Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Um das gleich einmal vorwegzustellen: Die Landesregierung weiß natürlich um die Bedeutung der Arbeitsplätze von Kali + Salz in Nordosthessen.
Die Landesregierung weiß aber auch, dass wir für die Salzwasserproblematik eine ökologisch verträgliche Lösung brauchen. Mir ist nicht bekannt – ich bin jetzt seit sechs Monaten permanent im Umweltausschuss anwesend –, dass sich die SPD von diesen zwei Forderungen verabschiedet hat. Im Gegenteil, bislang gibt es innerhalb der Parteien einen großen Konsens, dass wir auf der einen Seite alles dafür tun wollen, die Arbeitsplätze zu erhalten, und dass wir auf der anderen Seite für die Salzwasserproblematik natürlich eine Lösung finden müssen. Der Hessische Landtag hat meines Wissens auch die Einrichtung des runden Tisches ganz breit unterstützt, damit Lösungen diskutiert werden.
Deswegen verstehe ich jetzt, ehrlich gesagt, auch den Titel dieser Aktuellen Stunde nicht, dass wir „keine ideologischen Grabenkämpfe“ führen sollten. Ich weiß gar nicht, wer hier „ideologische Grabenkämpfe“ identifiziert, und wer sie aufgemacht haben soll.
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Es gab dazu vorhin eine Pressemeldung!)
Die Landesregierung würdigt natürlich das Investitionsprogramm von Kali + Salz in Höhe von 360 Millionen € und die damit bevorstehende Reduzierung von Abwasserströmen. 14 Millionen m³ im Jahr 2007 werden auf 7 Millionen m³ bis Ende 2015 reduziert. Das ist eine enorme Leistung. Wir alle wissen aber auch, dass das nicht reicht. Wir haben das EU-Vertragsverletzungsverfahren; wir müssen
die Wasserrahmenrichtlinie einhalten. Das sind rechtliche Setzungen, an die wir uns halten müssen; und an die muss sich auch ein Unternehmen halten. Das Unternehmen muss auch erklären, wie es die Problematik der Salzwässer unter Einschluss der Haldenwässer lösen will. Es gilt das Verursacherprinzip. Die SPD ist sonst auch immer dafür. Bei jeder Atomdebatte sind Sie für das Verursacherprinzip; das muss auch hier angewendet werden.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Thorsten Schäfer- Gümbel (SPD): Frau Hinz, das hat niemand infrage gestellt!)
Der Landtag begrüßt die Maßnahmen von K+S zur Reduzierung der Salzabwässer. Insbesondere die im März erfolgte offizielle Inbetriebnahme der Anlagen und der Technik der drei Großprojekte des WerraMaßnahmenpakets ist ein wichtiger Schritt zur Reduzierung der salzhaltigen Abwässer. Allerdings sind diese Maßnahmen noch nicht ausreichend, um mittelfristig die verbindlichen Vorgaben der EUWasserrahmenrichtlinie zu erfüllen. K+S wird deshalb aufgefordert, zeitnah ein realisierbares Entsorgungskonzept [vorzulegen], das die Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie, den politischen Willen in der Region und für die Haldenabwässer die Zeit über die Betriebsphase des Kaliabbaus hinaus umfasst.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nein, das gibts ja gar nicht!)
Es ist die ganz selbstverständliche Forderung an ein Unternehmen, dass es sich erst einmal um die eigene Problematik kümmern muss.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Thorsten Schäfer- Gümbel (SPD): Vielleicht können Sie einfach mal Antworten geben, statt aus unseren Anträgen zu verlesen!)
Die Koalition verfolgt das Ziel, die Belastung des Grundwassers und des Oberflächenwassers im Naturraum Werra-Weser durch Salzabwässer dauerhaft zu beenden. Dies wollen wir im Einklang mit der Sicherung der Zukunftsfähigkeit des Kalistandortes in Nordhessen und der vielen Tausend Arbeitsplätze erreichen.
In diesem Sinne fühle ich mich durch die Koalition und durch die Entschließung unterstützt, die gefasst wurde und noch in diesem Plenum zur Abstimmung steht. Dem ist aus meiner Sicht nichts hinzuzufügen. – Herzlichen Dank.
Frau Ministerin, herzlichen Dank. – Es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Damit ist Tagesordnungspunkt 66 behandelt.
Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend eine Aktuelle Stunde (Vorschläge von Hend- ricks und Gabriel reichen nicht aus. Hessen für ein rechtssicheres Verbot von Fracking) – Drucks. 19/670 –
Herr Präsident, meine Damen und Herren! BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die CDU-Fraktion lehnen das sogenannte Fracking ab und wollen bereits die Aufsuchung rechtssicher unterbinden. Auf Bundesebene wollen wir uns daher für eine Änderung des Bundesbergrechts einsetzen. Außerdem wollen wir das giftige Flowback verbieten. Genau das haben wir im Koalitionsvertrag festgelegt.
Ich bin der Landesregierung, insbesondere Frau Staatsministerin Hinz, sehr dankbar, dass sie jetzt mit einer Bundesratsinitiative gestartet ist – zusammen mit Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg. Das zeigt: Wir halten mit dem, was wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben, in Hessen Wort.
Der Erhalt unserer Lebensgrundlagen, speziell unserer Wasservorräte – das Thema hatten wir eben schon einmal –, darf nicht für den Profit einiger weniger Unternehmen aufs Spiel gesetzt werden. Deshalb müssen wir alle politischen Möglichkeiten nutzen, um die Anwendung von Fracking zu verhindern.
Leider unterliegt die Genehmigung für Fracking dem veralteten Bundesbergrecht, das weder geeignete ökologische noch demokratische Standards vorsieht und daher dringend reformbedürftig ist. Genau das will die Bundesratsinitiative jetzt ändern. Deshalb geht die Bundesratsinitiative einen riesengroßen Schritt in diese Richtung. Vielen Dank dafür.
Der Koalitionsvertrag der Großen Koalition auf Bundesebene hat auch etwas zum Thema Fracking verzeichnet. Dort steht, man wolle Mensch und Umwelt vor den gefähr
lichen Risiken von Fracking schützen. Meine Damen und Herren, wir fragen uns aber, warum Gabriel, SPD, mit dem vorgelegten Eckpunktepapier genau von diesem Versprechen abrückt.
Die Vorschläge aus dem Eckpunktepapier von Bundesminister Gabriel und Bundesministerin Hendricks sind unzureichend; sie bieten riesige Schlupflöcher und sind weit entfernt von einer klaren Regelung, wie die Bundesländer Fracking rechtssicher unterbinden könnten. Das ist sehr bedauerlich.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das ist in der Sache einfach falsch!)
Die vorgeschlagenen Änderungen im Eckpunktepapier betreffen das Wasserhaushaltsgesetz und nur Vorhaben, die oberhalb von 3.000 m liegen. Das ist der Knackpunkt: oberhalb von 3.000 m. Die Frackingvorräte, die gefördert werden sollen, liegen in Deutschland zum größten Teil unter 3.000 m. Deswegen sind zahlreiche Umweltverbände auf die Barrikaden gegangen und sagen: Das, was dort vorgelegt worden ist, ist kein Fracking-Verhinderungseckpunktepapier, sondern ein Fracking-Ermöglichungspapier. – Genau da setzt auch unsere Kritik an.
Außerdem sollen, das sieht das Eckpunktepapier vor, wissenschaftliche Probebohrungen weiterhin möglich sein. Wir fragen uns: Für was braucht man wissenschaftliche Probebohrungen, wenn man etwas nicht weiter verfolgen will? – Das mit den wissenschaftlichen Untersuchungen oder wissenschaftlichen Erprobungen kennen wir vom Walfang in Japan. Wir wissen, was die wissenschaftliche Erprobung für die Wale bedeutet. Am Ende sind die Wale trotzdem tot, so oder so.
All diese Punkte zeigen, das, was Herr Gabriel und Frau Hendricks vorgelegt haben, ist ein wachsweiches Eckpunktepapier und nicht das, was wir in Hessen brauchen.
Nur die Änderung des Bundesbergrechts kann Fracking wirklich verhindern. Die schwarz-grüne Landesregierung hat gemeinsam mit den Ländern Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg diese Bundesratsinitiative eingebracht, die genau diese Lücke im Bundesbergrecht schließen will. Dabei wird die Bundesregierung aufgefordert, das Bundesbergrecht so zu ändern, dass Fracking aus unkonventionellen Lagerstätten verboten wird.
Meine Damen und Herren, genau das sind die harten Bandagen, die wir brauchen. Fracking muss im Bundesbergrecht ausgeschlossen werden und nicht, wie von Gabriel und Hendricks vorgeschlagen, durch eine Überarbeitung des Wasserhaushaltsgesetzes.