Protokoll der Sitzung vom 27.09.2017

(Gerhard Merz (SPD): Sie meinen, hier geht es um Seligenstadt?)

Wenn wir in Hessen nur Seligenstadt hätten, dann hätten wir ja einen Vorteil. Dann gäbe es nämlich keine Kassenkredite oder nur ganz wenige. Es gibt auch den Landkreis Fulda, um noch den Kollegen Dr. Arnold mit einzubeziehen, und den Landkreis Main-Taunus, der fast so gut ist. Aber leider fallen mir dann nur noch ganz wenige Kommunen ein, die nicht über eine entsprechende Belastung verfügen.

Hier müssen Sie dringend nachjustieren. Besonders klassisch ist die Auseinandersetzung, die im Städte- und Gemeindebund keinem verborgen bleibt. Wir haben alle Kommunen dabei. Im Städtetag ist es noch relativ einfach, weil die Interessenlagen relativ einfach sind. Die haben sich auch schon dazu bekannt, so nach dem Motto: Es ist ja ganz okay, so eine Entschuldung zu machen, aber – siehe ganz oben – bitte mit eurem Landesgeld und nicht zu einem Großteil mit unserem kommunalen Geld. – In Zeiten wie diesen, wo der Zinssatz so ist, wie er ist, ist das auch vernünftig. Aber bei den kleineren kommunalen Organisationen, beim Städte- und Gemeindebund, gibt es dazu eine ganz andere Meinung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es muss nicht sein, dass man seine Redezeit vollkommen ausschöpft. Deshalb lassen Sie mich zum Ende kommen und sagen: Wir Freie Demokraten werden Ihnen in den nächsten zwölf Monaten ein Konzept vorlegen, das auf drei Säulen ruht.

Die eine Säule ist Bildung – Bildung, Bildung, Bildung. Da sind wir glaubwürdig. Es war Ruth Wagner, die als Hochschulministerin die hessischen Hochschulen in eine finanzielle und organisatorische Freiheit entlassen hat.

(Beifall bei der FDP)

Es waren die Kultusministerinnen, die Schulministerinnen Doris Henzler und Nicola Beer, die dasselbe mit den Schulen versucht haben und es zu einem Großteil geschafft haben. Sie haben insbesondere die 105-prozentige Lehrerabdeckung geschaffen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das war die FDP in einer Koalition mit der CDU.

(Beifall bei der FDP)

Das Dritte, was jetzt noch kommen muss, ist die frühkindliche Bildung. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das war ein Konfliktpunkt, auch zwischen Stefan Grüttner

und mir, in der Regierungsverantwortung der letzten Legislaturperiode. Ich habe damals in meiner Funktion als Integrationsminister immer wieder darauf hingewiesen, dass der Tag mit der Schultüte mit der Tatsache verbunden sein muss, dass man altersgemäß gleich gut Deutsch kann; denn sonst ist derjenige, der das nicht kann, im Nachteil. Das sind leider auch viele Migrantenkinder in unserem Lande. Deshalb kam ich zu diesem Thema.

(Beifall bei der FDP)

Wenn man dann die qualifizierten Schulvorbereitungsjahre einstampft usw., so ist das gegen die frühkindliche Bildung gerichtet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir wollen zweitens Infrastruktur und Digitalisierung, und zwar von der theoretischen Unterlegung in der Hessischen Verfassung bis hin zur praktischen Finanzierung großer Kabel – nicht nur der kleinen – in ganz Hessen

Zum Dritten wollen wir die innere Sicherheit. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist unsere Aufgabe als Landespolitiker. Wenn wir uns nicht darum kümmern, dann müssen wir uns weiterhin die relativ wenig intelligenten Sprüche unserer Kolleginnen und Kollegen aus dem Deutschen Bundestag anhören, dass dort doch noch ein bisschen mehr zu machen ist. Da müssen wir ebenfalls nachlegen. Das werden unsere Säulen sein.

