Protokoll der Sitzung vom 26.04.2018

(Heiterkeit der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Ich weiß nicht, ob das von Ihnen irgendjemand versteht. Da steht in demselben Antrag einerseits, sie sei gültig, und anderseits, es müsse Rechtssicherheit geschaffen werden. Das ist ein Widerspruch, den kein Mensch versteht.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Frau Staatsministerin Hinz, ich komme nun sozusagen zu dem formalen Teil. Ich habe es am Anfang auch nicht verstanden. Da ist also eine Verordnung gemacht worden, und die hätte begründet werden sollen.

(Zuruf der Ministerin Priska Hinz)

Sie ist begründet. – Also, eine Verordnung muss begründet werden. Das war ein bisschen strittig. Im Ausschuss hatten wir eine interessante Diskussion, ich habe dabei viel gelernt. Mein Kollege Norbert Schmitt hat herausgearbeitet, die Ermächtigungsgrundlage nach § 556d BGB besage, dass eine Verordnung – darin werden sehr detailliert inhaltliche Vorgaben an die Verordnung gestellt – möglich ist. Hierzu heißt es in der Gesetzesbegründung, in das Gesetz würden zudem Indikatoren aufgenommen, die dafür sprächen, dass ein angespannter Wohnungsmarkt vorliege. – Das steht im Mietrechtsnovellierungsgesetz usw., die Drucksachennummer will ich jetzt nicht noch einmal ausführen.

Frau Ministerin, Sie haben dann der Bundesregierung vorgeworfen, ein schlechtes und unpräzises Gesetz gemacht zu haben. Das steht nun auch wieder in Ihrem Antrag. Die Ermächtigungsgrundlage enthält eine Begründungspflicht, und wer das nicht glaubt, möge in der Gesetzesbegründung auf Seite 29 die Sätze 5 bis 7 nachlesen.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): So ist es!)

Dort steht nämlich die entsprechende Begründungsverpflichtung für eine Rechtsverordnung drin. Auf diese Weise soll die Entscheidung der Landesregierung nachvollziehbar gemacht werden, insbesondere im Hinblick darauf, aufgrund welcher Tatsachen die Gebiete bestimmt wurden und welche Begleitmaßnahmen geplant sind, um die Anspannung auf den Wohnungsmärkten zu beseitigen.

Ich kann mir nur vorstellen, dass an dieser Stelle die Landesregierung möglicherweise ihre eigenen Maßnahmen nicht für ausreichend hält, die zur Begründung der Mietpreisbremse ergriffen werden. Die Mietpreisbremse ist das eine, nach dem Motto: „Machen wir mal“, aber die Landesregierung darf sie nur machen, wenn sie nachweist, dass sie auch etwas anderes macht um das, was die Miet

preisbremse notwendig macht, zu beseitigen – nämlich zu hohe Mieten. Ein ganz einfaches Beispiel: Sozialwohnungen mit Sozialbindung bauen. Das wäre eine solche Maßnahme.

(Zuruf der Abg. Martina Feldmayer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Man muss natürlich auch daran glauben, dass man solche Maßnahmen durchführt. Wenn man nicht daran glaubt, können letztendlich auch solche Fehler passieren, wie sie hier passiert sind.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Die Verpflichtung zur Begründung der Rechtsverordnungen, mit denen die angespannten Wohnungsmärkte ausgewiesen werden, dient der Transparenz, also der Tatsache, dass Vermieterinnen und Vermieter wissen sollen, warum in ihrem Gebiet nicht die Marktmiete verlangt werden darf – so hat es der Staatssekretär im Bundesministerium bei der entsprechenden Begründung der Verordnung vorgetragen. Und weiter im Zitat:

Nur so können wir erwarten, dass zumindest die Mehrheit der Vermieterinnen und Vermieter die Beschränkung akzeptiert. Wie die Begründung aussieht, haben wir den Ländern überlassen; denn sie sind viel näher am Geschehen und können die Situation besser abschätzen. Die Indikatoren sind im Gesetz beispielhaft genannt und keinesfalls abschließend.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, jetzt hat sich die Landesregierung bei ihrer Verordnung sozusagen auf ein Gutachten des Instituts Wohnen und Umwelt GmbH bezogen. Die Frau Ministerin hat im Ausschuss ausgeführt, dass sie jetzt erneut kurz davor ist – oder vielleicht ist es mittlerweile passiert –, das Institut mit einem Gutachten zu beauftragen. Warum, fragt man sich da – weil die Zahlen zu alt sind? Das hätte man auch vorher wissen müssen, dass möglicherweise die Zahlen zu alt sind.

(Zuruf der Abg. Martina Feldmayer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Frau Ministerin, das ist alles nicht sehr konsistent, was Sie da zusammengeschrieben und auch argumentiert haben. Falsche Tatsachen werden durch ständige Wiederholung nicht richtig.

(Martina Feldmayer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das stimmt allerdings!)

