Protokoll der Sitzung vom 21.06.2018

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD, der LINKEN und der FDP – Zurufe von der CDU: Oh!)

Danke schön, Herr Merz. – Wir sind am Ende der Debatte angelangt.

(Zuruf von der CDU: Gott sei Dank!)

Wir treten in die Abstimmungen ein. Ich lasse als Erstes über den Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und der FDP abstimmen. Wer möchte ihm zustimmen? – Das sind SPD, FDP und DIE LINKE. Wer ist dagegen? – Das sind BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die CDU. Damit ist dieser Änderungsantrag abgelehnt.

Dann lasse ich nun über den nicht geänderten Gesetzentwurf der Fraktion der FDP abstimmen. Wer möchte dem zustimmen? – Das sind FDP und DIE LINKE. Wer ist dagegen? – CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer enthält sich? – Die SPD-Fraktion.

(Zuruf von der CDU: Aha!)

Damit ist dieser Gesetzentwurf abgelehnt.

Meine Damen und Herren, ich rufe Tagesordnungspunkt 15 auf:

Dritte Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion DIE LINKE für ein Gesetz zur Aufhebung von Straßenbeiträgen in den hessischen Kommunen – Drucks. 19/6528 zu Drucks. 19/6435 zu Drucks. 19/5961 –

Ich bitte als Erstes den Abg. May um Berichterstattung.

Sehr geehrter Herr Präsident! Der Innenausschuss empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP gegen die Stimme der LINKEN bei Enthaltung der SPD, den Gesetzentwurf in dritter Lesung abzulehnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank für die Berichterstattung. – Ich eröffne die Debatte. Die vereinbarte Redezeit beträgt fünf Minuten. Als Erster hat sich Herr Schaus für DIE LINKE gemeldet.

Herr Präsident, meine sehr geehrte Damen und Herren! In der vergangenen Plenarwoche wurde hier der Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU, GRÜNEN und FDP zur Änderung der Regelung zur Erhebung von Straßenbeiträgen beschlossen.

Wir sind der Meinung, dass der beschlossene Gesetzentwurf weder für die hessischen Kommunen noch für die betroffenen Bürgerinnen und Bürger eine gute Lösung ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Die von Ihnen getroffenen Änderung, die aus der bisherigen Sollvorschrift eine Kannvorschrift macht, nutzt lediglich den Kommunen, die bislang keine Straßenbeiträge er

hoben haben und diese auch nicht erheben müssen, um einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen zu können.

Sie haben mithin nur den Druck aus dem Kessel gelassen, den Sie letztlich durch Ihre Regierungspräsidien in den letzten Jahren selbst erzeugt haben. Erhebungszwang: ja oder nein – alle Kommunen können weiterhin Straßenbeiträge erheben und damit weiterhin die Anlieger oder alle Bürgerinnen und Bürger belasten. Ob mit einem Einmalbetrag oder mit Ratenzahlung – die Anwohner sollen weiterhin bei Grundsanierung selbst bezahlen. Das ist Bestandteil des von Ihnen beschlossenen Gesetzes.

Schlimmer noch: Alle Kommunen, die der Hessenkasse beitreten, müssen zukünftig Geld für schlechte Zeiten ansparen. Das bedeutet: Selbst wenn eine Kommune schwarze Zahlen schreibt, wird sie kaum davon ausgehen können, auf die Einnahmequelle Straßenbeiträge gänzlich zu verzichten.

Es wird also weiter insbesondere die Bürgerinnen und Bürger in klammen Kommunen treffen, nicht aber die in wohlhabenderen. Auch darin besteht im Übrigen die Ungerechtigkeit.

Damit die Einnahmequelle Straßenbeiträge aber nicht weiterhin große Proteste auslöst, haben Sie die denkbar absurdeste Regelung neu beschlossen, nämlich die Anschubfinanzierung – so will ich das nennen – zur Einführung von wiederkehrenden Straßenbeiträgen. Unabhängig von den falschen Ausgangsdaten dieser Finanzierung, die Sie dabei zugrunde gelegt haben – dazu hatte ich bereits Beispiele genannt –, wollen Sie diese Einnahmequelle unbedingt für die Kommunen weiter erhalten.

Ihr beschlossenes Gesetz hat die bestehende Situation im Kern also für die Bürgerinnen und Bürger weiter verschärft. Die Leidtragenden sind die Menschen vor Ort, vorwiegend in kleinen und mittleren Städten, in eher ländlichen Regionen. Aber genau um das Ungleichgewicht bei der Finanzausstattung der Kommunen zu berücksichtigen, wollen wir eine vollständige Übernahme der Anliegerbeiträge ausschließlich in den Kommunen, die derzeit eine Straßenbeitragssatzung erlassen haben. Mit anderen Worten: Kommunen wie Eschborn, Frankfurt oder Wiesbaden sollen keine Erstattung erhalten.

Wir haben im Januar einen Gesetzentwurf vorgelegt, der die vollständige Abschaffung der Straßenbeiträge vorsieht. An Vorbildern wie Berlin, Hamburg oder Bayern kann und sollte sich Hessen ein Beispiel nehmen; das finden wir.

(Beifall bei der LINKEN)

Es wäre einfach gewesen, unserem Gesetzentwurf zuzustimmen, der in der Anhörung übrigens auf breite Zustimmung gestoßen ist – im Übrigen auch von den kommunalen Vertretern, denen es sozusagen um die Frage der Ausformulierung der Finanzierung ging, die wir allerdings separat zu einem späteren Zeitpunkt gemeinsam diskutieren und entscheiden wollten.

