Protokoll der Sitzung vom 04.05.2017

Herr Kollege Rock, immer wieder diese Debatte um Strompreise und das EEG. Ich finde es eine absurde Situation.

(René Rock (FDP): Ich auch! Das muss weg!)

Die Situation ist so, Herr Kollege Rock: Unser Strom wird immer klimafreundlicher, immer sauberer. Gleichzeitig wird er mit immer höheren Umlagen und Abgaben belegt. Fossile Energien sind dagegen klimaschädlich, bleiben aber genauso günstig. Das ist eine absurde Situation, die verändert werden muss. Deswegen müssen wir über CO2Abgaben nachdenken, Herr Kollege Rock, statt über Kohlekraftwerke und darüber, das EEG abzuschaffen. Genau das ist der falsche Weg. Er führt weiter in die Klimakatastrophe.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – René Rock (FDP): Das EEG ist mittlerweile ein Bürokratiemonster!)

Deswegen finden wir als GRÜNEN-Fraktion die Düsseldorfer Erklärung von Tarek Al-Wazir und anderen grünen Ministern richtig. Es gibt einen klaren Abschaltplan, aber er ist sozial verträglich gemacht. Es lohnt sich, ihn näher anzuschauen, wenn Sie sich einmal dafür interessieren würden, Herr Kollege Rock. Darin sind CO2-Budgets gefordert. Da werden CO2-Mindestpreise gefordert.

(René Rock (FDP): Ich habe ihn gelesen!)

Das ist schön. Dann haben Sie auch gemerkt, dass das Verbot von neuen Kohlekraftwerken darin steht, das Abschalten der 20 ältesten Kohlekraftwerke bis 2020 und auch ein Fonds für Strukturentwicklung.

Wie ist denn Ihr Plan für den Kohleausstieg? Sie sagen immer wieder, was Sie alles nicht wollen. Sagen Sie heute einmal, was Sie wollen. Kohlekraft? Wie wollen Sie die Klimaschutzziele erreichen? Sie verschließen davor die Augen. Sie haben keine Lösung für dieses Problem anzubieten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Frau Kollegin Dorn, Sie denken an die Redezeit?

Ja, ich denke an die Redezeit. – Ich möchte noch ein paar persönliche Worte an meinen Kollegen Peter Stephan verlieren – nicht verlieren, sondern sie ihm widmen.

Lieber Peter, ich möchte mich bedanken für viele Jahre vertrauensvolle Zusammenarbeit. Ich hätte nicht gedacht, dass wir einmal so gut und konstruktiv zusammenarbeiten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Peter Stephan (CDU): Ich auch nicht!)

Es war auch nicht immer einfach. Aber es war immer – davor habe ich Hochachtung – an Lösungen orientiert. Ich weiß, du bist ein Mensch und ein Politiker, der für seine Sache brennt, der wie ein Löwe kämpft, gerade wenn es um die Belange des ländlichen Raums geht, der um seine Themen kämpft. Was dich immer ausgezeichnet hat: entweder ganz oder gar nicht, immer mit vollem Einsatz und auch die anderen im Blick. So, wie du gerade gehst, mit Rücksicht auf andere, mit dem Wissen, dass du mit voller Kraft da sein wirst, das bist genau du, das ist typisch für dich. Wir werden dich vermissen, auch als feiner Mensch. Danke für die gemeinsame Zeit.

(Lebhafter Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, der CDU und der FDP – Beifall bei Abgeord- neten der SPD)

Vielen Dank, Kollegin Dorn. – Das Wort hat Herr Abg. Timon Gremmels, SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Für die SPD-Fraktion ist klar: Wir stehen zur Energiewende. Wir haben immer gesagt: Der notwendige nächste Schritt nach dem Atomausstieg ist der schrittweise Ausstieg aus der fossilen Energie und damit auch aus der Kohlekraft. Dazu stehen wir nach wie vor.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der LIN- KEN)

Aber wir machen das so wie das Klöße-Essen: einen nach dem anderen. Deswegen werden wir erst einmal daran arbeiten, dass 2022 das letzte Atomkraftwerk vom Netz gehen wird. Dann werden wir uns dem Ausstieg aus der Kohlekraft widmen. Das ist schrittweise und sinnvolle Umsetzung von Energiepolitik. Das sage ich gerade auch in Richtung der GRÜNEN – nacheinander und nicht alles parallel und überstürzt, liebe Kollegen von den GRÜNEN.

(Marcus Bocklet (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aussitzen!)

Darauf habe ich nur gewartet. Danke, Herr Bocklet. „Aussitzen“. – Ich habe mir den Koalitionsvertrag von Rheinland-Pfalz angeschaut, wo die SPD die Regierungschefin stellt. Juniorpartner sind die GRÜNEN und die FDP. Ich habe geschaut, was darin zum Thema steht. Herr Bocklet sagte, wir würden es aussitzen. Aber – jetzt zitiere ich aus dem Koalitionsvertrag aus Rheinland-Pfalz –:

Die Koalitionspartner halten am Ausstieg aus der Atomkraft fest und wirken auf den anschließenden Ausstieg aus der Kohlekraft hin.

