Protokoll der Sitzung vom 28.09.2017

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege May, wenn Herr Staatsminister Rhein jetzt noch länger versucht hätte, diesen Gesetzentwurf hier bei uns einzubringen, dann wäre ich geneigt gewesen, ihn doch noch abzulehnen. So haben Sie es geschafft. Ich gehe jetzt einmal mit einem guten Beispiel voran und gebe meine Rede zu Protokoll.

(Siehe Anlage 1 – Beifall bei der FDP und der CDU – Zuruf des Abg. Clemens Reif (CDU))

Frau Kollegin Wissler, Sie haben das Wort für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch ich kann mich kurz fassen. Auch mir ist aufgefallen, dass das ganz schön viel Lob und ganz schön viele Worte für die letzte Hochschulgesetznovelle waren dafür, dass Sie bei der letzten Hochschulgesetznovelle eigentlich nichts Substanzielles verändert haben – mit Ausnahme des Promotionsrechts; das wird zugestanden. Aber jetzt bei der Frage der Mitbestimmungsregelungen an den Hochschulen ist im Wesentlichen nichts geändert worden.

Zur Akkreditierung – das werden wir im Ausschuss auch noch beraten können – will ich nur einmal die Aspekte in die Runde werfen: Natürlich ist es bei der Ausgestaltung von Studiengängen auch wichtig, dass wir nicht die Lebensrealität der Studierenden heute außer Acht lassen, dass viele Studierende nun einmal nebenher arbeiten, um ihr Studium zu finanzieren, dass es viele Studierende mit Kindern gibt.

Das betrifft natürlich auch das Thema hohe Prüfungsdichten und Arbeitsbelastung. Ich finde, darauf muss man bei der Ausgestaltung von Studiengängen auch achten, dass da nicht weitere Hürden eingezogen werden. Deswegen wäre es auch eine schöne Gelegenheit, einmal so etwas wie das Recht auf Teilzeitstudium im Hochschulgesetz zu verankern.

Ich glaube, das können wir dann im Ausschuss noch vertieft diskutieren. Deswegen soll es das von mir gewesen sein. – Also nicht für heute. Ich komme noch einmal wieder.

(Beifall bei der LINKEN)

Jetzt hat Frau Abg. Wolff für die Fraktion der CDU das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Akkreditierung gibt es seit 2003.

Ich will eigentlich nur auf einen Punkt hinweisen, nämlich dass dies prinzipiell ein gutes Beispiel dafür ist, dass sich die Länder im Rahmen des Föderalismus auf gemeinsame Vereinbarungen verständigen, dass das die Stärke ist, um mehr Vergleichbarkeit, mehr Qualität und Verlässlichkeit, mehr gemeinsame qualitative und quantitative Maßstäbe einzurichten.

Das Bundesverfassungsgericht hat uns nun den Auftrag gegeben, das nicht nur zu vereinbaren und Akkreditierungsagenturen zu übergeben, sondern den wesentlichen Kern auch durch ein Gesetz und dementsprechend den Staatsvertrag zu bestimmen. Das tun wir nun durch diesen Gesetzentwurf, den der Minister eben eingebracht hat.

Dass wir noch einiges anderes, was wir uns in dieser Legislaturperiode noch vorgenommen haben – im Rahmen des Orientierungsstudiums, auch im Rahmen des Tenure

Track-Verfahrens –, hier gesetzlich absichern, mit den Notwendigkeiten, die gegeben sind, das sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt. In diesem Rahmen freue ich mich, ebenso wie die anderen, auf die Beratungen im Ausschuss. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist der Gesetzentwurf in erster Lesung beraten.

Wir überweisen ihn zur Vorbereitung der zweiten Lesung an den Ausschuss für Wissenschaft und Kunst. – Es erhebt sich kein Widerspruch, somit beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 10 auf:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Gesetz zur Änderung des Landtagswahlgesetzes – Drucks. 19/5273 –

Die Redezeit beträgt siebeneinhalb Minuten. Zur Einbringung spricht Herr Kollege Bauer. Bitte schön.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Woche nach der Bundestagswahl und rund ein Jahr vor der nächsten Landtagswahl legen CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dem Hessischen Landtag ein Gesetz zur Änderung des Landtagswahlgesetzes vor.

In unserem demokratischen Rechtsstaat gelten die bekannten Wahlrechtsgrundsätze. Die Wahl ist allgemein, sie ist unmittelbar, sie ist frei, und sie ist auch geheim – und sie ist gleich. Das heißt, jede Stimme hat den gleichen Zählund Erfolgswert, und damit wären wir schon beim eigentlichen Thema.

