Protokoll der Sitzung vom 12.12.2017

Ich wollte eigentlich nur zwei, drei Sätze zur Sache sagen. Wenn Sie mich nicht provoziert hätten, wäre es auch dabei geblieben. Aber wenn das anders gewünscht wird – wir haben Zeit, wie der Kollege Rudolph immer sagt; Sie zwingen uns ohnehin, Ewigkeiten hier zu verbringen –, dann machen wir es auch bitte richtig und gründlich und lassen nichts aus.

Eines muss man dann schon einmal sagen. Das gilt sowohl für den Innenminister, für den ich ansonsten durchaus Wertschätzung habe, wie auch für den Kollegen Frömmrich, die hier schlichtweg die Sache verdrehen. Kein Mensch hat hier kritisiert, dass diese Koalition, wenn sie es denn einmal täte, wirklich die Bedenken aus den Unterlagen der schriftlichen und mündlichen Anhörung aufnehmen würde, und zwar nicht nur bei Nebenkriegsschauplätzen, bei Kleinigkeiten, sondern auch da, wo es um grundlegende und wichtige Dinge geht,

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

wo es z. B. um die Frage geht – ich habe genau das ausgeführt, und dazu hat Kollege Frömmrich keinen Ton gesagt; ich will nicht spekulieren, warum; aber auch der Minister hat nichts dazu gesagt –, dass der Wesentlichkeitsvorbehalt vom Gesetzentwurf missachtet wird und dass Sie in Ihren Änderungsantrag dazu nichts aufnehmen.

Das ist der entscheidende Punkt, bei dem es nicht darum geht, ob man Videoüberwachung in dem Bereich braucht. Dazu habe ich keinen Ton gesagt. Im Gegenteil, ich bin sehr nah bei den Argumenten des Innenministers, dass wir wegen Geldwäschegefahr usw. dort aufpassen müssen. Nur, wir müssen es richtig machen. Es muss auch gesetzestechnisch richtig gemacht werden.

(Beifall bei der FDP und der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Das heißt, Sie müssen Regelungen, die solch massive Einschränkungen von Persönlichkeitsrechten beinhalten, ins Gesetz schreiben. Da können Sie nicht reinschreiben, das macht die Verwaltung, und die legt dann fest, wie das geht. Nein, meine Damen und Herren, so geht es nicht.

(Beifall bei der FDP und der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Danke, Herr Greilich. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Damit stimmen wir als Erstes über den Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ab, das ist Drucks. 19/5749. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer lehnt ab? – FDP und LINKE. Wer enthält sich? – Die SPD. Damit ist dieser Änderungsantrag angenommen.

Wir stimmen jetzt über den geänderten Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Spielbankgesetzes, Drucks. 19/5508 zu 19/5243, ab. Wer diesem Gesetzentwurf zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ablehnung? – SPD, LINKE und die FDP. Damit ist dieser Gesetzentwurf angenommen und wird zum Gesetz erhoben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 31 auf:

Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz zur Änderung glücksspielrechtlicher Vorschriften – Drucks. 19/5509 zu Drucks.

19/5248 –

Berichterstatter ist der Abg. Frömmrich. Ich bitte als Erstes um Berichterstattung.

Es geht weiter mit Glücksspiel. – Herr Präsident, meine Damen und Herren! Beschlussempfehlung: Der Innenausschuss empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktionen der SPD und DIE LINKE bei Enthaltung der Fraktion der FDP, den Gesetzentwurf in zweiter Lesung unverändert anzunehmen.

Danke, Herr Berichterstatter Frömmrich.

Wir rufen hierzu auf:

Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucks. 19/5750 –

und Tagesordnungspunkt 92:

Dringlicher Antrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Scheitern des Zweiten Glücksspieländerungsstaatsvertrags – Drucks. 19/5769 –

Ich eröffne die Debatte. Die vereinbarte Redezeit ist siebeneinhalb Minuten. Für die CDU-Fraktion hat sich Herr Bauer zu Wort gemeldet.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass der Landtag von Schleswig-Holstein am 22. September 2017 beschlossen hat, den Zweiten Glücksspieländerungsstaatsvertrag nicht zu ratifizieren. Nordrhein-Westfalen hat dies aufgegriffen und mitgeteilt, dass sie aufgrund dieser Entscheidung ebenfalls diesen Glücksspieländerungsstaatsvertrag nicht ratifizieren werden.

Dies hat zur Folge, dass dieser Glücksspieländerungsstaatsvertrag mangels der erforderlichen Zustimmung von allen nicht in Kraft treten wird. Deshalb müssen wir unseren Gesetzentwurf mit dem eingebrachten Änderungsantrag Drucks. 19/5750 in unterschiedlichen Bereichen ändern; denn wir können nur das regeln, was in unserer eigenen Regelungskompetenz liegt.

