Im Jahre 2013 hätte die Landesregierung die Frauenförderung am liebsten einen leisen Tod sterben lassen, indem das Gesetz einfach ausgelaufen wäre. Dann wäre es zu Ende gewesen; damit wäre es auch mit den Frauenbeauftragten zu Ende gewesen. Ich unterstelle Ihnen, das wäre Ihnen am liebsten gewesen. Wenn ich mir anschaue, wie lange es gedauert hat, um endlich zu einem Gesetzentwurf zu kommen, der dann noch aus den Fraktionen und nicht von der
Landesregierung kam, muss man dies tatsächlich annehmen. Damals haben wir Ihnen aber leider ein bisschen in die Suppe gespuckt, indem wir den Antrag eingebracht haben, die Geltungsdauer des Gesetzes zu verlängern. Sie hätten Farbe bekennen und dagegen stimmen müssen. Dann wäre aber öffentlich geworden, wie weit es bei Ihnen mit der Gleichstellung von Frauen her ist.
Stattdessen haben Sie um zwei Jahre verlängert, weil man ja ordentlich Zeit braucht, um das Ganze vernünftig einzubringen. Aber wie weit die vernünftige Einbringung gereicht hat, sehen wir; wir sind jetzt wieder unter Zeitdruck. Es kann Ihnen also nicht so furchtbar am Herzen liegen; denn wenn mir etwas am Herzen liegt, dann sorge ich dafür, dass ich es angehe, dass ich es wegschaffe, dass ich die Situation, die nicht tragbar ist, verbessere. Es hat im Jahre 2011 alles auf dem Tisch gelegen; Sie haben bis heute gebraucht, um diesen Entwurf vorzulegen, bei dem Sie eine Ankündigungspolitik gemacht haben, die enorm war, sodass alle darauf gewartet haben, welch große Verbesserungen jetzt für die Frauen kommen würden.
Ja, es kommen ein paar Verbesserungen; das will ich überhaupt nicht in Abrede stellen. Angekündigt war ein Handlungskonzept, damit die Frauen endlich in Leitungspositionen kommen. Wo ist denn Ihr Handlungskonzept? Das besteht jetzt darin, dass Frauen besser an entsprechenden Fortbildungen beteiligt werden müssen. Das ist noch lange kein Handlungskonzept. Wo ist es denn? Wir haben im öffentlichen Dienst doch nicht wenige Frauen. Überall dort, wo hart gearbeitet wird, haben wir Frauen. Wir haben Frauen, die im Publikumsverkehr tätig sind. Wir haben in den Reinigungsabteilungen Frauen, so sie noch nicht outgesourct sind. Wir haben in Kitas Frauen. Dort, wo hart gearbeitet wird, haben wir Frauen in Leitungspositionen. Aber auf anderen Ebenen, wo auch hart gearbeitet wird, finden wir sie deutlich seltener. Das hätte man in Angriff nehmen müssen, denn das hat damals auch die Evaluation sehr eindeutig hervorgebracht.
Wo ist denn mehr Personal für Frauenbeauftragte? Wo ist denn ein klares, eindeutiges und hilfreiches Klagerecht für Frauenbeauftragte? Das ist alles nicht mehr zu finden. Wissen Sie, die Juristinnen haben Ihnen sehr deutlich gesagt: Was abgeschafft werden muss, ist die Diskriminierung bei den Beurteilungen von Frauen, insbesondere die Diskriminierung von teilzeitbeschäftigten Frauen. – Wo ist denn dort Ihr Handlungsfeld, das Sie angehen? Wo ist denn die klare Ansage, dass das, was in Forschungen entwickelt worden ist, z. B. die Instrumente, die entwickelt worden sind, auch angewendet werden muss? All das suchen wir vergeblich.
Stattdessen finden wir, dass ehrenamtliche Tätigkeit eine Rolle spielt. Dazu kann man geteilter Meinung sein; aber wenn ich jetzt an die klassische Familienfrau denke, die jede Menge an Hausarbeit und Kinderbetreuungsarbeit zu leisten hat, frage ich mich, wie viel Raum dann noch für ein Ehrenamt bleibt. Dann stellt sich die Frage, wer dabei den besseren Teil bekommt, wenn Sie das als Kriterium einfügen. Das mag hilfreich sein, vielleicht aber auch nicht. Jedenfalls ist es kein großer Wurf.
