Am Anfang will ich klar sagen – und dieser Anspruch gilt nicht nur für die Linkspartei, sondern auch für die Union –, dass wir nicht so tun sollten, als gäbe es keine Spannungsverhältnisse zwischen TTIP und Kultur.
Wir haben diverse Hinweise aus der Kulturszene. Ich will hier nur stellvertretend auf die Stellungnahme der Akademie der Künste, auf die Stellungnahmen des Deutschen Kulturrates, aber auch des Börsenvereins hinweisen. Die sagen sehr deutlich: Wenn es uns nicht gelingt, in TTIP eine Positivliste zu beschreiben, welche Güter konkret ausgenommen werden – der Punkt der audiovisuellen Dienste ist ein Thema, aber nicht das einzige –, können wir am Ende doch in Schwierigkeiten kommen, insbesondere dann, wenn wir nicht zu klaren Regelungen darüber kommen, an welcher Stelle über die Konfliktthemen gesprochen wird.
Deswegen ist es richtig, über das Spannungsverhältnis zu reden. Denn das Instrument, das Staatsministerin Grütters, die für die Kulturpolitik in der Bundesregierung zuständig ist, bisher vorschlägt, den Schutz von Kultur und Kunst in die Präambel eines solchen Abkommens aufzunehmen, ist aus unserer Sicht völlig unzureichend, weil die Präambel keine Rechtswirkung hat.
Deshalb stehen wir bei Kunst und Kultur an der Seite all derer, die darauf hinweisen, dass wir im TTIP-Abkommen klare Kriterien brauchen, damit der Schutz von Kunst und Kultur Vorrang hat. Er ist höherrangig als mögliche ökonomische Interessen.
Herr Reif, Ihre Bemerkung zur Kultur- und Filmförderung in den USA war schlicht falsch. Allein der Staat New York hat im letzten Jahr über Steuervergünstigungen 359 Millionen € für die Filmförderung gegeben. Das ist deutlich mehr als die gesamte staatliche Filmförderung in Deutschland, nicht nur des Bundes, sondern auch aller Bundesländer. Deswegen gibt es da schon einen Wettbewerb.
Die Amerikaner werden darauf drängen, dass alle diese Fragen im Abkommen geregelt werden. Ich bin sehr gespannt, was am Ende herauskommt. Für uns hat auch im Bereich der Filmförderung der Schutz unserer Kunst und Kulturpolitik Vorrang vor ökonomischen Interessen. Das ist einer unserer ganz wesentlichen Punkte, die wir mit diesem Abkommen schützen wollen.
Nichtsdestotrotz hat der Buchhandel eine Reihe von Problemen. Deswegen haben wir einen eigenen Antrag eingebracht. Ich bin der Kollegin Beer sehr dankbar für Ihren Hinweis bzw. die Aufnahme unseres Punktes beim Thema verminderte Mehrwertsteuer. Das, was da zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Luxemburg passiert, ist nicht akzeptabel. Ich will darauf hinweisen, dass die Franzosen hier ein Stückchen mutiger waren als der bundesdeutsche Finanzminister, indem sie nämlich klar gesagt haben: Es ist uns egal, ob wir ein Vertragsverletzungsverfahren bekommen; wir erheben einfach den gleichen Mehrwertsteuersatz für E-Books und für gedruckte Büchern. – Ich finde, das könnte auch für die Bundesrepublik
Deutschland ein Beispiel sein, es einfach erst einmal so festzulegen und sich anschließend mit der Europäischen Kommission zu streiten.
Das ändert nichts daran – da hat Herr Reif ausnahmsweise recht –, dass sich auch das Verbraucherverhalten geändert hat. Das ist etwas, das sich staatlichen, rechtlichen und politischen Erklärungen schlicht und einfach entzieht. Mein Eindruck ist aber schon, dass sich der deutsche Buchhandel dieser Herausforderung sehr wohl bewusst ist und man jedes Jahr auf der Buchmesse sehen kann, in welch grandioser Art und Weise der Buchhandel mit solchen Herausforderungen für die Verlagslandschaft umgeht.
Nichtsdestotrotz werden wir die Frage des Urheberrechts intensiv zu diskutieren haben, und da stehen wir ganz dezidiert auf der Seite der Autoren. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Kollege Schäfer-Gümbel. – Das Wort hat der Wirtschaftsminister, Herr Staatsminister Al-Wazir.
Sehr verehrter Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren! TTIP ist ein Thema, das Öffentlichkeit, Medien und auch die Buchverlage zurzeit stark bewegt. Es ist aber nicht das erste Mal, dass wir uns hier mit dieser Frage auseinandersetzen.
Ich will an dieser Stelle sagen, dass im Juni 2014 auf Initiative Hessens gemeinsam mit Rheinland-Pfalz eine Beschlussvorlage für die Wirtschaftsministerkonferenz erarbeitet wurde, die einen immerhin einstimmigen Beschluss der Wirtschaftsministerkonferenz hervorgebracht hat – also inklusive des Kollegen Christoffers aus Brandenburg, liebe Kollegen von der Linksfraktion. Ich will Ihnen sagen, was damals einstimmig beschlossen wurde.
Die Wirtschaftsminister haben festgestellt, dass Handelsabkommen sinnvolle Instrumente für die Schaffung effektiver und effizienter Märkte sind und die Auffassung vertreten, dass der Abbau von Zöllen und nicht tarifären Handelshemmnissen die Kosten für die Unternehmen senkt, den bürokratischen Aufwand reduziert und damit auch kleinen und mittelständischen Unternehmen in Deutschland noch bessere Chancen für den Export bietet.
