Ach du lieber Gott. Wenn es Ihnen wirklich nur um Wortgefechte und Definitionen geht, dann zeigt das, wo Sie gelandet sind. Ich rede hier über die Fakten.
(Beifall bei der SPD und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE) – Manfred Pentz (CDU): Das ist eine Frechheit, was Sie erzählen!)
Ich rede über Fakten, da ruft der Generalsekretär der CDU: „Das ist eine Frechheit“. Das ist Ihre Einstellung.
Herr Kollege Schmitt, Kollege Pentz wollte den Dialog mit Ihnen fortsetzen. Kollege Pentz hätte gern eine Frage gestellt.
Unabhängig von meinem Zwischenruf: Herr Kollege, Sie haben vorhin eingangs das Wort „Bilanzfälschung“ in den Mund genommen. Sie wissen, dass das ein Straftatbestand ist, was Sie da sagen.
Anscheinend wissen Sie es nicht. Aus meiner ehemaligen Tätigkeit als finanzpolitischer Sprecher kann ich es noch beurteilen.
Meine Frage an Sie ist: Erklären Sie mir und diesem Hause detailliert und ganz genau, an welcher Stelle Sie eine Bilanzfälschung und damit die Unterstellung einer Straftat gegenüber dem Finanzminister und der Regierung sehen – unabhängig davon, dass ich es tatsächlich eine Frechheit finde.
Herr Kollege Schmitt, einen Moment. – Wir hatten uns hier einmal geeinigt: Der Begriff „Bilanzfälschung“ ist ein politischer. Das hatten wir hier schon einmal diskutiert.
Ich sage es nur. Herr Kollege Rudolph, mancher kann vielleicht nicht mehr so weit zurückdenken. Deshalb sage ich es.
Das haben wir hier schon einmal miteinander besprochen. – Jetzt darf Herr Kollege Schmitt antworten.
(Beifall bei der SPD – Michael Boddenberg (CDU): Bleiben Sie jetzt dabei, oder nicht? Wir könnten einmal ordentlich miteinander umgehen!)
Ich war dabei, zu zeigen, wo die Bilanz geschönt wurde. Das geschah an den Stellen, an denen nicht dargelegt wurde, was die Kommunen leisten mussten, damit es jetzt eine bessere Entwicklung gibt. Die Hälfte der Kommunen hat die Kindertagesstättengebühren erhöht. 20 Kommunen haben beim Personal gekürzt oder Kindertagesstätten sogar geschlossen. 35 Kommunen haben bei der Jugend gekürzt. Das betrifft die Angebote für die Jugend und die Familienzentren.
Andere haben sogar bei den Senioren gekürzt. Das geschah z. B. bei den Besuchsdiensten für die Senioren. Sieben Kommunen haben bei den Haushaltshilfen und bei der Mittagsbetreuung gekürzt.
(Michael Boddenberg (CDU): Herr Kollege, den Haushalt konsolidieren, ohne dass es jemand merkt, das gibt es nur bei der SPD!)
14 Kommunen haben bei den Frei- und Hallenbädern gekürzt. Das ging hin bis zur Schließung. 16 Kommunen haben trotz des Staatsziels Sport in der Hessischen Verfassung Einschränkungen beim Sport vorgenommen. 14 Kommunen haben bei den Bibliotheken die Gebühren erhöht. Sieben Kommunen haben bei den Volkshochschulen die Gebühren erhöht oder die Angebote gekürzt.
Herr Kollege Schmitt, Herr Kollege Dr. Arnold, der finanzpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, hat eine weitere Zwischenfrage.
Ich denke, Sie haben Verständnis. Die Fragestunde ist gerade vorbei. Ich habe zwei Fragen beantwortet. Die Qualität der Frage des Herrn Dr. Pentz war so unterirdisch, dass ich jetzt auf keine mehr Lust habe.
Sie lassen die Zwischenfrage also nicht zu. Herrn Kollegen Pentz haben Sie promoviert. Das ist auch in Ordnung. – Bitte sehr.
Was gehört weiterhin zu dieser Bilanz? – Zu der Bilanz gehört die Erhöhung der Grundsteuer bis zu einem Hebesatz von 900 %. Zum Teil liegt er sogar über 900 %.
Dazu gehört die Erhöhung der Gewerbesteuer. Es gibt auch Erhöhungen bei der Hundesteuer. Die können wir aber vernachlässigen. Die Einführung der Pferdesteuer wurde diskutiert. Die Erhöhung der Parkgebühren habe ich genannt. Es gab Gebührenerhöhungen beim Friedhof, den Kindertagesstätten, den Musikschulen und den Bibliotheken.
Ich sage Ihnen deswegen: Der Schutzschirm ist auch als harter Schlagstock gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern genutzt worden. Auch das gehört zu der Bilanz und zu den Tatsachen in dieser Debatte.
