Protokoll der Sitzung vom 13.09.2018

Diese zwei Sätze stehen am Anfang unseres Grundgesetzes. Sie machen deutlich: Hass, Diskriminierung, Intoleranz und Respektlosigkeit haben in unserer Gesellschaft keinen Platz.

(Beifall bei der CDU)

Auch Diskriminierung und Menschenfeindlichkeit sind leider heute mehr denn je in den Medien und auch in der Politik allgegenwärtig.

Meine Damen und Herren, das ist traurig; denn eigentlich sollten Toleranz und der respektvolle Umgang miteinander eine Selbstverständlichkeit sein, die nicht diskutiert werden muss. Doch leider geben die aktuellen Entwicklungen und die aufkeimende linke und rechte, aber auch religiöse extremistische Gesinnung ein anderes Bild ab. Deshalb ist es wichtig, dass wir immer wieder als Gesellschaft, aber auch in der Politik aufstehen und deutlich machen, dass unsere Werte und Regeln, die hier gelten, nicht verhandelbar sind; denn Werte sind es, die Heimat schaffen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen müssen und werden wir als CDU alles dafür tun, um diese Werte gegenüber Extremisten jeglicher Art kompromisslos zu verteidigen. Dieser Aufgabe sind wir uns in der CDU-geführten Landesregierung schon seit Jahren bewusst.

Bereits im Jahr 2011 ist das Land Hessen der Charta für Vielfalt und im März 2014 der Koalition gegen Diskriminierung beigetreten, die sich für die Wertschätzung von Vielfalt sowie gegen die Benachteiligung von Menschen starkmachen. Auch mit einer Stabsstelle des Bevollmächtigten für Integration und Antidiskriminierung haben wir deutlich gemacht, wie wichtig uns dieses Anliegen ist. Mit der Einrichtung der Antidiskriminierungsstelle im Jahr 2015 haben wir Beratungs-, Aufklärungs- und Präventionsangebote etabliert. Gerade auch im letzten Jahr haben wir uns mit einer breit angelegten aktiven Kampagne dem schwindenden Respekt ganz besonders gegenüber der Polizei, den Feuerwehren und allen anderen Rettungskräften gewidmet.

Meine Damen und Herren, ich möchte aber noch einen weiteren wichtigen Bereich in diesem Zusammenhang ansprechen. Viele Menschen anderer Herkunft, anderer Kultur und anderer Glaubensrichtung sind in den letzten Jahren zu uns gekommen. Auch hier gilt: Wir setzen uns für gegenseitigen Respekt, für Toleranz und ein friedliches Miteinander ein; aber auch für klare Regeln und deren Ein

haltung. Das gilt für Einheimische genauso wie für diejenigen, die neu zu uns gekommen sind. Unsere Werte, unsere demokratische Lebensweise und unsere Kultur sind kein beliebiges Angebot. Sie sind die Grundlagen für ein erfolgreiches und friedliches Zusammenleben.

Ich sage daher ganz deutlich: Wer hier in unserem Land lebt und hier eine Zukunft aufbauen will, muss sich an unsere Gesetze, aber auch an die Regeln halten.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Ja, mit dem Hitlergruß herumlaufen!)

In diesem Zusammenhang haben wir mit unserem bundesweit herausragenden Aktionsplan und seiner Fortführung bereits im Jahr 2015 unter der Überschrift „Integration von Flüchtlingen und Bewahrung des gesellschaftlichen Zusammenhalts“ den Weg gewiesen. Wir haben darauf geachtet, dass die Investitionen dafür möglichst vielen Bürgerinnen und Bürgern im Lande zugutekommen.

Doch auch wir müssen dazu bereit sein, den Menschen vorurteilsfrei zu begegnen und sie nicht aufgrund ihrer Herkunft oder Religion vorzuverurteilen. Ausgrenzung, Gewalt und Hass können niemals Antworten auf Problem und Herausforderungen sein. Vielmehr schaffen sie Konflikte und können zu einer Spaltung unserer Gesellschaft führen. Doch uns muss auch klar sein: Die Politik kann nur die Rahmenbedingungen und Voraussetzungen schaffen. Sie kann Bedingungen ermöglichen und die Öffentlichkeit dazu anleiten. Doch im Grunde sind wir selbst gefordert, Respekt und Toleranz zu leben.

Daher möchte ich mit einem Satz von Konrad Adenauer enden:

Wenn wir jeder von uns bei uns selbst anfangen, uns zu bessern, und wenn wir uns zuerst selbst bessern, jeder von uns, dann kommen wir mit Gottes Hilfe zum inneren und äußeren Frieden.

Meine Damen und Herren, setzen wir durch unsere Politik, aber auch im Auftrag der Menschlichkeit alles daran, dass Hass, Gewalt und Diskriminierung keinen Platz in unserer Gesellschaft finden, damit wir auch in Zukunft gemeinsam – unabhängig von Herkunft, Kultur und Religion – in Frieden leben können. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herzlichen Dank, Ismail. – Das Wort hat der Abg. Hermann Schaus für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! In Hessen leben viele Menschen mit Migrationsgeschichte. Diese kulturelle Vielfalt ist eine Bereicherung und macht Hessen zu einem attraktiven Bundesland.

Politik muss diese Chance erkennen und das Zusammenleben der Menschen unterschiedlicher Herkunft fördern. 30 % der hessischen Bevölkerung – das sind 2 Millionen Menschen – sind Migrantinnen und Migranten oder haben zumindest einen zugewanderten Elternteil.

