Protokoll der Sitzung vom 17.12.2015

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der damalige Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN, Herr Tarek Al-Wazir, bei dem ich immer ganz genau hinhöre, was er sagt – denn es ist in der Regel beachtenswert, und vor allem sollte man es in Erinnerung behalten –,

(Zuruf von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sehr gut!)

hat auf dem von uns beiden sehr geschätzten Beamtentag in Fulda gesagt, die GRÜNEN treten für die Übernahme des Tarifergebnisses für die Besoldung der Beamtinnen und Beamten ein.

(Beifall bei der SPD)

Herr Al-Wazir, wer dies vor der Wahl fordert, muss sich nach der Wahl daran messen lassen, ob er dieses Wahlversprechen einhält. Wir stellen heute fest, die GRÜNEN haben ein zentrales Wahlversprechen gebrochen. Das ist Fakt, und darüber sind die Beamtinnen und Beamten entsetzt.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben noch mehr versprochen, aber ich konzentriere mich auf den Bereich.

Wenn wir uns die Arbeitsbelastung der Lehrerinnen und Lehrer anschauen, kann ich nur sagen: In der Tat, das diskutieren wir seit vielen Jahren. Wir haben die 42-StundenWoche, das muss man alles in die Belastung der Lehrerinnen und Lehrer einrechnen. Diese Landesregierung ist relativ ignorant, wenn es darum geht, ihre Lehrerinnen und Lehrer angemessen zu besolden. Es ist falsch, was eben gesagt wurde. Vom 01.07.2015 bis 30.06.2016 gibt es eine Nullrunde für die Beamtinnen und Beamten. Das ist Fakt, das war anders versprochen. Danach soll es angeblich 1 % geben.

Dann haben wir das Thema der Alimentation. Bei den Haushaltsberatungen wusste der Innenminister zunächst nicht, was an Besoldungserhöhung vorgesehen ist. Bei der kursorischen Lesung bekamen wir heraus: 1 %. Diese Erhöhung von 1 % sei nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts berechnet worden. – Diese Berechnung liegt uns noch nicht vor. In Ihrer Bibel, die Sie Koalitionsvertrag nennen, steht drin, dass bis 2018 jedes Jahr 1 % Besoldungserhöhung erfolgen soll.

Warum übernehmen Sie eigentlich die Regelung von Rheinland-Pfalz, die von Ihnen heftig kritisiert wurde? Herr Boddenberg, Sie kritisieren doch sonst alles an rotgrünen Landesregierungen. Gestern in der Debatte wurde es gesagt, das war vor der Wahl, in einem Antrag von Schwarz-Gelb aus dem Jahr 2013. Sie übernehmen die gleiche Regelung von Rheinland-Pfalz, die Sie vorher kritisiert haben. So etwas nennt man Doppelmoral und Heuchelei à la Schwarz-Grün – relativ klar, relativ eindeutig.

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und der FDP)

Weil Sie gegenüber Argumenten der Opposition permanent ignorant sind – –

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Nicht permanent, aber da schon!)

Herr Fraktionsvorsitzender Schäfer-Gümbel: überwiegend und im Besoldungsbereich zu 102 % oder 104 %.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, wenn wir uns die Stimmung in hessischen Behörden anschauen, sagen uns viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Polizei, viele Lehrerinnen und Lehrer: Wir bekommen jeden Monat Mitarbeiterbriefe, jetzt zu Weihnachten wieder, schöne Mails, wie wertgeschätzt unsere Arbeit sei. Da gibt es so einen Knopf mit einem Symbol „Papierkorb“, da verschwinden die ungelesen. – Denn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der hessischen Landesverwaltung sind es leid, in den Sonntagsreden wertgeschätzt zu werden und montags genau das Gegenteil zu erfahren.

(Beifall bei der SPD)

Die Nullrunde ist der Bruch eines Wahlversprechens, die Nullrunde ist das falsche Signal. Diejenigen Beamtinnen und Beamten, die trotz des Beamtenrechts streiken, zeigen damit auch ein Stück weit ihre Empörung und Verzweiflung. Deswegen muss man die Debatte abschichten. Wir haben volles inhaltliches Verständnis. Übrigens haben auch genug GRÜNE mit demonstriert, etwa bei den Demonstrationen der GEW in Frankfurt. Auch bei den GRÜ

NEN scheint es noch ein paar zu geben, die sagen: Das geht so nicht.