Ich sage das, damit klar ist, dass Handelsabkommen auch positive Seiten haben können. Ich will ausdrücklich aber auch sagen – das war ein ebenfalls einstimmig gefasster Beschluss der Wirtschaftsministerkonferenz –, dass wir gefordert haben, unsere Schutzstandards beizubehalten,
sicherzustellen, dass das Recht auf Regulierung in den Händen der souveränen Staaten und der EU bleibt, einen Schutz der öffentlichen Dienstleistungen zu gewährleisten, Investitionsschutzvereinbarungen nach rechtsstaatlichen
Ich will ausdrücklich sagen, dass sich auf Druck der Öffentlichkeit – vor allem in Deutschland – die Position der Europäischen Kommission beim Thema Transparenz langsam zu wandeln beginnt. Am 9. Oktober wurde das Verhandlungsmandat des Rates an die Kommission veröffentlicht, auch um den unbestreitbaren vielfältigen Ängsten entgegenzutreten, die mit dem Abkommen verbunden werden.
Eine dieser Sorgen ist die Bedrohung des Buchhandels und der Kulturlandschaft durch den Wegfall der Buchpreisbindung. Im Verhandlungsmandat des Rates an die Kommission heißt es, dass es keine Bestimmungen geben darf, die die kulturelle und sprachliche Vielfalt in der Union oder ihren Mitgliedsstaaten, insbesondere im kulturellen Bereich, beeinträchtigen würden. Ich will ausdrücklich feststellen: Die Buchpreisbindung ist in einem geltenden Gesetz, im Buchpreisbindungsgesetz, geregelt, das auch gegenüber Anbietern aus Drittstaaten gilt.
Somit ist der Buchhandel – wie die sonstige Kulturlandschaft – ein Markt, zu dem schon jetzt grundsätzlich jeder Zugang hat. Im Falle des Buchhandels liegt ein Gesetz vor, das alle Anbieter auf dem frei zugänglichen Markt einer weiteren Regelung unterwirft. Daher erfolgt keine Diskriminierung ausländischer Anbieter. Deswegen gehe ich davon aus, dass die Befürchtungen unbegründet sind, zumindest was die Buchpreisbindung angeht.
Ich wiederhole aber, was Staatssekretär Samson bereits im April dieses Jahres zu diesem Thema hier im Plenum erklärt hat: Ein solches Abkommen benötigt gesellschaftliche Akzeptanz, und Akzeptanz erlangt man durch Zustimmung zur Sache und durch Zustimmung zum Prozess.
Deswegen haben wir auf der Wirtschaftsministerkonferenz so großen Wert auf die Forderung nach mehr Transparenz gelegt, und deswegen hat die Landesregierung einem Entschließungsantrag der Länder Baden-Württemberg, Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz im Bundesrat zugestimmt, der genau dieses einfordert. Nur durch einen transparenten Prozess kann dargelegt werden, dass einzelne Befürchtungen unbegründet sind und wie wir dafür sorgen, dass unsere Standards in diesem Prozess eingehalten werden.
Es ist klar, dass die dauerhafte Sicherung unserer Standards in den unterschiedlichen politischen Bereichen wichtig ist und wir den Vertragstext, wenn er vorgelegt werden sollte, sehr genau prüfen müssen. Bisher gibt es ja keinen Vertragstext, sondern nur Verhandlungsmandate. Ich finde aber, dass wir den Verhandelnden schon jetzt aus unserer Sicht richtige und wichtige Maßgaben mit auf den Weg gegeben haben.
Deswegen freue ich mich, dass die SPD-Fraktion diesen Antrag in den Ausschuss geben möchte, weil uns das Gele
genheit gibt, über genau diese Bereiche – die teilweise gar nichts mit TTIP zu tun haben, Stichwort: Flatrate für EBooks – im Ausschuss noch einmal vertieft zu diskutieren. Ich freue mich auf die Debatte, die wir dort führen werden. – Vielen Dank.
Es ist vereinbart, den Dringlichen Antrag der Fraktion der SPD, Drucks. 19/1021, an den Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung zu überweisen. In der Aktuellen Stunde überweisen wir normalerweise keine Anträge.
Ich schlage also vor, den Dringlichen Antrag an diesen Ausschuss zu überweisen. – Allgemeine Zustimmung.
Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend eine Aktuelle Stunde (Hessen wird sozialer und gerechter – Sozialbudget bietet Planungssicherheit für soziale Initiativen und Verbände) – Drucks. 19/1002 –
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Sozialbudget ist auf den Weg gebracht worden. Hessen wird ein großes Stück sozialer und gerechter. Das ist eine gute Woche für Hessen.
Mit der Vorlage eines Sozialbudgets wurden im Sozialetat zunächst über 50 Millionen € für freiwillige Leistungen identifiziert. Dies wurde als ein zu schützendes Budget festgelegt, das trotz der Schuldenbremse von Einsparungen ausgenommen wird. Diese 52 Millionen € werden um weitere rund 18 Millionen € aufgestockt. Somit stehen nun rund 70 Millionen € jährlich für freiwillige Leistungen im Sozialbereich zur Verfügung. Dies bedeutet eine Steigerung um 35 %. Ich sage: Welch eine grandiose Summe, gerade in diesen Zeiten.