Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Ausschuss für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen der CDU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN bei Enthaltung der SPD und der LINKEN sowie bei Nichtanwesenheit der FDP, den Dringlichen Gesetzentwurf in der durch den Änderungsantrag Drucks. 19/591 geänderten Fassung in zweiter Lesung anzunehmen.
Danke schön. – Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Frau Kollegin Schott für die Fraktion DIE LINKE.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte noch einmal in Erinnerung rufen, dass der Ausgangspunkt des sogenannten Bannwaldparagrafen im Hessischen Waldgesetz in den Ausbauplänen des Frankfurter Flughafens in den 1970er- und 1980er-Jahren liegt. Seit 1978 sind allein durch den Ausbau des Flughafens rund 800 ha Wald gerodet worden.
Wald ist ein ganz wichtiger Lebensraum. Insbesondere im Ballungsgebiet brauchen wir diese Waldflächen für die Menschen zur Erholung. Wir brauchen diese Waldflächen, um sicherzustellen, dass wir eine gute Sauerstoffversorgung aufrechterhalten können. Das sind ganz elementare Flächen. Die Bäume hätten niemals fallen dürfen.
Angesichts des Vorhabens, die Startbahn 18 West zu bauen, sahen sich die Menschen vor Ort gezwungen, den im Ballungsraum immer knapper werdenden Wald gegenüber den Politikern insbesondere in Wiesbaden zu verteidigen. Das haben sie auch sehr lange und sehr nachdrücklich gemacht.
Die erste rot-grüne Koalition hat Anfang der 1990er-Jahre vereinbart, dass nur noch innerhalb des Zauns erweitert wird. Den Wald rund um den Flughafen hat sie zum Bannwald erklärt.
Der Schutz des Waldes hat aber nur bis zum Jahr 2002 gehalten. Erst hat der damalige SPD-Ministerpräsident Hans Eichel das Mediationsverfahren gestartet, dann hat die CDU 2002 den Bannwaldparagrafen dem Flughafenausbau angepasst.
Die Folgen sind bekannt. Weitere 263 ha Bannwald sind für den Flughafenausbau gerodet worden. 64 ha werden für die Kiesgewinnung abgeholzt.
Wir haben hier schon lange und oft über diesen Wald diskutiert. Immer wieder haben auch die GRÜNEN klargestellt, dass der Wald geschützt werden muss. Deshalb versuchen wir, noch einmal sehr viel deutlicher zu machen, dass man, wenn man den Wald wirklich schützen will, auch detailliert sagen muss, wovor man ihn schützt.
Der Bannwaldparagraf, mit dem den Waldflächen die höchstmögliche Schutzstufe zugewiesen werden kann, bietet im Ballungsgebiet Rhein-Main keinen Schutz vor den größten Waldvernichtern, nämlich dem Frankfurter Flug
hafen und dem Kiesabbau. Daran wird auch der vorliegende Entwurf als Gesetz zur Änderung des Hessischen Waldgesetzes nichts ändern.
Es wird sich daran nichts ändern. Denn darin steht eindeutig, dass man den Wald für Dinge überregionalen Interesses umwidmen kann. Im Klartext heißt das: Wenn man den Flughafen ausbauen will, ist der Schutz des Bannwaldes nicht mehr gegeben. Dieses Gesetz wird so löchrig wie ein Schweizer Käse sein.
Wenn Sie den Wald vor dem Flughafenausbau schützen wollen, dann können Sie etwas ganz Einfaches machen, indem Sie hineinschreiben: Der Wald ist vor einem weiteren Flughafenausbau zu schützen. – Das kann man machen, wenn man es will. Man kann es deutlich besser machen, als Sie es jetzt machen werden.
Aber entweder will man es nicht, oder der Koalitionspartner lässt einen nicht. Mit der von uns eingebrachten Ergänzung würden die Hauptbetreiber der Waldvernichter im Ballungsraum um Frankfurt explizit benannt. Damit könnte man dann den Bannwald weder für den Flughafenausbau noch für den weiteren Abbau der Bodenschätze roden. Beides wäre nach dem Vorhaben der GRÜNEN und der CDU immer noch möglich.
Sie brauchen gar nicht dazwischenzurufen, dass das nicht so wäre. Es ist eindeutig so. Das ist doch von Ihnen so gewollt. Geben Sie das doch wenigstens zu. Sie haben die Chuzpe, zu sagen: Wir machen ein Bannwaldgesetz, mit dem wir dem Wald einen besonderen Status verleihen. Wir sind aber nicht bereit, den Wald so weit zu schützen, dass er vor dem Ausbau des Flughafens geschützt ist. – Geben Sie das doch zu. Tun Sie doch nicht so, als ob es anders wäre. Tun Sie das auch nicht mit solchen Zwischenrufen.
