Protokoll der Sitzung vom 17.05.2016

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Er kümmert sich um Darmstadt!)

Er muss sich zu Darmstadt nicht äußern. Es wäre schön, wenn er sich zu Darmstädter Vorfällen und dem Bürgermeister einmal äußern würde, wenn dieser falsche Allgemeinverfügungen erlässt.

(Judith Lannert (CDU): Haben Sie den Faden verloren?)

Herr Innenminister, wann machen Sie eigentlich Ihre Hausaufgaben? Sie hätten einen Gesetzentwurf vorlegen müssen. Das ist Aufgabe des für die Besoldung zuständigen Innenministers. Aber Sie wollten die Anhörung der Gewerkschaften und Berufsverbände an der Stelle erst einmal beiseiteschieben – auch das ein normales parlamentarisches Verfahren.

(Beifall bei der SPD)

1 % Besoldungserhöhung klingt wie eine Wohltat. Die Erhöhung für die Tarifbeschäftigten beträgt 4,4 %. Herr Kollege Bellino, ich habe Ihnen das in einer Sitzung des Innenausschusses schon einmal gesagt: Sie sollten sich einmal mit einem ganz normalen Beamten mit mittlerem Einkommen unterhalten und nicht mit dem Ministerialdirigenten, der in B 6 ist. Der mag das locker-flockig wegstecken.

Nehmen wir einmal den Sekretär mit der Besoldungsgruppe A 6, der im Rhein-Main-Gebiet wohnt. Er hat eine Mietwohnung und ist von Mietsteigerungen betroffen. Für ihn spielt es eine Rolle, ob eine Besoldungserhöhung 1 % oder 2,4 % beträgt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das sollten Sie einmal zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der SPD)

Sie koppeln die Beamtinnen und Beamten erneut von den Tarifbeschäftigten ab. Hessen ist das Bundesland, das seine Beamten mit am schlechtesten besoldet.

(Michael Boddenberg (CDU): Das ist völliger Quatsch!)

Sie haben in Ihrer Pressemitteilung wortreich zu erklären versucht, das sei alles toll. Es geht da um diese 27,91 %. Wissen Sie, das ist Bilanzfälscherei, die Sie betrieben haben. Ich erläutere das Ihnen.

(Beifall bei der SPD – Zuruf)

Ja natürlich, das ist Bilanzfälscherei.

Herr Rudolph, wir haben uns heute schon einmal darauf verständigt, diesen Begriff hier nicht zu verwenden.

Herr Präsident, mit Verlaub, ich kann das erläutern. Gegebenenfalls müssen wir das woanders austragen.

27,91 % heißt, dass Sie von falschen Voraussetzungen ausgehen. Sie haben bei Ihrer Berechnung nicht berücksichtigt, dass die Sonderzahlung in Hessen auf 73 % des früheren Niveaus abgesenkt ist. Sie haben nicht berücksichtigt, dass es für viele Besoldungsgruppen kein Urlaubsgeld gibt. Sie haben nicht berücksichtigt, dass die Wochenarbeitszeit 42 Stunden beträgt. In allen anderen Bundesländern beträgt sie 40 Stunden. Meine Damen und Herren, deshalb ist der Vergleichsparameter, den Sie angelegt haben, falsch. Da Sie von falschen Vergleichen ausgehen, stimmt Ihre Bilanz nicht. Deswegen bleibe ich bei dem Begriff Bilanzfälscherei.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Willi van Ooyen und Hermann Schaus (DIE LINKE) – Holger Bellino (CDU): Der Begriff ist unparlamentarisch!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie laufen über das Land und sagen: Schuldenbremse. Die hessischen Wählerinnen und Wähler hätten sich für die Schuldenbremse entschieden. Das stimmt übrigens.

Der heutige Wirtschaftsminister Al-Wazir sagt selten etwas Falsches. Er sagt eher immer alles richtig. Er hat gesagt, die Schuldenbremse sei kein Schuldenverbot. Ja, das hat er einmal gesagt. Was Herr Al-Wazir sagt, das stimmt.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Darauf kommen wir zurück! – Gegenruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das war ein Fehler!)

Nein. – Ich zitiere Herrn Al-Wazir. Das können Sie mir jetzt nicht vorwerfen. Herr Wagner, er sagte, die Schuldenbremse sei kein Schuldenverbot.

