Protokoll der Sitzung vom 10.03.2016

Herr Kollege Rentsch, Sie hatten einen guten Ansatz. Sie müssten zum Schluss kommen.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Kollege Stephan, Sie sind der lebende Beweis dafür, wozu Windkraft führen kann.

(Heiterkeit und Beifall – Zurufe)

Fehlende Mehrheiten in dieser Frage sollten der Landesregierung zu denken geben. Mein Petitum ist: Machen Sie es sich heute nicht so einfach, zu sagen: Das alles hat nichts mit uns zu tun. – Auch Ihre Politik in den letzten Monaten, ob es sich um die Schulpolitik, die Flüchtlingspolitik oder um die Windkraftpolitik handelt, hat dazu geführt, dass Sie abgestraft worden sind. Machen Sie es sich heute nicht zu einfach. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. – Als Nächster spricht Kollege Boddenberg, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Rentsch, eigentlich haben Sie heute das gemacht, was ich nach dem Wahlsonntag erwartet habe. Ich gebe zu, ich verstehe es nicht ganz. Ich, und neben

mir viele andere, habe seit vielen Jahren beobachten können, dass es sich die FDP nach Wahlen, die ein bisschen besser gelaufen sind, als man das vorher erwarten konnte – aber in dem Fall konnte man es sogar erwarten –, häufig nicht erspart hat, in eine gewisse Euphorie zu verfallen.

(Zurufe von der FDP)

Lieber Kollege Greilich, ich will ausdrücklich sagen, in einer Demokratie gehört es dazu, dass man anerkennt, wenn jemand ein ordentliches Wahlergebnis erzielt hat. Aber ich bin sehr bei dem, was der Kollege Rentsch gesagt hat: Man sollte genau darauf schauen, woher es kommt. – Herr Kollege Rentsch, bei Ihnen fällt mir auf, dass Ihre Fraktion bundesweit die einzige ist, die einen Zusammenhang zwischen dem Ergebnis dieser Kommunalwahlen und der Landespolitik in Hessen sieht.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Rentsch, diejenigen, die sich ernsthaft damit beschäftigen, machen das, was Sie selbst in Ihrer Rede getan haben: Sie beschäftigen sich beispielsweise mit der Frage, warum die AfD so abgeschnitten hat. Da bin ich durchaus bei denen, die Kritik üben. Das hat der Herr Ministerpräsident und Landesvorsitzende am Montag sehr klar gesagt: Wir sind mit dem Ergebnis nicht zufrieden, logischerweise; aber wir sind auch nicht zufrieden mit dem, was in Berlin passiert.

Dabei zeigen wir nicht nur auf Berlin. Aber man wird einmal sagen dürfen, dass man mit der eigenen Bundesregierung unzufrieden ist, die aus drei Parteien besteht, bei denen der Wähler hin und wieder das Gefühl haben kann, dass sie nicht mit einer Stimme sprechen, sondern häufig leider das Gegenteil tun.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Insofern sollten wir darüber reden – das werden wir sicherlich an vielen Stellen machen –, was denn das eigentliche Problem ist. Übrigens teile ich diese Interpretation und diese Analyse ebenfalls nicht: Es geht weniger um die Politik der Kanzlerin, sondern um das Wirrwarr bei den Stimmen, das ich eben angesprochen habe. Das ist aus meiner Sicht das Hauptproblem, das im Moment viele demokratische Parteien haben.

(Beifall bei der CDU)

Bemerkenswert finde ich, dass Ihre Bundesgeneralsekretärin, die geschätzte Frau Kollegin Beer, selbst davon spricht, dass die FDP eine Protestpartei ist – eine positive Protestpartei; das will ich nicht weglassen. Eine Protestpartei zeichnet sich nach meiner Auffassung dadurch aus, dass man sie wählt, weil man mit anderen unzufrieden ist. Sie schreiben selbst von einer „Denkzettelwahl“. Aber eine Protestpartei hat noch ein ganz anderes Problem: Sie wird nicht wegen ihrer Inhalte gewählt. Ich finde, das sollte Sie, wenn Sie zu diesem Ergebnis kommen, sehr nachdenklich stimmen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie es doch an Hessen festmachen wollen: Wir reden jederzeit – auch heute – gern über die Landespolitik.

(Florian Rentsch (FDP): Das wissen wir! Das merken wir auch!)

Lieber Kollege Rentsch, ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass die schwarz-grüne Koalition in Wiesbaden eine erfolgreiche Arbeit macht und weiterhin machen wird und daher auch Ende 2018 mit einem guten Schuss Optimismus vor die Wählerinnen und Wähler treten kann.

Ich glaube nämlich, es gibt keinen Denkzettel dafür, dass wir uns – nehmen wir noch einmal die Kommunen als Beispiel – so sehr für die Kommunen engagiert haben: mit einem Kommunalen Finanzausgleich auf historischem Höchststand, mit einem zusätzlichen Investitionsvolumen in Höhe von 1 Milliarde € für die Kommunen und mit einem Schutzschirm von 3,2 Milliarden €, der dazu geführt hat, dass die hessischen Kommunen in Summe fast schuldenfrei sind in dem Sinne, dass keine Neuverschuldung notwendig ist.

Ich kenne niemanden, auch nicht in der FDP, der einen Denkzettel dafür erwartet, dass sich diese Landesregierung um den Straßenbau kümmert – wie es viele Jahre lang nicht gemacht wurde und wie es heute notwendigerweise geschieht –, indem sie in den nächsten drei Jahren im Rahmen eines Projekts 500 Landesstraßen wieder auf Vordermann bringen wird. Ich kenne überhaupt keinen, der sich darüber beschwert.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Rentsch, ich kenne auch niemanden, der sich beispielsweise bei dem wichtigsten Infrastrukturvorhaben, dem Ausbau des Frankfurter Flughafens, so aufstellt, wie wir das machen.