Die von uns eingebrachten Ergänzungen würden die Hürden für eine Abholzung des Bannwaldes um den Frankfurter Flughafen herum deutlich höher legen, so wie es ursprünglich die Absicht der GRÜNEN im Hessischen Landtag gewesen ist. Das ist es doch, was Ihre ursprüngliche Intention war, als der Bannwaldparagraf zum ersten Mal gemacht wurde. Da ging es darum, genau das festzuschreiben, dass also ein Flughafenausbau keinen einzigen Baum mehr frisst.
Das Gegenteil ist eingetreten. Das Gegenteil halten Sie weiterhin offen. Sie streichen sich mit diesem Gesetzentwurf grün an. Aber tatsächlich ist daran nicht mehr viel von dem, was Sie einmal gewollt haben. Wenn Sie es wollten, würden Sie es so deutlich schreiben, wie wir es formuliert haben.
Wenn bei einer zukünftigen Flughafenerweiterung wiederum Bannwald gerodet werden sollte, dann wäre das bei Annahme unseres Änderungsantrags nicht mehr mit einem einfachen Verwaltungsakt möglich. Das Parlament, also wir oder spätere Mitglieder dieses Parlaments, müsste darüber debattieren. Die parlamentarische Mehrheit müsste dann das Hessische Waldgesetz nach bestem Wissen und Gewissen wieder ändern. Das ist in der Vergangenheit schon geschehen. Es ist nicht so, dass ein solcher Gesetzestext für die Ewigkeit geschrieben wäre. Aber man
könnte jetzt und hier deutlich sagen, was man will, nämlich den Wald rund um den Flughafen schützen.
Auch ein solcher Gesetzestext wäre nicht dafür da, dass der Bannwald tatsächlich für alle Zeiten unantastbar ist. Aber die Hürde wäre wirklich deutlich höher. Es wäre so etwas wie eine ausgestreckte Hand, wie ein Zeichen an die Menschen, die in der Vergangenheit um den Flughafen herum sehr um ihren Wald gekämpft haben. Das sind die Menschen, die tatsächlich dort leben und die diesen Wald brauchen. Es geht darum, anzuerkennen, dass die Grenzen der Belastung durch den Flughafen und den Flugverkehr im Rhein-Main-Gebiet bereits längst überschritten sind.
Es geht darum, anzuerkennen, dass es am Frankfurter Flughafen ein „Weiter so“ nicht geben kann und nicht geben darf. Es geht darum, anzuerkennen, dass das auf unbegrenztes Wachstum und Flächenfraß ausgelegte Entwicklungsmodell des Frankfurter Flughafens dringend Alternativen braucht. Das müssen Alternativen sein, die es ermöglichen, in der Flughafenregion auch außerhalb schallgedämmter Wohnungen zu leben. Bannwälder müssen als Erholungsfläche genutzt werden können.
Versuchen Sie einmal, in dieser Region auf einer Terrasse zu sitzen. Versuchen Sie einmal, ein bisschen Ruhe und Erholung zu finden, etwas, das nicht von Lärm geprägt ist. Genau das muss ermöglicht werden. Genau deshalb darf es so nicht weitergehen. Genau deshalb müssen wir den Wald an dieser Stelle schützen.
Setzen Sie dieses Zeichen. Tragen Sie unsere Ergänzung mit. Verbessern Sie das Gesetz im Sinne der Menschen, die den Bannwald dringend als Schutz- und Erholungsraum brauchen.
Wenn Sie sich dazu entschließen könnten, würden wir uns entschließen, Ihrem Gesetzentwurf zuzustimmen. Anderenfalls würden wir sehen, dass dieser löchrige Käse doch deutlich zu löchrig ist, und würden uns der Stimme enthalten müssen, was wir ungern tun würden, weil wir sehen, dass es ein Schritt in die richtige Richtung ist. Aber das wäre dann ein Schritt, der nicht weit genug gehen würde. Deshalb werben wir sehr dafür, unserem Änderungsantrag zuzustimmen. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Soweit ich es verstanden habe, werden wir heute die zweite und finale Lesung der Gesetzesnovelle haben, die wir eingebracht haben. Ich bin sehr froh darüber. Denn mit der Novellierung des Gesetzes und unserem Änderungsantrag wird der Bannwald in Hessen nun wirklich wirksam vor Rodung und Inanspruchnahme geschützt werden.
Wir erinnern uns. Frau Schott hat schon dargestellt, warum der Bannwald in Hessen so wichtig ist. Er ist es, weil die
Menschen gerade in den Ballungsräumen besonders großen Umweltbelastungen ausgesetzt sind. Sie beanspruchen zu Recht, vor der Tür, am besten nicht weit entfernt, einen Ausgleich zur Erholung zu haben.
