Protokoll der Sitzung vom 05.03.2015

was der stellvertretende Ministerpräsident des Landes Hessen zu SuedLink gesagt hat und wie ihn der Ministerpräsident in Fulda aufgrund kommunalpolitischer Interessen konterkariert.

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Ich sage Ihnen auch, warum das so schlimm ist, was da mit Volker Bouffier und der Union vor Ort passiert. Es geht darum, ob die Politik glaubwürdig ist. Es geht darum: Kann man dem Ministerpräsidenten das glauben, was er sagt? Oder versucht er aus wahltaktischen Gründen, die Bevölkerung in Fulda hinter die Fichte zu führen?

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

Das ist nicht das Thema Windräder oder Stromtrassen. Das ist das Thema politische Kultur und Glaubwürdigkeit der Politiker. Was sollen die Menschen noch glauben, wenn der Ministerpräsident hier so und in Fulda anders redet?

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Barbara Cárdenas (DIE LINKE))

Das ist doch jedem hier im Hessischen Landtag klar. Wir haben das debattiert hinsichtlich der Verschiebung der Offenlegung der Regionalpläne hinter die Kommunalwahl. Wir haben erlebt – da nehme ich Tarek Al-Wazir als Zeugen –, was er am 21. Februar 2014 über Ministerpräsident Seehofer erklärt hat.

Die lautstarken Einwände des Bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer … hält Al-Wazir offenkundig für Wahlkampfgetöse.

Wahrscheinlich gilt das auch für die Aussage in Fulda. Aber dann muss er seinen Ministerpräsidenten an die Kette nehmen und klar sagen: Wir verlangen Wahrhaftigkeit in der Politik. Erklärt nicht vorab etwas anderes als das, was ihr im Landtag für richtig erklärt.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

Tarek Al-Wazir hat in der Aktuellen Stunde vom 13. März 2014 Folgendes gesagt. Al-Wazir sagte zu SuedLink:

Wenn man sich das also genau anschaut, dann stellt man fest, dass sich bisher niemand findet, der mit wirklich guten fachlichen Argumenten die Notwendigkeit des Baus der SuedLink-Trasse bestreitet.

Das hat Tarek Al-Wazir hier gesagt.

Klären Sie uns auf, was der Ministerpräsident in Fulda gemacht hat, außer dass es um die Frage ging: Wie kann ich die Wahl eines Fuldaer Kommunalpolitikers betreiben? – Oder es ging um die Frage: Wie kann ich versuchen, den Menschen in Fulda irgendetwas zu erzählen, wenn doch von der Landesregierung eine komplett andere Politik gemacht wird? – Das wollen wir aufgeklärt wissen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

Ich verspreche jedem Abgeordneten des Hessischen Landtags: Wenn Sie sich vor Ort anders äußern, als Sie hier abstimmen, dann werden wir das im Landtag zum Thema machen und werden auch Ihnen vor Ort erklären, dass das so nicht geht. Die Bürgerinnen und Bürger haben Wahrhaf

tigkeit in der Politik verdient. Wir werden das hier einfordern und werden Sie stellen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der Abg. Sabine Waschke (SPD))

Kollege Rock, vielen Dank. – Ich will als Information geben, warum der Ministerpräsident jetzt nicht hier ist. Er empfängt gerade den Präsidenten des französischen Senats hier im Haus. Das wollte ich nur zu Ihrer Information sagen, damit Sie das wissen.

Jetzt spricht Herr Kollege Gremmels für die SPD-Fraktion. Bitte sehr.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte deutlich machen, dass die Entscheidung der Bundesnetzagentur, die Pläne von TenneT zum Bau der HGÜ-SuedLink-Trasse zurückzuweisen, konsequent und folgerichtig ist. Mitte Januar dieses Jahres haben wir genau das in einer Sitzung des Wirtschaftsausschusses gesagt. Die Begründung und die Darlegung der Trassenauswahl, all das ist nicht richtig gemacht worden.

Das ist zurückgewiesen worden. Der Antrag muss nachgearbeitet werden, weil er nicht nachvollziehbar ist. Die Methodik ist nicht nachvollziehbar. Eine bessere Unterscheidung zwischen den öffentlichen und privaten Belangen ist notwendig. Es muss eine bessere Begründung für die Trassenkorridore erfolgen. Die Ziele und Bewertungsmaßstäbe müssen offengelegt und nachvollziehbar sein.

Das alles hat die Bundesnetzagentur TenneT ins Stammbuch geschrieben. Genau das haben wir damals in der Sitzung des Wirtschaftsausschusses kritisiert. Schwarz-Grün hat das mit Arroganz vom Tisch gewischt und abgelehnt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Was haben Sie heute gemacht? – Heute haben Sie einen Dringlichen Antrag vorgelegt, in dem im zweiten Absatz steht, dass Sie die Bundesnetzagentur auf einmal in ihrer Kritik unterstützen. Das, was Sie noch vor vier Wochen abgelehnt haben, weil es von der Opposition kam, begrüßen Sie jetzt auf einmal.

