Protokoll der Sitzung vom 04.05.2017

Ich möchte mich abschließend, wie es auch die Kollegen getan haben, bei dem Kollegen Stephan bedanken für die spannende Zusammenarbeit. Ich habe einen Wandel bei ihm wahrgenommen, das meine ich zumindest. Sie sind – das gestehe ich Ihnen zu – in Ihrer Fraktion einer der redlichen Kämpfer für die Energiewende. Das ist nicht immer einfach. Gerade wenn ich in den Rheingau-Taunus-Kreis blicke oder anderswohin, stelle ich fest, dass Sie es auch nicht immer leicht haben. Ich hoffe, Herr Stephan, dass Ihr bevorstehendes Ausscheiden nichts damit zu tun hat, dass am Wochenende auf dem CDU-Parteitag in Bezug auf die Energiewende ein Rollback droht.

(Klaus Peter Möller (CDU): Nein, droht nicht!)

Das hoffe ich nicht. Ich hoffe, Ihr Wirken wird in der CDU über Ihr Ausscheiden aus dem Landtag hinaus Bestand haben. Ich danke Ihnen für die Zusammenarbeit. Sie war mitunter streitbar, aber das macht es ja auch aus. Ich wünsche Ihnen persönlich für Ihre Zukunft alles Gute. Glück auf.

(Beifall bei der SPD, bei Abgeordneten der CDU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Vielen Dank, Kollege Gremmels. – Das Wort hat Frau Abg. Schott, Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Worüber debattieren wir hier eigentlich?

(Norbert Schmitt (SPD): Gute Frage!)

Über den Wahlkampf im Nachbarland? Über den Auftritt eines hiesigen Ministers dort? Über ein Papier, das besagt, die Zeit sei reif für den Kohleausstieg, und das er als Minister unterschrieben hat? Oder sprechen wir über den Kohleausstieg in Hessen und darüber, was getan werden muss? Ich bin mir nicht ganz sicher, worum es hier eigentlich geht.

(Beifall bei der LINKEN)

Sollte es um dieses Papier gehen, das der hessische Minister mit unterschrieben hat, kann ich nur sagen: Ich hoffe, dass er das als Minister unterschrieben hat und dass die CDU hinter diesem Minister steht. Ich hoffe, dass das hier in Regierungshandeln endet.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf des Abg. Gerhard Merz (SPD))

Ich hoffe, dass Sie sich darin einig sind, dass wir diesen Kohleausstieg brauchen. Ich finde es überaus bedauerlich, dass es offensichtlich immer noch Menschen gibt, die hinter all dem, was uns Wissenschaftler, Klimaforscher und Klimabeobachter seit Jahren aufschreiben und mitteilen, zurückbleiben – trotz aller Fakten – und die zögerlich und ängstlich sagen: Wir machen das gar nicht. Wir machen eins nach dem anderen. Wir machen es irgendwann.

Wann, bitte, ist „irgendwann“? Wir haben uns verpflichtet. Wir sind – Gott sei Dank – in Verträgen verhaftet, im Pariser Abkommen. Wir sind verpflichtet, weil wir das uns und unseren Kindern schuldig sind. Wir brauchen nicht mehr über Wirtschaft nachzudenken, wenn wir in eine Situation kommen, in der wir hier langsam, aber sicher Atemnot bekommen.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Wir sollten in Hessen unmittelbar damit beginnen, an dieser Stelle anzupacken, was wir anpacken können. Dazu steht mir persönlich in diesem Papier viel zu wenig drin.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn wir uns die Aufgabe vom Ende her anschauen, heißt das Ziel 2040. Bis dahin muss der CO2-Ausstoß in den Industrienationen gegenüber 1990 um 95 % reduziert werden. Das lässt sich aus dem Pariser Abkommen ableiten, das sagen die Umweltschutzverbände, das sagen alle Wissenschaftler. Wenn wir das tun wollen, dann ist jedes Kohlekraftwerk, das wir noch betreiben, ein Bremsklotz für diese Energiewende.

(Beifall bei der LINKEN)

Die deutschen Braunkohle- und Steinkohlekraftwerke verursachen aktuell knapp 80 % der gesamten Energieemissionen des Stromsektors. Wenn wir da nicht herangehen, und zwar zügig, dann werden wir den Zeitpunkt verpasst haben, zu dem wir es noch schaffen könnten, unsere ge

setzten Klimaziele zu erreichen. Es ist nicht fünf vor zwölf, sondern längst fünf nach zwölf.