Das ist in diesem Fall der Bannwald. Wenn dieses Gesetzesvorhaben so beschlossen werden wird, wird es tatsächlich dazu führen, dass der Bannwald die oberste Schutzkategorie des Waldes in Hessen sein wird.
Die Anhörung hat uns bestätigt. Die Naturschutzverbände haben dem zugestimmt. Sie haben gesagt, das sei ein sehr großer Schritt in die Richtung, in die sie immer gehen wollten. Sie haben befürwortet, dass wir das Gesetz beschließen. Von daher bin ich auch sehr positiv gestimmt, dass wir mit diesem Gesetz einen wirklich wichtigen Schritt in Richtung Naturschutz und Waldschutz in Hessen sowie in Richtung Lebensqualität, was auch sozial geboten ist, gehen.
Jetzt möchte ich noch ganz kurz auf unseren Änderungsantrag eingehen. Wir haben die Anhörung sehr ernst genommen. Wir haben gesagt, wir wollen einen grundsätzlichen Schutz des Bannwaldes, einen generellen Schutz des Bannwaldes. Er darf nur noch in ganz begründeten Ausnahmefällen aufgehoben werden: bei überregionalen Projekten, die überwiegend von öffentlichem Interesse sind. Wir haben selbstverständlich so etwas wie die Schieneninfrastrukturprojekte im Kopf, die Herr Al-Wazir angesprochen hat. Auch die Energiewende wollen wir nicht gefährden. Ein Vertreter des RMV hat angemerkt, dass wir da hineinschreiben sollten, dass viele Verkehrsinfrastrukturprojekte eingeschlossen sind. Das haben wir getan.
Wir haben die Anregung der Kommunalen Spitzenverbände aufgenommen, die gesagt haben, die Kommunen sollten bei der Anhörung zur Ausweisung oder Aufhebung von Bannwald beteiligt werden.
Wir haben auch einen Hinweis der Naturschutzverbände und ihrer Sachverständigen aufgenommen, die gesagt haben: Wir brauchen einen rechtssicheren Übergang der jetzt geschützten Bannwälder in das neue Gesetz. Wir machen das am besten, indem wir einen Anhang in die Gesetzesnovelle aufnehmen, in der jeder einzelne Bannwald aufgeführt wird. – Jeder einzelne Bannwald in Hessen wird mit unserer Gesetzesnovelle jetzt wirklich so geschützt, wie es sein muss, nämlich mit der obersten Schutzkategorie. Das ist gut so.
Ich will auch auf Sie, Frau Schott, und Ihren Änderungsantrag eingehen. Sie haben genau das, was wir jetzt in den Änderungsantrag aufgenommen haben, auch bei der Anhörung gefragt. Sie haben Ihre Sachverständige gefragt, ob es sinnvoll ist, solche Einzelprojekte aufzuführen, für die kein Bannwald gefällt werden darf. Ihre Sachverständige hat Ihnen mitgeteilt, dass sie es nicht für sinnvoll hält, sondern sie findet es sinnvoller, eine generelle Regelung zu bringen. Denn solche Einzelfälle bergen immer das Risiko, dass welche vergessen werden. Die Dinge, die Sie gebracht haben, sind alle in der Vergangenheit passiert.
Ich möchte Ihnen auch ausdrücklich sagen, dass gerade der Kiesabbau in Langen, den Sie eben noch einmal explizit genannt haben, mit unserem Bannwaldgesetz ausgeschlossen wird. Denn in Langen werden keine seltenen Erden,
die es nur dort gibt, geborgen. Das ist bestimmt nicht überregional bedeutsam, das ist bestimmt nicht im überwiegenden öffentlichen Interesse. Von daher ist das schon per se ausgeschlossen. Aber das sind Dinge, die in der Vergangenheit passiert sind. Die können wir leider mit einem Gesetz jetzt nicht ändern. Aber wichtig ist, dass der generelle Bannwaldschutz wiederhergestellt wird, und der Ersatz von Bannwald wird deutlich gestärkt.
Meine Damen und Herren, mit diesem Gesetz gehen wir wirklich einen ganz großen Schritt in Richtung nachhaltiger Waldschutz und nachhaltiger Naturschutz in Hessen. Wie gesagt, die Naturschutzverbände haben gesagt, sie seien sehr dankbar für diesen Entwurf. – Vielen Dank.
Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau Schott, um gleich zu Beginn Missverständnisse aus dem Weg zu räumen, weil es dieser Tage immer wieder aufgewärmt wurde: Ja, die SPD-Fraktion steht dazu, dass für den Ausbau des Frankfurter Flughafens Bannwald gerodet wurde. Anders wäre die weitere Entwicklung des Flughafens nicht möglich gewesen. Die SPD ist aber auch die einzige Partei, die die Entscheidungen der Mediationsgruppe zur Entwicklung des Frankfurter Flughafens bis heute mitträgt und verteidigt,