Alldem trägt die von der Landesregierung eingebrachte Vorlage Rechnung. Denn durch den von der Landesregierung vorgelegten Vorschlag besteht künftig die Möglichkeit, bildungsurlaubsfähige Angebote mit einer verkürzten Veranstaltungszeit anzubieten. Zu dem bisherigen Umfang von fünf Tagen kommt also eine weitere Möglichkeit hinzu, die drei Tage umfasst.
Somit wird ein Flexibilitätsfaktor geschaffen; denn zum einen gibt es Inhalte, die in einem bestimmten Zeitraum schlichtweg abgehandelt sind und bei denen es keinen Sinn macht, sie in die Länge zu ziehen.
Zum anderen ist das Zeitbudget der Arbeitnehmer schlicht und einfach beschränkt. Dabei geht es gar nicht so sehr um die Frage, wie lang ein Arbeitnehmer nicht am Arbeitsplatz ist, sondern – Herr Schaus hat es auch angesprochen – um die Frage, wie lang der Arbeitnehmer nicht zu Hause ist. Das ist bedingt dadurch, dass sich in den letzten Jahren die Gestaltung des Familienlebens verändert hat – beide Partner arbeiten und sollen sich gemeinsam um die Kinder kümmern oder ein Familienmitglied pflegen.
Beide Partner wollen und müssen daher auch die Möglichkeit zur Fortbildung erhalten. Wenn wir dies wollen, müs
sen wir das Bildungsurlaubsgesetz so anpassen, dass dies möglich ist. Wenn wir es nicht tun, läuft es darauf hinaus: Ein Partner geht in den Bildungsurlaub, und der andere Partner muss sich Urlaub nehmen, um die Betreuung der Kinder oder die Pflege von Angehörigen sicherzustellen. Das hat die Folge, dass Bildungsurlaub gar nicht stattfindet.
Eine andere, zeitgemäße Erweiterung des Bildungsurlaubsgesetzes ist die neu zu schaffende Experimentierklausel. Hierdurch soll es möglich werden, neue Möglichkeiten des Lernens mittels elektronischer oder internetbasierter Lernund Lehrmethoden im Rahmen des Bildungsurlaubsgesetzes einzubinden. Tatsache ist, dass sich in den letzten Jahren die Möglichkeit des elektronischen Lernens erheblich vergrößert hat. Ich nenne als Beispiel nur die Möglichkeit eines elektronischen und wirklich internetbasierten Lernens für Studenten an der Fernuni Hagen.
Solche Möglichkeiten müssen aber auch im Bereich des Bildungsurlaubs einbezogen werden können. Selbstverständlich gehört zur Schaffung solcher Möglichkeiten ein entsprechender Kontrollmechanismus.
Mehrfach wurde auch angesprochen, und für mich als Vertreterin der Arbeitnehmer ist es ein Meilenstein: Die Förderung der Teilnahme von Beschäftigten von Kleinst- und Kleinunternehmen wird ebenfalls neu geregelt.
Wir reden hier über Unternehmen mit weniger als 20 Beschäftigten. Auch wenn schon jetzt Mitarbeiter dieser Unternehmen einen Anspruch auf Bildungsurlaub haben, stellt es jedoch eine erhebliche Belastung für die Unternehmen dar. Viele Arbeitnehmer haben daher Bedenken, dass sie bei der Inanspruchnahme von Bildungsurlaubsmöglichkeiten dem Unternehmen schaden, weil sie sehr wohl die Belastung des Arbeitgebers durch den Bildungsurlaub sehen – oder auch die zusätzliche Belastung der Kollegen.
Durch die in § 9 neu vorgesehene Regelung soll ein Lohnkostenzuschuss in Höhe von 50 % der jeweiligen Lohnkosten solcher Betriebe erreicht werden. Das ist eine Erleichterung für die Arbeitgeber, von der wir im Ergebnis auch hoffen, dass ein verstärkter Zuspruch von jenen Mitarbeitern an Bildungsurlaubsveranstaltungen stattfindet.
Als Letztes möchte ich noch die Möglichkeit der Ehrenamtsschulung für Auszubildende ansprechen. Wir sind uns darüber einig, dass das Ehrenamt gestärkt werden soll. Wir sind uns darüber einig, dass insbesondere – wir haben es auch schon gehört – junge Menschen für das Ehrenamt gewonnen werden müssen bzw. ehrenamtliches Engagement nachhaltig gesichert werden muss. Aber gerade wenn wir darüber sprechen, müssen wir auch so handeln. Denn es ist nicht mehr als folgerichtig, die Schulung zur Wahrnehmung eines Ehrenamtes als Gegenstand einer bildungsurlaubsfähigen Veranstaltung in das Gesetz aufzunehmen.