Meine Damen und Herren, das inhaltliche Ansinnen ist berechtigt: weg mit der Nullrunde. Das war und ist die Position der SPD-Fraktion. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Vielen Dank, Kollege Rudolph. – Das Wort hat der Kultusminister, Prof. Lorz.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist jetzt schon zweimal gesagt worden: In der Tat, diese Debatte hat zwei völlig verschiedene Themen. Das eine ist die Frage des Geldes und von mir aus auch der dahinterstehenden Politik. Das andere ist eine ganz schlichte Frage von Recht und Gesetz. Diese beiden Aspekte sollte man in der Tat sorgfältig auseinanderhalten. Da fünf Minuten wenig Zeit sind und da das eine Aktuelle Stunde ist,

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Sie können auch länger reden!)

die sich an der Arbeitsniederlegung vom 16. Juni 2015 festmacht, will ich mich auf den zweiten Aspekt konzentrieren. Über die anderen Aspekte haben wir in diesem Hause schon viel gestritten und werden das mit Sicherheit auch weiterhin tun.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich deswegen zunächst mit ein paar Märchen aufräumen, die vonseiten der GEW verbreitet werden und leider auch ihren Weg in die eine oder andere Berichterstattung gefunden haben. Es gab und gibt keine politische Direktive dazu, wie die entsprechenden Disziplinarverfahren zu führen sind. Es gibt auch keine Vorgabe für irgendwelche Mindestsanktionen. Es gibt schon gar keine von oben verhängten Beförderungsverbote oder dergleichen.

Was wir hier erleben, ist ein ganz normaler Verwaltungsvorgang. Er wird auch dadurch nicht zu etwas Besonderem, dass sich leider relativ viele unserer beamteten Lehrkräfte eines entsprechenden Dienstvergehens schuldig gemacht haben.

Der grundlegende Vorgang ist ganz einfach: Eine Beamtin oder ein Beamter begeht ein Dienstvergehen. Deswegen leitet die vorgesetzte Behörde ein Disziplinarverfahren ein. Die vorgesetzte Behörde sind die Staatlichen Schulämter. Sie führen deswegen die Verfahren. Sie haben die Ermittlungszuständigkeit und die Organisationshoheit. Würden sie das nicht tun, würden sie ihrer gesetzlichen Aufgabe als Schulaufsicht nicht nachkommen. Das ist alles ganz normal.

Das Ministerium hat nichts weiter getan, als dazu einen Erlass herauszugeben, um die Handhabung dieser Verfahren über die einzelnen Schulamtsbezirke hinweg halbwegs einheitlich zu gestalten. Es hat sogar beim Hinweis auf die möglichen Sanktionen den Schwerpunkt auf die Begrenzung nach oben gelegt, um die betroffenen Lehrkräfte vor einer zu harten Ahndung zu schützen.

Der Erlass stellt z. B. fest, dass bei Lehrkräften ohne herausgehobene Funktion im Regelfall ein Verweis ausreicht.

Das ist nur bei Funktionsstelleninhabern und bei Prüferinnen und Prüfern anders. Der Verweis ist die mildeste Maßnahme des Disziplinarrechts überhaupt. In anderen Bundesländern wird in solchen Fällen schon eine Geldbuße verhängt.

Deswegen stimmt es auch nicht, dass jetzt in Hessen in irgendeiner Form besonders hart durchgegriffen würde. Vielmehr entscheiden die Schulämter vor Ort – und zwar adäquat auf den individuellen Fall abgestimmt –, was im Einzelnen notwendig und geboten ist.

Auf die Besoldung der Beamten wurde eben schon hingewiesen. Selbst mit der Begrenzung des Anstiegs der Besoldung, die wir unseren Beamtinnen und Beamten aus übergeordneten haushaltspolitischen Gründen zumuten müssen, liegen wir nach wie vor ganz oben im Feld der Bundesländer. Herr Schwarz hat darauf hingewiesen. Deshalb sind und bleiben wir auch absolut konkurrenzfähig.

