Protokoll der Sitzung vom 16.07.2014

(Beifall bei der SPD)

Das, was ich bis zum heutigen Zeitpunkt über diesen Vorgang weiß, ist: Auch durch die vorbereitenden Arbeiten zu dem Gesetzentwurf der Landesregierung und mit der sehr unscharfen Formulierung unter Punkt 2.d ihres Dringlichen Entschließungsantrags ist diese Frage nicht abschließend geklärt.

Frau Ministerin Hinz, Sie schicken momentan Briefe an die Kommunen, in denen Sie fragen: Wie sieht es denn bei euch aus? Wie ist das Mietniveau? Aber was das in dem von Ihnen vorgelegten Gesetzentwurf für die Entscheidungsfreiheit der Kommunen real bedeutet, kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht beurteilen. Beurteilen kann ich, dass nach meiner Lesart in dem Gesetzentwurf der LINKEN eine solche Entscheidungsfreiheit der Kommunen nicht enthalten ist. Deshalb denke ich, das ist ein Punkt, der korrigiert gehört.

Diese Initiative zur Wiedereinführung der Fehlbelegungsabgabe ist – das darf ich wiederholen – von einem einstimmigen Beschluss des Präsidiums des Hessischen Städtetags getragen, das sich dafür ausgesprochen hat, die Fehlbelegungsabgabe wieder einzuführen. Das heißt, von dieser Seite ist in der Anhörung zu dem Gesetzentwurf eigentlich kein Widerstand zu erwarten.

Ich gehe auch davon aus, dass die Wohnungswirtschaft, zumindest die öffentlich kontrollierte Wohnungswirtschaft, ein Interesse an der Wiedereinführung der Fehlbelegungsabgabe haben sollte; denn durch dieses Mittel kommt wieder mehr Geld zum Bau von Sozialwohnungen in das System.

Aber ich finde – Herr Caspar hat das angedeutet –, dass man auch die Argumente der Kritiker ernst nehmen muss. Er hat das mit dem Hinweis auf die 6,50 € ein bisschen überzogen. Aber, Herr Caspar, Ihre Argumentation, dass die Fehlbelegungsabgabe möglicherweise – ich sage: möglicherweise – Mieterinnen und Mieter verdrängt, ist lediglich eine Behauptung, die Sie aufstellen. Diese Behauptung ist durch keine Untersuchung – zumindest durch keine mir bekannte – unterlegt.

(Ulrich Caspar (CDU): Es gab auch keine Abgabe von 6,50 €!)

Ich verwende jetzt einmal bewusst diese Begriffe: Beispielsweise wurde vom IWU in Wiesbadens prekären Stadtteilen eine Untersuchung zu der Frage gemacht – zugegebenermaßen vor vielen Jahren –, warum Mieterinnen und Mieter, die unter die Pflicht zur Zahlung der Fehlbelegungsabgabe fallen, aus diesen Stadtteilen wegziehen. Diese Untersuchung hat ergeben, dass die Miete mitnichten der Grund für den Wegzug war, sondern dass es durchaus andere Gründe dafür gab, warum Menschen von einem Stadtteil in einen anderen ziehen, beispielsweise weil sie Kinder bekommen und eine größere Wohnung brauchen oder weil sie einen Wohnortwechsel vollziehen.

Es ist in dieser Untersuchung statistisch valide festgestellt worden, dass die Mieterhöhung aufgrund der Fehlbelegungsabgabe nicht der Grund für den Wegzug aus Stadtteilen mit besonderem Entwicklungsbedarf war, in denen die Sozialwohnungen vornehmlich gelegen haben, zumindest gemäß der alten Wohnungsbaupolitik.

Auch das darf ich noch einmal anführen: Eine moderne Wohnungsbaupolitik geht nicht davon aus, dass riesengroße Blöcke geschaffen werden, in denen sich Sozialwohnungen befinden, sondern davon, dass Sozialwohnungen in

Mischkonzepten realisiert werden. Das ist das, was passiert, und da wird eine Fehlbelegungsabgabe auf keinen Fall schädlich sein.

