Protokoll der Sitzung vom 25.06.2014

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Hessische Krankenhausgesetz stärkt die Kliniken in Hessen nachhaltig. Die Krankenhäuser entscheiden selbst über ihre Investitionen. Die Investitionen werden sofort getätigt. Es gibt mehr Geld zur Förderung der Krankenhäuser durch das Sonderinvestitionsprogramm und die alljährliche Dynamisierung der Förderhöhe. Die Fördermittel können innerhalb von Verbundstrukturen eingesetzt werden, sodass damit Krankenhausverbünde gefördert werden. Es gibt hierzu einen Anreiz.

Die insgesamt 250 Millionen €, die das Land den Kliniken zur Verfügung stellt, werden einen Investitionsschub auslösen, und das dient den Patienten sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den hessischen Krankenhäusern.

In der Anhörung im Juli 2013 haben alle Beteiligten diese Umstellung der Fördersystematik befürwortet: die Krankenhausgesellschaften, die Krankenkassen und die Kommunalen Spitzenverbände.

Meine Damen und Herren, die Sicherung und Weiterentwicklung der Krankenhäuser in Hessen ist der Schwerpunkt der Gesundheitspolitik unserer Landesregierung.

(Beifall bei der CDU)

Wir sichern nicht nur die Investitionen, sondern unsere Landesregierung und ganz besonders unser Gesundheitsminister Stefan Grüttner setzen sich in der Bund-LänderKommission dafür ein, dass die Unterfinanzierung der hessischen Krankenhäuser und der Krankenhäuser in Deutschland insgesamt beseitigt wird und dass die immer weiter auseinandergehende Schere zwischen der Steigerung des Landesbasisfallwertes und der Steigerung bei den Personalkosten geschlossen wird. Wir danken dem Minister insbesondere für seine Mahnung, dass auch im ländlichen Raum weiterhin Kliniken zur Notfallversorgung und zur Basisversorgung benötigt werden.

Zum Abschluss eine kurze Anmerkung zu dem Gesetzentwurf der Sozialdemokraten, in dem sie erneut Personalmindeststandards fordern. Ich möchte an Sie appellieren, diesen Gedankengang nicht weiterzuverfolgen; denn Sie gefährden damit insbesondere die Existenz von kleinen Krankenhäusern und von Krankenhäusern im ländlichen Raum.

Es sind nämlich nicht die Unkenntnis oder die wirtschaftliche Orientierung von Klinikleitungen, die dazu führen, dass in manchen Kliniken zu wenig Personal vorhanden ist. Vielmehr sind es schlicht und einfach die Daten des Arbeitsmarktes. Nur ein Zitat aus dem „Krankenhaus-Barometer 2013“: Insgesamt 34 % der Kliniken haben erklärt, dass sie Probleme haben, offene Stellen zu besetzen. Das ist der Grund, warum wir hier Probleme haben.

Meine Damen und Herren, wir unterstützen die Landesregierung dabei, dieses Gesetz mit Leben zu erfüllen, also Investitionen auszulösen, und wir danken der Landesregie

rung für ihr Engagement auf der Bundesebene, die Kliniken finanziell bedarfsgerecht auszustatten.

Letzter Satz: Der Dank gilt auch allen 72.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Krankenhäusern, die Dienst an kranken Menschen leisten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Nächste Wortmeldung, Frau Kollegin Schott für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Dr. Bartelt, dieser Dank muss den in den Krankenhäusern Arbeitenden wie Hohn in den Ohren klingen. Angesichts deren ständiger Be- und Überlastung und bei dem, was Sie hier politisch machen, kann das nicht ernst gemeint sein.

Die Krankenhäuser sind täglich in den Schlagzeilen. Das Aktionsbündnis Patientensicherheit geht von 17.000 Todesfällen durch vermeidbare Fehlleistungen von Ärzten und Pflegekräften an den Krankenhäusern für das Jahr 2011 aus. Die Gründe dafür werden in dem hohen Leistungsdruck gesehen: übermüdete Ärztinnen und Ärzte, gestresstes Krankenpflegepersonal und mangelnde Hygiene.