Der Gleichheitsgrundsatz ist nämlich auch bei der technischen Gestaltung der Wahl, vor allem also auch bei der Einteilung der Wahlkreise, zu beachten. Wenn ich es einmal ganz praktisch mache und mich einmal umschaue, dann haben wir verschiedenste Gründe für diese Gesetzesänderung – zum einen, wie benannt, demokratietheoretisch, da verfassungsrechtliche Vorgaben einzuhalten sind, aber auch unter dem Gleichheitsaspekt sind Änderungen und Anpassungen notwendig.

Vergleichen Sie z. B. einmal die Situation, unter welchen Voraussetzungen Sie die Möglichkeit haben, Abgeordneter im Hessischen Landtag zu werden. Ich glaube, wir sollten uns einig sein, dass alle die gleichen Voraussetzungen haben müssten, um ein solches Mandat zu erringen.

(Günter Rudolph (SPD): Da gibt es viele Möglichkeiten!)

Wenn Sie es sich einmal anschauen, dass alle die gleichen Chancen haben müssen und die Wähler, die Sie legitimieren, auch die gleichen Stimmäquivalente auf die Waagschale bringen, damit sie ihren Abgeordneten wählen und legitimieren können, dann ist es schon entscheidend, ob ich beispielsweise wie die Kollegin Lena Arnoldt den Wahlkreis Rotenburg mit 56.700 Wahlberechtigten vertrete oder wie beispielsweise der Kollege Gerhard Merz einen Wahl

kreis in Gießen mit über 102.000 Wahlberechtigten. An diesem Unterschied merkt man, dass die Wahlkreiseinteilung schon etwas damit zu tun hat, wie eine entsprechende Wahl dargestellt und ausgestaltet werden muss. Der Durchschnittswahlkreis hat 80.000 Wählerinnen und Wähler. Die Abweichungen von minus 28,8 % bis hin zu plus 28,9 % sind nicht hinnehmbar, und deswegen ist eine gesetzliche Anpassung notwendig.

Nicht unbeachtet sollte man auch die Möglichkeit lassen, dass Wahlkreise ein Stück weit erfahrbar sein müssen. Dementsprechend spielen auch Größenverhältnisse eine Rolle – wenn ich mir den Kollegen Wiegel mit dem Vogelsberg vor Augen führe, spielt es auch eine Rolle, wie die Zuschnitte der Wahlkreise ausfallen. Es gibt also verschiedenste Aspekte, die bei der Ausgestaltung der Wahlkreise berücksichtigt werden müssen.

Warum ist es notwendig? Niemand macht es ohne Not, sondern wir haben die demografische Entwicklung zu berücksichtigen. Sie führt mit den Jahren dazu, dass wir einen Bevölkerungsrückgang in Nordhessen haben und dass dadurch, auch durch die Bevölkerungszunahme in Südhessen, objektiv nachweisbare Ungleichgewichte entstehen. Schon im Rahmen der Enquetekommission „Demografischer Wandel“ wurde 2005 für die Kreise WerraMeißner und Hersfeld-Rotenburg festgestellt, dass es hier Bevölkerungsrückgänge von bis zu 9 % gibt. So ist es dann auch gekommen. Das heißt, man hat jetzt schon die Notwendigkeit erkannt, entsprechende Handlungsoptionen auf den Weg zu bringen.

Die Extreme habe ich bereits genannt: Wir haben insgesamt acht Wahlkreise unter den 55, bei denen aus mathematischen Erwägungen heraus diese Grenze von 25 %, die beispielsweise der Deutschen Bundestag für die Einteilung von Wahlkreisen anwendet, über- oder unterschritten wird. 25 % ist das Maß an Abweichung, wie sie von mehreren Bundesländern und vor allem auch vom Bund als Grenze festgelegt wird, von der ab eine Neuabgrenzung vorgeschrieben ist.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung von 1990 ausgeführt:

Das Wahlrecht ist eine äußerst sensible Materie. Verfassungsverletzungen können hier auch nur für einen vorübergehenden Zeitraum grundsätzlich nicht hingenommen werden.

Wir alle haben daher ein Interesse daran, dass die kommende Landtagswahl nicht angefochten wird.

(Günter Rudolph (SPD): Das stimmt!)

Wir haben uns deshalb entschlossen, insgesamt die entsprechenden Wahlkreise neu zuzuschneiden, um Rechtssicherheit für die Durchführung einer Landtagswahl im nächsten Jahr zu schaffen. Das ist das entscheidende Ziel: Rechtssicherheit und Klarheit zu schaffen.

(Zurufe)

2005 wurde schon einmal so verfahren: Damals verlor die Landeshauptstadt einen Wahlkreis an den Wetteraukreis, und man hatte damals auch den Maßstab von 25 % zugrunde gelegt. Wir haben uns an der Zahl der wahlberechtigten deutschen Bevölkerung über 18 Jahre orientiert. Sie sind es auch, die den Landtag in Hessen tatsächlich wählen.

