Aber, Frau Wissler, wissen Sie, was Linkspopulismus ist? Dass wir genau denselben Fall, also eine psychische Erkrankung, vor vier Jahren gehabt haben – das ist eine abgeschlossene Petition im Plenum – und dass der Beschluss, nach Sach- und Rechtslage zu entscheiden, von allen Fraktionen im Petitionsausschuss, also auch von Ihnen, beim gleichen Sachverhalt mitgetragen wurde. Das wurde im
Plenum öffentlich verabschiedet. Das bedeutet: Auch Sie haben damals, im November 2013, denselben Sachverhalt
ich habe hier die Protokolle vorliegen; ich werde sie Ihnen auch übergeben, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Linkspartei – im Petitionsausschuss einstimmig verabschiedet, dass es keinen Grund für einen Aufenthaltstitel gibt. Damals haben Sie das mit abgestimmt. Wissen Sie, was der Unterschied ist? – Der Unterschied ist, dass hierüber jetzt etwas in der „Rundschau“ steht. Das ist Populismus, sich dann draufzusetzen.
Die Petition trägt die Nr. 4540/18. Es ist genau dieselbe Person, und es ist genau derselbe Sachverhalt. Sie haben sie damals genauso wie alle demokratischen Fraktionen, wie alle fünf Fraktionen in diesem Hause, abgelehnt. Das ist Fakt. Frau Kollegin Wissler, deswegen rate ich Ihnen: ein geringeres Maß an Schaum vor dem Mund; schauen Sie sich die Sache noch einmal genau an. Bewerten Sie sie noch einmal in Ruhe, und tun Sie nicht bereits nach dem ersten Zeitungsartikel so, als ob Sie alles besser wüssten, was hier schon diskutiert wurde. – Herzlichen Dank.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Janine Wissler (DIE LINKE): Ich habe die Landesregierung gefragt; ich habe nur keine Antwort gekriegt!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich glaube, in der Debatte ist es notwendig, erst darüber zu sprechen, worüber wir heute nicht reden. Wir reden erstens nicht über ein laufendes Petitionsverfahren, das noch im Petitionsausschuss ansteht und dort aus guten Gründen beraten und abgestimmt wird und am Ende ins Plenum kommt. Das könnte frühestens in der nächsten Plenarrunde geschehen. Wir reden zweitens nicht über eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Gießen vom 1. März. Wir reden drittens nicht über eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, ebenfalls vom 1. März dieses Jahres.
Herr Kollege Bocklet, wir reden auch nicht über eine abgeschlossene Petition, die es in der Tat gegeben hat. Dazu hat der Kollege Richtiges gesagt. Das war die letzte Entscheidung der 18. Wahlperiode; bevor wir hier hinausgingen, haben wir über diese Petition abgestimmt. Das Ergebnis war so, wie es Herr Kollege Bocklet beschrieben hat.
Zur Sache, die jetzt ansteht. Die Person, um die es geht, ist vollziehbar ausreisepflichtig. Daran ist überhaupt nichts zu deuteln.
Dennoch steht die Frage an: Wie wird diese Abschiebung vollzogen? Da habe ich überhaupt keine Schuldzuweisung an das Innenministerium, da habe ich Klärungsbedarf. Um das im Petitionsausschuss angemessen beurteilen zu können, muss ich mehr über die konkrete Situation erfahren. Durch die Medienberichterstattung sind ganz viele Fragen aufgeworfen worden, die wir deutlich beantwortet haben müssen. Wie war denn das Zusammenspiel zwischen der Ausländerbehörde vor Ort und der zentralen Ausländerbehörde des Regierungspräsidiums Darmstadt?
Zweitens. Die Medien sagen, er sei aus der Psychiatrie abgeschoben worden. Wie ist er denn aus der Psychiatrie herausgekommen? – Die einen sagen mir, er sei einbestellt worden. Andere sagen, er sei freiwillig gekommen, aber zufällig sei die Polizei da gewesen. Ein paar Dinge sind also zu klären. Herr Minister, vielleicht können Sie es heute klären, es muss aber heute nicht sein. Es wäre aber gut, wenn wir die Informationen im Petitionsausschuss hätten, wegen mir auch ergänzend im Innenausschuss. Aber derzeit liegt die Petition im Petitionsausschuss, und dort wäre die Antwort zu geben.
Was ist da alles im Ablauf passiert? – An der Vollziehbarkeit ist nichts zu deuten. Aber es stellt sich dann die Frage, wie das mit dem Schutz ist, wenn er noch krank ist und sich in der Klinik aufhält – er ist reisefähig, gar keine Frage. Dann muss man mit diesem Thema sorgsamer umgehen, als es offensichtlich in diesem Fall geschehen ist.
Es muss in diesem Zusammenhang auch gesagt werden: Wir klagen nicht darüber, dass es zu viele Ärzte gibt, die sich gerade um diese Menschen kümmern. Ich kenne Herrn Prof. Gallhofer persönlich aus vielen Situationen, in denen es um Abschiebungen ging. Dabei hat er hilfreiche und weiterführende Gutachten erstellt, die den Betroffenen und den Behörden geholfen haben. Ich verstehe überhaupt nicht, dass in einer so angespannten Situation von einem Landkreis gegen diese Person Klage geführt wird. – Ich danke Ihnen.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich mit ein paar grundsätzlichen Bemerkungen beginnen, bevor ich auf den konkreten Fall zu sprechen komme.
