Protokoll der Sitzung vom 29.04.2015

Es wurde vereinbart, dass alle Anträge zur weiteren Diskussion an den Sozial- und Integrationsausschuss überwiesen werden. – Dann machen wir das so.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 20 auf:

Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Familienpolitik als Schwerpunkt – flächendeckender Aus- und Aufbau von Familienzentren – Drucks. 19/1743 –

Die vereinbarte Redezeit beträgt zehn Minuten. Als erste Rednerin hat sich Frau Kollegin Wiesmann von der CDUFraktion zu Wort gemeldet. Frau Kollegin, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Familienzentren sind seit mehreren Jahren ein zentraler Baustein der guten Familienpolitik der CDU in Hessen und ihr Auf- und Ausbau hessenweit ein wichtiges Vorhaben der schwarz-grünen Koalition in dieser Legislaturperiode.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was ist der Leitgedanke? – Familien brauchen ein Klima, in dem sie sich entfalten können. Junge Paare benötigen Zuversicht, eine Familie nicht nur gründen, sondern auch erhalten zu können. Dafür braucht es vieles, nicht nur eine materielle Sicherheit und eine verlässliche Infrastruktur. Es braucht für ein familienfreundliches Klima darüber hinaus Respekt für jede und jeden, der Kinder großzieht und Familie lebt. Dazu gehört weiter ein spürbares Vertrauen, dass Familien in der Lage sind, ihre Belange wahrzunehmen und ihr Leben ohne Bevormundung, nach ihren Maßstäben, Neigungen und Möglichkeiten zu gestalten. Dazu gehört auch die Bereitschaft zum Sich-Mitfreuen, wo immer Familie gelingt. Schließlich gehört dazu – darauf kommt es mir heute besonders an – die Bereitschaft, Unterstützung zu geben, wo Familien dies benötigen. Junge Menschen werden sich für eine eigene Familie nur entscheiden, wenn sie die Gewissheit haben, dass sie mit Schwierigkeiten und Unsicherheiten nicht alleingelassen werden, dass es Menschen und Anlaufstellen gibt, die verfügbar sind und weiterhelfen können, und dass Austausch, Zuspruch und Hilfe selbstverständlich sind. Gerade solche Familien, die in schwierigen Lagen Unterstützung erfahren haben, werden dies weitergeben und ihrerseits zu diesem Klima beitragen, das mehr Mut zu und mehr Lust auf Familie macht.

Meine Damen und Herren, das ist der Leitgedanke hinter dem Instrument der Familienzentren, das der CDU-Fraktion – nicht allein – seit Jahren ein besonderes Anliegen ist, das aber auch für diese Koalition aus CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einen Schwerpunkt bildet. Was ist das Konzept? – Aufgabe von Familienzentren ist es, Familien mit Information, Beratung und Hilfe präventiv oder bei akuten Schwierigkeiten unter die Arme zu greifen und sie in der Selbstständigkeit ihrer Lebensführung zu unterstützen. Angedockt an bestehende familienbezogene Einrichtungen halten sie von Kinderbetreuungsangeboten über Elterntreffs und Familienbildung, von Bildungs- und Erzie

hungsberatung bis hin zu Ehrenamtsqualifikation, Schuldnerberatung und Seniorenarbeit ein breites Spektrum an familiennahen Angeboten bereit.

Familienzentren sind auf den Sozialraum bezogen. Familienzentren beruhen auf Netzwerken. Sie bilden Knotenpunkte in einem Netzwerk der Kooperation und Information vor Ort. Sie verbinden bildungspolitische, gesundheitspräventive und gewaltpräventive Angebote mit Familienangeboten. Wichtig ist, dass sie sich leicht in vorhandene Strukturen einfügen, gleichwohl aber durch die Verknüpfung und die Vernetzung dieser verschiedenen Angebote, die vielerorts bereits bestehen und auf lokale Bedürfnisse ausgerichtet sind, ein Mehr an Möglichkeiten bieten. Familienzentren stellen Eltern ins Zentrum des Bemühens. Wer Kinder fördern will, muss Eltern fördern und unterstützen, sie aber auch ernst nehmen und fordern. Genau dies leisten Familienzentren.