In manchen Fällen ist die Neuordnung durchaus innerhalb der gewachsenen historischen Kreisgrenzen möglich. Das

ist nicht immer der Fall: So wird z. B. Lichtenfels innerhalb des Kreises Waldeck-Frankenberg und Heidenrod innerhalb des Rheingau-Taunus-Kreises verschoben. Andernorts kann man das nicht so einfach gestalten: Laubach wandert vom Landkreis Gießen zum Vogelsberg, und in meinem eigenen bisherigen Wahlkreis wird die Gemeinde Groß-Rohrheim von der Bergstraße in den Kreis Groß-Gerau verschoben.

(Norbert Schmitt (SPD): Das ist schlicht Unsinn! Nicht einmal rechnen könnt ihr!)

Meine Damen und Herren, unter sorgfältiger Abwägung der Argumente sind wir zu dem Ergebnis gekommen, dass im Sinne einer absoluten Rechtssicherheit eine gesetzliche Änderung notwendig ist, und zwar aus mathematischen Erwägungen heraus. Wir wollen sie auch zeitnah herbeiführen, um die entsprechenden Vorlaufzeiten für die Nominierungsverfahren zu haben. Deshalb muss diese Änderung jetzt erfolgen. In der Gesamtschau ist sie notwendig, sachlich geboten, und in der vorliegenden Form unterbreiten wir Ihnen einen pragmatischen Vorschlag, der eine entsprechende Rechtssicherheit schafft. Für eine grundlegende Befassung mit dem Landtagswahlgesetz sollten sich nach unserer Auffassung in der nächsten Wahlperiode alle Fraktionen auf einen gemeinsamen Weg begeben. – Besten Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Herr Abg. Rudolph für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 25. April 2017 hat der hessische Innenminister die Fraktionen des Landtags, nachrichtlich die Landesverbände angeschrieben und mitgeteilt, aufgrund der Veränderungen in der Demografie – Herr Kollege Bauer hat es dargestellt – bestehe Handlungsbedarf bei der Neuordnung der Wahlkreise. Das wird nicht bestritten. Er führt dann aus, dass man keine aktuellen Zahlen habe, sondern die Wahlberechtigten bis zum 31. Dezember 2015 übermitteln könne. Vor diesem Hintergrund rege er an, eine Neuabgrenzung der hessischen Landtagswahlkreise auf der Basis der aktuellen Zahlen in der neuen Wahlperiode anzugehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das haben wir als Fraktion alle entgegengenommen. Wir teilen diese Auffassung. Eine Wahlkreisreform macht man sorgfältig und gründlich und nicht in einem Hauruckverfahren nach politischen Gefälligkeiten, Herr Innenminister Beuth.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Mürvet Öztürk (fraktionslos))

Dann gibt es ein Schreiben der FDP-Fraktion und des -Landesverbands von Juni 2017. Dort heißt es, die Nichtanpassung der Wahlkreise sei nach ihrer rechtlichen Einschätzung verfassungsrechtlich höchst zweifelhaft. – Das wurde dann als Begründung dafür herangeführt, dass es Handlungsbedarf gebe. Sie machen sonst auch nicht alles, was Oppositionsfraktionen machen, also wäre das für mich allein auch keine Begründung.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von der CDU)

Ich will hinzufügen, es gab ein informelles Gespräch unseres Fraktionsvorsitzenden mit dem Ministerpräsidenten, in dem erste Vorschläge unterbreitet wurden. Die Verabredung lautete: Wir schauen uns das in Ruhe an, diskutieren in der Fraktion und besprechen das weitere Verfahren. – Dann meinte der Kollege Arnold, sich in der „Fuldaer Zeitung“ auf einer Seite zu dem Thema auslassen zu müssen. Danach haben wir uns auch öffentlich erklärt, weil der Ministerpräsident etwas anderes behauptet, wer welche Absprachen getroffen hätte, um das einmal sehr deutlich zu sagen. Deswegen haben wir auch eine öffentliche Diskussion.

Herr Innenminister, Sie sagen, es gebe keine aktuellen Zahlen. Wir konnten mit Blick auf den Gesetzentwurf – den Sie übrigens 1 : 1 im Innenministerium geschrieben haben, außer den beiden Unterschriften der Fraktionsvorsitzenden findet sich dort nichts von den Fraktionen, da bin ich relativ sicher; wenn das Gegenteil zutrifft, bin ich auch bereit, mich zu entschuldigen, aber das machen Sie permanent –

(Beifall bei der SPD)