Laut dem vierten „Hessischen Integrationsmonitor“ sind davon zwei Drittel zugewandert, und ein Drittel ist hier ge

boren. In den Städten liegt der Anteil noch höher. In Frankfurt z. B. hat mehr als die Hälfte der Einwohnerinnen und Einwohner einen Migrationshintergrund. Diese Menschen sind unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger und bereichern unsere Gesellschaft.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Integration erreicht man am besten mit einer gerechten Sozialpolitik für alle Menschen, die hier leben. Deshalb tritt DIE LINKE gegen Sozialabbau ein.

Statt Menschen unterschiedlicher Herkunft gegeneinander auszuspielen, treten wir für eine Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums ein. Nicht Migration ist das Problem für einen Sozialstaat, es sind eher die Superreichen und Steuerflüchtlinge, die dem Sozialstaat und dem Staatshaushalt dringend benötigte Finanzmittel entziehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Viele Menschen mit einer Migrationsgeschichte erleben im Alltag Ausgrenzung und Rassismus. Sie werden beschimpft, angepöbelt oder erfahren sogar Gewalt. Bei der Arbeits- und Wohnungssuche reicht oftmals ein ausländisch klingender Name für eine Absage. Auch daran müssen wir gesellschaftlich arbeiten.

(Beifall bei der LINKEN)

Der Zugang zu öffentlichen Einrichtungen muss chancengleich gestaltet werden. In Behörden sollten sich alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter interkulturell fortbilden können. Da ist noch vieles zu tun.

Das Grundgesetz garantiert auch die Religionsfreiheit. Dazu stehen wir. Wir stellen uns der weit verbreiteten Herabwürdigung von Menschen wegen ihres Glaubens entschieden entgegen. Jeder Mensch muss die Möglichkeit haben, seine Religion auszuüben, Kirchen und Tempel zu errichten oder sich entsprechend seiner Religion zu kleiden.

(Beifall bei der LINKEN)

Für Diskriminierung darf es bei uns keinen Platz geben. Wir fordern deshalb ein wirksames Landesantidiskriminierungsgesetz für Hessen.

(Beifall bei der LINKEN)

Gerade die Erfahrungen aus dem deutschen Faschismus sind für uns Verpflichtung, gegen menschenverachtende Parolen, rechte Parteien und rechte Politik entschieden vorzugehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Deshalb müssen wir uns konsequent rassistischer Hetze, Muslimfeindlichkeit und Antisemitismus entgegenstellen. Respekt und Solidarität setzen wir der Diskriminierung und Menschenfeindlichkeit entgegen. Hessen bleibt weiter bunt und multikulturell.

(Beifall bei der LINKEN, bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN so- wie der Abg. Mürvet Öztürk (fraktionslos))

Vielen Dank, Kollege Schaus. – Das Wort hat Frau Abg. Nancy Faeser für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir stehen für eine weltoffene demokratische Gesellschaft hier in Hessen. Wir akzeptieren nicht, dass Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe, ihrer ethnischen und sozialen Herkunft, ihrer Sprache, ihres Glaubens oder ihrer Weltanschauung, ihrer sexuellen Identität, ihrer Behinderung oder ihres Geschlechts Anfeindungen ausgesetzt sind, dass rechtsextreme Parolen lauter werden, dass Angriffe auf Flüchtlinge und ihre Unterkünfte zunehmen, dass politisch-religiöser Extremismus zunimmt bis hin zu terroristischen Anschlägen. Das akzeptieren wir ausdrücklich nicht.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Ab- geordneten der CDU)

Ich möchte das aber auch mit der Feststellung verbinden, dass ich glaube, dass dieser Tage, wo politisch Schlimmes in Bewegung geraten ist – dazu will ich auch gleich noch einmal etwas sagen –, die Zivilcourage jedes Einzelnen mehr denn je gefragt ist.

(Allgemeiner Beifall)

Denn unsere demokratischen weltoffenen Errungenschaften sind in Gefahr. Wir müssen der AfD etwas entgegensetzen. Wenn ihr Parteichef Alexander Gauland droht, die Integrationsbeauftragte – ich zitiere – „nach Anatolien zu entsorgen“, wenn er den Nationalsozialismus als – ich zitiere wieder – „Vogelschiss der Geschichte“ bezeichnet und die Wehrmacht lobt, dann sind das keine Ausrutscher, sondern wohlkalkulierte Schritte über die Grenze dessen hinaus, was innerhalb des demokratischen Konsenses bislang als sagbar galt.

(Manfred Pentz (CDU): So ist es!)

Die Jagdszenen von Chemnitz wirken wie ein besonders makaberer Nachhall auf Gaulands Ankündigung – ich zitiere wieder –: „Wir werden sie jagen“, auch wenn er damit die Politik gemeint hat.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Ja!)

Die AfD hat sich seit dem Einzug in den Deutschen Bundestag weiter radikalisiert. Dass sie nun den Tod eines Deutsch-Kubaners in Chemnitz missbraucht, der die AfD ablehnte, ist dabei eine sehr bittere Pointe am Rande.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Ab- geordneten der CDU und der FDP – Manfred Pentz (CDU): Absolut! Ja!)

Aber dem müssen wir auch aktiv etwas entgegensetzen, weshalb die Worte von unserem Bundestagsabgeordneten Martin Schulz gestern so wichtig waren, der in einer Kurzintervention zu der Äußerung von einem AfD-Abgeordneten gesagt hat, dass sich die Demokraten gegen solche Parolen, die zulasten anderer gehen, auch wehren müssen. Ich darf zitieren – und ich finde das sehr zutreffend –:

Die Reduzierung komplexer politischer Sachverhalte auf ein einziges Thema, in der Regel bezogen auf eine Minderheit im Land, ist ein tradiertes Mittel des Faschismus.

Nichts anderes ist es. Das sollte man dieser Tage auch deutlich sagen.