Ich will noch einmal sagen: Natürlich betrifft das nicht nur diese eine Strecke. Sie sollten sich einmal anschauen, was wir gemeinsam mit vielen anderen Partnern in den letzten Jahren auf den Weg gebracht haben. Das betrifft die ganzen Projekte von Frankfurt RheinMain plus und alles, was damit zusammenhängt. Es stimmt. Sie sind nicht neu. Sie sind vom Anfang der Zweitausenderjahre.
Ich lade Sie an dieser Stelle ein. Schauen Sie sich das einmal im Internet auf frmplus.de an. Es sind zwölf Projekte mit einer Summe von insgesamt 12 Milliarden €, von denen übrigens 1 Milliarde € vom Land kommen, obwohl die Bahn eigentlich eine Bundesgesellschaft ist. Das wird dazu beitragen, dass wir dem Verkehrsstau und dem Verkehrsinfarkt, den wir teilweise haben, etwas entgegensetzen. Wir werden den Verkehr im Rhein-Main-Gebiet mobil halten.
Ganz nebenbei gesagt, darf man das auch nicht vergessen: Ein Drittel unserer Treibhausgase in Hessen kommt von dem Verkehr. Natürlich ist die Schiene eine der entscheidenden Antworten genau auf diese Frage. Die Elektromobilität auf der Schiene ist über 100 Jahre alt.
Da geht es nicht nur um die Strecke Hanau – Fulda. Es geht um die Strecke Frankfurt – Mannheim. Es geht um den Frankfurter Bahnknoten insgesamt. Es geht um die Nahverkehrsvorhaben. Da geht es um den Bau der Nordmainischen S-Bahn und um ein drittes und viertes Gleis in Richtung Bad Vilbel für die S 6. Die führt dann weiter bis Friedberg. Es geht um die Regionaltangente West. Dazu werde ich vielleicht am Schluss meiner Rede noch etwas sagen.
Ich will zu dem Ausbau der Strecke Hanau – Fulda, das ist der Anlass der Aktuellen Stunde, ausdrücklich sagen: Wir müssen diesen Engpass beseitigen, und zwar für den Fernverkehr und für den Regionalverkehr. Denn die meisten Leute vergessen das: Es ist nicht nur so, dass der Fernverkehr ein Problem hat und dass es darum geht, den Fernverkehr zu beschleunigen. Zwischen Frankfurt und Fulda geht es da um elf Minuten.
Manche fragen dann: Was macht denn der Unterschied von zwei Minuten hier oder da aus? – Dazu kann ich sehr konkret sagen: Bei zwei Minuten schneller geht es z. B. um die Frage, ob der ICE in Hanau hält oder nicht.
Das ist am Ende für die Frage der Attraktivität von Fernverkehrsverbindungen auch in der Region einer der wichtigen Aspekte, nämlich dass es nicht nur die Verbindungen Frankfurt – Kassel gibt, sondern auch Halte dazwischen, und dass man sie darstellen kann. Das ist nicht zu unterschätzen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Wenn der Fernverkehr dann auf der neuen Trasse ist, gibt es überhaupt erst die Möglichkeit, den Regionalverkehr so fahren zu lassen, wie wir ihn alle wollen, nämlich im Takt, schnell, zuverlässig und pünktlich. Ich bin sehr froh, dass wir in Gesprächen mit der Bahn, mit dem RMV schon jetzt über die Frage nachdenken, was an zusätzlichen Angeboten möglich ist, wenn diese Strecke einmal fertig ist. Der Hessen-Express soll dann zwischen Fulda und Frankfurt durch den Main-Kinzig-Kreis fahren und auch denen etwas bringen, die sozusagen zwischen den Fernverkehrshalten fahren. Wir gehen davon aus, dass überhaupt nur zusätzli
che Angebote machbar sind, wenn wir diese zusätzliche Kapazität haben. Meine sehr verehrten Damen und Herren, deswegen nützt es denen, die im Fernverkehr, aber auch denen, die im Regionalverkehr unterwegs sind.
