Wo kommt denn der Gauland her? – Aus der Hessischen Staatskanzlei, von der CDU. Wo kommen denn Hemzal, Glaser oder Adam her? – Hohmann ist jetzt wieder im Bundestag. Das ist doch alles hessische CDU gewesen. Jetzt so zu tun, als ob das unser Problem sei, ist doch absurd. Die hessische CDU war offensichtlich eine Brutstätte für die Führungsriege der AfD.
Wo ist denn Frau Steinbach heute? – Sie haben die rechten Ausfälle von Frau Steinbach jahrelang geduldet. Die rechten Ausfälle von Herrn Hohmann haben Sie ewig lange geduldet. Heute sind sie alle bei der AfD. Auch Frau Lengsfeld springt bei der AfD herum.
Was machen Sie? – Sie befördern Leute wie Herrn Irmer nach Berlin, der hier über Jahre hinweg gegen Muslime und Flüchtlinge hetzte. Diesen befördern Sie nach Berlin, und Sie wollen mir Nachhilfe darin geben, wie man gegen rechts kämpft. Herr Ministerpräsident, das ist lächerlich, was Sie hier machen.
Weil ich noch etwas Redezeit habe – vielen Dank dafür –, will ich noch etwas zu den Fakten sagen, zu den Wahlergebnissen der letzten Jahre. Ich finde, man könnte sich einmal empirisch anschauen, was passiert. Bei der Europawahl hat die CSU – ich habe das vorhin gesagt – eine Kampagne gegen angeblichen Asylmissbrauch gemacht, mit dem Titel: „Wer betrügt, der fliegt“. Das Ergebnis war: Die CSU verliert 8 %; die AfD gewinnt 8 %. Man könnte einmal darüber nachdenken, dass, wenn man die Parolen der AfD aufgreift, die Leute vielleicht das Original wählen.
Dann haben wir im letzten Jahr einige Landtagswahlen gehabt. In Sachsen-Anhalt hat Herr Haseloff über Obergrenzen und den Islam gesprochen. Was ist passiert? – Die AfD ist mit, glaube ich, 24 % eingezogen; die CDU hat verloren. Was hat Frau Klöckner in Rheinland-Pfalz gemacht? – Sie hat das Thema Islam in den Vordergrund gestellt. In Mecklenburg-Vorpommern hat man allen Ernstes über ein Burkaverbot diskutiert. Ich fand dazu einen sehr treffenden Kommentar der GRÜNEN in Mecklenburg-Vorpommern; die haben gesagt: Die Wahrscheinlichkeit, am Ostseestrand in Mecklenburg-Vorpommern eine Burka zu treffen, ist ungefähr so gering, wie einen Buckelwal zu sehen. – Ich fand, das ist ein sehr treffender Kommentar dazu, über welche angeblichen Probleme dort geredet wird. In Berlin war es genau das Gleiche. Was ist denn in diesen Ländern passiert? – Die AfD ist stark eingezogen; die CDU hat verloren – davon abgesehen, dass es eine Vergiftung des gesellschaftlichen Klimas und brandgefährlich ist, was dort passiert.
Sie schaffen den Raum rechts von der Union, von dem Sie später beklagen, dass er da ist und Sie ihn füllen müssten. Den haben Sie doch geschaffen.
Schauen wir uns im Vergleich doch einmal die Landtagswahlen in diesem Jahr an. Ich bin nun wirklich kein Fan von Frau Kramp-Karrenbauer im Saarland, aber Frau Kramp-Karrenbauer hat keinen Flüchtlingswahlkampf geführt. Die Themen der AfD haben überhaupt keine Rolle gespielt – weder im Saarland noch in Schleswig-Holstein, noch in Nordrhein-Westfalen. Es gab dort keine Auseinandersetzungen über Flüchtlinge, und es gab niemanden, der der Meinung war, man solle Wahlkämpfe auf dem Rücken von Migranten und Flüchtlingen führen. Was ist passiert? – Die AfD ist leider auch in diese drei Landtage eingezogen, aber mit ganz anderen Ergebnissen.