Wer sein Kind in die Kindertageseinrichtung oder zur Grundschule bringt und anschließend noch einen Moment im Elterncafé verweilt, hat einerseits die Chance auf wichtige Informationen und Anregungen, kann sich spontan mit anderen austauschen und sogar auf Verdacht auf Angebote angesprochen werden. Andererseits sind stets eigenes Zutun und aktives Wollen gefragt, damit etwas geschieht. Deshalb sind Familienzentren ein Instrument einer aktivierenden Familienpolitik. Das ist uns ein besonderes Anliegen.

Familienzentren sind niedrigschwellig. Sie holen Eltern und Kinder dort ab, wo sie tagtäglich vorbeikommen, und zielen besonders auf solche ab, die sonst nur schwer erreicht werden und zu wichtigen Informationen keinen regelmäßigen Zugang haben. Sie erweitern das häufig lebendige Miteinander, das an Kindertageseinrichtungen oder Familienbildungsstätten ohnehin herrscht, um eine Dimension, sodass unkompliziert und unbürokratisch Unterstützungsangebote zur Kenntnis gebracht und auch wahrgenommen werden.

Familienzentren sind also keine Reparaturzentren und keine Brennpunktveranstaltungen. Sie ersetzen nicht die aufsuchende Elternarbeit und machen den Kindergesundheitsschutz und andere Dinge nicht überflüssig. Sie bündeln familienbezogene Angebote einer Vielzahl von Trägern und sorgen mit dafür, dass diese bekannt und breit in Anspruch genommen werden.

Was ist der Stand der Dinge? Was sind die Perspektiven? Warum reden wir heute darüber? – Meine Damen und Herren, Familienzentren mit all diesen guten Eigenschaften, die ich noch einmal aufgezählt habe, sind ein nicht mehr wegzudenkendes Element der familienunterstützenden Infrastruktur unseres Landes. Seit 2011, als wir das Vorhaben auf den Weg gebracht haben, ist die Nachfrage beständig gewachsen: Waren im letzten Jahr noch 113 Familienzentren in der Landesförderung inbegriffen – ganz zu Anfang hatten wir 100 Zentren im Visier –, haben sich zum 01.03. dieses Jahres 146 Familienzentren um Förderung beworben, von denen 121 ihre Anträge bewilligt bekamen. Insgesamt stehen jährlich 1,6 Millionen € für die Förderung der Zentren, für Fortbildungen, für Evaluation und begleitende Maßnahmen bereit. Wir können sagen, der flächendeckende Auf- und Ausbau ist auf einem sehr guten Weg.

Gleichzeitig ist uns wichtig, dass die Vernetzung an den Zentren auch an Qualität und Dichte zunimmt. In den An

forderungskatalog der Fach- und Fördergrundsätze sind zusätzlich generationenübergreifende Angebote und die Qualifizierung des Personals aufgenommen worden. Auch zeigt sich, dass die Kooperationsansätze mit den Jobcentern und Arbeitsagenturen gut funktionieren. Die HAGE, die Hessische Arbeitsgemeinschaft für Gesundheitserziehung, hat das Bundesprojekt „Gesundheitsförderung in Lebenswelten – Entwicklung und Sicherung von Qualität“ in Hessen unter anderem mit den Familienzentren durchgeführt und sie so bei dem Aspekt der Gesundheitsförderung gezielt unterstützen können.

(Vizepräsident Frank Lortz übernimmt den Vorsitz.)

Generell stellen wir fest, dass die allermeisten Familienzentren ihre Angebote ständig erweitern und ergänzen und dabei insbesondere die Kooperation und Vernetzung intensiver gestalten. Alle Einrichtungen verfügen, sofern sie diese nicht selbst anbieten, über Kooperationen mit Betreuungseinrichtungen für Kinder, meistenteils Grundschulen, Vereinen vor Ort, Kirchengemeinden etc. Die positive Entwicklung strahlt ihrerseits auf die Kommunen ab, indem die Zentren als Orte der Begegnung, des Austauschs und der Unterstützung, als Merkmal der Familienfreundlichkeit zu einem echten Standortfaktor werden.