Meine Damen und Herren, ich will Ihnen zwei Zahlen nennen. Herr Boddenberg, Sie tragen die Schuldenbremse wie eine Monstranz vor sich her. Sie haben völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass die CDU seit 17 Jahren regiert. Ich könnte mir etwas Besseres wünschen. Aber es ist nun einmal so. Der Schuldenstand des Landes Hessen betrug 20 Milliarden € im Jahr 1999. Der Schuldenstand des Landes Hessen beträgt im Mai 2016 fast 44 Milliarden €. Hätten Sie früher mit dem Sparen angefangen, dann hätten wir heute nicht diese Sorgen und Probleme. Die Schulden haben sich mehr als verdoppelt.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, die hessischen Beamtinnen und Beamten müssen für Ihre falsche Finanzpolitik im Lande herhalten. Schauen Sie sich einmal die Stimmung an. Dieser Tage haben die Personalratswahlen stattgefunden. Ich weiß nicht, ob Sie noch Mails bekommen oder ob die Beamtinnen und Beamten gesagt haben: Es nützt nichts mehr, an die Mitglieder der CDU Mails zu schicken.

Aus vielen Beamtinnen und Beamten sprechen Wut und Enttäuschung. Beispielsweise sagen uns Polizeibeamte, dass ihnen gesagt wird: Ihr macht einen tollen Job, auch bei den Großeinsätzen. – Als Belohnung gab es dann eine Nullrunde im letzten Jahr und jetzt 1 %. Wir schieben 3 Millionen Überstunden vor uns her.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie reden dann immer noch von Wertschätzung. Hören Sie damit auf. Das

nimmt Ihnen von der Beamtenschaft keiner mehr ab. Das nimmt Ihnen doch keiner mehr ab. Ich weiß nicht, ob Sie das selbst noch glauben.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben in den hessischen Amtsstuben doch folgende Situation: Da haben Sie den Beamten, der 42 Stunden arbeitet. Sie haben den Tarifbeschäftigten mit 40 Stunden Arbeitszeit. Dann gibt es den Beamten mit 41 Stunden Wochenarbeitszeit. Der Tarifbeschäftigte erhält 4,4 % Lohnsteigerung auf zwei Jahre verteilt. Der Beamte hatte letztes Jahr eine Nullrunde und bekommt dieses Jahr 1 %.

Was schaffen Sie da eigentlich für ein Arbeitsklima? Wie soll das die nächsten Jahre weitergehen? Auf was sollten sich die hessischen Beamtinnen und Beamten einstellen?

Auf jeden Fall ist es so: Das, was Sie vor der Wahl versprochen haben, ist genau das Gegenteil von dem, was Sie nach der Wahl tun. Sie haben an der Stelle einen glatten Wortbruch gemacht.

(Beifall bei der SPD)

Herr Rudolph, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Arnold zu?

(Günter Rudolph (SPD): Wie bitte?)

Herr Arnold möchte eine Zwischenfrage stellen.

Nein. Ich will erst die CD hochhalten. Wenn ich danach noch Zeit habe, können wir das gerne machen.

Ich halte bei dieser Gelegenheit wieder diese bekannte CD hoch. Herr nicht anwesender Wirtschaftsminister Al-Wazir, wir waren zusammen auf dem Beamtentag 2013 in der schönen Barockstadt Fulda. Da hat Herr Kollege Al-Wazir Dinge versprochen, die ich mich nie getraut hätte. Ich bin bei so Sachen eher schüchtern.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

Er sagte, man solle die 42-Stunden-Woche abschaffen und zur 40-Stunden-Woche zurückkehren, das Land solle in die Tarifgemeinschaft zurückkehren, und das Tarifrecht sollte auf die Beamten übertragen werden.

(Zuruf von der SPD: Wortbruch!)

Das hat der damalige Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN versprochen. Es hat ihn kein Mensch mit der Kalaschnikow gezwungen, das zu machen.

Das ist grüne Politik: Vor der Wahl wurde das versprochen. Nach der Wahl wurde das Gegenteil gemacht.

(Zuruf von der SPD: So sind sie!)

Deswegen ist natürlich das richtig, was Herr Kollege Schaus schon gesagt hat: Wo die GRÜNEN regieren – Schwarz-Grün oder Grün-Schwarz –, geht es den Beamten schlechter.

Der Gesetzentwurf ist schlecht. Wertschätzung sieht anders aus. Wir werden für Ablehnung des Gesetzentwurfs stimmen. – Vielen Dank.

(Lang anhaltender Beifall bei der SPD – Beifall der Abg. Willi van Ooyen und Hermann Schaus (DIE LINKE))

Herr Rudolph, danke. – Für die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN erteile ich Herrn Frömmrich das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Am Anfang meiner Rede muss ich schon einmal feststellen: Herr Kollege Rudolph, das, was Sie hier in der Debatte gemacht haben, hat mit Seriosität aber auch gar nichts zu tun.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Mit Seriosität in der Finanzpolitik hat das gar nichts zu tun. Ich finde, dass man diese Auseinandersetzung führen kann.

(Nancy Faeser (SPD): Herr Kollege Frömmrich, was haben Sie denn vor der Wahl versprochen?)