Unser Änderungsantrag enthält entsprechende Verbesserungsvorschläge wie beispielsweise die Einführung von Testspielen und die Neuordnung der Zuständigkeiten, welche in einem neuen Hessischen Glücksspielgesetz nach unserer Auffassung berücksichtigt werden sollen. Darüber hinaus werden die Regelungen, welche mit der Ratifizierung des Zweiten Glücksspieländerungsstaatsvertrags im Zusammenhang stehen, gestrichen. Das ist der wesentliche Bestandteil des Änderungsantrags.

Das Gesetz regelt auch, dass die Zuständigkeit für die Erteilung von Konzessionen für Sportwetten, die auch in Zukunft in Hessen verbleibt, gemäß dem Änderungsantrag auf das Regierungspräsidium Darmstadt übertragen wird.

Meine Damen und Herren, wir als CDU-Fraktion bedauern sehr, dass der Zweite Glücksspieländerungsstaatsvertrag gescheitert ist – er war zwar von Anfang an nur ein minimaler Konsens der Länder, aber immerhin eine entsprechende Handlungsgrundlage, die uns jetzt fehlt – und wir auf einen alten, noch schlechteren Status zurückfallen. Da dieser Zweite Glücksspieländerungsstaatsvertrag jetzt gescheitert ist, ist es Zeit für umfangreiche Neuausrichtungen des Glücksspiels insgesamt. Wir brauchen dringender denn je eine umfassende Regulierung, einen vernünftigen Spielerschutz, das Verbot und die Eindämmung illegaler Spiele und auch eine effektive Bekämpfung des Schwarzmarktes.

Meine Damen und Herren, die Realität ist, dass derzeit rund 98 % der Spieleinsätze im Onlineglücksspielmarkt il

legal sind. Das ist ein Zustand, der so nicht länger tragbar ist.

Wir bedauern auch sehr, dass durch das Scheitern dieses Glücksspielstaatsvertrags in absehbarer Zeit keine Sportwettenkonzessionen erteilt werden können und damit der Markt für diese Sportwetten auch im Jahr 2018 nicht reguliert werden kann. Damit werden auch in Zukunft rund 91 % des Sportwettenmarkts in Deutschland formell illegal sein. Auch das ist ein Zustand, den wir so nicht länger hinnehmen wollen.

Was ist jetzt angesagt? Wir wollen – das macht unser Dringlicher Antrag Drucks. 19/5769 deutlich –, dass sich die Landesregierung um Neuverhandlungen auf der Grundlage der bereits im Juni 2016 im Landtag diskutierten und beschlossenen Leitlinien für eine zeitgemäße Glücksspielregulierung in Deutschland bemüht. Diese Leitlinien sind in dem Änderungsantrag aufgenommen. Ich möchte sie schlaglichtartig noch einmal in Erinnerung rufen.

Im ersten Punkt geht es um die Regulierung von Casinound Pokerspielen im Internet. Gerade in den letzten beiden Jahren ist dieses Segment massiv gestiegen. Illegale Onlinecasinos und Pokermärkte sprießen wie Pilze aus dem Boden. In den letzten drei Jahren hat sich das Segment fast verdoppelt. Das zeigt deutlich, dass die gegenwärtige Rechtslage in Deutschland geradezu ein Eldorado für illegale Anbieter ist.

Meine Damen und Herren, wir wollen eine Erlaubniserteilung – eine Regulierung dieser Casino- und Pokerspiele im Internet. Nach unserer Auffassung müsste das auf qualitativer Grundlage, ohne eine quantitative Begrenzung, möglich sein.

Wir wollen darüber hinaus – unter Punkt 2 – eine Aufhebung der Höchstzahl der zu vergebenden Sportwettenkonzessionen. Sie alle wissen aus den Debatten in der Vergangenheit, dass eine Limitierung auf 20 Konzessionen – egal, wie man diese Zahl festlegt – nicht sinnvoll ist; denn derjenige, der aufgrund einer quantitativen Begrenzung nicht zum Zug kommt, wird den Klageweg beschreiten. Genau in der Phase befinden wir uns. Deshalb sagen wir, dass wir die Deckelung aufheben müssen. Wir brauchen die Einführung eines Erlaubnisverfahrens, das zu einer einheitlichen, erfolgreichen Regulierung führt. Wir brauchen Qualitätskriterien für die Erteilung einer Konzession.

Der dritte Aspekt bei den Leitlinien ist, dass wir bei den Einsätzen im Internet auch die Höchstgrenzen anders gestalten wollen. Die Begrenzung des Höchsteinsatzes auf 1.000 € ist nicht zeitgemäß, nicht marktgerecht, und sie dient weder dem Spielerschutz noch der Suchtprävention. Notwendig ist, dass Menschen, die spielen – auch Intensivspieler –, nicht in den Schwarzmarkt abwandern, wo es keine Limitierung bei den Einsätzen gibt. Daher wollen wir die Möglichkeit der Selbstlimitation einführen. Dass Spieler ein Verlustlimit anstelle eines Einsatzlimits definieren können, ist nach unserer Auffassung der geeignetere Weg, um die Suchtprävention zu stärken.