Das Kohlekraftwerk Staudinger muss nach den Berechnungen des WWF vom Januar dieses Jahres bereits bis 2023 stillgelegt werden. Aufgabe der Landesregierung ist es, für dieses Kraftwerk in Hessen bis 2023 einen sozial verträglichen Strukturwandel einzuleiten. Wo ist er konkret? Bitte, Herr Minister,

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich bin hier!)

tragen Sie Ihren Teil dazu bei, dass das passiert und dass es an dieser Stelle endlich losgehen kann. Halten Sie sich nicht zurück, sondern gehen Sie vorwärts.

(Beifall bei der LINKEN)

An die CDU kann ich nur appellieren: Gehen Sie mit Ihrem Minister mit. Dass die FDP dabei kleinlich rückwärtsgewandt gegen Windräder anrennt und immer wieder sagt, die Welt gehe unter, wenn wir die Kohle abschalten, kennen wir schon, aber das sollte doch nicht unser Thema sein.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Nein!)

Unser Thema sollte sein: Wie gelingt der Strukturwandel? Was müssen wir jetzt tun? Wir brauchen einen Stufenplan. Wir müssen ihn angehen und dafür Sorge tragen, dass die Menschen, die in diesem Bereich arbeiten, auch weiterhin Arbeit finden.

Arbeit wird vorhanden sein, denn wir brauchen ja weiterhin Energie, müssen weiterhin Energie produzieren. Wir müssen sie ökologisch sauber produzieren und sehen, dass wir jetzt an dieser Stelle den Umstieg hinbekommen und die notwendigen Vorbereitungen treffen. Dafür braucht es Ideen, braucht es Geld und braucht es Know-how. Um das anzugehen, braucht es aber vor allem den politischen Willen und politischen Mut.

(Beifall bei der LINKEN)

An dieser Stelle denke ich, wir sollten froh sein, wenn wir in die Situation kommen, voranzugehen. Dass Hessen an dieser Stelle vorangeht, wäre der Zeitpunkt, um zu beweisen, dass wir ein fortschrittliches und – sage ich an dieser Stelle noch einmal – modernes Industrieland sind und nicht rückwärtsgewandt. Wir setzen nicht auf Kohle.

Wir haben nicht nur diese eine Kohle-Baustelle im Land. Wir haben noch viele Kraftwerke, die viel zu viel CO2 emittieren. Daran müssen wir endlich arbeiten. Staudinger ist ein Schritt, es gibt aber noch viel mehr. Deswegen gibt es wirklich viel zu tun. Wir haben neulich ausführlich über den Klimaschutzplan gesprochen, der meiner Meinung nach viel zu kurz greift und noch viel zu unambitioniert ist.

An dieser Stelle also: vorwärts im Sinne des Klimawandels. Wir müssen stoppen und dafür Sorge tragen, endlich in die richtige Richtung weiterzugehen. Wir dürfen nicht – wie die FDP – zögerlich und rückwärtsgewandt sein. Ich hoffe, die CDU ist diesmal nicht dichter bei der FDP, als sie es sonst manchmal ist. Wir sollten deswegen sehen, dass wir dem Minister an dieser Stelle den Rücken stärken.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schott. – Das Wort hat Herr Abg. Peter Stephan. Peter, bitte, du hast das Wort.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hochverehrter Herr Präsident, ebenso hochverehrte Kolleginnen und Kollegen hier im Saal! Wenn ich jetzt einmal ein bisschen vorgreifen darf: Ich glaube, das ganze Spiel geht heute 4 : 1 aus, 4 : 1 für die Klimawende.

Ich kann es auch anders ausdrücken: Es sind irgendwie 100 gegen einige wenige Punkte. Ich habe das jetzt einmal mit einem Basketballspielergebnis dargestellt.

Kolleginnen und Kollegen, die Beiträge, die wir eben gehört haben, zeigen doch, dass wir eigentlich alle den Klimaschutz für notwendig und wichtig halten. Ich glaube, das eine Gegentor ist vielleicht auch ein bisschen ein Eigentor. Denn ich unterstelle den Mitgliedern der FDP nicht, dass sie sich gegen die Bekämpfung des Klimawandels aussprechen. Vielmehr haben auch sie durchaus ein Interesse daran, dass wir weiterhin in einer intakten Welt mit einem intakten Klima leben.