Dieses Dialogforum hat erst einmal Zeit gekostet. Ich bin aber der festen Überzeugung, dass die transparente Beteiligung von Beginn an der Schlüssel ist, wie wir die Bürgerinnen und Bürger mitnehmen, wie wir auch von dem Wissen der Bürgerinnen und Bürger profitieren. Ich bin sicher, dass diese Vorzugsvariante, die jetzt ins Verfahren geht, besser ist, als wenn sie sich die Bahn alleine ausgedacht hätte. Sie wird auch auf mehr Akzeptanz stoßen. Auch das ist am Ende eine gute Nachricht, weil wir nämlich nach hinten heraus schneller in der Umsetzung dieser Verfahren werden. Da bin ich sehr sicher.
Sie bietet auch die Chance, die Lärmbelastung zu senken, durch zusätzliche Kapazität, nächtlichen Güterverkehr auf die Neubaustrecke zu verlagern, bei der Bestandsstrecke Lärmschutz umzusetzen und die Bahnhöfe barrierefrei auszubauen.
Ein letzter Punkt, der mir wichtig ist. Wir reden über viele Projekte. Herr Lenders, natürlich müssen wir uns auch Gedanken machen über die Frage: Was folgt danach? – Natürlich brauchen wir nach der Regionaltangente West auch die Regionaltangente Süd und die Regionaltangente Ost. Aber was wir doch gemerkt haben, ist, dass es einerseits wichtig ist, langfristig zu denken, andererseits aber auch wichtig ist, das, worüber wir seit Jahrzehnten reden, endlich einmal in die Tat umzusetzen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, beides muss gemacht werden.
Ich bin überzeugt – letzter Satz, Herr Präsident –, dass jeder Meter Schiene uns da hilft, egal ob im Fern-, im Regional- oder im Stadtverkehr. Das muss ich an dieser Stelle schon noch einmal in Richtung der FDP sagen: Die spannende Frage ist, was Sie sich am Ende konkret vorstellen. Wenn man sagt: „Wir brauchen zusätzliche Schienen“, dann braucht das auch die Unterstützung vor Ort. Jedes Mal, wenn wir an die konkreten Umsetzungsmaßnahmen von irgendeinem Schienenprojekt gehen, finde ich die FDP komischerweise auf der anderen Seite der Barrikade wieder: Lichtwiesenbahn in Darmstadt – FDP dagegen; CityBahn in Wiesbaden – FDP dagegen; U-2-Verlängerung von Gonzenheim nach Bad Homburg – FDP dagegen.
Ich kann Ihnen nur sagen: Am Ende ist es so, dass man nicht nur darüber reden muss, was man alles will. Man muss es auch umsetzen und dafür kämpfen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, dass wir an diesem Punkt keine Nachhilfe brauchen, sondern viel Unterstützung von möglichst vielen Akteuren in dieser Gesellschaft. Ich bin sehr sicher, dass wir die auch bekommen werden. – Vielen Dank.
Herzlichen Dank, Herr Minister. Es war ein beeindruckender letzter Satz, den Sie vorgetragen haben. – Damit können wir den Tagesordnungspunkt 68 als behandelt ansehen.
Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend eine Aktuelle Stunde (Roland Kochs Privatisierungspolitik kommt Hessen teuer zu stehen – immer mehr Details über das Ausmaß des Schadens durch Verkauf und Rückmietung des Sozialministeriums kommen ans Licht) – Drucks. 19/6558 –
Herr Präsident, meine Damen und Herren! 2005 hat die CDU-geführte Landesregierung unter Roland Koch im Rahmen der sogenannten Leo-I- und Leo-II-Geschäfte erst 54 landeseigene Immobilien im großen Stil verkauft, um sie dann wieder zurückzumieten.
In der letzten Sitzung des Haushaltsausschusses haben wir uns mit zwei Berichtsanträgen – einem Antrag der FDP, einem Antrag der SPD – zu den Kosten dieser Sale-and-Lease-back-Geschäfte im Rahmen der Veräußerung von Landesimmobilien beschäftigt. 13 Jahre später ist es an der Zeit, eine vorläufige Bilanz dieser Geschäfte zu ziehen. Deswegen war es auch richtig, das im Haushaltsausschuss zu besprechen.
