Protokoll der Sitzung vom 22.07.2015

diesen Bürgermeistern stehen wir in einem guten und intensiven Austausch, wie wir das machen können.

Der „Hanauer Anzeiger“ vom 22. Juli sagt:

Das Land Hessen trägt sich mit dem Gedanken, auf dem Areal der historischen Hutier-Kaserne eine Landeserstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge zu schaffen. Mindestens 500 Flüchtlinge könnten dort untergebracht werden. Die Stadt Hanau wird versuchen, dies mit „allen planungsrechtlichen Mitteln“ zu verhindern, wie Oberbürgermeister Claus Kaminsky im Rahmen der Stadtverordnetenversammlung informierte.

(Zurufe von der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aha!)

Wer dem „Hanauer Anzeiger“ nicht glaubt, kann in der Onlineausgabe der „OP“ die gleiche Aussage lesen, ebenso in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.

(Zuruf von der CDU: Was ist das denn jetzt, Herr Merz?)

Wer sich dann hierhin stellt, von Willkommenskultur redet und fragt, was man machen will – das ist zum Glück nicht so schnell von der Onlineseite wegzunehmen wie die Presseerklärung von Herrn Franz, das gibt es auch gedruckt –, beschreitet einen Weg, der schwierig ist. Hier so zu reden und dort so zu handeln, das ist nicht Aufgabe der Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt noch eine Wortmeldung von Herrn Kollegen Franz. Bitte schön, Sie haben die Möglichkeit, zu sprechen.

Herr Staatsminister, Sie haben eben mehrmals versucht, mich in eine Ecke zu stellen, in die ich nicht gehöre. Ich verwahre mich dagegen. Die Konsequenz meiner Pressemitteilung war folgende: Am 24. Juni haben wir im Landtag debattiert, und Sie haben hier formuliert und als große Geste in Richtung Kommunen gesagt: Wir werden Ihnen keine Flüchtlinge mehr senden, deren Anerkennungschance relativ gering ist. Das sind schwerpunktmäßig diejenigen, die aus den Westbalkanländern kommen.

Das habe ich in meiner Pressemitteilung interpretiert. Das ist ja wohl logisch; es sei denn, Sie könnten nicht logisch folgen.

(Zurufe von der CDU)

Wir werden es ja auch sehen, es wird sich in der nächsten Zeit nachprüfen lassen, welche Flüchtlinge aus welchen Ländern dorthin kommen. Nicht mehr und nicht weniger habe ich formuliert.

Wenn das von Ihnen schon kritisiert wird, dann kann ich das nicht nachvollziehen. Wenn es darum geht, wie Sie hier formuliert haben, rechtzeitig die Gemeinden und Bürger zu informieren, dann kann ich nur sagen: Ab 01.08. wird die Alheimer-Kaserne für Flüchtlinge genutzt, am 16.07. gab es dazu eine Informationsveranstaltung.

(Zuruf des Minister Stefan Grüttner)

Lassen Sie mich bitte ausreden. – Ich habe in allen Sitzungen des Unterausschusses für Heimatvertriebene, Aussiedler, Flüchtlinge und Wiedergutmachung – da sitzt der Staatssekretär – immer wieder nachgefragt, ob die Alheimer-Kaserne genutzt werden wird oder nicht. Zum Schluss, nachdem ich immer penetranter nachgefragt habe, wurde gesagt: Ja, es ist im Bereich des Möglichen und auch sehr wahrscheinlich.

Diese Informationspolitik mir gegenüber als Abgeordnetem halte ich auch nicht für in Ordnung. Es ist nun einmal so, man muss das dann so hinnehmen, wie es ist. Eines lasse ich aber nicht zu: dass ich mich von Ihnen in eine rechte Ecke stellen lasse. Das ist nicht in Ordnung. Deswegen möchte ich, dass Sie das hier im Parlament von mir zu hören bekommen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Danke, Herr Kollege Franz. – Es liegen jetzt keine Wortmeldungen mehr vor.

Mir wurde gesagt, dass alle Anträge inklusive des Entschließungsantrags der LINKEN an den Innenausschuss als federführenden Ausschuss gehen sollen. Mitberatend ist der Sozial- und Integrationspolitische Ausschuss. – Dann machen wir das so.

(Günter Rudolph (SPD): Eigentlich ist der Sozialpolitische Ausschuss federführend!)

Ja, das war jetzt die Frage. Bei uns in den Unterlagen steht, dass der federführende Ausschuss der Innenausschuss sein soll und mitberatend der Sozial- und Integrationspolitische Ausschuss.

