Diese Kampagne sollte auch deutlich machen, dass die Regierung und die Politik insgesamt – und dazu sind wir als Fraktionen im Landtag natürlich auch aufgefordert – ausdrücklich für die Inanspruchnahme von Weiterbildung und Bildungsurlaub werben. Nach unserer Auffassung gibt es nämlich immer noch zu viele Betriebe und Arbeitgeber, die das gar nicht so gern sehen, wenn ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Bildungsurlaub beantragen. Das hält natürlich auch viele davon ab, einen solchen Bildungsurlaub in Anspruch zu nehmen, was sich sicherlich auch negativ auf die Zahlen auswirkt.
Wie ich auch schon im Ausschuss deutlich gemacht habe, bitten wir noch einmal um Auskunft, ob es Vergleichswerte aus anderen Bundesländern gibt, jedenfalls auch darüber, ob in den anderen Bundesländern oder beim Bund Studien verfügbar sind, wie ich sie eben gerade beschrieben habe. Wenn ja, kann ich mir vorstellen, dass das auch für Hessen erhellend wäre.
Ich möchte noch zwei oder drei Sätze zum vorliegenden Gesetzentwurf sagen. Die künftige Einbeziehung von Auszubildenden in den Bildungsurlaubsanspruch für Ehrenamtsschulungen ist aus unserer Sicht durchaus ein Schritt in die richtige Richtung, um dem Nachwuchsmangel, den ich gerade auch im Ehrenamtsbereich beschrieben habe, entgegenzutreten.
Auch der von Ihnen angestrebte Lohnkostenzuschuss für Kleinst- und Kleinunternehmen zur Förderung der Teilnahme dortiger Beschäftigter könnte ein Beitrag sein, die Teilnahme an solchen Veranstaltungen zu erhöhen. Man wird es sehen.
Die Experimentierklausel ist, so glaube ich, in sich verändernden Zeiten für uns selbstverständlich.
Sie haben ja eine Regierungsanhörung durchgeführt. Es gibt da nur eine komplette Ablehnung. Sie kommt vom Verband der hessischen Unternehmer. Ich glaube, das wundert uns in diesem Hause gemeinsam nicht, dass sie dem ablehnend gegenüberstehen.
Deshalb will ich das auch gar nicht weiter kommentieren. Daneben gibt es auch grundsätzliche Zustimmung. Es gibt aber auch zahlreiche Änderungsvorschläge, unter anderem vom Deutschen Gewerkschaftsbund, vom VdK, von Sozialverbänden, aber auch von den kirchlichen Trägern. Hierzu will ich der Einfachheit halber auf die uns vorliegende Synopse verweisen.
Bei dieser Gelegenheit – Herr Minister, Sie haben das eben selbst angesprochen – will ich diesen Punkt auch noch einmal hervorheben: Es gibt ein Ihnen vorliegendes Schreiben der SGK Hessen, in dem diese nicht nur vorschlagen, sondern das auch sehr dezidiert begründen, warum es sinnvoll ist, auch die etwa 10.000 in Hessen ehrenamtlich kommunalpolitisch tätigen Bürgerinnen und Bürger künftig in die Bildungsurlaubsarbeit einzuschließen.
Wenn man die Ortsvereine dazunimmt, dann sind es wahrscheinlich sogar um die 20.000 Bürgerinnen und Bürger, die sich engagieren. Es gibt viele gute Gründe, dies zu tun, nicht der Gleichstellungsgedanken wegen, sondern auch weil wir gerade auf dieser Ebene der Politik zunehmend feststellen müssen, dass es immer schwerer wird, Menschen zu gewinnen, die sich ehrenamtlich politisch engagieren, zumindest auf den unteren Ebenen in den Gemeinden. Auch dem gilt es im Interesse eines intakten Gemeinwesens entgegenzuwirken.
Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. – Aus all den vorgenannten Gründen sollten wir den Gesetzentwurf nicht übers Knie brechen, sondern uns entsprechend Zeit nehmen. Deshalb darf ich für meine Fraktion an dieser Stelle schon eine mündliche Anhörung im Ausschuss beantragen. Dann können sich auch die noch dazu äußern, die bisher wegen der knappen Fristen keine Zeit hatten, Stellung zu nehmen. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Für jemanden wie mich, der bereits in den Siebzigerjahren gewerkschaftliche Jugendbildungsarbeit mit organisiert
Mit der Vorlage des Gesetzentwurfs nimmt die Hessische Landesregierung wichtige Impulse aus dem Evaluationsprozess der vergangenen Jahre auf und verbessert die gesetzlichen Voraussetzungen, um die Zugänge zur Weiterbildung zu erleichtern. Dies begrüßen wir ausdrücklich.
Die Entwicklung des hessischen Bildungsurlaubsgesetzes, das zunächst ausschließlich den Bereich der politischen Bildung umfasste, dann später auf die berufliche Bildung erweitert wurde, soll nun in einem dritten Schritt die Fortbildung zur Wahrnehmung eines Ehrenamts von Auszubildenden umfassen. Diese Ausweitung im Gesetz begrüßen wir auch. Sie ist eine sinnvolle Erweiterung, sofern die Kernbereiche politische Bildung und berufliche Weiterbildung dadurch nicht zurückgedrängt werden.
Ich zitiere Sie, Herr Minister Grüttner, aus dem jüngst vorgelegten Erfahrungsbericht der Landesregierung über die Durchführung des hessischen Bildungsurlaubsgesetzes von 2011 bis 2014, in dem Sie auf Seite 45 unter Resümee Folgendes schreiben:
Durch die explizite Verknüpfung der beruflichen und gesellschaftspolitischen Bildung im Bildungsurlaub bietet der Bildungsurlaub neben der Vermittlung von Fachwissen und sozialen Schlüsselkompetenzen eine gezielte gesellschaftspolitische Reflexion und somit die Kompetenz, die eigene Situation in dem sich verändernden gesellschaftspolitischen Kontext einzuordnen und zu reflektieren.
Wenn es also bisher bei der Vermittlung von beruflichem Fachwissen auch wichtig war, auf die Situation der betroffenen Arbeitnehmer zu blicken und dazu einen Diskussionsraum im Bildungsurlaub anzubieten, dann muss dieser Anspruch zukünftig auch z. B. für Bildungsurlaube für ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe Tätige in der Form gelten, dass dort neben der fachspezifischen Fortbildung auch Diskussionsraum für die Ursachen von Flucht und Vertreibung eingeplant wird. Das ist selbstverständlich.
Da beziehe ich mich gerne auf Sie und Ihre Aussage, Herr Minister. Ich halte es deshalb für angezeigt, für Schulungen zur Wahrnehmung des Ehrenamtes einen erweiterten Politikbegriff unter Berücksichtigung des Lebens- und Arbeitsalltags der Menschen in diese Bildungsurlaube explizit mit aufzunehmen.
Wir unterstützen deshalb den dazu gemachten Vorschlag der Arbeitsgemeinschaft Arbeit und Leben, „die gesamtgesellschaftliche und politische Bedeutung der im Zentrum stehenden Aktivitäten und Aktionen des betreffenden Ehrenamtes“ in den Mittelpunkt zu stellen. Dies ergibt sich für mich zwangsläufig aus der Historie des hessischen Bildungsurlaubsgesetzes.
Nach dem neuen § 9 sollen Kleinbetrieben mit bis zu 20 Beschäftigten auf Antrag bis zu 50 % der Lohnkosten erstattet werden. Dies soll für Veranstaltungen sowohl der politischen Bildung als auch der beruflichen Weiterbildung
gelten. Wir sehen in dieser Regelung durchaus eine Chance, Beschäftigten aus Kleinbetrieben, die das Bildungsurlaubsgesetz bisher kaum in Anspruch nehmen, die Teilnahme an der politischen Bildung zu erleichtern.
Allerdings birgt die Erstattung des Arbeitsentgelts immer dann die Gefahr einer verdeckten Subventionierung, wenn es sich um Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung handelt, die im Interesse des Arbeitgebers liegen. Betriebe können in diesem Fall das Bildungsurlaubsgesetz für erwünschte berufliche Weiterbildungsmaßnahmen ihrer Beschäftigten, die sie allerdings selbst finanzieren müssten, nutzen, um sich darüber hinaus Teile des Arbeitsentgelts erstatten zu lassen. Wir schlagen daher vor, die anteilige Erstattung des Arbeitsentgelts lediglich auf Maßnahmen der politischen Bildung zu beschränken.