Aber unsere Säulen werden auch sein: Wie kann man diese Verwaltung strukturiert überarbeiten? Wie kann man nicht nur immer ein bisschen drauflegen, sondern wo kann man auch abbauen? Wo gibt es Einrichtungen, die wir nicht mehr brauchen, die vielleicht irgendwann einmal klug gewesen sind, aber jetzt nicht mehr klug sind? Es wird ein Konzept vorgelegt, und dann stellen wir das den Wählerinnen und Wählern zu Abstimmung. Das heißt auf der einen Seite: strukturelle Verbesserungen im Haushalt. Das heißt weniger Mehrausgaben und – wenn es irgendwie geht – sogar weniger Ausgaben. Auf der anderen Seite: frühkindliche Bildung, Digitalisierung und innere Sicherheit. – Vielen herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Kollege Jörg-Uwe Hahn. – Das Wort hat Herr Dr. Walter Arnold, CDU-Fraktion.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Doppelhaushalt 2018/2019, den unser Finanzminister Dr. Thomas Schäfer heute vorgelegt hat, ist ein herausragender, ein nachhaltiger Haushaltsplanentwurf, er ist ein neues Kapitel in der hessischen Finanzpolitik, ein Meilenstein, und diesen Erfolg lassen wir uns von niemandem wegdiskutieren.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte das an ganz wesentlichen Eckpunkten festmachen. Dieser Doppelhaushalt ist erstmals seit einem halben Jahrhundert ein Haushalt, der keine Neuverschuldung plant, und zwar trotz hoher Zahlungen in den Länderfinanzausgleich und auch in den Kommunalen Finanzausgleich, immerhin über 5 Milliarden €. Er ist außerdem erst

mals seit einem halben Jahrhundert, genau genommen seit 1969, ein Haushaltsplan, der den Abbau von Altschulden vorsieht, nämlich 200 Millionen € im Jahr 2019. Auch das ist ein Erfolg, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall der Abg. Holger Bellino und Tobias Utter (CDU))

Hessen macht seit 2016 keine neuen Schulden mehr, also vier Jahre früher, als dies in der Verfassung vorgesehen ist. Das ist ein Erfolg der Haushaltspolitik der vergangenen Jahre. Darüber können und dürfen wir nicht hinwegdiskutieren. Das muss das ganze Haus rückhaltlos anerkennen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte deswegen ausdrücklich im Namen der CDUFraktion unserem Finanzminister Dr. Schäfer, aber auch dem neuen Staatssekretär, Herrn Dr. Worms, der die Haushaltspolitik schon seit vielen Jahren mit verantwortet, sowie allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Finanzministeriums für dieses gelungene Werk herzlich danken. Es ist ein historischer Erfolg, an dem wir festhalten. Das ist vor allen Dingen etwas für die nachfolgenden Generationen. Das können wir gar nicht hoch genug bewerten.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wer das abstreitet, der vergisst – viele von uns haben das sicherlich noch in Erinnerung –, dass noch im Jahr 2009 die Nettokreditaufnahme bei minus 2,7 Milliarden € lag. Im Jahr 2014 hatten wir erstmals die 1-Milliarde-€-Grenze unterschritten und eine Nettoneuverschuldung von minus 895 Millionen € zu verzeichnen. Im Jahr 2017 waren vorsorglich noch 350 Millionen € eingeplant, die wir letztlich aber nicht in Anspruch genommen haben.

Für die Jahre 2018 und 2019 sind keine neuen Schulden geplant. Das sollten wir beibehalten. Das sieht auch die mittelfristige Finanzplanung so vor. Deswegen ist der heutige Tag, an dem dieser Doppelhaushalt eingebracht wird, ein guter Tag für Hessen. Das möchte ich deutlich sagen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Ich nehme auch in Anspruch, dass dieser Doppelhaushalt nicht nur doppelt gut ist, sondern er ist auch ein klares Zeichen für eine große finanzielle Seriosität dieser Landesregierung und der beiden die Landesregierung tragenden Fraktionen. Auch das möchte ich sehr deutlich sagen. Genauso wichtig wie die Schuldenvermeidung ist die ab 2019 beginnende Tilgung der Schulden mit einer jährlichen Tilgungsrate von mindestens 200 Millionen €.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Norbert Schmitt (SPD): 100 Millionen € im Jahr 2019!)

Jetzt komme ich zu einer Aussage, die der Kollege Schmitt getätigt hat, die ich aber auch vom Kollegen Hahn, bezogen auf das Jahr 2017, im Ohr habe. Sie haben von Mehreinnahmen von rund 4,5 Milliarden € gesprochen. Kollege Schmitt hat heute von etwa 6,8 Milliarden € Mehreinnahmen im Vergleich zum Jahr 2013 gesprochen. Wir haben nachgerechnet und sind auf 6,4 Milliarden € mehr Steuereinnahmen gekommen. Darüber wollen wir uns aber nicht streiten.