18 Krankenhäuser in Hessen mussten ihre Geburtshilfeabteilungen schließen, z. B. das Krankenhaus in Wolfhagen, da es nur 200 statt 500 Geburten im Jahr gibt und sich eine solche Station nicht rentiert. Die Frühgeborenenstation in Rüsselsheim wird geschlossen, weil es nicht genügend Frühgeborene gibt, sodass es zu teuer ist, diese Einrichtung vorzuhalten.

Aber auch fehlerhafte Abrechnungen und zu viele Hüftund Knieoperationen sind ständig in den Medien. Das sind keine vertrauenerweckenden Nachrichten für Menschen, die ein Krankenhaus aufsuchen müssen. „Staatlich organisierte Zechprellerei“ hat der Ehrenpräsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Rudolf Kösters, 2012 den Bundesländern vorgeworfen. Der GKV-Spitzenverband der Krankenkassen wirft den Ländern vor, sich aus der Verantwortung zu schleichen. Wie kommen diese zu solch starken Worten?

Die Krankenhausinvestitionen haben sich zwischen 1991 und 2011 nahezu halbiert. Bereits für 2011 hat das ifo Dresden einen Betrag von 723 Millionen € an Investitionsmitteln errechnet, die bundesweit schlicht und ergreifend fehlen, um die Krankenhausinfrastruktur zu erhalten.

Mehr als 50 % aller Krankenhäuser schreiben rote Zahlen. Einerseits sind die langjährig fortgesetzten Kürzungen bei der Investitionsfinanzierung durch die Bundesländer schuld an der Misere, andererseits hat auch die Abrechnung der laufenden Betriebskosten über diagnosebezogene Fallpauschalen – die DRGs – die Krankenhäuser systematisch in die roten Zahlen getrieben. Um sich bei den Kosten gegenseitig zu unterbieten, haben die Krankenhäuser trotz der Ausweitung der Leistungen jahrelang Personal abgebaut. Das traf und trifft besonders die Pflege. Das kann so nicht weitergehen.

Um ihre Einnahmen zu stabilisieren, sind die Krankenhäuser zu ständigen Leistungs- und Fallzahlausweitungen und

zur Anwendung sachkostenintensiver technischer Leistungen gezwungen. Die Kliniken verhalten sich marktgerecht, wenn sie diesen ökonomischen Fehlanreizen statt medizinischen Indikationen folgen.

Die Kritik der LINKEN – und mit uns inzwischen vieler Institutionen und Verbände aus dem Gesundheitswesen sowie vieler Patientenorganisationen – ist der erschreckenden Tatsache geschuldet, dass durch diese Form der Krankenhausfinanzierung Gesundheit zur Ware wird. Die Krankenhäuser überbieten sich gegenseitig in der Menge der Hüft-, Knie- und Herzoperationen, damit sie ihre Infrastruktur finanzieren und ihr Angebot vorhalten können.

Unnötige Eingriffe belasten die betroffenen Menschen, ohne die sie vielleicht später oder gar nicht operiert werden müssten. Und: Das Ganze geschieht auf Kosten der Versicherten. Diese Perversion eines Gesundheitssystems geht zulasten der Beschäftigten und zulasten der Kommunen, die oft genug den kommunalen Krankenhäusern unter die Arme greifen müssen, obwohl sie selbst finanziell schon ausgeblutet sind.

In Hessen sind die Fallzahlen gestiegen, sicher nicht nur aufgrund der zunehmenden Machbarkeit, sondern auch aufgrund der demografischen Entwicklung: in den Jahren von 1990 bis 2012 um fast 28 %. Die Liegezeiten haben sich im selben Zeitraum um nahezu 25 % verringert – bei einer um 17 % sinkenden Bettenzahl. Für die Pflegekräfte bedeutet das, ständig neue Patientinnen und Patienten aufzunehmen, alle erforderlichen Untersuchungen abzuprüfen und zu veranlassen, die OP-Vorbereitung und danach schnell die Entlassung zu organisieren. Das ist eine ständige Überlastung, die ein Ende finden muss.