Perspektivisch gehen wir als CDU-Fraktion davon aus, dass mit dem Mehr an Fördermitteln, teilweise auch im Sozialbudget verankert, das hessenweite Netz der Familienzentren sogar noch ausgebaut und verdichtet werden wird. Dies wird, so wünschen wir es uns, auch der großartigen Trägervielfalt, was familienunterstützende und soziale Angebote angeht, zugutekommen. Eine Möglichkeit, die Arbeit der Familienzentren um vielleicht noch ein weiteres lohnendes Element zu ergänzen, könnte darin bestehen, auch Elterngruppen für die Bereitstellung bestimmter Angebote von Eltern für Eltern zu gewinnen. Das wäre zu diskutieren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich fasse zusammen: Die Initiative von 2011, sie hat ja auch ihre Vorgeschichte, hat reiche Früchte getragen und in unserer neuen Koalition noch einmal an Schub gewonnen. Ich habe zu Beginn von „Familienklima“ gesprochen, das so wenig greifbar erscheint und doch, jedenfalls nach unserer Überzeugung, für das Gelingen und Gedeihen von Familie so besonders wichtig ist. Familienzentren sind Orte, an denen sich dieses Klima manifestiert, wo Begegnung und Austausch stattfinden, aber auch umstandslos Hilfe zur Selbsthilfe geleistet wird, indem sich Menschen gut aufgehoben fühlen und gesellschaftlicher Zusammenhalt erfahrbar wird. Man könnte auch sagen, Familienzentren geben unserer Familienpolitik, zu der allerdings noch sehr viel mehr gehört, was heute nicht erwähnt werden muss, ein Gesicht: einladend, respektvoll und hilfsbereit. – Ich danke Ihnen fürs Zuhören.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Wiesmann. – Das Wort hat Herr Abg. René Rock, FDP, Seligenstadt.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Frau Wiesmann, wenn ich von den Familienzentren nicht

schon überzeugt gewesen wäre, wäre ich es spätestens nach Ihrer Rede gewesen. Ich glaube, es kann jetzt keiner mehr sagen, er habe kein Herz für Familienzentren, und das sei keine gute Angelegenheit.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Sie haben darauf hingewiesen, dass das Thema der Familienzentren im Hessischen Landtag eine lange Geschichte hat. Es gibt einen gemeinsamen Beschluss aller Fraktionen, der sich für Familienzentren ausgesprochen hat. Dann gab es – zumindest nehme ich dies an, ich weiß nicht, wie es im Jahr 2011 war – eine große Zustimmung für dieses Projekt der Familienzentren. Auch ich möchte aus meiner Sicht sagen: Familien sind uns als Freien Demokraten sehr wichtig, weil die Familie, das ist keine neue Erkenntnis, natürlich der kleinste und wichtigste Bestandteil unserer Gesellschaft ist.

Auf der anderen Seite wissen wir alle, dass wir, wenn man jemanden fragt, was aus seiner Sicht Familie sei, viele unterschiedliche Aussagen finden werden, gerade in unserer heutigen Zeit. Darum ist es auch wichtig, dass wir, die Abgeordneten des Hessischen Landtags, und die Hessische Landesregierung überlegen, wie wir die Familien unterstützen können. Die Familien sind heute vielen Herausforderungen ausgesetzt, die sie früher in dieser Form vielleicht nicht kannten. Darum ist es auch notwendig, Angebote zu machen.

(Beifall bei der FDP)

Ich darf aus dem Antrag der Koalition zitieren:

Die Einrichtungen bieten für alle Generationen sowie für jede Lebensphase Hilfen, unter anderem in Form von Kinderbetreuung, Bildungs-, Förder- und Erziehungsangeboten, Lese- und Sprachförderung, Familienbildung, Eltern- und Lebensberatung, Unterstützung bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Seniorenarbeit sowie Ehrenamtsqualifikation. … Die Familienzentren holen die Eltern dort ab, wo sie im Alltag stehen, und bieten ihnen zielgenaue Hilfen sowie effektive Entlastung und leiten zur Selbsthilfe an.