Wir können uns in bestimmten Bereichen vor Bewerberinnen und Bewerbern nicht retten. Ich bin dafür dankbar. Denn gestern haben wir dankenswerterweise in diesem Hause beschlossen, 800 neue Stellen zu schaffen. Das ist gut. Und wir haben auch die entsprechenden Bewerbungen.

Diese Bewerbungen kommen fast alle mit dem expliziten Wunsch, verbeamtet zu werden. Es wird im Übrigen niemand gezwungen, so eine Ernennungsurkunde entgegenzunehmen. Man kann sich auch an die Behörde wenden und sagen: Ich hätte gerne einen Angestelltenvertrag. – Es ist auch nicht illegitim, zu sagen: Das tue ich, weil ich das Streikrecht haben will. – Komischerweise habe ich diese Argumentation aber noch nie gehört. Was die GEW hier praktiziert, ist einfach Rosinenpickerei.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn und Wolfgang Greilich (FDP))

Es ist Rosinenpickerei, weil man zwar die Vorteile des Beamtenstatus haben will, aber einen der Eckpfeiler der Verpflichtungen, die damit nun einmal einhergehen und die Bestandteil des beamtenrechtlichen Treueverhältnisses sind, für sich nicht akzeptieren will.

Ehrlich gesagt, habe ich mich heute Morgen gefragt, wie ich die dazugehörige Staatsrechtsvorlesung auf fünf Minuten komprimieren kann. Aber ich stelle vergnügt fest, dass ich das nicht mehr tun muss. Ich bedanke mich dafür ausdrücklich beim Abg. Greilich und auch beim Fraktionsvorsitzenden Wagner. Denn sie haben eigentlich alles, was zu diesem Punkt zu sagen war, schon gesagt. Ich möchte daher nur noch zwei Aspekte ergänzend festhalten.

Erstens. Es wurde schon gesagt, dass das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte die Türkei betraf. Ich füge hinzu: Es betraf dort auch nicht Beamte in unserem Sinn, sondern Bedienstete öffentlicher Unternehmen. Ich finde es schon sehr interessant, dass ausgerechnet die GEW, die sonst bei jeder Gelegenheit unternehmerischen Ungeist in den Schulen wittert, ihre Lehrkräfte jetzt mit Bediensteten von Unternehmen auf eine Stufe stellt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn und Wolfgang Greilich (FDP))

Zweitens. Auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wurde schon hingewiesen. Dieses hat am 26.

Februar 2015 – das ist ziemlich genau zehn Monate her – noch einmal bestätigt, dass eine Änderung in diesem Punkt nur durch den Gesetzgeber erfolgen kann. Damit ist der Deutsche Bundestag gemeint. Das kann vielleicht noch das Bundesverfassungsgericht an sich ziehen. Das kann aber nicht einmal dieses Hohe Haus, deswegen auch nicht ein auf Recht und Gesetz verpflichteter Minister dieses Landes. Ganz bestimmt nicht kann es die GEW. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU sowie der Abg. Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn und Wolfgang Greilich (FDP))

Herr Minister, vielen Dank. – Es gibt keine weiten Wortmeldungen.

Damit kommen wir zu Tagesordnungspunkt 61:

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend eine Aktuelle Stunde (Historisches Klima- schutzabkommen in Paris: So bringt Hessen den Kli- maschutz voran) – Drucks. 19/2935 –

Erste Rednerin ist Frau Kollegin Dorn.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Es ist wahrscheinlich ganz gut, dass es draußen kurz vor Weihnachten gerade 14° C sind. Denn bei einer solchen Debatte ist es meistens so, dass die Leute das erst dann glauben, wenn sie es spüren.

Wir werden dieses Jahr wieder keine weißen Weihnachten haben. Das ist eine der vielen Folgen. Aber eigentlich müsste das Thema mit seinen ganzen dramatischen Auswirkungen uns viel mehr bewusst sein.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Armin Schwarz (CDU) – Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Denn die aktuellen Herausforderungen hinsichtlich der Flüchtlinge zeigen eines: Schon längst sind die globalen Auswirkungen des Klimawandels bei uns angekommen. Gerade in den afrikanischen und arabischen Ländern