(Beifall bei der LINKEN)

So kommt es, dass die Krankenhäuser selbst zu Spekulationsobjekten werden. In eine ehemals kommunale Klinik steigt Rhön ein, wird von Fresenius geschluckt, und schließlich landet die Klinik innerhalb von wenigen Jahren bei Helios. Zwischendrin schüttet aber beispielsweise Rhön fast 2 Milliarden € über eine Sonderdividende an seine Aktionäre aus.

Dieses Geld wird also dem Gesundheitswesen entzogen. Das Geld der gesetzlichen Krankenversicherungen fließt in die Taschen der Aktionäre. Das Gesundheitswesen wird weiter zum Geschäftsfeld, und die Gelder der Krankenkassen werden zum Spielgeld im Kasino der Kapitalanleger.

Das sind nicht unsere Worte, sondern das sagt Prof. Wulf Dietrich, Vorstand des VDÄÄ. Schließlich wird die Entlassung von bis zu 500 Mitarbeitern angekündigt. Es geht hier aber nicht um Autos, meine Damen und Herren, sondern es geht um die Gesundheit von Menschen, die dabei unter die Räder kommt.

(Beifall bei der LINKEN)

Geld wird in diesem Sektor gespart, indem man Personal abbaut. Überlastete Pflegekräfte, eine angespannte Arbeitsatmosphäre, erschwerte Teamarbeit und eine ansteigende Quote krankheitsbedingter Ausfälle wegen unhaltbarer Arbeitsbedingungen sind einige der Gründe, weshalb wir immer wieder Pflegepersonal suchen müssen. Die Bedingungen sind so, dass die Menschen nicht mehr in ihrem Beruf arbeiten wollen oder können. Mit dem aktuellen Personalmangel in vielen Bereichen ist eine qualitativ gute medizinische und pflegerische Versorgung der Patientinnen und

Patienten nicht zu gewährleisten. Auch das ist keine Aussage der LINKEN, sondern des 117. Ärztetages.

Nach einer Erhebung von ver.di fehlen in der Pflege bundesweit 162.000 Vollzeitstellen. Deshalb ist der Gesetzentwurf der SPD zu begrüßen. Ob Ärztinnen und Ärzte, Pflegepersonal, Gewerkschaften, die im Gesundheitssystem tätig sind, alle sehen verbindliche Personalmindeststandards in der stationären Pflege als unbedingt erforderlich an, um auf Dauer genügend qualifiziertes Pflegepersonal zu haben, denn es genügt eben nicht, irgendwann einmal ein paar Pflegekräfte aus dem Ausland anzuwerben, da viele nach kurzer Zeit sowieso wieder gehen, weil die Arbeitsbedingungen hier so unerträglich sind, dass sie lieber in ihre Heimatländer zurückkehren.

Wir sind skeptisch, wenn es einer Rechtsverordnung überlassen bleibt, wie diese Personalbemessung aussieht, die der Landesregierung freie Hand gibt, die niedrigsten Grenzen festzulegen. Daher ist der Vorschlag von ver.di eher geeignet, vorerst auf die alten Personalpflegebedarfsregelungen zurückzugehen und diese dann in einem Beirat zu einer bedarfsgerechten Personalbemessung weiterzuentwickeln.

Auch andere Vorschläge des SPD-Entwurfs sehen wir als vorwärtsweisend an. Allerdings gibt es keinen Vorschlag für eine Lösung des Hauptproblems der falschen Finanzierung des Gesundheitssystems, das vielmehr Anreize bietet, Menschen krank zu machen, als gesund zu erhalten. Die mangelnde finanzielle Ausstattung der Krankenhäuser war auch der Haupttenor der Anhörung zu den Gesetzentwürfen. Dies haben alle Anzuhörenden vorgebracht.

Selbstverständlich finden die Krankenhausträger, ob private, kommunale oder Wohlfahrtseinrichtungen, eine schnelle Auszahlung der Investitionszuschüsse prima. Das ist doch klar. Es hätte auch keiner das Gegenteil geglaubt, denn wenn es schon wenig Geld gibt, dann wenigstens schnell.

Die marginalen Änderungen, die der Antrag von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erfahren hat, sind auch von uns in Teilen zu begrüßen. Deswegen haben wir uns in der Abstimmung enthalten – auch wenn es auf keinen Fall möglich ist, ihrer Gesetzesänderung insgesamt zuzustimmen. Sie lösen kein Problem. Sie sehen sich nur nicht mehr als zuständig an. Das Land zieht sich aus der Krankenhausplanung weiter zurück.