In unserem Land hat jeder das Recht, einen Antrag auf Asyl zu stellen. Im Rahmen dieses Verfahrens kann jeder seine individuellen Asylgründe vortragen. Jeder Antrag wird genau geprüft, und jede Entscheidung ist gerichtlich überprüfbar. Wird kein Schutzstatus zugesprochen, ist die
Konsequenz, dass die Betroffenen unser Land wieder verlassen müssen. Dieser Grundsatz muss durchgesetzt werden; denn es gehört zum Wesen eines Rechtsstaates, dass geltende Gesetze und wirksam getroffene Entscheidungen auch bindend sind.
Bei der Durchsetzung der Ausreisepflicht bedeutet das im Einzelfall auch eine zwangsweise Abschiebung. Ich sage ausdrücklich: im Ausnahmefall, als Ultima Ratio, als letztes Mittel. Wir setzen ausdrücklich auf die freiwillige Ausreise. Das belegen auch die Zahlen. Im Jahr 2016 stehen 6.100 freiwilligen Ausreisen 1.700 Abschiebungen gegenüber. In diesem Jahr sind es bis Anfang März 380 freiwillige Ausreisen gegenüber 175 Abschiebungen.
Für Personen, die sich Hoffnungen gemacht haben, in Deutschland bleiben zu können, und dann aufgefordert werden, unser Land wieder zu verlassen, ist das selbstverständlich eine hoch emotionale Situation. Das ist doch vollkommen klar. Das steht außer Frage. Natürlich hegen viele Betroffene den Wunsch, hier ein dauerhaftes Bleiberecht zu erhalten. Dem kann aber nur entsprochen werden, wenn entsprechende Asylgründe vorgetragen werden. – So viel zum Grundsätzlichen.
Jetzt möchte ich noch ein paar Punkte ansprechen, die den konkreten Fall betreffen. Der Betroffene war seit längerer Zeit ausreisepflichtig. Das wusste er, und das wusste auch sein Umfeld. Sein Asylverfahren ist bis hin zum Bundesverfassungsgericht überprüft und abschlägig beschieden worden. Herr Roth, Sie haben eben gesagt, das spiele für den Sachverhalt keine Rolle. Ich sehe das anders. Das sind Fakten, die man in diesem Fall auch betrachten muss.
In dem vorliegenden Fall liegt noch ein Gerichtsbeschluss des Verwaltungsgerichts Gießen vom 1. März vor, in dem noch einmal sehr ausdrücklich auf die Ausreisepflicht hingewiesen wird.
Es wurde aber nicht nur dort darauf hingewiesen, sondern auch im Januar 2017, im Dezember 2014 und auch im März 2013 wurde das unanfechtbar so entschieden. Es war also schon lange bekannt, dass eine Ausreisepflicht besteht.
Frau Wissler hat eben vorgetragen, es sei eine Abschiebung aus der Klinik erfolgt; er sei ins Landratsamt bestellt worden. – Ich persönlich finde, man sollte mit solchen Äußerungen vorsichtig sein, wenn man den Sachverhalt im Detail noch nicht kennt.
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Janine Wissler (DIE LINKE): Warum war die Polizei da?)
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der LINKEN – Glockenzei- chen des Präsidenten)
Die Initiative, das ist in der Zeitung auch zu lesen, zu diesem Termin ging nicht von der Behörde aus. Es ging darum, dass das Klinikum die Kostenerstattung geregelt haben wollte und der Betroffene Taschengeld haben wollte. Aus diesem Grund gab es diese Terminvereinbarung. Das ist schon ein wesentlicher Punkt.
Offensichtlich konnte der Betroffene die Klinik, in der er stationär untergebracht war, auch verlassen, und zwar ohne ärztliche Begleitung.
Darin wurde die Frage aufgerufen, warum die Atteste nicht vorher vorgelegt worden sind. Er hat von sich aus die Behörden nie darüber informiert.
Einem muss ich auch ganz klar widersprechen. Herr Kollege Rentsch hat das in der Debatte am 24. November sehr klar und sehr richtig herausgearbeitet: Eine Klinik – im damaligen Fall ging es um eine Schule – ist kein rechtsfreier Raum. Er hätte auch, wenn er die Klinik verlassen hätte, aufgegriffen und abgeschoben werden können.
Nach allem, was wir wissen, sehe ich erst einmal keinen Grund, an der Rechtmäßigkeit dieser Rückführung zu zweifeln.
Jetzt möchte ich noch zwei Punkte zu den LINKEN sagen. Erstens formulieren Sie in der Überschrift Ihres Antrags zur heutigen Aktuellen Stunde, dass Abschiebungen „unmenschlich“ durchgeführt werden. Ich will das ausdrücklich und mit aller Vehemenz zurückweisen. Ich finde das, ehrlich gesagt, auch unredlich.
Frau Faulhaber, jetzt komme ich zu Ihnen. Sie haben sich in der Presse mehrfach zu diesem Fall geäußert – ich weiß, es interessiert Sie nicht, Sie unterhalten sich gerade sehr intensiv. In der letzten Woche gab es zwei nicht öffentliche Sitzungen, in denen dieser Fall besprochen wurde. Frau Faulhaber, es wäre gut, wenn Sie heute mitteilen würden, ob Sie sich in diesen Sitzungen zu Wort gemeldet haben, ob Sie Fragen hatten oder sich in irgendeiner Art und Weise geäußert haben.
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Janine Wissler (DIE LINKE): Ich habe im Innenministerium nachgefragt!)