Es wäre besser gewesen, unseren Gesetzentwurf anzunehmen – aufgrund der breiten Zustimmung und insbesondere auch wegen der Diskussion, die in anderen Bundesländern auch losgeht. Nehmen Sie sich – das sage ich nicht sehr oft, aber in diesem Falle trifft es zu – durchaus ein Beispiel an Bayern und an Ihrer Partnerpartei. Ich weiß nicht, ob man das im Moment noch sagen darf.

(Heiterkeit bei der LINKEN und der SPD – Michael Boddenberg (CDU): Sehr lustig! – Manfred Pentz (CDU): Schwesterpartei, nicht Partnerpartei! – Zuruf von der CDU: Bei Ihnen die SED! – Gegenruf des Abg. Jan Schalauske (DIE LINKE): Ich wusste, dass Sie das sagen! – Weitere Zurufe)

Aber lassen wir das mal so; Sie wissen, dass ich die CSU meine.

Ich kann nur noch einmal an Sie appellieren: Machen Sie Ihren schweren Fehler rückgängig. Stimmen Sie unserem Gesetzentwurf zu. Er ist für das Land finanziell machbar und würde die betroffenen Kommunen und vor allem deren Einwohner immens entlasten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke, Herr Schaus. – Für die CDU-Fraktion hat sich Herr Bauer gemeldet.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Schaus, DIE LINKE macht es sich wie immer sehr einfach.

(Gabriele Faulhaber (DIE LINKE): Ja, genau!)

Man kann das unter dem Motto zusammenfassen: Der Staat – in diesem Fall das Land – zahlt alles Wichtige.

Aber wir haben entschieden, dass wir den Weg gehen: Die Bürger vor Ort entscheiden das Richtige. – Das ist der entscheidende Unterschied. Wir sprechen hier über kommunales Eigentum und über die Frage, wie Straßen finanziert werden, die sich in Kommunaleigentum befinden. Wir sind der Überzeugung, dass es am besten vor Ort, von den Bürgerinnen und Bürger selbst entschieden wird, welchen Weg der Finanzierung sie gehen wollen; denn es geht um die Erhaltung ihres eigenen kommunalen gemeinschaftlichen Eigentums. Deshalb bin ich der Überzeugung, wir haben in der letzten Plenarrunde die richtige Gesetzgebung auf den Weg gebracht. Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU – Zuruf von der SPD: Ja, dann! – Norbert Schmitt (SPD): Der Nächste, bitte!)

Eines ist klar: Allen Betroffenen, die jetzt Beschwerdeführer sind und sagen, dass sie zu hohe Bescheide hätten, wird weder mit Ihrem Gesetzentwurf geholfen noch mit dem Gesetzentwurf der SPD.

(Norbert Schmitt (SPD): Den haben Sie doch in erster Lesung abgelehnt!)

Das würde erst zum 1. Januar 2019 greifen. Wir haben aber in der letzten Plenarrunde Änderungen beschlossen, die den Menschen direkt, unmittelbar und sofort helfen. Wir haben entschieden, dass die Bürgerinnen und Bürger vor Ort entscheiden können, wie sie ihr kommunales Eigentum finanzieren wollen.

(Norbert Schmitt (SPD): Ja, wie denn?)

Da gibt es drei Wege. Man kann jetzt schon entscheiden, dass der Bürger nichts bezahlen muss, Herr Schaus. Die Kommune kann entscheiden, dass sie keine Beiträge erhebt und die Kosten aus allgemeinen Steuermitteln begleicht.

(Lachen des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Wenn eine Kommune das Geld hat, kann sie das tun. Das ist möglich, weil wir die Verpflichtung zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen aufgehoben haben. Da sich mittlerweile alle Kommunen auf dem Weg einer finanziellen Gesundung befinden – 95 % der Kommunen haben mittlerweile einen ausgeglichenen Haushalt –, können immer mehr Kommunen diese Entscheidung treffen.

Der zweite Aspekt ist: Vor wenigen Jahren haben wir gemeinsam mit der FDP eingeführt, dass die Kommunen wiederkehrende Straßenbeiträge erheben können. Damals ist die SPD über das Land gezogen und hat gesagt: Das ist der richtige Weg. Das ist eine Solidarisierung der Kosten. Die Beiträge werden auf vielen Schultern verteilt. Das ist vor Ort genau das Richtige. Kleine wiederkehrende Beiträge in dreistelliger Höhe sind der bessere Weg als hohe fünfstellige Beiträge, die die Bürger direkt belasten.

Ich glaube, dass das Instrument richtig ist. Das ist eine weitere Option, die allerdings in den vergangenen Jahren nicht so stark angenommen worden ist, wie wir uns das erhofft hatten.

(Zuruf von der SPD: Ja, warum?)

Ich komme darauf zu sprechen. Weil die Einführung bislang zu komplex und auch zu teuer war.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Und jetzt ist es nicht mehr komplex?)

Wir haben die Frage, wie man Abrechnungsbezirke definiert, erleichtert. Mittlerweile können Sie das nicht mehr im funktionalen Zusammenhang eines Straßenverkehrsraums ordnen, sondern Sie können ganze Stadtteile als Abrechnungsgebiete definieren. Das erleichtert die Entscheidungslage und die Erhebung von Gebühren vor Ort sehr stark.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)