Wir halten uns daher eher an die Kritik der GRÜNEN aus dem letzten Jahr, als derselbe Gesetzentwurf als Förderung im Gießkannenprinzip abgelehnt wurde. Damals sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der GRÜNEN:

Eine jetzige Umstellung auf eine pauschale Bauförderung heißt wirklich das Pferd von hinten aufzäumen. In der aktuellen Situation verhilft das keinem einzigen Krankenhaus zu mehr Eigenständigkeit, sondern führt wahrscheinlich eher zu noch mehr Schulden.

Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Ende. 7:30 Minuten – das hätte Ihnen Ihr Geschäftsführer mitteilen können. – Okay?

DIE LINKE sieht einerseits den Bund in der Verantwortung, für eine ausreichende Finanzierung der Krankenhäuser zu sorgen, und das gilt nicht nur für die Universitätskliniken. Das Land muss aber die notwendigen Investitionen aus originären Landesmitteln auch tatsächlich zur Verfügung stellen. – Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Herzlichen Dank. – Das Wort hat Kollege Rentsch für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, zunächst einmal gelten die besten Genesungswünsche dem hessischen Gesundheitsminister, der nämlich krank zu Hause liegt und dieses Thema sonst sicherlich persönlich vertreten hätte.

(Beifall des Abg. Wolfgang Greilich (FDP) – Staatssekretär Dr. Wolfgang Dippel: Der Minister ist auf der Ministerkonferenz!)

Ach, er ist auf der Ministerkonferenz und krank gleichzeitig. Insofern Respekt und trotzdem gute Besserung, ich habe gehört, es gehe ihm nicht so gut.

Meine Damen und Herren, es wird Sie nicht überraschen, dass wir das, was die Landesregierung vorgelegt hat, auch in der dritten Lesung weiterhin mittragen. Der Gesetzentwurf ist damals von uns gemeinsam erarbeitet worden. Ich finde es richtig und gut, dass die GRÜNEN diesen übernommen haben, weil es in der Sache der richtige Weg ist, um eine Pauschalierung der Finanzierung hinzubekommen. Wir haben uns seit langer Zeit überlegt, wie man die Förderung der Krankenhäuser in Hessen einfacher gestalten kann. Es ist ein zentraler Punkt, dass man es auf diesem Wege, durch eine Pauschalierung, einfacher gestalten kann. Insofern werden wir das mittragen. Das ist der erste Punkt.

Zweiter Punkt. Herr Kollege Dr. Spies, ich würde mit Ihnen gern einmal über die Frage streiten, wie wir es denn schaffen, Qualitätsstandards zu erhöhen. Sie wissen, wir haben Ihren Gesetzentwurf vor Jahren schon einmal im Landtag diskutiert. Er ist nicht von uns unterstützt worden, trotzdem ist es ein spannendes Thema, über diese Frage zu diskutieren, und das können wir gern machen.

(Dr. Thomas Spies (SPD): Auch über den Regierungsentwurf?)

Denn zum Schluss haben die Menschen, die hier heute sitzen und möglicherweise einmal in ein Krankenhaus müssen, nichts davon, wenn man theoretische Personalstandards festlegt, sondern sie haben etwas davon, wenn Behandlungen mit bestimmten Qualitätsstandards versehen werden. Wenn wir erreichen würden, dass es einen Anspruch auf Qualität gibt, dann wäre das ein richtiger Schritt.

Sie wissen, dass ich der Auffassung bin, dass wir in vielen Häusern des Landes, die eine sehr kleine Größe haben, Fallzahlen, die notwendig sind, überhaupt nicht abbilden können, und dass deshalb an vielen Stellen Qualitätsstan

dards zu hinterfragen sind. Hierüber müssen wir uns jedenfalls unterhalten. Ich bin aber bei Ihnen, dass man dies diskutieren kann. Es ist nicht so, dass wir hierüber nicht streiten sollten. Es ist für die Patienten in diesem Land sicherlich ein notwendiger Streit, den wir zu führen haben.