(Günter Rudolph (SPD): Heuchelei!)

Das ist nichts anderes als Heuchelei.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Schauen wir uns einmal den ersten Absatz Ihres neuen Dringlichen Antrags an. Da steht auf einmal, dass die Stromtrasse SuedLink für Deutschland und Hessen von „hoher Bedeutung“ sei. Im Januar 2015 hieß es im ersten Satz noch „von zentraler Bedeutung“. Ich möchte wissen, was Sie in diesen fünf Wochen dazu gebracht hat von „zentral“ auf „hoch“ zu kommen. Wurde das gemacht, um dem Ministerpräsidenten entgegenzukommen? – Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie betreiben da Wortklauberei.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das müssen Sie schon einmal deutlich sagen. Ansonsten haben Sie bei dem Dringlichen Antrag den ersten Satz

wortwörtlich übernommen. Da machen Sie eine Kehrwende. Das ist meiner Ansicht nach schon sehr interessant.

Wenn Sie mit Ihrem Dringlichen Antrag wirklich eine sachliche und fachliche Auseinandersetzung haben wollen – Sie müssten dann sagen: wir, die Regierungskoalition, hatten damals unrecht, die Opposition hatte recht –, dann bringen Sie ihn bitte so in den Landtag ein, dass wir ihn auch ordentlich beraten können.

(Beifall bei der SPD)

Wir werden heute für Ablehnung des Dringlichen Antrags stimmen, und zwar aus einem einzigen Grund: So geht man mit dem Parlament nicht um. Sorgen Sie für eine Überweisung an den Fachausschuss. Dann können wir ordentlich darüber diskutieren. Wenn Sie ihn hier zur Abstimmung stellen, werden wir für Ablehnung stimmen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich bin sehr gespannt, was Herr Weinmeister machen wird.

(Günter Rudolph (SPD): Montag im Kreistag!)

Er hat auch damals als Umweltstaatssekretär einer Regierung angehört, die das immer befürwortet und gefordert hat. Der Netzausbau mit SuedLink sei notwendig.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Heute hü, morgen hott!)

Dann hat er im Landratswahlkampf vor Ort ein ganz anderes Süppchen gekocht. Herr Weinmeister, dieses Glaubwürdigkeitsproblem kann Ihnen keiner abnehmen. Herr Weinmeister, das müssen Sie vor Ort schon selbst erklären.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich möchte Ihnen eines deutlich sagen. Das sage ich auch in Richtung der Bürgerinitiativen. Ich sage, die über 20 Bürgerinitiativen, die wir in Hessen haben, haben mit ihrer nicht immer, aber meistens sachlichen Kritik die Bundesnetzagentur doch dazu gebracht, den Antrag zurückzuüberweisen. Das hat etwas damit zu tun, dass die Bürgerinitiativen die notwendige Transparenz und Öffentlichkeit hergestellt haben. Sie haben gute Argumente eingebracht. Deswegen sage ich in Richtung der Bürgerinitiativen: Das haben Sie gut gemacht. Das war richtig so.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Auf einmal findet die Regierungskoalition, dass die Begründung und die Öffentlichkeitsarbeit von TenneT doch nicht so ganz optimal sind. Ich zitiere, was Sie dazu noch im Januar 2015 gesagt haben. Das steht im dritten Absatz der Drucks. 19/1294.

Der Landtag bewertet die Information der Betreiberfirma TenneT als eine notwendige Grundlage für Transparenz und Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger …

(Günter Rudolph (SPD): Das ist unglaublich!)

Das ist nun wirklich Heuchelei. Das haben Sie damals geschrieben. Jetzt, nachdem die Bundesnetzagentur diesen schlechten Antrag, der handwerklich schlecht eingebracht wurde, zurücküberwiesen hat, fällt auch Ihnen ein, dass da nicht sauber gearbeitet wurde. Das ist Heuchelei.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Gerade von den GRÜNEN fordere ich da mehr Transparenz.

Lassen Sie uns jetzt die Zeit nutzen. Es gibt die Hamelner Erklärung. Es haben sich entlang der potenziellen Strecke 20 Landkreise zusammengeschlossen. Sie sagen nicht: Wir wollen SuedLink auf gar keinen Fall. – Sie sagen: Wir wollen Verbesserungen. Sie sagen: Wir wollen z. B. verbindlich Erdkabelabschnitte. – Lassen Sie uns gemeinsam dafür kämpfen – wir im Bundestag, Sie im Bundesrat –, dass der Einsatz des Erdkabels erleichtert wird und dass die Regelung zum Abstand zur Wohnbebauung in Hessen endlich im Landesentwicklungsplan festgeschrieben wird. Das müssen unsere gemeinsamen Ziele sein. Davon habe ich nichts in Ihrem Dringlichen Antrag gelesen. Deswegen ist er unserer Ansicht nach heute nicht beratungsfähig.