Insofern fasse ich zusammen: Der vorliegende Gesetzentwurf stellt sich der ständigen Weiterentwicklung des Wissens und der Kompetenz der Beschäftigten. Er folgt dem Grundprinzip des lebensbegleitenden Lernens – unter anderem auch eine Forderung des VdK.
Lassen Sie mich noch anfügen: Die 2 Millionen €, die hierfür eingestellt werden sollen, halte ich für durchaus angemessen.
Sollte es zu einer Anhörung im Ausschuss kommen, sehe ich dieser mit Spannung entgegen, zumal meine Vorredner durchaus einiges an dieser Novellierung lobend hervorgehoben haben. – Vielen Dank.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Wir diskutieren heute den Anspruch auf Bildungsurlaub und, aus unserer Sicht, Verbesserungen, die dazu im Raum stehen. Ich will auf die vier Punkte eingehen, vielleicht nicht so ausführlich wie meine Vorredner. Man muss nicht zwingend alles wiederholen, was hier Richtiges gesagt worden ist.
Für uns ist klar, dass durch die kürzeren Zeitformate eine modernere Umsetzung möglich wird. Es ist natürlich auch gut, dass jetzt Auszubildende teilnehmen können. Die Experimentierklausel ist auch eine wichtige Öffnung, um zu sehen, ob man weitere Innovationen unterbringen kann, um die Formate attraktiver zu machen.
Ich möchte zu zwei kurzen Bewertungen kommen. Das richte ich an Herrn Decker und Herrn Schaus. Man muss klar sagen, dass die, die den Bildungsurlaub zum Teil finanzieren müssen, dem ein Stück weit kritischer gegenüberstehen und möchten, dass die Kosten für sie im Rahmen bleiben. Das betrifft gerade die kleineren Betriebe. Das ist nachvollziehbar. Das muss man hier nicht abtun. Das ist immerhin Geld, das erwirtschaftet werden muss und das man dann in Mitarbeiter investiert.
Wenn es eine Fortbildung ist, dann kann es auch einmal eine Fortbildung sein, die im betrieblichen Sinne ist. Das muss man nicht gleich kritisieren und in den Raum stellen, dass sich Unternehmen irgendwie missbräuchlich verhielten. Ich glaube, es ist gut, dass Mitarbeiter sich fortbilden. Es ist wichtig, dass Mitarbeiter sich fortbilden. Aber man muss es nicht gleich wieder in den Siebzigerjahren verorten. Ich glaube, dass Unternehmen heute viel weiter sind und auch mehr Einsicht haben.
So viel zu dem Zungenschlag. Vielleicht bin ich auch nur ein bisschen zu sensibel. Aber uns ist aufgefallen, wie an dieser Stelle argumentiert wurde.
Dann kommen wir auch schon zu dem eigentlich wichtigen Punkt, den der Kollege Decker angesprochen hat, zur Frage: Ist das überhaupt ein Format, das in der Form angenommen wird, wie man es sich wünschen kann? Da gibt es, glaube ich, nur eine Antwort, und die heißt: Nein.
Darum ist die Überlegung, eine mündliche Anhörung durchzuführen und in das Thema hereinzuhören, mit Sicherheit richtig. Ich glaube auch, das wird im Ausschuss nicht kritisch diskutiert werden. Es wird von allen so gesehen. Das werden wir sicherlich auch so machen.
Dennoch stelle ich die grundsätzliche Erwägung zur Überlegung: Ist dieses Format in der Form heute für den Arbeitsmarkt und das, was wir erreichen wollen, überhaupt noch das richtige Instrument? – Ich bin sehr gespannt auf das, was die Anhörung dazu erbringen wird. Wir werden in der Anhörung sicherlich auch genau diese Fragen stellen und werden sicherlich nicht die Einzigen sein, die diese Frage stellen. Es ist aus unserer Sicht auch richtig, in regelmäßigen Abständen diese befristeten Gesetze zu überarbeiten; denn dann kann man sehen, ob sie überhaupt noch zeitgemäß sind und sinnvoll unsere Gesellschaft gestalten.
Damit wird deutlich, dass das ein Gesetzentwurf ist, der eigentlich eine gute Intention hat. Aber das wird bei Weitem nicht für das reichen, was wir uns wünschen. Von daher zeigt sich, dass die Befristung der Gesetze sehr wohl richtig und klug ist. Zweitens zeigt sich, dass wir bei der politischen Bildung immer noch viel zu tun haben. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister und Frau Bächle-Scholz haben die wichtigen Punkte, die mit dem Gesetzentwurf verändert werden sollen, erwähnt. Ich führe sie der Vollständigkeit halber auf.
