Protokoll der Sitzung vom 21.05.2014

Nein, was sagt der Ministerpräsident? – Er sagt halt, oder die Überschrift in der „FNP“ lautete, ein Altlastenfonds sei für Schwarz-Grün denkbar. Der Ministerpräsident sagt dann auch – das steht in Anführungszeichen, also nehme ich an, es war wörtliche Rede –: „Der kann nicht so aussehen, dass am Ende der Steuerzahler“ – jetzt kommt es – „die ganze Angelegenheit übernimmt.“ Was heißt denn das, wenn ich sage: „die ganze Angelegenheit“? Heißt das dann, ein Teil ist schon angemessen, oder wie soll man das verstehen?

Man muss immer wieder auf die Zwischentöne achten. Am Ende werden wir sehen – ich nehme an, diese Debatte werden wir hier nicht zum letzten Mal führen –, was herauskommt. Man sollte immer einmal schauen, was man hier

ins Protokoll diktiert hat, weil es einem passieren könnte, dass es vorgelesen wird, und dann könnte doch der eine oder andere rote Kopf hier im Plenum erscheinen.

(Beifall bei der FDP – Horst Klee (CDU): Mannomann!)

Ich glaube auch, dass sich keiner um die Zukunft der vier großen Energieversorger wirklich Gedanken machen muss. Herr Gabriel hat schon angekündigt, dass man mit einem Kapazitätsmarkt und einer Marktprämie eine Lösung finden muss, wo die regenerativen Energien hinterher sicherstellen müssen, dass das Kohlekraftwerk die Laufzeit garantiert bekommt. Es gibt schon längst Diskussionen, dass man den Großen am Ende einen Subventionsbetrag zukommen lässt. Die Höhe ist noch nicht ganz klar. Aber am Ende werden Kohle und Gas subventioniert, und daher werden auch die großen Energieversorger ihr Geld weiterhin ordentlich verdienen können. Dann werden sie auch diese Lasten schultern können. Das ist nämlich deren Aufgabe, und so hat es auch zu bleiben.

(Beifall bei der FDP)

Man muss einfach ein Stück weit vorsichtig sein. Wer ohne Not eine Debatte aufnimmt, bringt sich irgendwann auch in Zugzwang. Wenn ich hier behaupte, ich müsste jetzt das Angebot der Konzerne tatsächlich annehmen, weil es am Ende von Nutzen wäre, dann bringe ich mich natürlich irgendwann politisch in Zugzwang. Ich glaube, momentan gibt es keinen Anlass, zu vermuten, dass einer der Energieversorger in nächster Zeit in die Insolvenz stürzen wird. Alle politischen Weichenstellungen, die man in Berlin nachverfolgen kann, werden eher dahin laufen, dass durch deutliche Subventionen für Kohle und Gas die Gewinne der Großen demnächst wieder steigen werden. Darauf können wir uns einrichten.

Daher glaube ich auch, dass wir hier eine Debatte eröffnen, die am Ende dazu führen wird, dass genau das passiert, von dem hier alle behauptet haben, dass sie es nicht wollen. Genau hierauf bewegen wir uns zu, und genau darum sind wir der Meinung, dass wir Nr. 2 nicht mittragen können. Man braucht jetzt kein Konzept. Es gibt eine klar zugeordnete Verantwortung. Es gibt auch keine Insolvenz eines dieser Unternehmen, die man in irgendeiner Weise schon jetzt am Horizont heraufziehen sehen würde. Von daher sollte sich die Politik zurücklehnen.

Ich bin erschüttert, wenn ich sehe, was Herr Oettinger und Bärbel Höhn, die Vorsitzende des Umweltausschusses, die meint, der Staat müsste hier handelnd eingreifen, schon alles an Gefahren sehen. Am Ende kann dieses Handeln doch nur bedeuten, dass wir die Risiken an uns ziehen. Was heißt denn das, wenn wir eine Stiftung gründen und der Staat mit einsteigt? – Das bedeutet: Die Risiken landen bei uns. Alles andere, was hier gesagt wurde, sind Lippenbekenntnisse. Darum kann ich davor nur warnen. Die Verantwortung ist klar zugeteilt; die ist zu erfüllen, und darauf muss man auch drängen.