Das ist ein wunderschönes Konzept, hinter dem wir alle stehen. Das Land Hessen bekommt dieses wunderschöne Konzept für immerhin 12.000 € pro Familienzentrum. Ich glaube, diese 12.000 € sind unglaublich gut eingesetzt.

Ich glaube, jedem hier im Raum ist aber auch klar, dass diese Ziele nicht allein mit 12.000 € zu erreichen sind. Wer sich die Landschaft der Familienzentren in Hessen angesehen hat, weiß natürlich, dass jedes Familienzentrum anders ist. Kein Familienzentrum gleicht dem anderen. Jedes Familienzentrum hat einen, zwei oder drei dieser Schwerpunkte, die hier benannt worden sind, resultierend aus den Herausforderungen, die sich in dem Quartier ergeben, oder aus dem Schwerpunkt, den sich die Kommune oder die dort Handelnden, die Qualifikationen mitbringen, gegeben haben. Darum ist dies aus unserer Sicht natürlich auch der Moment, zu sagen: Wir sind den Kommunen und den Initiativen vor Ort dankbar, die diese Familienzenten und diese Idee, die wir hinaus nach Hessen getragen haben, verwirklichen und mit weiterem kommunalem Geld unterstützen, damit das in der Art und Weise wirken kann, wie wir uns das alle wünschen.

Es bleibt bei einem solchen Setzpunkt, einem Antrag, der so viel Zustimmung erfährt, nur zu sagen: Wir hoffen, dass

die Familienzentren in Hessen weiterhin so gut funktionieren und dass wir weitere Kommunen und Initiativen dafür gewinnen können, sich zu beteiligen. Von daher sind wir auf einem guten Weg. Wir können dem Weiterführen und Ausbau dieser Projekte zustimmen. Es ist ein guter Weg, den wir alle positiv begleiten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Kollege Rock. – Das Wort hat Frau Abg. Schott, DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist erfreulich, dass die Landesregierung einen Schwerpunkt in der Familienpolitik setzt. Allerdings bin ich mir nicht so sicher, ob die Familien dies bereits gemerkt haben. Daran habe ich große Zweifel; auch wir können das nicht wirklich erkennen. Eines ist auf jeden Fall klar: Von Familien zu reden und von Armut in diesem Land zu schweigen, ist eine besondere Leistung. Wie Sie sicherlich wahrgenommen haben, steigen die Armutsquoten in Deutschland, auch in Hessen. Lassen Sie uns die Berechnungen des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbands 2014 zur Grundlage nehmen, der auf der Basis des recht aktuellen Mikrozensus die „relative Armutsquote“ für Familien errechnet.

(Zuruf von der CDU: Das hat niemand in Zweifel gezogen!)

Wenn das keiner in Zweifel zieht, dann muss man einmal überlegen, wie man damit umgeht.

Das sind diejenigen Familien, deren Mitglieder weniger als 60 % des durchschnittlichen bedarfsgewichteten Einkommens haben. Dann stellen wir fest, dass in Hessen 13,7 % der Bevölkerung arm sind. In sieben Jahren ist dieser Anteil um 14 % gewachsen. Damit liegen wir zwar nicht an der Spitze der Republik, es ist aber auch kein Grund, sich zu feiern.

Wenn wir uns jetzt genau anschauen, wer unter dem armen Teil der Bevölkerung besonders zu finden ist, dann geht es hier um jüngere Menschen, Alleinerziehende, kinderreiche Familien, alte Menschen und Erwerbslose. Dazu kommen Menschen mit nur niedrigen Bildungsabschlüssen oder ohne Bildungsabschlüsse und Menschen mit Migrationshintergrund. Besonders hervorstechend sind die Alleinerziehenden mit 42,3 %. Wenn sich die Zuwachsraten so weiterentwickeln wie in den letzten Jahren, wird im Jahr 2020 die Hälfte dieser Gruppe in Armut leben. So wie ich Sie jetzt verstanden habe, gehören die Alleinerziehenden in der Zwischenzeit auch in der Betrachtung der CDU zur Gruppe der Familie. Da hat sich BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Koalition durchgesetzt.