Zwei Monate vor der Bundestagswahl stand die AfD bei 7 %. Statt zu sagen: „Wir kämpfen darum, dass sie nicht in den Bundestag einzieht, und machen ihre Themen jetzt nicht stark“, fing es sechs, sieben Wochen vor der Bundestagswahl an, und Herr de Maizière kam um die Ecke: Es wird viel Geld für rechte Projekte ausgegeben. Wir müssen beim Asylbewerberleistungsgesetz kürzen. – Herr de Maizière ist Verfassungsminister. Er weiß ganz genau, dass mindestens jede weitere Kürzung verfassungswidrig ist. Er weiß ganz genau, dass Asylbewerber sowieso nur noch ein Taschengeld bekommen und das meiste über Sachleistungen ausgezahlt wird, was – nebenbei gesagt – viel teurer ist.
Dann fing sechs Wochen vorher die ganze Debatte an. Die CSU schwadronierte wieder von einer Obergrenze. So bereitet man doch eine Stimmung, auf der die AfD stark werden kann. Die bestimmenden Themen der letzten Wochen waren Flüchtlinge, Terror und Islam. Das ist eine Debatte, in der es nicht darum geht, dass Flüchtlinge in Gefahr sind, weil wir eine Zunahme von rechter Gewalt haben, sondern es wird darüber fabuliert, ob eine Gefahr von Flüchtlingen ausgeht.
Man muss sich das einfach nüchtern anschauen. Man muss sich doch nüchtern anschauen, dass die AfD komischer
weise in den Ländern am stärksten abgeschnitten hat, in denen die Union für den Wahlkampf am weitesten nach rechts gegangen ist. Ich glaube, dass man da einen Kausalzusammenhang sehen kann. Noch einmal: Ich bin der Meinung, im Kampf gegen rechts ist es notwendig, der AfD nicht die Themen zu überlassen und nicht zuzulassen, dass sie die Agenda bestimmt, auch wenn das vielleicht manchmal für den einen oder anderen bequem ist, weil man dann nicht über die tatsächlichen Missstände reden muss.
Ich finde es wichtig, dass es eine Mobilisierung aller Demokratinnen und Demokraten gegen die AfD gibt, weil ich eben nicht glaube, dass die sich entzaubern wird. Ich glaube nicht, dass sie sich einfach spaltet und dann weg ist. Die hat sich schon einmal gespalten. Das Problem wird sich nicht von selbst lösen, sondern es muss aktiv und vor allem solidarisch gemeinsam mit den Menschen bekämpft werden, die Opfer von gesellschaftlichen Stimmungen sind, die uns erzählen, sie werden im Bus angemacht, sie werden auf der Straße angefeindet, weil sie ein Kopftuch tragen, weil sie eine andere Hautfarbe haben, oder warum auch immer sie nicht in das rechte Weltbild passen. Allein aus Verantwortung diesen Menschen gegenüber ist es notwendig, dass man diesen Stimmungen etwas entgegensetzt.
(Manfred Pentz (CDU): Kein Wort zu Sahra Wagenknecht! Kein einziges Wort! Nur dumm rumerzählen! Typisch!)
was die hessische CDU in den letzten Jahren entweder selbst getan oder aber in ihren Reihen geduldet hat, wirklich für verwegen, dass ausgerechnet Sie meinen, hier im Kampf gegen rechts belehren zu müssen. Wir sind vor Ort aktiv, wenn Nazis dort marschieren, und stellen uns ihnen in den Weg.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich bin dem Ministerpräsidenten nicht nur für seine Rede, sondern auch dafür dankbar, dass wir aufgrund der Dauer seiner Rede die Chance haben, das Thema doch ein wenig tiefer und breiter zu diskutieren, als das in 7,5 Minuten der Fall ist.
Herr Schäfer-Gümbel, Sie haben davon gesprochen, dass Sie staatspolitische Verantwortung übernehmen. Ich will
ausdrücklich sagen, ich akzeptiere aus Sicht der Partei der SPD, dass Sie sich so entschieden haben. Ich will aber auch deutlich sagen: Ob es klug war, um 18:03 Uhr eine solche Entscheidung zu treffen und zu verkünden, wird die Geschichte weisen. Mein Eindruck ist, dass die Menschen, die die SPD gewählt haben, nicht erwartet haben, dass Sie diesen Wahlkampf mit dem Argument beenden, dass Sie jetzt die stärkste Oppositionsfraktion werden wollen. Sie sind immerhin noch als die zweitstärkste Partei aus dieser Bundestagswahl hervorgegangen. Ich glaube nicht, im Wahlkampf gehört zu haben, dass das Ihr Ziel war.