Wir regen zudem an, dass bildungsinteressierte Menschen, deren finanzielle Lage aufgrund ihrer sozialen Lebens- und Arbeitssituation eine Teilnahme an Bildungsurlauben üblicherweise nicht ermöglicht, ebenfalls einen Zuschuss zu den anfallenden Seminarkosten erhalten können. Das wäre dann ins Gesetz aufzunehmen.
Mit § 12 Abs. 1 soll die Möglichkeit eröffnet werden, Bildungsveranstaltungen auf drei Tage zu verkürzen. Wir begrüßen diese Ausnahmeregelung. Die zeitliche Öffnung erleichtert es vor allem Frauen mit Kindern, die oft nicht eine ganze Woche lang abkömmlich sind, an einer Bildungsveranstaltung teilzunehmen. Allerdings darf dies nicht zu einer langfristigen Verkürzung des Gesamtanspruchs auf Bildungsurlaub werden.
Unklar bleibt zudem, wie mit dem Restanspruch von zwei Tagen verfahren werden soll. Dieser könnte zwar ins Folgejahr übertragen werden, aber selbst wenn man dann an zwei dreitägigen Bildungsurlaubsveranstaltungen teilnehmen würde, bliebe ein Resttag übrig.
Wir unterstützen auch die in § 12 Abs. 2 vorgesehene Erprobung innovativer Lehr- und Lernformen. Diese Regelung eröffnet die Möglichkeit, neue methodisch-didaktische Modelle zu erproben, die insbesondere Beschäftigten mit geringerer Bildungserfahrung den Zugang zur Weiterbildung erleichtern können.
Zu begrüßen ist abschließend auch die vorgesehene Verlängerung der Anerkennungsverfahren auf zwei Jahre. Hier wird der Arbeitsaufwand sowohl bei den Trägern als auch bei den Ministerien reduziert.
Warum dieses Gesetz nun allerdings erneut auf fünf Jahre befristet werden soll, ist und bleibt nicht nachvollziehbar. Wir plädieren hier für ein unbefristetes Gesetz.
All diese Punkte sollten meines Erachtens in einer mündlichen Anhörung – da stimme ich dem Kollegen Decker zu – im Ausschuss mit den Bildungsträgern eingehend erörtert werden. Die dort gewonnenen Erkenntnisse könnten das neue Gesetz dann noch praxistauglicher machen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir beraten die Änderung des Bildungsurlaubsgesetzes. Der Gesetzgeber ist gefordert, das Bildungsurlaubsgesetz weiterzuentwickeln und an die Bedürfnisse der Zukunft und die Anforderungen der Arbeitswelt anzupassen.
Der Zeitpunkt dafür passt; denn das bestehende Gesetz ist befristet bis Ende des Jahres. Somit steht die Überarbeitung bzw. auch die Entscheidung über die weitere Gültigkeit des Gesetzes auf der Tagesordnung.
Aber auch der Inhalt passt; denn Tatsache ist, dass Bildungsurlaub nicht bedeutet, dass sich einige Menschen, die Zeit dafür haben und aus einem größeren Unternehmen kommen, für eine Woche in einem Hotel oder in einer Bildungseinrichtung treffen und im Rahmen von Frontalunterricht über neue Entwicklungen unterrichtet werden.
Ein weiterer Inhalt passt sich an: die Steigerung der Zugangsmöglichkeiten. Wir haben mitbekommen: Die Anforderungen der Arbeitswelt an die Inhalte haben sich verändert. Aber auch die Möglichkeiten, den Unterricht zu gestalten, haben sich verändert sowie die Anforderungen der Teilnehmer an die zeitliche Gestaltung von Bildungsurlaub. So viel zu dem vorhin genannten Stichwort „attraktive Weiterbildung“.
Alldem trägt die von der Landesregierung eingebrachte Vorlage Rechnung. Denn durch den von der Landesregierung vorgelegten Vorschlag besteht künftig die Möglichkeit, bildungsurlaubsfähige Angebote mit einer verkürzten Veranstaltungszeit anzubieten. Zu dem bisherigen Umfang von fünf Tagen kommt also eine weitere Möglichkeit hinzu, die drei Tage umfasst.