Aber die Frauenbeauftragten heißen jetzt Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte, und sie haben ein Initiativrecht. Das ist, gemessen an dem, wie Frauenbeauftragte in den letzten Jahren gearbeitet haben, da sie unter Beweis gestellt haben, wie wichtig ihre Tätigkeit ist, nun wirklich das Mindeste, was man ihnen einräumen muss. Das ist sozusagen die allerkleinste Möglichkeit. Auch haben sie die Möglichkeit, sich direkt ans Ministerium zu wenden. Auch an dieser Stelle muss man noch einmal schauen,
ob das dann hilft – genau. Es ist eben nicht geändert worden, dass es 600 Beschäftigte sein müssen, bis es eine wirkliche Freistellung gibt. Wenn man sich einmal die Situation an den Hochschulen anschaut, stellt man fest, dass es dort eine hohe Fluktuation innerhalb der Personalsituation gibt, die wir dort aufgrund von befristeten Verträgen, Drittmittelverträgen usw. haben. Das heißt für die Frauenbeauftragten, dass sie dort doch überhaupt nicht in der Lage sind, dem Job, den sie haben, gerecht zu werden, dass es oft gar nicht möglich ist, genau hinzuschauen, wie bei den Einstellungen von Männern und Frauen umgegangen wird, ob wirklich alle Aspekte erwogen werden. Es ist noch immer alles sehr dünn, was Sie hier anbieten.
Vollmundig angekündigt worden war auch ein Organklagerecht. Das ist tatsächlich etwas Neues. Das gilt allerdings nur, wenn die Rechte der Frauenbeauftragten aus dem Gesetz verletzt wurden und kein Frauenförderplan aufgestellt wurde; und dies alles nach einem mehrstufigen Widerspruchsverfahren. Das heißt, es macht den Frauenbeauftragten, die ohnehin schon bis an ihre Grenzen belastet sind, so viel Arbeit, dass sie es sich lange überlegen werden, ob sie das dann wirklich in Anspruch nehmen.
Wie die Landesregierung damit Vorbild für die hessischen Unternehmen sein will, um die Gleichberichtigung von Männern und Frauen voranzubringen, bleibt einzig ihr Geheimnis. Vielleicht lüften Sie uns das irgendwann.
Dass BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit dem Gesetz zufrieden ist, wie Frau Erfurth betont, wundert nur denjenigen, der die schnelle Metamorphose von Grün bis Schwarz, den Weg aller Bananen – ich möchte Ihnen das Lied von MarcUwe Kling empfehlen, keine Angst, ich singe es nicht, das kann ich nämlich nicht, Sie sollten es sich aber einmal anhören, es ist hilfreich –, noch nicht wahrgenommen hat.
Im August vor zwei Jahren verlautbarte die grüne Landtagsfraktion, dass die Richtung des SPD-Gesetzentwurfs zu unterstützen sei und man nach der Anhörung eventuell noch an Detailfragen arbeiten müsse. Die frauenpolitische Sprecherin hat damals gesagt, Hessen brauche dringend ein neues Gesetz, um die Beschäftigungssituation und die Aufstiegschancen von Frauen im öffentlichen Dienst zu verbessern. Die Landesregierung habe das aktuelle Gesetz komplett ausgehöhlt und wirkungslos gemacht – so waren damals die Positionen der GRÜNEN.
Ich füge heute hinzu: Schwarz und Grün haben das Gesetz heute kaum besser gemacht, so wie es jetzt ist. – Herzlichen Dank.
(Hermann Schaus (DIE LINKE): Sie muss jetzt alles rechtfertigen! – Timon Gremmels (SPD): Es ist ein hartes Los in der Regierung!)
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! – Herr Kollege Schaus hat mir eben zugerufen, ich würde das jetzt rechtfertigen. Ich brauche nichts zu rechtfertigen. Ich bin durchaus stolz, dass die schwarz-grüne Koalition heute diesen Gesetzentwurf vorlegen kann.