Ich werfe beiden Kollegen jedoch vor, dass sie sich nur eine Seite der Medaille anschauen.

(Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP): Nein!)

Wenn wir die Zahlen für das Jahr 2013 mit den Zahlen für das Jahr 2018 vergleichen, dann müssen wir feststellen, dass es rund 6,4 Milliarden € mehr Steuereinnahmen gibt. Es gibt aber auch mehr Personalausgaben in einer Größenordnung von rund 1,5 Milliarden €. Es gibt rund 1,2 Milliarden € mehr KFA-Mittel. Es gibt Mehrausgaben im Länderfinanzausgleich, fast 1 Milliarde € im Jahr 2018.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Wir haben 1 Milliarden € mehr für die Flüchtlinge ausgegeben. Außerdem haben wir eine Reduzierung des Finanzierungssaldos von knapp 1,5 Milliarden € zu verzeichnen. Es entsteht also Mehraufwand durch den Verzicht auf Neuverschuldung und Rücklagenentnahme. Außerdem haben wir mehr Investitionsausgaben von rund 360 Millionen €.

Das heißt, das, was Sie uns vorgerechnet haben an mehr Steuereinnahmen, ist weggegangen durch Mehrausgaben. Im Saldo bleibt das also gleich. Insofern sind die guten Ergebnisse, die Herr Finanzminister Schäfer hier vorgetragen hat, tatsächlich ein Zeichen für hervorragende Haushaltsführung.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte noch etwas aus Ihrer Rede aufgreifen, Herr Kollege Schmitt. Sie haben kritisiert, der Finanzminister entnehme im Jahr 2018 Rücklagen. Die Kraft dieser Worte möchte ich einmal anhand von Zahlen festmachen. Für das Jahr 2018 ist im Haushaltsplan eine Entnahme aus der Rücklage in Höhe von 216,4 Millionen € vorgesehen.

(Norbert Schmitt (SPD): Ja! Eben!)

Gleichzeitig ist aber auch eine Zuführung in die Rücklage vorgesehen in Höhe von 194,9 Millionen €.

(Norbert Schmitt (SPD): Das ist eine Pflichtzuführung!)

Im Saldo sind das 21,5 Millionen €. Dazu kann ich nur eines sagen: Lieber Herr Kollege Schmitt, Ihre Eier legende Wollmilchsau geht auf keine Kuhhaut. Das sage ich einmal ganz deutlich.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Jetzt zu den Investitionen. Wir haben ab dem Jahr 2018 Investitionsausgaben in der Größenordnung von über 2,2 Milliarden €, die in den nächsten Jahren auf diesem Niveau bleiben. Dies entspricht einem um knapp 12 % gegenüber 2017 erhöhtem Ausgabenniveau.

An dieser Stelle möchte ich noch einmal deutlich sagen, was nicht untergehen darf und was auch Herr Minister Schäfer klar gesagt hat: In diesem Doppelhaushalt haben wir für jedes Jahr Ausgaben in Höhe von 5,5 Milliarden € für die Hochschulen sowie Ausgaben in einer Größenordnung von 8 Milliarden € für unsere Schulen vorgesehen. Jeder dritte Euro im Haushalt wird also für den Bildungsbereich ausgegeben. Das muss man auch einmal deutlich machen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch das sind Investitionen in unsere Kinder, in unsere Nachkommen, und das ist außerordentlich wichtig.

Sie haben die Finanzen der Kommunen und auch den Kommunalen Finanzausgleich angesprochen. Der Kollege Hahn hat einiges dazu gesagt. Ich sage ganz deutlich, dass wir erst am Anfang sind, wenn es um die Umstellung auf die Ermittlung der Bedarfe der Kommunen geht. Keine Frage: An dieser Stelle haben wir sicherlich noch das eine oder andere nachzusteuern.

Die Entwicklung des Kommunalen Finanzausgleichs darf aber nicht vergessen werden. 2017 waren es rund 4,5 Milliarden €. Im Jahr 2012 waren es im Ansatz 1 Milliarde € weniger. Für das Jahr 2018 ist ein Ansatz von 4,9 Milliarden € vorgesehen, für das Jahr 2019 ein Ansatz von 5,211 Milliarden €. Das ist eine Steigerung, mit der den Kommunen viele Möglichkeiten eröffnet werden. Damit und mit weiteren Programmen erweisen wir uns als ein verlässlicher Partner der Kommunen.