(Florian Rentsch (FDP): Machen Sie nur so weiter! Das ist das Beste, was uns passieren kann!)

Ich kenne keinen, der uns dafür einen Denkzettel gibt, dass wir diesen Flughafen einerseits weiterentwickeln, andererseits gleichrangig Ziele sehen und formulieren, die den Menschen wichtig sind, indem wir uns von morgens bis abends um die Reduzierung von Fluglärm kümmern.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich kenne auch keinen Menschen, der nur im Entferntesten darüber nachdenkt, einen Denkzettel zu verpassen für eine Umwelt- und Landwirtschaftspolitik, bei der sich die zuständige Ministerin mit der Frage beschäftigt: Wie kriegen wir es denn hin, dass wir auch aus den Entwicklungen in unserer Gesellschaft – Stichwort: Niedersachsen – lernen und uns um kleine, dezentrale Strukturen in der Landwirtschaft, um ökologischen Anbau kümmern, ohne das eine gegen das andere auszuspielen? – Ich kenne niemanden, der uns dafür auch nur annähernd einen Denkzettel geben wird.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben gestern über Schule gesprochen; auch dafür gibt es keinen Denkzettel. Wir haben eine 105-prozentige Lehrerversorgung.

Wir haben in der letzten Plenarsitzung über innere Sicherheit gesprochen. Auch dafür gibt es keinen Denkzettel, wenn der Innenminister und wir mit unserer Innenpolitik eine Aufklärungsquote aufweisen, die wir in diesem Land noch nie gehabt haben. Das sind fast bayerische Verhältnisse.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich kenne auch keinen – das sage ich abschließend –, der uns dafür einen Denkzettel verpassen will, dass wir 70 Millionen € in sozialpolitisch dringend notwendige Dinge investieren wie die Sprachförderung von Kindern. Wir kümmern uns um Langzeitarbeitslose sowie um die Integration von schwerbehinderten Menschen in den Arbeitsmarkt. Um all diese Dinge kümmern wir uns gleichermaßen, und dabei befinden wir uns noch immer auf dem Pfad der Konsolidierung des hessischen Landeshaushalts. Lieber Herr Kollege Rentsch, dafür gibt es keinen Denkzettel; dafür gibt es bei der nächsten Wahl ein ordentliches Ergebnis für diese Koalition. Da können Sie ganz sicher sein.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Nancy Faeser (SPD): Haben Sie die Kommunalwahl eigentlich gewonnen?)

Herr Kollege Boddenberg, ich habe das als Schluss empfunden. Sie haben Ihre Redezeit schon um einiges überschritten.

Frau Präsidentin, ich komme gleich zum Schluss. – Ich möchte aber noch diesen Hinweis geben: Ich finde, wir sollten uns mit Blick auf diese Kommunalwahl alle gemeinsam damit beschäftigen, dass die Wahlbeteiligung unter 50 % lag.

Herr Kollege Boddenberg, bitte.

Daher haben wir alle gemeinsam – –

Herr Kollege Bodenberg, Ihre Redezeit ist schon länger als eine Minute überschritten.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Schade!)

Ich bin hier bei allen Kolleginnen und Kollegen relativ großzügig. Aber dann muss ich auch erwarten können, dass die Rede irgendwann beendet wird.

(Günter Rudolph (SPD): Sehr richtig!)

Als Nächster spricht Herr Kollege van Ooyen, Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das Ergebnis der Kommunalwahl am Sonntag in Hessen verweist darauf, was uns bei den drei Landtagswahlen am kommenden Sonntag droht, nämlich ein weiterer Rechtsruck in diesem Land. Bei einer Wahlbeteiligung von sage und schreibe

48 % triumphierten landesweit Rassisten, Rechtspopulisten und Wirtschaftsliberale. Die AfD ist zweistellig drittstärkste Kraft geworden. Die FDP, also die AfD light – Frau Beer hat mich noch einmal animiert, über das „light“ nachzudenken –, ist mit 6 % wieder dabei.

Die Kommentierungen des Wahldebakels fallen entsprechend dünn aus. Es ist zu befürchten – die Aktuelle Stunde der FDP spricht dafür –, dass es jetzt eine strategische Orientierung zur Stärkung der Rechtsentwicklung in unserem Land geben soll. Darüber ist zu reden. Aber auch über die Verharmlosung des rechten Terrors gegen Geflüchtete und Einrichtungen für diese Menschen muss gesprochen werden. Warum allerdings ausgerechnet die hessische CDU und ihr Generalsekretär – Herr Pentz, es tut mir leid, Sie an Ihrem Geburtstag zu erwähnen –

(Manfred Pentz (CDU): Es kommt darauf an, was Sie sagen!)

besorgt sind und sagen, der Protest gehe auf Kosten der etablierten Parteien in Richtung AfD, verwundert mich doch sehr.

(Michael Boddenberg (CDU): Warum?)

Schließlich haben hessische Christdemokraten in der Tradition der Stahlhelmfraktion der CDU die AfD maßgeblich mit geprägt. Ich sehe einen fließenden Übergang von hessischen CDU-Politikern in die AfD. Führende Wegbereiter der AfD sind etwa der Bundestagsabgeordnete Martin Hohmann gewesen, ehemals von Alfred Dregger gefördert und ehemaliges Vorstandsmitglied im Kreis Fulda, der wegen antisemitischer Äußerungen bei einer Rede zum Tag der Deutschen Einheit bereits am 3. Oktober 2003 zurücktreten musste, sowie die früheren Frankfurter CDU-Dezernenten Horst Hemzal und Albrecht Glaser.