Die Verkürzung der Veranstaltungszeiten ist ein wesentlicher Punkt. Wir wollen eine Experimentierklausel einfügen. Das halte ich für sehr wichtig. Die Förderung der Teilnahme von Beschäftigten in kleinsten und kleinen Unternehmen ist, finde ich, ein ganz wichtiger Bestandteil. Das gilt auch für die Ehrenamtsschulungen für Auszubildende.
Mit diesen Vorschlägen geht man auf die Ergebnisse der Evaluation ein, die die Regierung hat durchführen lassen. Ich finde diese vier Punkte richtig. Ich bin auf die Anhörung gespannt.
Ich will noch einige Bemerkungen zu dem machen, was Herr Kollege Rock gesagt hat. Ich war Jugendbildungsreferent und Bildungsreferent. Ich will auf die Frage, ob das in dieser Form richtig ist, antworten: Ich glaube, ja. Aber es gibt auch keinen Zweifel daran, dass wir uns alle wünschen würden, dass der Bildungsurlaub stärker in Anspruch genommen wird. Wir müssen noch viel energischer dafür werben, dass die Menschen an Bildungsurlauben teilnehmen.
Der Hinderungsgrund ist wahrscheinlich damals wie heute, dass die Menschen die Sorge haben, sie hätten dadurch Nachteile in ihren Betrieben. Es gibt da eine extrem hohe Anzahl bestimmter Menschen. So war es zumindest damals in meiner aktiven Zeit. Ich habe auch bis heute nicht das Gegenteil gehört. Die wesentlichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren vor allem Beschäftigte aus dem öffentlichen Dienst. Die in privaten Unternehmen Beschäftigten haben die Sorge, dass sie Benachteiligungen bis da
Das scheint mir in der Tat noch ein Handlungsfeld zu sein. Man sollte auf die Unternehmen einwirken. Herr Rock, da haben wir einen kleinen Dissens. Ich glaube nicht, dass das nicht zeitgemäß ist. Ich glaube, dass die Menschen gerade bei einer Wirtschaft, bei der Arbeitsplatzverlust droht, Angst haben, die Angebote zu nutzen.
Ich finde die Angebote mittlerweile hochmodern und ganzheitlich. Ich finde, es gibt praktisch nichts, zu dem man nicht einen Bildungsurlaub belegen kann. Ich finde sie gut. Sie müssen durch eine harte Schule gehen, um den Bildungsurlaub genehmigt zu bekommen. Ich finde, diese Angebote sind kaum zu kritisieren. Ich finde es schade, dass viele Menschen das nicht in Anspruch nehmen.
Da entstehen auch Kosten. Es ist oft teuer, einen fünftägigen Sprachkurs, einen Computerkurs, eine politische Bildung oder eine andere Fortbildung zu buchen. Das kann man den Menschen nicht ersparen. Man muss auch einen Beitrag von ihnen erwarten können.
Aber wir können auf jeden Fall an dem Druck auf die Unternehmen arbeiten, den Menschen noch größere Freiräume zu geben. Sie sollten sie ermuntern, daran teilzunehmen. Denn ich glaube, da geht es um das ganzheitliche Bild des Mitarbeiters. Wenn es ihm gut geht, wenn er einen allgemeinen Bildungsurlaub macht, wenn er einen politischen Bildungsurlaub macht oder wenn er eine berufliche Seitenfortbildung macht, dann ist er ein guter Mitarbeiter. Dann ist er zufrieden und weniger krank. Das ist auch im Interesse des Unternehmens.
Ich glaube deswegen, dass der Entwurf des Bildungsurlaubsgesetzes vorbildlich ist. Der Bildungsurlaub kann aber sicherlich noch stärker in Anspruch genommen werden. Ich finde die Vorschläge, die die Landesregierung unterbreitet hat, richtig. Wir sehen der Anhörung gespannt entgegen. – Danke schön.
Meine Damen und Herren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit wurde die erste Lesung durchgeführt.
Wir überweisen den Gesetzentwurf zur Vorbereitung der zweiten Lesung dem Sozial- und Integrationspolitischen Ausschuss. Dem widerspricht keiner? – Dann ist das so beschlossen.
Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Hessisches Gesetz zur Bildung eines Gemeinsamen Landesgremiums nach § 90a Abs. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – Drucks. 19/5141 –
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Auf der Grundlage des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes, das ab 2012 gilt, hat die Landesregierung von der Möglich