Der vierte Gedanke ist, dass das bisherige Glücksspielkollegium ebenfalls nicht zeitgemäß ist. Wir sind der Auffassung, dass die notwendige Zusammenarbeit der Länder durch die Gründung einer gemeinsamen Anstalt des öffentlichen Rechts gewährleistet werden soll. Diese Anstalt soll nach unserer Vorstellung für die bundesweite Erteilung der Interneterlaubnisse zuständig sein. Sie soll die Aufsicht führen, Untersagungen von unerlaubtem Glücksspiel vor

nehmen und auch für die Werbung im Internet zuständig sein.

Der fünfte Aspekt, der bei den Fachleuten ebenfalls auf Zustimmung stieß und stößt, ist die vorgesehene Regelung, die hessische Sperrdatei für Spielhallen auszuweiten, die anderen Spielmöglichkeiten zu integrieren und bundesweit eine zentrale Sperrdatei aufzubauen. Es ist bis heute unverständlich, warum nur in Hessen die Spielhallen mit großem Erfolg an die Sperrdatei angeschlossen wurden. Ich denke, für einen ernsthaften Spielerschutz ist es sinnvoll, dass wir spielformübergreifende Kriterien erarbeiten, damit Menschen sich selbst sperren oder fremdgesperrt werden können. Im Falle einer Regulierung ist auch der Anschluss von Onlinecasinos an solche Sperrdateien unerlässlich.

Werte Kolleginnen, werte Kollegen, die Umsetzung unseres Koalitionsvertrags macht es deutlich. Dort haben wir formuliert, dass wir die Ziele verfolgen wollen, die ich eben skizziert habe. Unser Leitgedanke ist es, das Glücksspiel vor dem Hintergrund der europäischen Verträge sowie der ergangenen Rechtsprechung schlüssig und rechtssicher zu gestalten.

Dazu gehören nach unserer Auffassung auch die Beibehaltung und Sicherung des Lottomonopols und das Verbot von Zweitlotterien. Das ist nach unserer Auffassung ein Wesensbestandteil. Das rasante Wachstum gerade bei den illegalen Lotterien macht ein unverzügliches Handeln der Länder erforderlich. Hier entgehen uns auch fiskal erhebliche Einnahmen.

Meine Damen und Herren, drei Gedanken zum Schluss: Erstens. Der Gesetzentwurf wird nach dem Scheitern des Glücksspielstaatsvertrags auf die notwendigen Änderungen reduziert.

Zweitens. Die Änderungen, die im Glücksspielstaatsvertrag jetzt vorgenommen werden – die Glücksspieländerungen, die wir in Hessen regeln können, so muss ich es formulieren –, finden unsere Zustimmung. Wir können und müssen uns auf das beschränken, was machbar ist. Aber wir fordern nach wie vor eine staatsvertragliche Regelung, die sinnvoll ist und praktikable Vorgaben umsetzt, wie ich es eben skizziert habe. In Hessen sind wir mit diesen Forderungen schon lange auf dem Markt.

Ich denke, das ist eine sinnvolle und zukunftsfähige Lösung, bei der wir jetzt einen starken Partner brauchen, um auch andere davon zu überzeugen. Über den Gesetzentwurf kann nach unserer Auffassung heute abgestimmt werden. – Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Herr Bauer. – Für die FDP-Fraktion hat sich Herr Greilich zu Wort gemeldet.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Heute befassen wir uns schon zum zweiten Mal mit einem Papiertiger, den Herr Ministerpräsident Bouffier am 16. März 2017 zusammen mit seinen Ministerpräsidentenkollegen unterzeichnet hat. Das hat nichts daran geändert. Wir

wissen nicht erst seit heute, sondern schon seit Monaten, dass das ein Papiertiger ist.

Ich wundere mich schon ein wenig: In der ersten Lesung, die noch nicht lange zurückliegt, ging diese Koalition davon aus, dass der Zweite Glücksspieländerungsstaatsvertrag ratifiziert werden würde. Nun rudern Sie zurück; denn Sie haben eingesehen, dass es zur Ratifikation und damit zum Inkraftsetzen nicht kommen wird. Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen haben nämlich erkannt, dass der Zweite Glücksspieländerungsstaatsvertrag nicht geeignet ist, das Glücksspielrecht europarechtskonform auszugestalten – ein Problem, das wir seit Langem haben.

Übrigens sind wir uns mit den Vertretern der Koalition darin einig, dass der alte Glücksspieländerungsstaatsvertrag dem nicht gerecht werden konnte. Bis zuletzt war die Koalition aber davon überzeugt, dass es mit diesem Vertragsentwurf weitergehen könnte. Dabei habe ich sie bereits in der ersten Lesung auf den schon vorliegenden Beschluss des Landtags in Kiel und auf die Absichtserklärung der nordrhein-westfälischen Landesregierung hingewiesen.

Nun kommen Sie kurz vor Toresschluss mit einem Änderungsantrag, der kaum noch etwas mit Ihrem ursprünglichen Gesetzentwurf zu tun hat.