Deshalb stelle ich abschließend für die SPD-Fraktion fest: Die Landesregierung hat an diesem Punkt nicht sauber gearbeitet. Sie hätte es tun müssen, weil sie weiß – ich weiß das von Ihnen persönlich, Frau Ministerin –, dass ob der Konfliktfähigkeit und -trächtigkeit der Mietpreisbremse die Interessenverbände unterwegs sind, in Hessen wie auf Bundesebene.

Zweitens. Die Begründungsverpflichtung war unstrittig streitig, weil lediglich der Begründungsinhalt aus Sicht mancher Länder nicht klar genug vorgelegen hat, so hat Hessen argumentiert. Die Begründung war der Transparenz wegen zu veröffentlichen.

Drittens. Die Landesregierung hat deshalb Rechtsunsicherheit geschaffen. Dazu hat Herr Kollege Schaus das Notwendige ausgeführt. Es wird jetzt keine Klage mehr geben.

Das heißt, alle Mieter – jetzt in der Zeit, in der wir diese Situation haben, bevor wir ein neues Gutachten haben und bevor wir eine neue Verordnung haben – werden unter den alten Bedingungen die Mieten bezahlen müssen. Das ist die Rechtsunsicherheit, die Sie zu verantworten haben.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Letzter Punkt. Da komme ich wieder zu dem persönlichen Teil. Wenn wir uns alle so einig darüber sind – bis auf die FDP, Entschuldigung, ich vergesse euch immer –, dass wir nicht nur eine Mietpreisbremse, sondern auch eine letztgültige Mietpreisbremse haben wollen und dass wir eine wirkungsvolle Mietpreisbremse haben wollen, dann bitte ich um Ihre Unterstützung, meine Damen und Herren. Wir werden das Unsrige dazu tun, dass wir auf Bundesebene das, was Frau Förster-Heldmann teilweise etwas kritisch angesprochen hat, umsetzen, nämlich dass die Mietpreisbremse geschärft wird,

(Zuruf von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

dass die Mieterinnen und Mieter ein Recht darauf haben, zu erfahren, wie hoch die Miete vorher war. Dann wird es auch wirkungsvoll werden, wenn wir das umgesetzt haben. Dazu bitte ich um Ihre Unterstützung, unsere Unterstützung hat es auf alle Fälle. – Danke schön.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Vielen Dank, Herr Kollege Siebel. – Als Nächster spricht zu uns für die Fraktion der CDU Herr Kollege Caspar. Bitte sehr, das Rednerpult gehört Ihnen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich fange einmal mit Herrn Kollegen Siebel an: Sie haben uns hier vorgetragen, den Antrag der Fraktionen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gelesen zu haben. Das kann ich nachvollziehen.

(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Sie haben dann erklärt, bestimmte Dinge allerdings nicht verstanden zu haben. Auch das kann ich nachvollziehen. Deswegen will ich es noch einmal erläutern.

In Punkt 1 ist erwähnt, dass die Mietenbegrenzungsverordnung nach wie vor rechtsgültig ist; denn entschieden wurde in einem Einzelfall. Zumindest ich weiß es noch nicht – vielleicht liegt es ja mittlerweile vor –, ob das Urteil in diesem Einzelfall überhaupt rechtskräftig ist oder ob es an den Bundesgerichtshof geht. Aber es ist ein Rechtsstreit zwischen zwei Zivilparteien gewesen.

Wie Sie aus der Debatte im Ausschuss wissen, ist es nicht so, dass das Ministerium im Rahmen dieses Prozesses irgendwie tangiert gewesen wäre oder hätte Einfluss nehmen können. Das wesentliche Argument in diesem Gerichtsurteil war, es hätte keine Begründung gegeben, sondern nur den Entwurf einer Begründung. Warum ist das Gericht dieser Meinung? – Weil wahrscheinlich nur eine der beiden Seiten einen Entwurf vorgelegt und die andere Seite nicht darauf hingewiesen hat, dass aus einem Entwurf irgendwann eine Begründung wird. Bevor die Regierung jemals

eine Verordnung gemacht hat, gab es natürlich immer auch eine endgültige Begründung.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Es geht aber um die Veröffentlichung, Herr Caspar!)

Das heißt, das Thema Begründung ist, glaube ich, schon ziemlich absurd und dürfte abgeräumt sein, aber eben nicht in diesem Urteil.

Das zweite Thema ist die Veröffentlichung. Hier ist es so – ich komme auf das „Nichtverstehen“ von Herrn Siebel zurück –, dass wir eben unterschiedliche Dinge haben. Deswegen steht in unserem Punkt 4 nicht nur der Satz, der von Ihnen erwähnt wurde, sondern eben auch ein zweiter, der sich genau darauf bezieht, dass der Bundesgesetzgeber klare rechtliche Vorgaben machen muss. Deswegen ist Ihre Kritik an der Landesregierung völlig unangebracht.

(Turgut Yüksel (SPD): Nachvollziehbar!)

