Vielfach ist auch die interkommunale Zusammenarbeit sehr viel schneller und besser vorangekommen als unter anderen Bedingungen. Beispielsweise im Fall der Stadt Hatzfeld ist es sogar gelungen, mit der Nachbarkommune in Nordrhein-Westfalen zu einer Vereinbarung zu kommen. Wer die traditionellen Verhältnisse zwischen dem hessischen Hinterland und dem benachbarten Wittgensteiner Land kennt, weiß, welche Überwindungshürden da möglicherweise zu bewältigen gewesen sind. Es hat aber geklappt, und nun macht man die Trinkwasserversorgung gemeinsam.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das sehen im Übrigen meine Kabinettskollegen und ich im Moment immer dann, wenn wir die positiven Prüfungsergebnisse der Anträge zum Kommunalinvestitionsprogramm den betroffenen Verantwortungsträgern vor Ort übergeben. Wir haben mittlerweile mehr als 250 Anträge beschieden, auch aus den Schutzschirmkommunen. Vier hessische Kommunen haben sogar ihr Kontingent vollständig belegt und ausgeschöpft. Ich muss zugeben, es gehört sicherlich zu den angenehmeren Tätigkeiten eines Mitglieds der Landesregierung, sich vor Ort ein Bild davon zu ermöglichen, was mit den Mitteln passiert.
Aber es gehört auch zu den Aufgaben einer Regierung, das Gespräch vor Ort weiterhin zu suchen. Deshalb haben wir das in der Vergangenheit getan. Wir werden es aber auch in den kommenden Wochen und Monaten weiterhin tun. Insofern war die Befürchtung des Kollegen Hahn im Vorfeld der Kommunalwahl, dass sich möglicherweise die Terminwahrnehmungen für so etwas nach der Kommunalwahl nicht fortsetzen würden, eher unbegründet.
Ich will zum Schluss vor allem meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die für das Kommunalinvestitionsprogramm zuständig sind – es sind im Übrigen die gleichen,
die für den Schutzschirm Verantwortung tragen und ganz nebenbei das Konzept für den neuen Kommunalen Finanzausgleich erarbeitet haben –, sehr herzlich danken. Sie stehen für das, was wir auf der politischen Ebene im täglichen Doing zu ermöglichen versuchen, nämlich einen Dialog mit den betroffenen Kommunen auf Augenhöhe. Als wir jetzt gemerkt haben, dass bei dem Investitionsprogramm trotz aller Möglichkeiten, sich im Internet und sonst wo zu informieren, noch Fragen offen sind, haben wir vier große Regionalkonferenzen im Lande durchgeführt. Mittlerweile funktioniert das mit dem Antragstellen noch ein bisschen besser als vorher. Das ist gelebter Dialog auf Augenhöhe.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Land Hessen ist und bleibt der Partner seiner Kommunen. Unser Dreiklang aus dem funktionierenden Schutzschirm, dem neuen Kommunalen Finanzausgleich und dem Kommunalinvestitionsprogramm ist Ausdruck der Verantwortung, die wir für unser Gemeinwesen in diesem Land tragen. Der Kommunale Schutzschirm ist ein Baustein dazu. Er ermöglicht die Wiedererlangung finanzieller Spielräume, um auch in Zukunft vor Ort noch investieren und gestalten zu können. Auf dieses einzigartige Programm und die sichtbaren Erfolge können alle Beteiligten stolz sein – ich bin es auf jeden Fall.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, vielen Dank für die Aufmerksamkeit. Die restlichen drei Minuten meiner Redezeit gebe ich gern zu Protokoll. – Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, bevor wir in die Aussprache eintreten, rufe ich noch Tagesordnungspunkt 65 auf, den wir in dieser allgemeinen Debatte zur Regierungserklärung mit beraten:
Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Schutzschirmbilanz 2015 zeigt gemeinsame Erfolge von Land und Kommunen – Drucks. 19/3397 –
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst Herrn Minister Dr. Schäfer ausdrücklich danken, dass er die Form einer Regierungserklärung gewählt hat, um die Schutzschirmbilanz vorzulegen. Das gibt uns Gelegenheit, der Regierung einiges zu erklären.
Erstens möchte ich der Landesregierung erklären, dass der Schutzschirm die Probleme der hessischen Kommunen nicht löst.
Zweitens will ich der Landesregierung erklären, dass der Schutzschirm in Umfang und Wirkung weiterhin ein löchriger Knirps bleibt.
Drittens will ich der Regierung erklären, dass nur eine angemessene und bessere Finanzierung durch das Land eine nachhaltige Lösung der Finanzprobleme der Kommunen in Hessen ermöglicht.
Viertens will ich erläutern, dass es notwendig ist, endlich eine offene Auseinandersetzung über die Fakten zu führen, statt offenkundige Bilanzfälschung vorzulegen.