Richtig erschreckend sind die Zahlen der Kinder unter 15 Jahren, die von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II leben. Bundesweit sind es 15,5 %, in Hessen sind es 14,9 %; die Kinderarmut liegt somit über der allgemeinen Quote. Die Verteilung ist in Hessen höchst ungleich. Während in manchen Landkreisen nur etwa 8 % der Kinder von Armut betroffen sind, sind es in Darmstadt fast 21 %; in Frankfurt sind es 22,5 %, in Kassel 23,6 %, in Wiesbaden 24,3 %, und in Offenbach sind es sage und schreibe 36 %.

Das heißt, mehr als ein Drittel der Kinder und Jugendlichen müssen von Hartz IV leben. Ihre Eltern haben nicht genügend Geld, um das Leben zu organisieren. Kleidung muss meistens gebraucht gekauft werden, Luxusdinge wie Markenklamotten sind überhaupt nicht drin. Das Geld reicht nicht einmal für Lebensmittel, die Eltern stehen regelmäßig an der Tafel an. Wenn in der Schule Geld eingesammelt wird, gibt es zu Hause Diskussionen, ob dieser Ausflug wirklich stattfinden muss oder ob man dieses oder jenes Lehr- oder Lernmittel tatsächlich braucht. Mittagessen in der Schule ist oft nicht drin. Meine Damen und Herren, so lernen diese Kinder die Gesellschaft kennen. Das ist ein Skandal, den wir dringend angehen müssen.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Menschen unter Ihnen, die noch älter sind als ich, werden sagen: In den Vierziger- oder Fünfzigerjahren in meiner Jugend war das auch nicht anders, das hat mir auch nichts geschadet. – Es gibt allerdings heute einen gravierenden Unterschied dazu. Familien, die heute arm sind, leben in einem anderen Kontext als damals, als es ein kollektives Problem war. Diese Kinder und Jugendlichen sehen, dass in anderen Familien wesentlich mehr Geld vorhanden ist. Die Hartz-IV-Kinder – so bezeichnen sie sich in der Zwischenzeit selbst – erleben, dass der Reichtum um sie herum stattfindet, nur für sie selbst ist er nicht zu erreichen. Das schafft von Anfang an ein Selbstwertgefühl, das nicht gut ist und das nicht dazu führen wird, dass diese Menschen selbstsicher durchs Leben gehen können. An der Stelle müssen wir ansetzen und etwas tun.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn Familienzentren diese Probleme lösen könnten, dann wären sie richtig gut. Ich befürchte nur, dass sie, die mit ihrem großen Engagement, mit ihrer hohen Kompetenz und mit viel Herzblut darum kämpfen, Familien mit Armutsrisiko zu erreichen, um sie in ihrer schwierigen Situation zu unterstützen – insofern sind sie natürlich gut, da sind wir bei Ihnen –, zu wenig bewegen können. Es gibt zu wenige Familienzentren, und sie haben zu wenige Möglichkeiten.

Dieses Engagement und dieses Bemühen sind sehr begrüßenswert und verdienen unser Lob. Die Arbeit der Menschen dort verdient unsere Anerkennung, die sollten wir ihnen auch gewähren.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Idee ist gut, bestehende Einrichtungen, die sich mit Kindern und Familie beschäftigen, so zu verstärken, dass sie sich mit den Themen beschäftigen können, die an sie herangetragen werden, die sie in ihrem Alltag erleben und die sie in ihrer täglichen Arbeit sehen. Dabei ist es ganz egal, ob das Fragen der Erziehungskompetenz der Eltern sind, ob es um Familienbildung, um Beratung, Vernetzung der Angebote für Familien, um den Übergang der Kinder von den Kitas in die Schule, und was sonst noch so anliegen mag, geht. Das ist genau der richtige Ort, dort gehört es hin. Sie sind diejenigen, die wissen, was notwendig ist und was es vor Ort gibt, sie haben den Kontakt zu den Eltern und den Familien und wissen, wie man die Angebote an die Zielgruppe bringt.

Deshalb sollte die finanzielle Ausstattung aller Einrichtungen so sein, dass sie nicht noch einmal einen Antrag stellen, seitenweise Formulare ausfüllen und am Ende die Gelder auch noch einmal akribisch abrechnen müssen. Es