(Beifall bei der FDP)

Wenn man die Politik der Bundesregierung verfolgt oder sich den einen oder anderen Vorschlag des Wirtschaftsministers des Landes Hessen anhören durfte, sieht man in der Politik, die in unser Land eingezogen ist: natürlich eine gewisse Struktur. Wenn man z. B. bei der Rente erleben muss, dass auf Kosten zukünftiger Generationen verzockt wird, was man versucht hat, nachhaltig zu organisieren,

wenn man sieht, dass die Rente Spielball von politischen Interessen wird, anstatt der Bevölkerung, den Rentnern nachhaltig zu dienen, und wenn man erlebt, wie Herr AlWazir hier vorschlägt, eine Tunnelung der Kosten der EEG-Umlage vorzunehmen. Mit Tunnelung meint er, dass man diese Lasten nicht jetzt bezahlt, sondern in einen Fonds schiebt und unseren künftigen Generationen aufbürdet.

Und dies ist doch nichts anderes. Man hat 30 Milliarden €. Diese würde der Staat in einer Stiftung oder wie auch immer vereinnahmen. Dafür würde er sich noch etwas erkaufen. Das Land Hessen würde sich damit nämlich erkaufen, dass von RWE vielleicht keine Schadenersatzansprüche eingefordert werden, und dann würde man das Risiko irgendwann in Zukunft, in 10 oder 15 Jahren – die 30 Milliarden € reichen ja ein paar Jahre lang –, irgendeiner Generation auflasten. Genau bei dieser Politik, die wir hier an allen Ecken und Enden erleben, ist das von den Konzernen eigentlich nur konsequent weitergedacht. Das darf aus unserer Sicht so nicht kommen.

(Beifall bei der FDP)

Ich kann für meine Fraktion nur sagen: Wir werden natürlich ganz genau beobachten, wie sich die Landesregierung, auch der Ministerpräsident, an dieser Stelle verhält, weil wir schon immer vermutet haben, dass man versucht, mit RWE einen Deal hinzubekommen – einen Deal, damit vielleicht keine Schadenersatzansprüche entstehen und ein großes politisches Problem aus der Welt geschafft wird. Es ist eigentlich schön, wenn das Land Hessen dafür nicht aufkommen muss. Wenn wir aber als Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik Deutschland ein Vielfaches dieses Betrags bezahlen müssen, dann ist das der absolut falsche Weg, und dann wird versucht, seine politischen Fehlleistungen auf Kosten der Steuerzahler zu verschleiern. Das wollen wir nicht, das werden wir immer kritisieren, und darauf werden wir auch ein Auge haben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Danke schön. – Ich habe keine weiteren Wortmeldungen.

Herr Rudolph, zur Geschäftsordnung.

Frau Präsidentin, wir beantragen, über unseren Antrag sofort abzustimmen.

Gut, dann lasse ich jetzt über den Antrag abstimmen. – Herr Rock.

Wir würden gerne über Nr. 2 getrennt abgestimmt haben.

Gibt es weitere Wortmeldungen zum Abstimmungsverhalten? – Nein. Dann kommen wir zur Abstimmung. – Doch?

Frau Präsidentin, wir bitten um getrennte Abstimmung der einzelnen Absätze.

Gut, dann verfahren wir so.

Dann lasse ich über die Drucks. 19/395 abstimmen, zunächst über Abs. 1. Wer Abs. 1 seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Das ist das ganze Haus. Damit ist Abs. 1 angenommen.

Wir kommen zu Abs. 2. Wer diesem seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Dann ist Abs. 2 mit den Stimmen der SPD gegen die Stimmen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU bei Enthaltung der LINKEN abgelehnt.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Und die FDP?)

Und der FDP. Entschuldigung, liebe Kollegen, ich habe Sie gar nicht mit einbezogen. Also auch abgelehnt durch die FDP-Fraktion.

(Dr. Walter Arnold (CDU): Die FDP hat zugestimmt! – Gegenruf des Abg. Florian Rentsch (FDP): Wir haben abgelehnt!)

Sie hat abgelehnt. – Ich mache es noch einmal. Anscheinend habe ich mich eben in den Bänken etwas vertan. Wer Abs. 2 zustimmt, bitte das Handzeichen. – Zustimmung durch die SPD-Fraktion. Wer lehnt ab? – BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, FDP und CDU. Enthaltungen? – Enthaltung der Linksfraktion. Damit ist Abs. 2 abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über Abs. 3. Wer diesem seine Zustimmung gibt, bitte das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Das war das gesamte Haus. Damit ist Abs. 3 angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung zu Abs. 4. Wer diesem seine Zustimmung gibt, bitte das Handzeichen. – Das sind SPD, FDP und DIE LINKE. Gegenstimmen? – CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist auch Abs. 4 abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über Abs. 5. Wer Abs. 5 seine Zustimmung gibt, bitte das Handzeichen. – Das sind SPD, LINKE und FDP. Gegenstimmen? – Das sind CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist der Antrag in Abs. 5 abgelehnt.

