Protokoll der Sitzung vom 04.02.2016

Diese Entwicklung ist aber nicht nur in Hessen zu verzeichnen, sondern in ganz Deutschland. Es ist auch gut, dass das überall so ist. Ich sage das deswegen so bewusst, weil wir den Braten anhand des Arbeitstitels der Aktuellen Stunde schon ein bisschen gerochen haben. Der soll uns offensichtlich das „Wer hat es erfunden“-Gefühl vermitteln.

Herr Arnold, das ist für uns selbstverständlich. Das wissen Sie. Wir kämpfen weiterhin für jeden Arbeitsplatz. Das ist das Brot-und-Butter-Geschäft der SPD seit 150 Jahren.

(Beifall bei der SPD)

Selbstverständlich freuen wir uns darüber, dass der Arbeitsmarkt auch vielen Menschen in Hessen neue Perspektiven und Möglichkeiten eröffnet. Bei dieser großen gemeinsamen Freude über diese äußerst günstige Entwicklung sollten wir uns aber nicht den Blick für die tatsächlichen Indikatoren und die Gründe für den Aufschwung am Arbeitsmarkt vernebeln. Sie haben das auch angefügt. Da sind wir uns sicherlich einig: Der Hauptgrund ist die anhaltend gute wirtschaftliche Lage in Deutschland, die sich auch in Hessen Gott sei Dank widerspiegelt.

Es gibt eine äußerst günstige Zinsentwicklung, die zu Investitionen führt. Das wirkt sich auf den Arbeitsmarkt aus. Es gibt wiederum sprudelnde Steuereinnahmen, die ihrerseits Investitionsprogramme des Bundes ermöglichen, die dann von den Ländern zum großen Teil komplementiert werden, auch in Hessen. Das führt dann wiederum zu Investitionstätigkeiten. In aller Bescheidenheit will ich an der

Stelle anfügen, dass maßgebliche Programme der Großen Koalition auch von der SPD initiiert wurden.

Diese günstige Konjunktur- und Arbeitsmarktentwicklung ist aber ebenso maßvollen und besonnenen Tarifabschlüssen zu verdanken. Auch das gehört zum Entstehen dieser günstigen Entwicklung dazu. Sie ist vor allen Dingen den Arbeitnehmerinnen und den Arbeitnehmern zu verdanken, die mit ihrer Hände und Köpfe Arbeit Garanten für die wirtschaftliche Entwicklung in diesem Land sind.

(Beifall bei der SPD)

Im sogenannten FRAX – der FRAX ist jetzt nicht die Frau des DAX, sondern das ist der Arbeitsmarktindex der „Frankfurter Rundschau“ – wird zu dieser Entwicklung etwas äußerst Bedeutsames festgestellt. Es steigt nicht nur die Quantität der Beschäftigung, sondern auch die Qualität der Beschäftigung hat sich nachhaltig verbessert. Die Zunahme der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung im Verhältnis zu den geringfügig bezahlten Jobs ist demnach die markanteste positive Entwicklung, die wir in den letzten Quartalsberechnungen feststellen können.

So ist es in der Tat. Das ist auch gut so. Wir können uns noch gut erinnern: Der auch in diesem Haus heiß und hart umkämpfte gesetzliche Mindestlohn hat allen Unkenrufen zum Trotz zu keinen Einbrüchen am Arbeitsmarkt und zu keinen Einbrüchen der wirtschaftlichen Entwicklung geführt.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen, macht es euch ruhig gemütlich. Es ist alles gut. Wir sind auch gleich fertig.

Das Gegenteil ist der Fall. Zu Recht hat Bundesarbeitsministerin Nahles kürzlich festgestellt, dass der Mindestlohn Dynamik schafft, und zwar von geringfügiger Beschäftigung hin zu sozialversicherungspflichtiger Arbeit. Uns geht es vor allem auch um die Nachhaltigkeit auf dem Arbeitsmarkt. Sie wird getragen von der Qualität der Beschäftigung.

Diesen Weg müssen wir konsequent weitergehen. Deshalb müssen weitere Schritte zur Neuordnung des Arbeitsmarkts gegangen werden. Das bedeutet für uns, dass wir das Gesetz zur Regelung der Arbeitnehmerüberlassung reformieren müssen. Denn dem zunehmenden Missbrauch der Leiharbeit und der Werkverträge muss Einhalt geboten werden.

Wir wissen, dass das im Bundestag, im Bundesrat und auch in diesem Haus, wie schon bei der Diskussion um das Mindestlohngesetz, lebhafte Diskussionen auslösen wird. Da sind wir uns ganz sicher. Teile der CDU, also des Koalitionspartners in Berlin, aber vor allen Dingen auch die Wirtschaftsverbände machen jetzt schon gegen den Referentenentwurf aus dem Haus des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales mobil. Es wird neuerlich der Untergang der deutschen Wirtschaft befürchtet.

In dieser Diskussion sind die Mitglieder meiner Fraktion und ich bereits bestens geübt und bestens gestählt. Ich sage Ihnen: Am Ende wird es so kommen, wie es kommen muss. Wir werden ein neues Gesetz haben. Denn Dumpinglöhne und die Umgehung der Tarife können und dürfen keine dauerhafte Grundlage für einen nachhaltigen, gesunden und robusten Arbeitsmarkt sein.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Willi van Ooyen und Hermann Schaus (DIE LINKE))

Für alle Wirtschaftspolitiker unter uns gibt es noch einen weiteren Grund: Gute Löhne und gute Arbeit sind unverzichtbare Faktoren für die Ankurbelung des Binnenmarktes. So ist das einfach. Deshalb gehört das auch aus diesem Grund dazu.