Abschließend möchte ich noch einmal unterstreichen, wir brauchen ein Gesamtkonzept. Uns liegt jetzt zwar eine Novelle des Wohnraumfördergesetzes vor. Darüber ist schon im letzten Plenum diskutiert worden. Die Kritik daran ist, dass das, was Sie dort hineingeschrieben haben, im Gesetzentwurf nicht finanziell unterlegt ist.

Ein weiterer Baustein liegt uns jetzt mit dem Gesetzentwurf der LINKEN für ein Gesetz zur Wiedereinführung der Fehlbelegungsabgabe vor. Die Frage, wie wir mit der Umwandlung von Büroraum in Wohnraum umgehen, ist noch offen. Über all diese Fragen ist noch zu beraten.

Aber erfolgreich werden wir nur sein, wenn dem großen Problem der Wohnungsnot insbesondere in den Metropolen auch seitens der Landesregierung mit einem finanziell unterlegten Konzept begegnet wird. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Schönen Dank, Kollege Siebel. – Das Wort hat Herr Abg. Lenders, FDP-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zur Fehlbelegungsabgabe ist jetzt einiges gesagt worden – auch dazu, ob der Gesetzentwurf der LINKEN ein Schnellschuss ist oder nicht. Ich glaube nicht, dass es von der Fraktion die LINKE unbedingt ein Schnellschuss ist. Die Fehlbelegungsabgabe – diesen Begriff will ich weiterhin verwenden, weil er in der Öffentlichkeit breiter vertreten ist – hat uns in der Vergangenheit natürlich auch schon immer beschäftigt, weil vor allem die FDP-Fraktion in der letzten Regierung dafür gesorgt hat, dass eben diese Fehlbelegungsabgabe abgeschafft wird. Ich bin durchaus sehr dankbar, dass Sie uns als FDP bescheinigen, dass wir hier ein Alleinstellungsmerkmal haben und dass wir als FDP in der letzten Regierungsverantwortung in diesem Punkt sehr erfolgreich waren.

Die Diskussion zeigt natürlich auch, dass die Fehlbelegungsabgabe und ihre Höhe schon jetzt bei den Menschen für Verunsicherung sorgen – bei den Mietern, die sich hohe Mieten überhaupt nicht leisten können.

(Beifall bei der FDP)

Die Fehlbelegungsabgabe wird nicht von irgendwelchen Reichen bezahlt, sondern es sind Menschen, die gerade ein wenig aus der Situation eines Staatstransfers, eines Empfängers von Staatsleistungen, herausgewachsen sind und sich ein Stück weit etabliert haben, denen es ein Stück weit besser geht. Diese werden nun bestraft; und von Ihnen allen wurde nur gesagt, in welcher Höhe sie denn bestraft werden sollen; und da ist die Rede von bis zu 6,50 €. Das ist jetzt eine Diskussion, die eine Dynamik annimmt, die doch sehr an den Mindestlohn erinnert.

(Beifall bei der FDP – Janine Wissler (DIE LINKE): Guter Vergleich!)

Sie haben es auch schon gesagt, es ist angeklungen, dass bei dem Entwurf der LINKEN noch der Aspekt der

Rechtsverordnung fehle. Ich will gar nicht zu sehr ins Detail gehen, aber dass der Gesetzentwurf von den LINKEN ein bürokratisches Monster ist, hat Ihnen schon Herr Kollege Caspar bescheinigt. Aber, lieber Kollege Caspar, Sie müssen erst einmal den Beweis antreten, dass Sie nicht ebenfalls ein bürokratisches Monster auf den Weg bringen werden; denn genau das ist bei der alten Fehlbelegungsabgabe das Problem gewesen.

(Beifall bei der FDP)

Am Ende waren es noch drei Städte in Hessen, die das auf dem Verordnungswege haben erheben können. Das waren Frankfurt, Wiesbaden und Darmstadt. Aber hier wird so getan, als würde das den Kommunen in Hessen flächendeckend beim sozialen Wohnungsbau helfen. Das ist mitnichten der Fall. Am Ende ist sogar Darmstadt auf dem Verordnungswege herausgefallen; es waren in Hessen dann noch zwei Städte, die diese Fehlbelegungsabgabe überhaupt haben erheben dürfen.

Meine Damen und Herren, Herr Schaus hat schon gesagt, was er mit dem Entwurf bezweckt: Er wolle der Regierung „Beine machen“. Es ist also eher ein strategischer Aspekt, der DIE LINKE hier antreibt, diesen Gesetzentwurf einzubringen.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Dazu muss man schon einmal sagen: Das funktioniert. Da gebe ich der LINKEN durchaus recht, denn natürlich ist die Reaktion seitens der Koalition mit dem Entwurf schon gegeben. Aber Sie werden aus der Nummer nicht mehr herauskommen. Der erste Aufschlag geht an DIE LINKE. DIE LINKE wird so schlau sein, dann auch eine gemeinsame Anhörung zu fordern.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Ja, so schlau werden wir sein!)

Das kennen wir schon vom Vergabegesetz.

(Beifall bei der FDP)

Dann werden Sie eines erleben: Sie werden diese beiden Entwürfe gegeneinander stehen haben, und am Ende werden Sie erklären müssen, warum Sie sich nur noch in Nuancen von einer Politik unterscheiden, die durchaus von der Kommunistischen Plattform der LINKEN mitgetragen wird. Man darf durchaus sagen: Die CDU macht mittlerweile eine ultralinke Politik. Das werden Sie erklären müssen.

(Beifall bei der FDP – Holger Bellino (CDU): Das glauben Sie doch selbst nicht!)

Ich mache der LINKEN gar keinen Vorwurf; die sind da sehr konsequent.

(Heiterkeit und demonstrativer Beifall bei der LIN- KEN – Janine Wissler (DIE LINKE): Ich finde das super!)

Also, wenn ihr euch jetzt so amüsiert, füge ich hinzu,

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Noch besser!)

Herr Schaus: Eigentlich könnt ihr das doch besser.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Wenn die CDU jetzt schon eure Politik macht, dann könnt ihr doch einen draufsetzen.

(Beifall bei der FDP – Heiterkeit bei der LINKEN)

Das Land könnte sich nach eurer Vorstellung doch einmal an den Wohnungsbaugesellschaften beteiligen, also so ein bisschen Verstaatlichung. Oder wir könnten einmal einen Gesetzesvorstoß machen, um die Mieten festzuschreiben. Das wäre doch einmal linke Politik. Bei der sind Sie erfolgreich, denn Ihnen geht auch die SPD auf den Leim. Das sehen wir beim Mindestlohn doch auch. Die rennen Ihnen ja permanent hinterher.

(Janine Wissler (DIE LINKE): So ist es! Endlich sagt es mal jemand!)

Sie setzen die Messlatte, und das gesamte Haus folgt Ihnen. Das ist wunderbar.

(Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsiden- ten)

Wenn Sie uns bescheinigen, dass wir damit ein Alleinstellungsmerkmal haben, dann vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, es wird gegen die Fachleute in den Reihen der CDU ein Gesetzentwurf durchgedrückt werden,

(Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsiden- ten)

der quasi von den GRÜNEN initiiert ist – von den GRÜNEN, die eine Vergangenheit in der Hausbesetzerszene in Frankfurt haben. Das darf man nie vergessen; auch an der Stelle haben die GRÜNEN eine große Glaubwürdigkeit. Auch den GRÜNEN ist da kein Vorwurf zu machen.

(Anhaltende Unruhe)