Wenn Sie schon von staatspolitischer Verantwortung reden, dann will ich sehr deutlich sagen, die „FAZ“ hat das in einer Überschrift beschrieben, die ich ein bisschen zynisch finde, die aber vielleicht auch nicht ganz falsch ist: „In der Regierungsfalle“. – Sie haben uns mit Ihrer Entscheidung dahin geführt, dass es jetzt außer Neuwahlen nur eine andere Option gibt.
Sie äußern die Erwartung: Das werden die – also die anderen – ja wohl hinbekommen. – Gleichzeitig sagen Sie selbst: Wir wollen es gar nicht erst versuchen.
Der hohe altruistische Anspruch, den Sie sich selbst als Argument ausgeguckt haben, nämlich verhindern zu wollen, dass die AfD die stärkste Oppositionsfraktion im Deutschen Bundestag ist, ist gleichermaßen staatspolitisch zu hinterfragen. Ich habe eine andere Auffassung von Verantwortung. Ich will deutlich sagen, die Wähler haben das offensichtlich auch. Jetzt wollen wir nicht jeden Tag über Umfragen reden und diese überstrapazieren. Aber 57 % der Wählerinnen und Wähler in Deutschland sagten – ich glaube, es war gestern –, ja, sie wollen jetzt eine sogenannte Jamaikakoalition.
Wenn Sie sich anschauen, wie sich die Wähler diesbezüglich vor dem Wahltag geäußert haben, dann sehen Sie dort eine deutlich Kehrtwende, die für mich nur den Schluss zulässt, die Menschen erwarten, dass wir Verantwortung übernehmen.
Das ist heute mein herzlicher Appell an alle Beteiligten. Da schaue ich nicht nur in die Reihen der Union. Dahin schaue ich selbstverständlich auch. Ich schaue aber selbstverständlich auch in die Reihen der GRÜNEN und der Liberalen.
Wir werden mit dieser Verantwortung eine schwierige Last zu tragen haben, aber am Ende müssen wir ihr gerecht werden, wenn wir den Menschen nicht sagen wollen: Das Einzige, was der AfD am Ende des Tages gelungen ist, ist, dass dieses Land keine handlungsfähige Regierung mehr hat.
Herr Kollege Schäfer-Gümbel, ich muss auch an anderer Stelle auf Sie eingehen. Sie haben von einem themenlosen Wahlkampf gesprochen. Sie hatten ein Programm, wir hatten ein Programm, und die anderen Parteien hatten auch ein Programm. Darin stehen Sachen, über die man, wie ich finde, trefflich streiten kann. Wenn Sie das Duell als Bei
spiel dafür bemühen, dann frage ich: Warum hat denn Ihr Spitzenkandidat diese Themen in diesem Duell nicht einfach aufgerufen?
Wir können uns über die Qualität der Journaille, uns über das Sendeformat und all das unterhalten. Das sollten wir auch tatsächlich machen.
Wir beide und auch andere sind im öffentlich-rechtlichen Rundfunk verantwortlich. Wir können uns über all die Fragen unterhalten. Aber Sie sind schon während des gesamten Wahlkampfes immer wieder mit dem Vorwurf gekommen: Der ist themenlos. – Das allein hätte die SPD ändern können. Zu Themen wie: „Wie richten wir unsere innere und äußere Sicherheit zukünftig aus?“ – Stichwort: 2-%Ziel –, gab es deutlich unterschiedliche Positionen in diesem Wahlkampf. Wie gehen wir zukünftig mit dem Thema der inneren Sicherheit mit Blick auf die Frage der Durchsetzungskraft der Polizei und einer besseren Vernetzung der Polizeiarbeit zwischen den Ländern um? Die CDU hatte vorgeschlagen, ein Mustergesetz für die Länder zu machen, sodass wir dort zu einheitlichen Standards kommen.