Dieser Gesetzentwurf bringt wirklich substanzielle Verbesserungen. Frau Kollegin Schott, ich kann Ihnen nur empfehlen, den Gesetzentwurf noch einmal in Ruhe zu lesen. Manche Formulierung erschließt sich nicht beim ersten Lesen. Es ist klug gewählt, was wir hier formuliert haben. Manche Formulierung wird sich vielleicht auch im Laufe der Zeit in Gänze auswirken.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Manche werden es nie verstehen!)
Herr Kollege Wagner, ja, manche werden es vielleicht auch nie verstehen. – Wir haben ein Fraktionsgesetz auf den Weg gebracht, weil wir uns das Ziel gesetzt haben, dass dieses Gesetz noch bis zum Ende des Jahres im Gesetzblatt veröffentlicht wird, damit die Frauenbeauftragten wissen, auf welcher Grundlage sie nächstes Jahr arbeiten. Dabei ist uns schlicht die Zeit davongelaufen, das kann man durchaus zugeben. Deswegen ist es ein Fraktionsgesetzentwurf geworden. Wir haben in Kooperation und in enger Abstimmung mit dem Sozialministerium gearbeitet. Dafür bin ich auch dankbar, denn manche Daten hatten wir noch gar nicht, weil die Evaluation noch ausstand. Von daher ist das kein Geheimnis, und wir machen auch keines daraus. Wir gehen damit ganz offen um.
Das neue Gesetz hat einen ganz klaren Kompass. Ich will Ihnen noch einmal die drei Schwerpunkte nennen: Wir wollen mehr Frauen in Führungspositionen haben. Wir wollen, dass Frauen und Männer mit Familienaufgaben dies mit ihrer Karriere unter einen Hut bringen können. Außerdem wollen wir die Rechte der Frauenbeauftragten stärken.
Das sind drei sehr anspruchsvolle Zielsetzungen, die sich so leicht dahersagen, die aber die Grundlinien sehr klar umreißen. Daran haben wir den Gesetzentwurf ausgerichtet.
Außerdem haben wir darauf hingewirkt, dass die Belange von Frauen mit Behinderungen besonders in den Fokus genommen werden. Wir haben zudem in den Grundsätzen des Gesetzentwurfs festgehalten, dass das Prinzip des Gender Mainstreaming künftig das Leitprinzip in der öffentlichen Verwaltung sein soll. Das wird nicht alle Dienststellen sofort mit hundertprozentiger Freude erfüllen. Sie wer
den auch nicht alle sagen: Jawohl, das machen wir sofort und morgen. – Ich bin mir aber sehr sicher, dass das auf Dauer die Führungskultur verändern wird. Die Führungskultur in den Dienststellen wird nämlich auf Dauer so angelegt werden, dass tatsächlich auch Frauen in Führungspositionen kommen werden.
Wir haben das Prinzip der Entgeltgleichheit im Gesetzentwurf verankert und auch die paritätische Gremienbesetzung. Frau Gnadl, wir haben auch den Geltungsbereich des Gesetzes für ausgegliederte Unternehmen erweitert. Sie werfen uns vor, das hätten wir nicht ausreichend gemacht. Ich erwidere: Ich freue mich, dass wir es hinbekommen und für ausgegliederte Unternehmen eine Chance eröffnet haben, die Grundsätze des Hessischen Gleichberechtigungsgesetzes da anzuwenden, wo Kommunen oder andere öffentliche Dienststellen ihre Beteiligung an Unternehmen ausweiten. Das haben wir mit Augenmaße gemacht. Ich finde, das ist der richtige Weg, mit Augenmaß und nicht mit der Brechstange. Damit wird niemand verschreckt, und wir können darauf hinwirken, dass sich die Grundsätze des Gesetzes langsam, aber auch sicher verbreiten.
Meine Damen und Herren, es gibt sehr viele gute Beispiele in dem Gesetzentwurf, die ich Ihnen in der Kürze der Zeit gar nicht alle aufzählen kann. Ich will mich auf zwei Punkte konzentrieren, nämlich auf die Bereiche Frauen in Führungspositionen und Stärkung der Rechte der Frauenbeauftragten.