Das haben SPD, GRÜNE und FDP beschlossen. Dazu braucht es halt eine SPD-geführte Landesregierung, um solch fortschrittliche Politik zu machen.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Leider müssen wir in Hessen bis 2019 darauf warten, dass wir unter Führung eines SPD-Ministerpräsidenten die GRÜNEN und die FDP auf den richtigen Pfad in der Energiepolitik führen. Das wird unsere Aufgabe sein, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wenn Sie jetzt nicht lachen müssten, wäre es okay!)

Ich finde es schon spannend, wenn ich den besagten Koalitionsvertrag aus Rheinland-Pfalz zitiere und sehe, dass die grüne Umweltministerin aus Rheinland-Pfalz auch nach Düsseldorf fährt und dort fordert, dass wir 20 Kohlekraftwerke bis 2020 abschalten. In Rheinland-Pfalz das eine machen, in Düsseldorf das andere sagen, das ist Populismus, das ist Wahlkampfrhetorik pur.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Nun kann man wenigstens sagen, die GRÜNEN in Rheinland-Pfalz haben eine Haltung zum Thema. Ich habe geschaut, was die GRÜNEN im Koalitionsvertrag mit der CDU in Hessen zum Thema Kohle vereinbart haben. Es gibt eine schöne Suchfunktion, da gibt man oben „Kohle“ ein und erhält null Treffer. „Kohlekraft“ – null Treffer, „Kohleausstieg“ – null Treffer.

(Norbert Schmitt (SPD): Null!)

Es gibt in Ihrem schwarz-grünen Koalitionsvertrag zum Thema Kohleausstieg null, njet, nichts, gar nichts.

Frau Dorn, da brauchen Sie sich nicht hinzustellen und große Reden zu schwingen, da braucht Herr Al-Wazir in Düsseldorf nicht „20 Kohlekraftwerke weniger bis 2020“ zu fordern, wenn Sie in Hessen – da, wo Sie regieren – überhaupt nichts liefern.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Sonst beschließen wir hier doch bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit, sonst bekommen wir von Schwarz-Grün irgendwelche Anträge auf den Tisch, mit denen wir Formulierungen aus Ihrem Koalitionsvertrag absegnen sollen. Kein Wunder, dass Sie hier nichts vorliegen haben, denn im Koalitionsvertrag steht dazu gar nichts.

Sie haben versucht, das auszuklammern, indem Sie in Ihrem Koalitionsvertrag auf den Energiekonsens in Hessen verweisen. Energiegipfelbeschlüsse wollen Sie umsetzen, steht in Ihrem Koalitionsvertrag. Gut, ich habe einmal den Beschluss zum Thema „Fossile Energien“ des Hessischen Energiegipfels herausgesucht – es ist ja schon ein Weilchen her, 2011. Dort steht:

Hinsichtlich des Aus- und Weiterbaus von Kohlekraftwerken besteht zwischen den Teilnehmern des Hessischen Energiegipfels kein Konsens. … Der Energiegipfel empfiehlt: … Schließung der ausstiegsbedingten Lücken in der Energieversorgung

damit ist die Atomkraft gemeint –

durch konventionelle … Kohlekraftwerke modernster Technologie.

Darauf verweisen Sie in Ihrem schwarz-grünen Koalitionsvertrag.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Hört, hört!)

Ich fasse also zusammen: Die GRÜNEN in Hessen sind für den Ausbau moderner Kohlekraftwerke. Eine andere Meinung äußern Sie nicht.

(Zuruf der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Dann gehen Sie nach vorn, und erläutern Sie mir, wo ich das in Ihrem tollen Koalitionsvertrag finde. Nichts dazu. Insofern sage ich Ihnen: Das ist wahlkampfbedingte Rhetorik. Sie sind Ihrem grünen Minister beigesprungen, weil es in NRW für die GRÜNEN nicht gut aussieht. Das ist Populismus. In Hessen liefern Sie gar nichts.

(Zuruf der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Beweisen Sie mir das Gegenteil, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben gesagt: Es ist eine schwierige Aufgabe – gerade auch für die SPD, weil wir auch die Partei derjenigen sind, die im Bergbau arbeiten, und weil es in NRW viele Kumpel gibt, die SPD-Mitglied sind. Es ist eine Herausforderung, die Energiewende hinzubekommen.

(Zuruf der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Die Bundesregierung hat eine Kommission eingerichtet, die im Jahr 2018 tagen soll, um zusammen mit allen Beteiligten, auch mit den Länderministern, einen Weg für den Strukturwandel in diesem Industriezweig zu beschreiten. Bevor Sie populistische Reden in Düsseldorf halten, Herr Al-Wazir, bringen Sie sich doch in diese Arbeitsgruppe ein, und geben Sie Butter bei die Fische.

(Beifall bei der SPD – Lachen der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich möchte mich abschließend, wie es auch die Kollegen getan haben, bei dem Kollegen Stephan bedanken für die spannende Zusammenarbeit. Ich habe einen Wandel bei ihm wahrgenommen, das meine ich zumindest. Sie sind – das gestehe ich Ihnen zu – in Ihrer Fraktion einer der redlichen Kämpfer für die Energiewende. Das ist nicht immer einfach. Gerade wenn ich in den Rheingau-Taunus-Kreis blicke oder anderswohin, stelle ich fest, dass Sie es auch nicht immer leicht haben. Ich hoffe, Herr Stephan, dass Ihr bevorstehendes Ausscheiden nichts damit zu tun hat, dass am Wochenende auf dem CDU-Parteitag in Bezug auf die Energiewende ein Rollback droht.