Herr Kollege Rock, Hinweise zu der Frage: „Wofür steht die CDU in Hessen beim Thema Kohle?“, finden Sie im Integrierten Klimaschutzplan Hessen 2025. Herr Kollege Rentsch hat vor etwa elf Monaten meine Kollegen im Parlament aufgefordert, wir mögen doch einmal den Klimaschutzplan lesen. Schauen Sie sich die Protokollnotiz an.

Herr Rock, ich sage: Hätten Sie es gelesen, dann wüssten Sie, wie wir dazu stehen. Beispielsweise steht beim Energieumwandlungssektor die Reduktion des CO2-intensiven Brennstoffes Kohle im Vordergrund. Das steht dort. Das wird von allen Mitgliedern der Regierung Bouffier mitgetragen. Es wird von den Mitgliedern der beiden Koalitionsfraktionen mitgetragen. Da steht dann auch etwas über Energieeffizienzprozesse, über CO2-arme Brennstoffe und all die Dinge, die es da gibt.

Es gibt unter den Maßnahmen eine prioritäre, die da lautet – da erzähle ich Ihnen auch wieder, wo die hessische CDU steht –:

Die Hessische Landesregierung unterstützt Initiativen des Bundes, den Kohleausstieg so schnell wie möglich voranzubringen. Dies soll unter Berücksichtigung von sozialen, ökonomischen und energiewirtschaftlichen Aspekten geschehen, damit das langfristige Ziel der Dekarbonisierung in der Energiewirtschaft erreicht werden kann

Kolleginnen und Kollegen, das ist die Position, die wir vertreten. Sie ist nachlesbar. Das hätte Ihnen vielleicht geholfen, diese Aktuelle Stunde zu vermeiden. Ich danke Ihnen trotzdem. Das gibt mir die Gelegenheit, noch einmal zu dem für mich wichtigen Thema Klimaschutz zu sprechen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN)

Keine Kleinmütigkeit, sondern Mut. Wir gehen in Deutschland den Weg der Energiewende. Herr Rentsch hat gestern ausgeführt – so habe ich das verstanden –, dass wir in Hessen und in Deutschland eine starke Wirtschaft ha

ben. Er hat aber auch darauf hingewiesen, dass es Faktoren gibt, die wir beobachten müssen, um diese starke Wirtschaft nicht zu gefährden.

Schauen wir doch einmal in andere Länder. Vergleichen wir uns doch einmal mit anderen Ländern, die keine Energiewende haben und die keinen Klimaschutz betreiben. Schauen wir einmal, wie es dort mit der Beschäftigung aussieht. Wie sieht es dort mit der Arbeitslosigkeit aus? Wie sieht es dort mit dem Staatseinkommen aus? Seit dem Jahr 2011 betreiben wir intensiv die Klimawende. Seit dieser Zeit geht es Hessen und Deutschland wirtschaftlich nicht schlechter. Das Gegenteil ist der Fall. Es geht uns viel besser.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE))

Kolleginnen und Kollegen, Unternehmen sind dynamisch. Sie wissen, wie man auf Herausforderungen reagiert. Heute Morgen weiht Frau Bundeskanzlerin Merkel gemeinsam mit der Ministerpräsidentin aus Norwegen in Grevenbroich die Veredelungsstraße eines Aluminiumwerks ein. Wir alle wissen, dass die Produktionsverfahren für Aluminium sehr energieintensiv sind. Das Beispiel zeigt doch, dass auch in Deutschland solche innovativen Prozesse greifen. Wir können auch in Deutschland weiterhin energieintensive Unternehmen haben.

Ich gestehe zu: Es gibt viele Risiken. – Aber es gibt gute Beispiele. Ich möchte da den Internetknoten in Frankfurt nennen. Dass diese in Hessen sind, ist das Beste, was uns passieren kann. Aber das gibt es auch in Deutschland. Ich glaube an dieser Stelle können wir tatsächlich eine Reihe an Qualitäten in die Waagschale werfen.

Ich habe in dem Beitrag, den ich geschrieben habe, scherzhaft formuliert: