Protokoll der Sitzung vom 15.10.2014

Jetzt kann man sich über das Verfahren streiten. Man kann auch immer noch nach Optimierungen suchen. Die Optimierung, die uns die Kolleginnen und Kollegen von der LINKEN vorstellen, ist ein Verfahren, das es angeblich in Spanien geben soll. – Spanien war ja auch Ihr Stichwort, Herr Schaus.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Schauen wir einmal nach Spanien: Da gibt es tatsächlich fünf Deponien von Iberpotash, die alle nicht dem geltenden EU-Recht entsprechen, die alle gegen die EU-Bergbauabfallrichtlinie verstoßen. Ich habe nicht gehört, dass die Abraumhalden in Deutschland und in Hessen gegen EU-Bergrecht verstoßen. Das ist bei mir noch nicht angekommen, aber vielleicht wissen Sie da ja mehr. Diese Abraumhalden haben in der Tat erhebliche Mängel – das steht schon länger fest –, weil sehr massiv Salz austritt.

Daher ist es auch richtig, wenn darauf gedrungen wird, dass in Spanien die Halden saniert werden; das ist doch völlig normal.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Unternehmen haben durchaus immer den Drang, ihren Gewinn zu maximieren, was zunächst einmal kein schlechter Antrieb ist, den ich auch nicht in Abrede stellen möchte.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Na ja!)

Ich finde, wenn Unternehmen kein Geld verdienen, können sie keine Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigen. So einfach ist für mich die Welt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zu- ruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Daher ist es natürlich so, dass Unternehmen auch leben können müssen und dass nicht jedes Unternehmen per se schlecht ist.

Unternehmen müssen Gewinn erzielen können, und im Falle von K+S bin ich sehr dafür, dass das Unternehmen Gewinn erzielt, damit es nämlich, verdammt noch mal, seine Altlasten entsorgt. Das muss passieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Ich entschuldige mich für den Ausdruck „verdammt noch mal“, das war nicht parlamentarisch.

Kommen wir noch einmal zurück zu Spanien. In Spanien hat Iberpotash seinen Abraumhalden noch andere Abfälle beigemischt. Das ist nämlich das Problem: Dort lagern noch giftige Abfälle in den Salzabraumhalden, und die verursachen das Umweltproblem. Jetzt versucht Iberpotash – man ist ja manchmal findig –, sozusagen über einen Umweg diese Halde zum Rohstofflager zu erklären und so die Entsorgung zu regeln. Ich finde es richtig schäbig, was dort passiert.

(René Rock (FDP): Uiuiui!)

Diese Maßnahme jetzt als leuchtendes Beispiel für uns zu erklären, wie hier mit unseren Halden umgegangen wird: Liebe Kolleginnen und Kollegen von den LINKEN, ich glaube, das funktioniert nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Hermann Schaus (DIE LINKE): Und wenn dort keine Schadstoffe drin sind, wo ist dann das Gegenargument?)

Es sind Schadstoffe außer Salz in den Halden.

(Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE): Unterstellen Sie K+S, dass dort Schadstoffe drin sind?)

Nein, nicht bei K+S, sondern in Spanien. Erkundigen Sie sich noch einmal genau; denn das ist der Punkt.

Jetzt noch ein paar Worte zum Vierphasenplan. Ich glaube, dass der Vierphasenplan richtig aufgreift, dass wir auf Dauer die Abfallentsorgung aus Produktion und Halden regeln müssen. Der Vierphasenplan zielt folgerichtig darauf ab, Salzabfälle zu vermeiden. Er setzt darauf, dass in der Produktion künftig mehr vermieden wird, und darauf, dass künftig auch die Haldenabwässer vermieden werden. Und der Vierphasenplan sorgt dafür, dass die Grenzwerte in der Werra peu à peu gesenkt werden können.

Ich gebe gerne zu: Wir hätten uns gewünscht, dass die Grenzwerte viel schneller abgesenkt werden und dass die Werra schneller einen besseren Gewässerzustand erreicht. Das ist kein Geheimnis, ich gebe gerne zu, dass wir uns das gewünscht hätten. Aber genau das ist das Problem: Wir müssen uns mit der Wirklichkeit auseinandersetzen. Die Wirklichkeit ist leider so, dass dort über Jahre hinweg noch nicht so viel passiert ist, dass wir dem Ziel schon jetzt ein bisschen näher hätten kommen können. Daher kommt es jetzt darauf an, dass wir leider – ich sage ausdrücklich „leider“ – noch einmal befristet die Versenkerlaubnis verlängern müssen. Ich schaue gerade in Richtung des Kollegen Warnecke: Sie haben ja geäußert, es sei Zeit, dass endlich mal die Politikspiele ein Ende haben und dass man zum Handeln kommt. Ich glaube, an diesen Punkt müssen wir jetzt einmal ran, und an diesem Punkt müssen wir auch – für uns GRÜNE – schmerzliche Entscheidungen treffen und uns dazu entscheiden, die Versenkerlaubnis noch einmal befristet zu verlängern.

Klar ist aber auch: Es geht nur, wenn K+S seine Hausaufgaben macht, wenn K+S auch wirklich nachweist, dass die bisherigen Versenkungen unschädlich für das Grundwasser sind und wenn K+S auch mitmacht und aktiv an dem Monitoring teilnimmt, und zwar mehr, als wir das bisher gewohnt waren.

Frau Kollegin, Sie müssen bitte zum Schluss kommen.

Danke, Frau Präsidentin. – Wenn man das alles zusammennimmt, haben wir wohl einen Plan, der tragfähig ist, der umsetzbar ist und der keine Wolkenkuckucksheime begründet. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vielen Dank. – Für eine Kurzintervention hat Herr Kollege Wilken das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Erfurth, ich bin ja bemüht, Sie verstehen zu wollen. Deswegen helfen Sie mir bitte noch einmal bei diesem Argument. Sie sagen, in Spanien werde es gemacht, weil außerdem noch Schadstoffe im Abraum sind.

Die erste Frage ist, ob Sie K+S unterstellen, dass dies auch in Hessen so der Fall ist, und deswegen die Methode hier ablehnen? Oder erläutern Sie mir noch einmal, warum die

se Methode nicht funktioniert, wenn keine Schadstoffe im Abraum sind. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Kollegin Erfurth, zur Erwiderung.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es war vermutlich der Kürze der Zeit geschuldet, dass nicht alles so bei Ihnen angekommen ist, wie ich es gemeint hatte.

Es ist tatsächlich so, dass die von Iberpotash aufgetürmten Halden insgesamt gegen die Bergbaurichtlinien verstoßen, also insgesamt nach derzeitigem EU-Recht nicht legal sind und saniert werden müssen. Das ist das eine, das ist aber bei uns nach meiner Kenntnis nicht der Fall.

Der andere Punkt ist, dass die jetzt in Rede stehende Halde, die von Ihnen immer als Referenzhalde bezeichnet wird, keine reine Salzhalde ist, sondern dass man vom Unternehmen oder wem auch immer verbotswidrig andere Abfälle beigemischt hat. Es diffundiert sehr, sehr viel schädliches Abwasser in den Untergrund. Das ist der eigentliche Grund, warum diese Halde saniert werden muss.

Jetzt hat dieses Unternehmen gesagt – sozusagen um nicht selbst schuld zu sein und es selbst finanzieren zu müssen –, das sei gar keine Halde, sondern ein Rohstofflager. Wenn man über diesen Umweg die Haldensanierung betreibt, ist das ein ganz anderer Sachverhalt. Sie vergleichen Äpfel mit Birnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Von daher kann das nicht funktionieren; denn Sie werden niemanden finden, der die Halde in dem Maße saniert, wie es Ihnen gerade vorschwebt.

(Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE): Aber die Methode funktioniert? – Janine Wissler (DIE LINKE): Sie ist zu teuer, das ist der Punkt!)

Es geht gar nicht darum, ob die Methode funktioniert oder nicht. Es geht darum, ob es jemand macht, ob es jemand finanziert und ob es umsetzbar ist bzw. umsetzbar ist in der Zeit, die wir zur Verfügung haben. Das sind die Punkte. Ich kann auch vieles Tolles vorlegen, aber der Punkt ist doch, dass wir handeln und in diesem Jahr ein umsetzbares Konzept vorlegen müssen und nicht sagen können: Vielleicht passiert mal irgendetwas in zehn Jahren. – Nein, wir müssen dieses Jahr etwas vorlegen, was auch tragfähig und aus heutiger Sicht machbar ist. Das ist der Punkt, und den sollten Sie vielleicht noch einmal bedenken.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Danke schön. – Als Nächster hat Kollege Landau, CDUFraktion, das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute zwei Anträge zu diskutieren, einen der LINKEN und einen gemeinsamen von CDU und GRÜNEN.

Was nachhaltiger Kalibergbau war, liebe Frau Schott, das haben wir sozusagen in dem Staat sehen können, dem Sie noch immer nachtrauern.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der SPD und der LINKEN)

Ich bin davon überzeugt, dass das, was die Hessische Landesregierung jetzt auf den Weg gebracht hat, eine gute Lösung ist. Es ist eine gute Lösung vor allem deshalb, weil sie sich nicht an Wunschdenken orientiert, sondern an dem, was machbar und realistisch ist. Als jemand, der an der Werra wohnt, wünscht man sich natürlich schon, dass am besten übermorgen sämtliche Einleitung aufhört. Aber wir wissen, dass man es sich zwar wünschen kann, es allerdings nicht umsetzbar ist.

Das Lösungskonstrukt hat einen besonderen Charme, weil es sozusagen allen Beteiligten etwas abverlangt. Es verlangt von denjenigen, die oben zwischen Höxter und Bad Karlshafen an der Weser wohnen, dass sie mit einer Pipeline und dann natürlich auch mit einem Einleitungspunkt zu leben haben. Es erwartet von all denjenigen, die Anrainer der Werra sind, dass sie auch künftig mit einer zwar deutlich reduzierten, aber doch fortgesetzten Einleitung leben müssen, und es nimmt das Unternehmen in die Pflicht, und zwar beträchtlich.

Frau Schott, Sie wissen, und auch die anderen Kollegen werden es wissen: 400 Millionen € sind schon in ein Maßnahmenpaket geflossen, das nächstes Jahr vollständig umgesetzt ist, augenblicklich zu 90 %, und das maßgeblich Entlastung bringen wird.

Wir nehmen mit dem öffentlich-rechtlichen Vertrag, den wir vorsehen, das Unternehmen auch weiterhin in die Pflicht. Es soll in ein weiteres technisches Verfahren weitere 400 Millionen € investieren. Letztlich wird die Pipeline, auch wenn sie nur temporär ausgestaltet ist, das Unternehmen noch einmal in der Größenordnung von bis zu 300 Millionen € in die Pflicht nehmen. Das heißt, wir können davon ausgehen, dass am Ende Investitionen in Höhe von knapp 1,1 Milliarden € erfolgt sind, die natürlich von dem Werk erwirtschaftet werden müssen. Insofern kann man nicht sagen, dass das Unternehmen nicht gefordert werde und wir als Landesregierung oder Regierungskoalition die Ideen des Unternehmens übernommen hätten – ganz im Gegenteil.

Ich will hier auch ganz deutlich sagen – lesen Sie sich unseren Text durch –: Wir nehmen darüber hinaus das Unternehmen auch im Vorfeld in die Pflicht, indem wir sagen, es hat einige Dinge zu erfüllen. Da ist das 3-D-Monitoring, das wir umgesetzt haben wollen, bevor wir uns überhaupt weiter über Versenkung unterhalten. Wir erwarten auch Weiteres. Beispielsweise ist mir sehr wichtig, und das will ich ganz deutlich unterstreichen, dass wir in dieser sehr langen Laufzeit – das ist korrekt, aber mit langen Laufzeiten haben wir es beim Bergbau immer zu tun – das Unternehmen dazu verpflichten, den jeweiligen Stand der Technik einzusetzen. Das ist deshalb wichtig, und es wird den Vertretern von K+S nicht gefallen werden, weil sie sich mit einer temporären Pipeline oder anderem nicht freikau

fen können von technischen Neuerungen, die sich in der Zukunft ergeben könnten.