(Günter Rudolph (SPD): Das sind die Unterlagen der Landtagsverwaltung! Die sind nicht maßgebend!)

Bitte schön, Herr Kollege Rudolph.

Nicht die Unterlagen der Verwaltung sind maßgebend, sondern die Zuständigkeiten. Sozialpolitischer Ausschuss federführend, mitberatend Innenausschuss, sofern es den Innenausschuss berührt. Das ist vielleicht auch nicht bei allen Anträgen der Fall.

Aus dem Grund habe ich das auch so betont. – Dann machen wir es so, wie es eben beantragt wurde. Also: Federführend wird der Sozial- und Integrationspolitische Ausschuss sein und mitberatend der Innenausschuss.

Dann rufe ich den Tagesordnungspunkt 4 auf:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz über die Erhebung einer Fehlbelegungsabgabe in der öffentlichen Wohnraumförderung (Fehl- belegungsabgabe-Gesetz – FBAG) – Drucks. 19/2162 –

Eingebracht wird der Gesetzentwurf von der Landesregierung, von Frau Staatsministerin Hinz. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordnete! Mit dem vorgelegten Gesetzentwurf führen wir in Hessen die Erhebung der Fehlbelegungsabgabe wieder ein. Das ist ein weiterer wichtiger Baustein unserer Wohnungspolitik für Hessen. Unsere Anstrengungen im Bereich der Wohnungsbauförderung werden durch die Erhebung der Fehlbelegungsabgabe sinnvoll ergänzt. Das wünschen sich auch die Kommunen. Deshalb haben wir die Gemeinden und die Kommunalen Spitzenverbände früh und umfassend in den Prozess eingebunden.

In Absprache mit den Spitzenverbänden haben wir die Möglichkeit geschaffen, interkommunale Zusammenarbeit zu nutzen, um den Verwaltungsaufwand zu minimieren. Denn wir wissen ja, dass da, wo es wenige Sozialwohnungen gibt und dann vielleicht wenige Wohnungen mit der Fehlbelegungsabgabe belegt werden können oder müssen, der Verwaltungsaufwand durchaus den Ertrag übersteigen kann. Deswegen halten wir interkommunale Zusammenarbeit für besonders notwendig.

Es ist allerdings verfassungsrechtlich geboten, erst einmal alle, die in den Wohnungen leben, mit der Abgabe zu erfassen, sofern sie eine Einkommensüberschreitung haben. Aber es wird auch möglich sein, einzelne Kommunen per Verordnung von der Erhebungspflicht zu befreien, wenn dies einen unangemessenen Verwaltungsaufwand bedeuten würde und ein Zusammenschluss mit Nachbarkommunen nicht möglich ist. Den Zusammenschluss wollen wir in der ersten Zeit besonders fördern, weil das auch bedeutet, eine neue Struktur einzuführen. Ich glaube, dass wir da auf einen guten Weg kommen können.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun zu den Fakten: In Hessen gibt es 103.000 Sozialwohnungen und 2.200 Bedienstetenwohnungen des Landes. Aufgrund der Förderung gilt für diese Wohnungen eine Belegungsbindung, die an bestimmte Einkommensgrenzen geknüpft ist. Die Einhaltung der Einkommensgrenzen wird jedoch derzeit nur beim Einzug überprüft, dann nicht mehr. Bei nicht wenigen Mieterinnen und Mietern erhöht sich aber im Verlauf der Lebensphase das Einkommen, die Verhältnisse ändern sich, sodass ihnen eine Sozialwohnung nicht mehr zustünde, wenn sie neu einziehen wollten. Durch die Erhebung einer Fehlbelegungsabgabe wird dieser Missstand ausgeglichen, und trotzdem können die Mieterinnen und Mieter in ihrem angestammten Wohnumfeld, in ihrer Wohnung bleiben, auch wenn sie die Einkommensgrenze überschreiten. Sie sollen aber künftig entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zusätzlich zur Sozialmiete wieder einen Ausgleich an die Gemeinde abführen.

Die Erhebung der Fehlbelegungsabgabe erfolgt auf der Grundlage einer fundierten Untersuchung, die wir haben machen lassen. Deswegen hat es auch ein paar Monate gedauert, inklusive der Vorabsprachen mit den Kommunalen Spitzenverbänden. Die Untersuchung musste vor allen Dingen deswegen stattfinden, weil wir die Einkommensüberschreitung, ab der die Abgabe erhoben wird, genau kalkulieren mussten. Wir wollen ja nicht ungerechtfertigt Fehlbelegungsabgabe erheben und damit dem Vorschub leisten, dass Mieterinnen und Mieter am Ende aus dem Quartier ausziehen. Das wollen wir nicht erreichen. Die Fehlbelegungsabgabe wird deshalb nur bei Mieterinnen

und Mietern erhoben, die die Einkommensgrenze um mindestens 20 % überschreiten. Das halten wir für gerecht und angemessen. Sie ist zusätzlich abhängig von der ortsüblichen Vergleichsmiete. Dadurch wird sichergestellt, dass Mieterinnen und Mieter nur entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit bezahlen müssen.