Kolleginnen und Kollegen, wir kommen nun zu Tagesordnungspunkt 36:

Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Fortsetzung des Erfolgsmodells Lernen und Arbeiten in Schule und Betrieb (SchuB) – Landesregierung sichert Zukunftschancen abschlussgefährdeter Schülerinnen und Schüler – Drucks. 19/402 –

Die verabredete Redezeit beträgt zehn Minuten, und das Wort hat Herr Kollege Klein, CDU-Fraktion.

Verehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Seit dem Schuljahr 2004/2005 gibt es in Hessen an

ausgewählten Standorten mit dem Bildungsgang Hauptschule sowie an Förderschulen sogenannte SchuB-Klassen. Die Abkürzung „SchuB“ steht für Lernen und Arbeiten in Schule und Betrieb. Es ist ein Projekt, das in den vergangenen sechs Jahren mit 4,2 Millionen € aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds gefördert wurde. Das Land Hessen hat jährlich 1,75 Millionen € kofinanziert.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Initiiert wurde dieses Projekt für Schülerinnen und Schüler, bei denen in der 7. Klasse erkennbar war, dass sie unter den gegenwärtigen Bedingungen in der Regelklasse nicht in der Lage sein würden, den Hauptschulabschluss zu erreichen. Damals wie heute sind diese Schülerinnen und Schüler häufig durch Schulmüdigkeit, hohe Fehlzeiten, Verhaltensauffälligkeiten, geringes Selbstwertgefühl, Perspektivlosigkeit und wenig positive Schulerfahrungen geprägt. Dementsprechend benötigen diese jungen Menschen eine andere Form der Unterrichtsgestaltung und der pädagogischen Rahmenbedingungen.

In den SchuB-Klassen erfolgt dies durch drei Tage Unterricht in der Schule und zwei Tage Praxisorientierung im Betrieb, Klassen mit nur 12 bis maximal 15 Schülern, kompetenzorientierten Unterricht und individuelle Förderung, Unterricht in Fächerverbünden, projektorientierten Unterricht und umfangreiche sozialpädagogische Begleitung.

Die stärkere individuelle Förderung im Unterricht, die intensive sozialpädagogische Begleitung und der ausgeprägte Praxisbezug durch Betriebstage wirken sich dabei hoch motivierend auf das gesamte Leistungsverhalten dieser Schülerinnen und Schüler aus.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gerade die enge Verbindung zwischen Schule und betrieblicher Praxis weckt das Interesse der Schüler und wirkt sich nach meinen eigenen Erfahrungen, die ich in meiner aktiven Zeit als Berufsschullehrer sammeln durfte, extrem leistungssteigernd auf den gesamten Unterricht aus. Wenn ich nachher noch Zeit haben sollte, werde ich Ihnen noch ein bisschen aus meinem Leben berichten.

(Peter Stephan (CDU): Die Zeit nehmen wir uns! – Heiterkeit)

Viele SchuB-Schüler, deren vorhergehende Leistungseinbrüche zum Teil bis in die Grundschulzeit zurückreichen, verbessern deutlich ihr Verhalten und steigern enorm ihre Leistungen. Sie erfahren Erfolgserlebnisse, bauen eine positive Lern- und Arbeitshaltung auf, und einige besuchen im Anschluss an die SchuB-Maßnahme sogar weiterführende Schulen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, SchuB-Klassen ermöglichen mit Beginn der 8. Jahrgangsstufe vielen benachteiligten Schülern einen Neuanfang auf dem Weg zu einem zukunftsweisenden Hauptschulabschluss und auf dem Weg in den Einstieg in die Berufsausbildung im dualen System.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im vergangenen Jahr haben in den SchuB- und Praxisabschlussklassen in Hessen 394 Schülerinnen und Schüler einen Hauptschulabschluss, 514 Schülerinnen und Schüler einen qualifizierten Hauptschulabschluss und 93 Schülerin

nen und Schüler einen berufsorientierten Förderschulabschluss bzw. einen Förderschulabschluss erworben.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich will Sie noch einmal daran erinnern: Das sind Schülerinnen und Schüler, denen man in der 7. Klasse attestiert hat, dass sie unter den normalen Rahmenbedingungen keinerlei Chance haben, einen Hauptschulabschluss zu erreichen. Dann haben wir ein Erfolgserlebnis wie selten, dass über 90 % dieser Schüler, denen man schlechteste Aussichten attestiert hat, ein solches Erfolgserlebnis haben.