wohnungen auf dem Markt reagieren wir ja schon in Hessen, etwa mit verschiedenen Förderprogrammen, wie Sie wissen.

Über das andere Problem haben wir gerade gesprochen: Das Problem der Zweckentfremdung haben wir vor allen Dingen in Frankfurt am Main, nämlich mit der Zweckentfremdung als Ferienwohnung. Genau dieses Problem haben wir uns angeschaut, und genau dieses Problem lösen wir.

Noch einmal an DIE LINKE gerichtet: Wir analysieren die Probleme, und wir lösen die Probleme pragmatisch, aber wir machen keine Symbolpolitik, wie es DIE LINKE hier gerne tut.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Das Wort hat der Kollege Caspar für die Fraktion der CDU.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Fraktion DIE LINKE legt uns einen solchen Gesetzentwurf mit ähnlicher Intention immer wieder vor. Wir diskutieren darüber, wir haben jedes Mal die Hoffnung, dass unsere Wortbeiträge dabei helfen, dass Sie die Zusammenhänge verstehen und von solchen Vorhaben absehen.

(Unruhe)

Leider aber ist es wieder nicht der Fall, jetzt ist es so, dass Sie noch nicht einmal zuhören.

(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Sie bringen zwar ein Gesetz ein, aber wenn darüber diskutiert wird, besteht offensichtlich so wenig Interesse, dass man sich lieber untereinander unterhält. Das ist ja in Ordnung, aber das können Sie auch draußen tun.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Ich höre doch zu! – Weitere Zurufe von der LINKEN)

Am besten machen Sie es ganz draußen und verschonen uns zudem von solchen Gesetzesinitiativen, das wäre für die parlamentarische Arbeit auf jeden Fall hilfreich.

Wenn Sie hier aber ein solches Gesetz einbringen, müssen Sie auch zur Kenntnis nehmen, dass wir uns damit auseinandersetzen. Herr Schaus, wenn Sie hier wieder einmal erzählen, das Problem sei die abnehmende Anzahl der Sozialwohnungen: Damit versuchen Sie den Anschein zu erwecken, als hätten Menschen mit geringen Einkommen bei uns keine gute und angemessene Wohnraumversorgung.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Haben sie auch nicht!)

Dazu muss ich Ihnen sagen, dass 80 % der Menschen, die berechtigt wären, eine Sozialwohnung zu mieten, im freien Wohnungsmarkt untergebracht sind.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Weil sie keine Sozialwohnung bekommen!)

Dort bekommen sie Unterstützung durch Wohngeld oder durch andere öffentliche Förderungen, damit sie auch in einer frei finanzierten Wohnung gut wohnen können und nicht abgesondert von anderen Wohnhäusern wohnen müssen, sondern unter den anderen ganz normalen Mietern. Insoweit können Sie doch nicht jedes Mal sagen, weil die Anzahl der Sozialwohnungen abnehme, hätten diese Menschen nicht die notwendigen Wohnungen. Das stimmt doch nicht, aber Sie kommen jedes Mal mit dieser Argumentation.

Als Nächstes sagen Sie, in den Städten, in denen auch Wohnungen gebraucht würden, gebe es erhebliche Leerstände bei Gewerbe- und Büroräumen. Ich habe aber von Ihnen noch nie etwas dazu gehört, was denn der Grund für diese Leerstände sein könnte, Herr Schaus.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Überproduktion!)

Sie sagen „Überproduktion“. In funktionierenden Märkten ist es so, dass es Überproduktion gibt. Das bedeutet aber dann, dass der Konsument – in diesem Fall der Mieter – in der starken Position ist, weil er Auswahlmöglichkeiten hat und zwischen teuren guten Räumen und einfacheren und günstigen Räumen wählen kann. Ich würde mir wünschen, wir würden auch im Wohnungsbereich in die Situation eines leichten Überangebots kommen, mit der Konsequenz, dass Wohnungssuchende die Wahl hätten und überall, wo sie gerne hinziehen möchten, Wohnraum anmieten könnten.

Das haben wir aber nicht. Der Grund dafür ist, dass trotz der veränderten Marktlage noch immer viele Eigentümer von leer stehenden Bürogebäuden nicht bereit sind, diese in Wohnraum umzuwandeln. Wenn Ihr Gesetz durchkäme, wäre das ein weiterer Grund, eine solche Umwandlung nicht vorzunehmen. Wenn Sie sich die Statistik z. B. in Frankfurt am Main anschauen, dann können Sie sehen,

dass zurzeit viel mehr Büroraum in Wohnraum umgewandelt wird als umgekehrt. Wir wollen auch, dass das geschieht; denn ein bestehendes Gebäude in Wohnraum umzuwandeln geht auf jeden Fall schneller, als wenn Sie Wohnungen erst neu bauen müssten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Deswegen ist es natürlich gut, wenn Büroraum in Wohnraum umgewandelt wird. Nur, eines ist doch klar: Wenn Sie den Eigentümern dieser Gebäude vermitteln, sie können es zwar jetzt in Wohnraum umwandeln, aber es in Zukunft nie mehr rückumwandeln, wenn vielleicht eine andere Marktlage da ist, dann trägt das bestimmt nicht dazu bei, diejenigen zu motivieren, jetzt den Büroraum in Wohnraum umzuwandeln. – Genau das wollen wir aber.

Das bedeutet, dass Ihr Gesetzentwurf den Mietwohnungssuchenden schadet; denn er trüge dazu bei, dass es weniger Mietwohnraum gibt. Deswegen lehnen wir ihn ab. Wir haben auch kein Verständnis dafür, dass Sie jedes Mal mit diesem Thema kommen, ohne sich einmal mit den Argumenten zu beschäftigen. Herr Lenders hat hier schon einige Punkte angesprochen, die uns von der Verfassungslage her einschränken würden.

Was natürlich auch zu kritisieren ist bei Ihrem Gesetzentwurf, ist, dass ausgerechnet Ihre Partei mit Ihrer Vergangenheit mit einer solchen Gesetzgebung massiv in die Grundrechte und insbesondere in das Recht auf die Unverletzlichkeit der Wohnung abzielt.