Fünftens will ich deutlich machen, dass die Verbesserungen, die es bei den Schutzschirmkommunen tatsächlich gibt, von den Bürgerinnen und Bürgern der betroffenen Kommunen teuer erkauft werden. Die Kommunalsteuern und -gebühren in den hessischen Kommunen sind vom Jahr 2012 auf 2015 um 750 Millionen € gestiegen. Die Investitionen wurden weiter abgesenkt. Zudem hat es erhebliche Leistungseinschränkungen für Bürgerinnen und Bürger auf der kommunalen Ebene gegeben.
Sechstens will ich der Landesregierung erklären, wie die Fakten sind. Die Fakten sind, dass Hessens Kommunen 2015 weiterhin ein Defizit von 145 Millionen € erwirtschaftet haben. Das Defizit ist vom Jahr 2014 auf 2015 sogar angestiegen. Der Minister hatte doch noch vor einiger Zeit prognostiziert, dass wir mindestens eine schwarze Null, wenn nicht sogar Überschüsse haben müssten.
Meine Damen und Herren, ein weiterer Fakt: Hessens Kommunen haben 2015 die niedrigste Investitionsquote seit mehr als 20 Jahren gehabt,
die niedrigsten Investitionen in Summe, auch im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt in Hessen, seit mehr als 20 Jahren.
Herr Minister, ich frage Sie: Sind diese Zahlen richtig? Ist es so, dass das Defizit von 2014 auf 2015 wieder gestiegen ist? Ist es so, dass die Investitionsquote die niedrigste der letzten 20 Jahre ist? – Sie müssten sich einmal dazu erklären. Ich weiß jetzt nicht, wie man das im Rahmen einer solchen Debatte machen kann, vielleicht mit einer Zwischenfrage oder einer Kurzintervention von Ihnen. Ich will nur endlich einmal die Faktenlage geklärt haben, ob das, was ich hier vortrage, richtig ist oder nicht.
Meine Quellen sind das Statistische Landesamt und das Statistische Bundesamt. Es gibt übrigens eine schöne Seite. Ich rate allen, die über Kommunalfinanzen oder überhaupt über Finanzen reden, sich einmal die Seite „haushaltssteuerung.de“ anzuschauen. Sie wird ehrenamtlich von einem Mitarbeiter des Hessischen Rechnungshofs und einer weiteren Person betrieben – hochinteressant. Auch da kann man diese Zahlen nachlesen.
Meine Damen und Herren, was ist unsere Hauptkritik, auch bei der heutigen Bilanz? – Die Hauptkritik ist, dass
der Finanzminister leider einmal mehr die Schattenseite der Schutzschirmentwicklung nicht beleuchtet hat.
Die Kommunen werden nämlich durch die Landesregierung gezwungen, den Bürgerinnen und Bürgern erheblich in die Tasche zu greifen.
„Das stimmt nicht!“ Herr Dr. Arnold, ich habe doch die Summen eben genannt. Ich komme noch einmal dazu. – Der Minister hätte die Gelegenheit. Er hat die Zahlen. Er könnte detailliert berichten, was in den 100 Schutzschirmgemeinden tatsächlich passiert ist, welche Leistungseinschränkungen es gegeben hat, wie exakt an der Gebührenschraube gedreht worden ist, welche Steuern erhöht worden sind, wie die Investitionen abgesenkt worden sind.
Der Herr Minister hat die Zahlen, das Finanzministerium hat die Zahlen. Aber veröffentlicht werden leider nur die Zahlen, die der Minister – –
Herr Kollege Schmitt, Frau Kollegin Erfurth möchte Ihnen eine Zwischenfrage stellen. Vielleicht ist das die Zwischenfrage, auf die Sie warten – es könnte ja sein.
Der Finanzminister sitzt hier. Dann hätte sich der Kollege Schmitt schon selbst eine Zwischenfrage stellen müssen. Die hätte ich dann zugelassen. – Frau Kollegin Erfurth.
Herr Kollege Schmitt, ich möchte Sie fragen, ob die Gebühren nach der Abgabenordnung nicht ohnehin schon kostendeckend erhoben werden sollten, mit Ausnahme der Kindergartengebühren.
Frau Erfurth, mit Ihnen streite ich – im Gegensatz zu einer anderen Kollegin von Ihnen – wirklich sehr gern. Die Antwort darauf ist: Ja, es gibt Gebühren, für die es Vorschriften gibt, z. B. Friedhofsgebühren. Über die Frage von Wassergebühren usw. will ich gar nicht reden.
Ich komme nachher noch einmal detailliert dazu. Was der Minister nicht getan hat, nämlich zu offenbaren, an welchen Schrauben gedreht worden ist, hat der DGB in einer Umfrage gemacht. Er hat 100 Kommunen gefragt, und 64 haben geantwortet. Da komme ich zu der Frage der Gebühren. Verhältnismäßig viele Kommunen haben geantwortet,
dass sie z. B. die Parkgebühren erhöht haben, wofür es keine gesetzliche Verpflichtung gibt – ich glaube, da sind wir uns einig. Fast die Hälfte der Kommunen, die geantwortet haben, hat die Kitagebühren erhöht.
Ach du lieber Gott. Wenn es Ihnen wirklich nur um Wortgefechte und Definitionen geht, dann zeigt das, wo Sie gelandet sind. Ich rede hier über die Fakten.