Die Schutzschirmgemeinden mussten Leistungseinschränkungen vornehmen. Ich betone: mussten. Sie mussten bei den Investitionen kürzen. Sie mussten die kommunalen Steuern und Gebühren erhöhen. Angesichts der zusätzlichen Einnahmen aufgrund des Konjunkturverlaufs, die immer heruntergespielt werden, sehen die Landesmittel für den Schutzschirm eher bescheiden aus. Das sind zwar keine Peanuts, das gebe ich zu. Aber mehr als das Salatblatt um die Wurst ist es auch nicht. Das wollte ich auch einmal deutlich sagen.
Es sind 3 Milliarden €. – Wie sieht die Wirkung aus? Der Schutzschirm wurde im Jahr 2012 aufgelegt. 2013 wurde er sozusagen in Kraft gesetzt. Für das Jahr 2014 müsste man dann glauben, dass die Schulden der hessischen Kommunen zurückgehen.
Wissen Sie, wie die Entwicklung vom Jahr 2012 zum Jahr 2014 war? – Die Schulden der hessischen Kommunen sind weiterhin gestiegen, und zwar um 1 Milliarde €. Sie haben mit den exakt 2,8 Milliarden € Entschuldungshilfen in den drei Jahren nicht einmal das aufgefangen, was es an erhöhten Defiziten aufgrund Ihrer Politik gab. Das sind die Tatsachen. Das ist die Wahrheit.
Ich warte weiterhin auf solche Zwischenrufe. Sie geben mir wirklich die Gelegenheit, einmal über die Fakten in dieser Situation zu reden.
Ich bleibe deswegen dabei: Der Schutzschirm ist angesichts der Probleme der Kommunen in Hessen ein löchriger Knirps, der die Probleme der Kommunen nicht löst. – Trotz Schutzschirm hat sich bei den hessischen Kommunen im Bundesvergleich nichts wesentlich verbessert. Hessen gehört zu den vier Ländern, bei deren Kommunen es weiterhin ein Defizit gibt. Die Kommunen vieler Länder haben mittlerweile einen dicken Überschuss. In BadenWürttemberg, Bayern und übrigens auch in Niedersachsen gibt es zum Teil erhebliche Überschüsse. Ich glaube, in Niedersachsen sind es mittlerweile 750 Millionen €.
Das sind Entwicklungen, die sehr positiv sind. Sie kamen aus dem Defizit heraus. Aber dort gibt es anscheinend andere Landesregierungen, die die Kommunen finanziell echt unterstützt haben. Sie haben nicht mit – ich sage es einmal so – Scheinunterstützung und mit Schutzschirmen gearbeitet, die zwar wunderschön dargestellt und vertreten werden, die aber an der faktischen Lage vieler Kommunen und an deren strukturellen Problemen überhaupt nichts geändert haben. Das ist eine ernüchternde Bilanz.
Ein Anliegen der Landesregierung war es, dass sich durch den Schutzschirm die Höhe der Kassenkredite reduziert. Die haben sich gar nicht reduziert. Im Vergleich zu den anderen Bundesländern liegt Hessen mit 1.070 € pro Kopf weiterhin auf dem viertletzten Platz. Trotz Schutzschirm sind das mit die höchsten Kassenkredite in Deutschland. Auch das gehört zu der Bilanz.
Ich sage Ihnen deswegen: Man kann den Schutzschirm im Detail kritisieren. Man kann auch manches Detail loben. Das betrifft etwa das, was Sie, Herr Minister Dr. Schäfer, für Himmelsberg getan haben. Das, was man dort mit dem Bürgerhaus gemacht hat, ist sicherlich ein gutes Projekt. Das will ich doch überhaupt nicht bestreiten. Über solche Dinge muss man nachdenken.
Aber strukturell hat sich die Lage in vielen hessischen Kommunen überhaupt nicht verändert. Ich wiederhole es: Wir haben die Situation, dass die Investitionen auf dem niedrigsten Stand seit 20 Jahren sind. Rot-Grün ist aus der Regierung mit 1,45 Milliarden € Kommunalinvestitionen herausgegangen. Die hatten wir im Lande Hessen bei den Kommunen gehabt.
Sie liegen mittlerweile unter 1,4 Milliarden €. Das muss doch jeden nervös machen. Das macht doch deutlich, wie stark die Kommunen mittlerweile von der Substanz leben. Die Doppik zeigt Ihnen doch: Es wird in den Kommunen mehr verbraucht und abgeschrieben, als investiert wird. Das ist eine Situation, die es in der DDR vielleicht noch schlimmer, die es aber in der DDR gegeben hat, nämlich die, dass man von der Substanz gelebt hat. Meine Damen und Herren, das ist doch eine Situation, mit der Sie sich auseinandersetzen müssen.