Etwas mehr als die Hälfte der Beschäftigten in der öffentlichen Verwaltung sind Frauen. Ihr Anteil nimmt allerdings ab, je höher die Führungsebene aussieht. Das ist so etwas wie kommunizierende Röhren. Frau Gnadl, Sie haben leider auch schon immer darauf hinweisen müssen. Das ist auch so. Daran gibt es nichts wegzudiskutieren. Je höher die Führungsebene, desto weniger stark die Frauendichte. Da gibt es unbestritten Handlungsbedarf, da müssen wir ansetzen. Wir müssen erreichen, dass mehr Frauen in Führungspositionen kommen.
Dabei muss man um die Instrumente streiten. Sie sagen: Wir müssen grundsätzlich immer die Frau bevorzugen. – Wir sagen: Das hat schon einmal nicht geklappt. Das hat schon einmal dazu geführt, dass ein Gesetz verfassungswidrig wurde. Wir wollen am bewährten Instrument festhalten: Bei gleicher Eignung werden Frauen bevorzugt. Das machen wir auch weiter so. Das ist der rechtssicherere Weg.
Außerdem wollen wir den bewährten Frauenförderplan als zentrales Instrument erhalten; wir haben aber neue Maßnahmen dazugestellt, die eine geschlechtergerechte Personalentwicklung gewährleisten sollen. Wir bieten einen ganzen Strauß von Maßnahmen an. Ich will nur wenige herausgreifen, mit denen man geschlechtergerechtere Personalführung in Zukunft machen kann.
Dabei geht es z. B. um die Erprobung der Führung in Teilzeit oder um eine geschlechtergerechtere Personalkostenbudgetierung, oder die Veränderung des Beurteilungswesens unter Anerkennung der Erwerbsbiografie von Män
nern und Frauen. Das sind neue Instrumente. Wenn sich Dienststellen trauen, diese Instrumente anzuwenden, dann werden wir auch eine ganz andere Personalstruktur bekommen. Damit haben wir einen zukunftsweisenden Weg in der Personalführung.
Für uns GRÜNE war es ein sehr zentrales Anliegen, dass Frauenbeauftragte und Gleichstellungsbeauftragte so gestärkt werden, dass sie in ihrer Funktion noch besser werden und ihre Arbeit noch besser erfüllen können. Dazu haben wir gemeinsam mit den Kollegen von der CDU eine Vielzahl kleiner Stellschrauben ausgemacht, von denen ich jetzt nur ein paar herausstellen möchte.
Ja, Frauenbeauftragte dürfen sich künftig direkt an das Sozialministerium wenden. Frau Schott, was Sie da so kleinreden, war ein großes Anliegen der Frauen, die mit uns gesprochen haben. Sie haben beispielsweise gesagt: Wenn wir mit unserem Bürgermeister oder unserer Bürgermeisterin nicht gemeinsam in einen Topf kommen, dann ist es Ende im Gelände. Wir dürfen noch nicht einmal das Sozialministerium anrufen. – Das ist eine praktische Hilfestellung, wie man einem Anliegen gerecht werden kann.
Wir haben uns bei der Freistellung der Frauenbeauftragten darauf geeinigt, sie klarer zu regeln. Das schafft Rechtssicherheit. Außerdem bekommen die Frauenbeauftragten ein Organklagerecht, Frau Gnadl, so, wie es das auch im Bundesrecht und in den Ländergesetzen von Berlin, Bremen, Thüringen und Brandenburg gibt. Das, was Sie als erweitertes Recht haben wollen, gibt es nach meiner Kenntnis bisher in noch keinem anderen Bundesland.
Hessen ist damit unter den Flächenländern West wegweisend. Wir führen dieses Organklagerecht in unser Hessisches Gleichberechtigungsgesetz ein. Wir sind uns sicher, dass die Frauenbeauftragten es mit großem Fingerspitzengefühl anwenden und es nur dann nutzen werden, wenn es nicht mehr anders geht. Es ist eine wirksame „Waffe“ in der Hand der Frauenbeauftragten, wenn sie ihre Rechte nicht anders durchsetzen können.