Denn das Problem ist die gesetzliche Änderung auf Bundesebene, die der damals dafür zuständige Bundesminister Maas auf den Weg gebracht hat, die schon damals in einer breiten Diskussion sowohl rechtlich als auch wirtschaftlich von vielen als problematisch angesehen wurde. Rechtlich und wirtschaftlich wurde sie deshalb als problematisch angesehen, weil beim Prinzip der sozialen Marktwirtschaft üblicherweise die Marktteilnehmer über den Preis bestimmen, wenn sie sich auf eine Sache einigen. Wenn es wie in diesem Fall darum geht, einen Mietvertrag miteinander zu vereinbaren, ist es in einer Marktwirtschaft üblicherweise so, und deswegen heißt sie so, dass die Marktteilnehmer, sprich: der Vermieter und Mieter, miteinander den Preis vereinbaren und einen Vertrag schließen.

(Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Wenn man jetzt aus anderen Gründen, die wir durchaus nachvollziehen können, nämlich aufgrund des Engpasses am Wohnungsmarkt, weil die Nachfrage mehr gestiegen ist als das Angebot, sagt: „Wir wollen in diese Preisbildung eingreifen“, dann kann man das tun. Das ist aber außerordentlich schwierig. Deswegen hat der Bundesgesetzgeber hierzu Regelungen ergriffen, die im Vergleich zu sonstigen Regelungen, die wir haben, eben sehr ungewöhnlich sind. Dazu zählt z. B., dass erwähnt wird: Man darf zwar eine Verordnung machen, aber nur dann, wenn man sie begründet. – Es wird auch erwähnt, was Gegenstand der Begründung sein muss, dass man nämlich dort, wo es angespannte Wohnungsmärkte gibt, darlegen muss, was man selbst dafür tut, um diese Spannungssituation zu verändern. Auch hier hat die Landesregierung hervorragend gehandelt und ein unglaubliches Paket an Maßnahmen auf den Weg gebracht, um die Situation auf angespannten Märkten zu verbessern.

(Dr. Walter Arnold (CDU): Ja!)

Wir alle wissen allerdings – auch das ist ein verfassungsmäßiges Recht der Kommunen –, dass der Engpass heute die Ausweisung von Bauland ist. Hier ist die Landesregierung in ihren Möglichkeiten nun mal beschränkt, weil es eine primäre Aufgabe der Kommunen ist, das notwendige Bauland auszuweisen, damit die notwendigen Wohnungen auch gebaut werden können.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Es werden ja Wohnungen gebaut, aber Sozialwohnungen werden eben nicht gebaut! Das ist der Unterschied!)

Meine Damen und Herren, wenn es darum geht, einen Markt herzustellen, bei dem auch wieder der Normalverdiener auf bezahlbare Mieten stößt, dann nützt es eben nichts, Sozialwohnungen zu bauen, weil Sozialwohnungen und die Mieten für diese bekanntlich nicht in den Mietspiegel einfließen. Wenn man will, dass derjenige, der eben nicht berechtigt ist, eine Sozialwohnung zu bekommen, gleichwohl bezahlbaren Wohnraum bekommt, muss man natürlich auch in dem Segment Wohnungen bauen, in dem die Mieten für diese Wohnungen, die dort erstellt werden, in den Mietspiegel einfließen dürfen. Nur dadurch kann man eben die Mietspiegelhöhe beeinflussen, nicht durch den Bau von Sozialwohnungen. Herr Schaus, insoweit ist Ihr Zwischenruf interessant, trifft aber die Sache nicht.

Lassen Sie mich noch erwähnen, dass wir hoffen, dass der Bundesgesetzgeber hierzu etwas mehr Klarheit bringt. Eines ist jedenfalls klar: Das BGB – Sie haben § 556d bereits erwähnt; dort ist es genau ausgeführt – sieht gerade nicht vor, dass die Begründung einer Verordnung veröffentlicht werden muss.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Doch!)

Insoweit können Sie auch nicht sagen, dass die Regierung fehlerhaft gehandelt habe. Wir können nie ausschließen, dass im Rahmen von Rechtsprechung zusätzliche Kriterien entstehen. Selbstverständlich ist das möglich, aber zunächst einmal handelt eine Regierung auf einer gesetzlichen Grundlage. Diese gesetzliche Grundlage hat der Bund geliefert, nicht der hiesige Gesetzgeber. Diese gesetzliche Grundlage hat eben keine Veröffentlichung vorgeschrieben. Daher ist nachvollziehbar, dass andere Bundesländer ebenfalls Begründungen für Verordnungen hatten, diese aber nicht veröffentlicht haben. Insoweit steht Hessen in dieser Auslegung des Bundesgesetzes nicht allein. Deswegen, meine ich, kann man das nicht vorwerfen.

Richtig ist gleichwohl, um alle Zweifel auszuräumen, dass man sich mit diesen Dingen beschäftigen und aktuelle Zahlen ermitteln muss, um dann zu überlegen, in welcher Form und wie diese Verordnung gegebenenfalls angepasst werden muss. Es ist sinnvoll, dass das Ministerium diese notwendigen Maßnahmen jetzt auf den Weg bringt.