(Beifall bei der SPD)

Ein Bereich des Arbeitsmarkts muss uns auch in Hessen große Sorgen bereiten. Das betrifft die Langzeitarbeitslosen. Wir hoffen gemeinsam mit der Landesregierung, dass das Programm die Früchte tragen wird, die sie sich erhoffen und die wir uns auch erhoffen. Aber die Zahl ist unvermindert hoch. Es sind 122.000, das spricht für sich.

Aus aktuellem Anlass möchte ich noch einige wenige Sätze hier sagen. Wir warnen ausdrücklich davor, den Mindestlohn für Flüchtlinge auszusetzen.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Das würde zu neuen Verwerfungen auf dem Arbeitsmarkt führen. Wir haben gerade mit dem gesetzlichen Mindestlohn versucht, das zu umgehen. Wir haben versucht, diese Verwerfungen zu beseitigen. Es darf keine erneute Spaltung und kein Ausspielen zwischen den Flüchtlingen und den deutschen Arbeitnehmern geben, schon gar nicht zu Dumpinglöhnen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Willi van Ooyen und Hermann Schaus (DIE LINKE))

Herr Kollege Decker, vielen Dank. – Das Wort erhält Herr Abg. Bocklet für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sicherlich sind wir uns hier im Saal einig, dass jede Arbeitslose und jeder Arbeitsloser eine bzw. einer zu viel ist. Es ist aber eine gute Botschaft, dass wir mit 182.000 arbeitslosen Frauen und Männern den niedrigsten Januarwert seit 23 Jahren haben. Ich glaube, darin sollten wir uns alle einig sein.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der CDU)

Die Regionaldirektion Hessen der Bundesagentur für Arbeit meint, der Arbeitsmarkt in Hessen sei in einer guten Verfassung. Der hessische Arbeitsmarkt startet gut. Der Stellenindex der Bundesagentur befindet sich auf einem Rekordhoch.

Die Bundesagentur für Arbeit hat betont, dass die Einführung des Mindestlohns die robuste wirtschaftliche Phase in Hessen nicht beeinflusst hat. Auch das sollte man rückblickend zur Kenntnis nehmen.

Man muss auch noch einmal festhalten, dass es ein deutliches Wachstum der Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten gegeben hat. Wir haben in Hessen die höchste Zahl an sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen, die je gemessen wurde. Auch das ist eine gute Botschaft. Auch das verdient heute Anerkennung.

Wir haben also eine durchaus sehr gute Situation. Wie Herr Dr. Arnold sagte, brummt die Wirtschaft. Die Wirt

schaftspolitik in Hessen ist gut. Die Sozial- und Arbeitsmarktpolitik scheint gut zu sein. Die Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Hessen, betont, dass wir gut aufgestellt sind. Insofern wird es um die Frage gehen: Wie ist diese Situation einzuschätzen?

Gestatten Sie mir jetzt einen kurzen Ausflug in die Vergangenheit. Der Kollege ist heute nicht da. Am 27. Juni 2013 gab es eine Aktuelle Stunde mit dem Titel „Grüner Schatten über Hessens Wirtschaft – …“ Da wird Abg. Wolfgang Greilich mit folgenden Worten wiedergegeben. Das holländische Königspaar weilte im Juni 2013 eine kurze Zeit in Hessen. Da sagte er:

Im Gegensatz zum modernen und wirtschaftsfreundlichen holländischen Königspaar würde der Glanz eines wirtschaftsfeindlichen Wirtschaftsministers Al-Wazir aber eher für Angst und Schrecken in Hessen sorgen.

(Florian Rentsch (FDP): Solche Zitate gab es auch von der CDU! Daran kann ich mich noch erinnern! – Zuruf der Abg. Nicola Beer (FDP))

Das heißt, der selbst ernannte Minister für Immobilität will, dass die Leute künftig zur Arbeit laufen.

Herr Al-Wazir, mit diesem Programm werden Sie nicht Minister für Wirtschaft und Verkehr, sondern damit können Sie allenfalls ein Ministerium für Deindustrialisierung, für Immobilisierung und Nullwachstum leiten.

Hessen braucht keinen Minister für Deindustrialisierung, …

(Florian Rentsch (FDP): Sehr gut!)

Hessen brauche jemanden, der die Arbeitslosigkeit und den Verkehrsinfarkt bekämpft.

(Florian Rentsch (FDP): Herr Bocklet, das ist eine sehr gute Rede! Machen Sie einmal weiter!)

Wie ist die Situation heute? – Wir haben die beste Situation seit Jahren.

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Wir haben die niedrigste Arbeitslosigkeit seit 23 Jahren.

Liebe Kollegin und Kollegen der FDP, nehmen Sie es doch einmal zur Kenntnis: Hessen ist gut aufgestellt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Ich habe gerade den Kollegen Greilich zitiert, Frau Kollegin Wissler. Übernehmen Sie gerne die anderen Zitate. – Ich kann nur sagen, dass das, was hier an Befürchtungen geäußert wurde, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, sich in sich selbst aufgelöst hat. Es ist zu Staub zerfallen. Die Zahlen sprechen eine klare und deutliche Sprache.

(Florian Rentsch (FDP): Sie halten eine schlechte Rede!)

Wir als GRÜNE haben nie den Eindruck erweckt, dass die hessische Wirtschaftspolitik losgelöst ist von Bundestrends. Aber wir stellen heute fest, dass die landespolitischen Instrumente, die man hat, um die Rahmenbedingungen für eine gute Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik aufzustellen, offensichtlich in den letzten zwei Jahren so gut

geworden sind, dass es in der heutigen Stunde keinen Anlass für Kritik an der Hessischen Landesregierung gibt, weder am Hause Al-Wazir noch am Hause Grüttner. Das muss man heute einmal feststellen.