Finanzminister Dr. Schäfer hat sich allerdings im Ausschuss ein Stück weit um die Frage gewunden, ob diese Geschäfte aus heutiger Sicht für das Land überhaupt wirtschaftlich gewesen seien. Der Finanzminister hat lediglich erklärt, dass die Methodik, mit der diese Frage damals beurteilt wurde, aus heutiger Sicht nicht falsch sei. Mit anderen Worten: Sie selbst trauen sich heute nicht mehr, klar zu sagen, ob Leo I und II dem Land wirtschaftliche Vorteile gebracht haben. Ich sage Ihnen: welch ein Offenbarungseid. Die Wahrheit ist: Diese Privatisierungsgeschäfte schaden dem Land bis heute und sind ein Fass ohne Boden.
Beispielhaft für dieses Desaster ist das Gebäude im Wiesbadener Behördenzentrum, in dem sich das Sozialministerium befand. In den Unterlagen zum Verkauf, die damals vorgelegt wurden, findet sich eine klare Formulierung. Ich zitiere aus Drucks. 16/4603:
Der Vermieter ist zur Instandhaltung und Instandsetzung (einschließlich Wartung sowie erforderliche Ersetzung/Erneuerung) der Mietsache an Dach und Fach auf seine Kosten verpflichtet.
Für jeden Mieter ist das doch eigentlich eine Selbstverständlichkeit; dennoch war es natürlich schön, dass das in der Drucksache so noch einmal deutlich aufgeführt wurde. Das Problem ist nur: Mittlerweile veranlasst das Land hier als Mieterin selbst Maßnahmen, und zwar nicht zu knapp. Denn wie in der „Allgemeinen Zeitung“ nachzulesen war, ist das Gebäude des Ministeriums – ich zitiere –:
Das Gebäude steht mittlerweile leer und wird energetisch saniert. Aber von wem? – Vom Land. Ich sage Ihnen: Solche Mieter kann man sich als Vermieter nur wünschen. Wer zieht denn schon aus einem Gebäude aus, das er einem erst verkauft, dann zurückmietet und bei dem er dann noch auf eigene Kosten umfangreiche Sanierungsmaßnahmen vornimmt? Das ist ja ein schönes Geschäft für den Vermieter.
Wir werden also scheibchenweise erfahren, wie teuer Leo I und II das Land Hessen tatsächlich zu stehen kommen werden. Doch eines ist klar: Schon vor dem Verkauf wurde das Geschäft mit Annahmen schöngerechnet, die nicht haltbar waren. Das Schlimme ist: Noch nicht einmal eine Ausstiegsklausel haben Sie vereinbart. Dann behaupten Sie hier im Plenum allen Ernstes immer wieder, dass die Privaten alles besser können als der Staat. Was für ein Trugschluss.
Bei einem gebe ich Ihnen aber recht, denn das können private Unternehmen wirklich besser: Rendite für ihre Aktionäre zu erwirtschaften. Im Fall von Leo I und II werden diese Profite auch noch direkt aus Steuermitteln finanziert. Was für eine Tragödie.
Leo I und II waren von Anfang an allein darauf ausgerichtet, kurzfristig und kurzsichtig Geld in die Kassen des Landes zu spülen, damit Steuergeschenke auf Bundesebene in Hessen keine noch größeren Haushaltslöcher reißen und die Schuldenberge, die Sie angehäuft haben, nicht noch weiter anwachsen. Niemals, aber auch wirklich niemals waren diese Geschäfte darauf angelegt, langfristig sparsam mit öffentlichen Mitteln umzugehen. – Meine Damen und Herren, das ist die Wahrheit.
Bis heute belasten die Folgen dieser Privatisierungspolitik der ehemaligen Koch-Regierung die hessische Bevölkerung und das Land Hessen. Ja, Ihr Privatisierungswahn ging so weit, dass Sie sogar unser Universitätsklinikum Gießen und Marburg zu einem Dumpingpreis an einen Aktienkonzern verschleudert haben.
Dann haben Sie Ende letzten Jahres Roland Koch sogar noch mit der Wilhelm-Leuschner-Medaille ausgezeichnet. Ich finde, dafür sollten Sie sich schämen.
Aber eine Medaille hat er sich redlich verdient: Die AlfredDregger-Medaille haben Sie ihm zu Recht verliehen.
Ich finde, die Menschen in Hessen haben das Recht, auf Euro und Cent zu erfahren, wie teuer Leo I und II unter den heute bekannten Umständen wirklich waren.
Ein für alle Mal muss Schluss sein mit windigen Spekulationsgeschäften zugunsten von Privatkonzernen und zulasten der Bürgerinnen und Bürger. – Vielen Dank.