Meine Damen und Herren, die Mittel aus der Fehlbelegungsabgabe sind zweckgebunden. Das heißt, dass sie den Kommunen zufließen, aber dann auch wieder für bezahlbaren Wohnraum eingesetzt werden müssen. Insofern ist es ein wesentliches Mittel, um zusätzlich zu bezahlbarem Wohnraum zu kommen. Sie alle wissen, dass wir über Wohnraumknappheit klagen, vor allen Dingen in Ballungsräumen, aber durchaus auch in Kommunen jenseits der Ballungsräume, da, wo es immer noch Zuzug gibt. Daher halten wir es für gerechtfertigt, dass die Fehlbelegungsabgabe wieder eingeführt wird und sich damit ein Kreislauf ergibt, um Geld für die Kommunen zu generieren, das sie dann wieder für sozialen Wohnungsbau einsetzen können.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, es gibt eine Diskussion mit dem Städte- und Gemeindebund, die ich Ihnen nicht vorenthalten will, über die Frage: Wer soll die Verwaltung für die Kommunen, die Fehlbelegungsabgabe erheben, leisten? In den Vorgesprächen waren wir uns mit den Spitzenverbänden einig. Inzwischen ist der Städte- und Gemeindebund wieder der Meinung, die Landkreise sollten sie erheben. Wir halten das aus mehreren Gründen für nicht sinnvoll und bleiben deshalb im Gesetzentwurf auch bei der Möglichkeit der interkommunalen Zusammenschlüsse. Aber ich gehe davon aus, dass wir noch Gelegenheit haben werden, diesen Punkt in der Anhörung und im weiteren Verlauf der Diskussion, der Beratung im Ausschuss zu vertiefen. Ich halte den vorgeschlagenen Weg für richtig, hoffe auf produktive Beratungen und anschließend auf die Zustimmung zu dem Gesetz. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Staatsministerin. – Als erster Redner hat sich Kollege Rentsch von der FDP-Fraktion zu Wort gemeldet. Sie haben siebeneinhalb Minuten Redezeit. Bitte schön, Herr Kollege. Sie haben das Wort.

(Minister Tarek Al-Wazir: Sie können es ja loben!)

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! – Nein, Herr Kollege Al-Wazir, ich kann es nicht loben, weil wir als Freie Demokraten immer noch der gleichen Auffassung sind, wie sie 2009 auch die CDU hatte. Wir sagen uns, dass das, was die CDU 2009 vertreten hat, nicht falsch gewesen sein kann, nämlich die Fehlbelegungsabgabe zu streichen.

(Beifall bei der FDP)

Ich habe es jetzt auf dem Tisch liegen lassen. Der Kollege Caspar hat damals eine bemerkenswerte Rede zur Abschaffung gehalten. – Herr Kollege Caspar, ich hoffe, Sie halten heute die gleiche. Sie werden wieder den gleichen Applaus

der Freien Demokraten bekommen, wie Sie ihn auch damals bekommen haben.

(Beifall bei der FDP – Willi van Ooyen (DIE LIN- KE): Grunderwerbsteuer, daran möchte ich erinnern!)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Landesregierung aus CDU und GRÜNEN hat sich entschieden, die Fehlbelegungsabgabe in Hessen wieder einzuführen. Als einziges Bundesland schafft Hessen damit wieder eine Abgabe, die aus unserer Sicht genau die Falschen trifft. Sie wird dazu führen, dass die soziale Durchmischung in den Wohnquartieren, wo sie notwendig wäre, deutlich erschwert wird. Sie ist ein Instrument, das damals in der Anhörung sogar von dem Vertreter der sozialdemokratisch regierten Stadt Hamburg als auf der einen Seite bürokratisch und auf der anderen Seite unsozial bezeichnet wurde. Ich will dem Kollegen der SPD nichts hinzufügen,

(Günter Rudolph (SPD): Aber Hamburg ist sehr erfolgreich!)

er hatte recht. Es ist bürokratisch und unsozial. Wenn die SPD recht hat, soll sie auch recht behalten, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das ist also eine vollkommen richtige Position, Herr Kollege Rudolph.

(Beifall bei der FDP)