Protokoll der Sitzung vom 13.07.2016

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Fortgesetzte Zurufe und Gegenrufe von der CDU und der LINKEN – Glockenzeichen der Präsidentin)

Diese Zwischenrufe sind unsäglich. Sie sind eines parlamentarischen Hauses nicht würdig. Wer sich in der Öffentlichkeit hinstellt und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Verfassungsschutzes, die für unsere Sicherheit arbeiten, gerade in einer Zeit wie heute, als „Nulpenverein“ bezeich

net, wer sagt, der Verfassungsschutz würde Rechtsextremisten unterstützen, der gehört nicht in dieses Parlament.

Daher gehört die Sitzung unterbrochen, und wir fordern das Zusammentreten des Ältestenrats.

(Beifall bei der CDU – Lebhafte Zurufe)

Kollege Rudolph, zur Geschäftsordnung.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sollten zu dem ganz normalen Verfahren zurückkehren. Wenn eine Fraktion etwas thematisiert, dann wird das Protokoll ausgewertet. Dann erwarten wir die Bewertung der amtierenden Präsidentin oder des amtierenden Präsidenten. Da bitten wir auch zu prüfen, ob die Beleidigung einer Fraktion als erbärmlich genauso parlamentarisch ist. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Kolleginnen und Kollegen! Ich habe einen weiteren Zwischenruf zu vermerken, von dem ich gerne wissen möchte, ob er stattgefunden hat. Herr Pentz, haben Sie zur Fraktion der LINKEN gerufen: „Ihr habt sie nicht mehr alle!“ und den Vogel gezeigt?

(Manfred Pentz (CDU): Das stimmt! – Zuruf von der SPD: Das macht er öfter!)

In dem Fall, Herr Pentz: Das ist unparlamentarisch, und ich bitte Sie, das zu unterlassen.

(Unruhe)

Kolleginnen und Kollegen, können wir in der Debatte fortfahren? Ich habe weitere Wortmeldungen von Herrn Boddenberg zur Debatte. – Herr Kollege Bellino, Sie haben eine weitere Meldung zur Geschäftsordnung?

Frau Präsidentin, Sie hatten eine Frage gestellt, und ich bin bereit, sie zu beantworten. Ich habe das Zusammentreten des Ältestenrats beantragt. Wir können gerne diesen Tagesordnungspunkt zu Ende führen. Aber dann wird der Ältestenrat tagen, wie es beantragt ist.

Herr Bellino, in dem Tumult ist Ihr Antrag nicht angekommen. Aber ich denke – –

(Lebhafte Zurufe von der CDU)

Entschuldigen Sie bitte. Ich habe eine Sitzung zu leiten. Mein Schriftführer hat mir gerade gesagt, dass das hier angekommen ist, aber nicht bei mir persönlich.

Die Frage ist: Führen wir die Debatte zu Ende, oder tagen wir sofort? Was wird gewünscht?

Frau Präsidentin, gerne zum dritten Mal, vielleicht langsam, damit es wirklich auch jeder versteht.

Ich habe das Zusammentreten des Ältestenrats beantragt. Das mache ich jetzt zum dritten Mal. Ich bin bereit, das nach der Diskussion zu diesem Tagesordnungspunkt zu machen. Dann besteht eine gewisse Chance, dass man das Protokoll schon vorliegen hat. Wir können diesen Punkt auf jeden Fall hier beenden. Bevor wir in den nächsten Tagesordnungspunkt eintreten, tritt der Ältestenrat zusammen.

Kollege Schaus, zur Geschäftsordnung.

Frau Präsidentin, um das ganz klar zu machen: Da wir selbst betroffene Fraktion sind, beantrage ich, den Ältestenrat sofort einzuberufen.

Gut, dann unterbrechen wir die Sitzung. Der Ältestenrat tagt in Raum 115 S.

(Unterbrechung von 10:38 bis 11:51 Uhr)

Kolleginnen und Kollegen, ich hebe die Sitzungsunterbrechung auf.

Der Ältestenrat hat getagt, einmal über einen Protokollauszug, in dem es um zwei Zwischenrufe von Frau Wissler und Herrn Schaus ging. Diese beiden Zwischenrufe habe ich auch nach der Diskussion im Ältestenrat nicht für rügenswert empfunden. Es waren politische Wertungen, die von den Abgeordneten in dieser Form gemacht wurden und die nicht unparlamentarisch sind.

Wir haben uns außerdem über eine Äußerung unterhalten, die Herrn Staatsminister Beuth veranlasst hat, ans Rednerpult zu gehen. Diese Äußerung war im Präsidium in dieser Form nicht angekommen. Es wurde aber bestätigt, dass Frau Wissler in ihrer Rede den hessischen Verfassungsschutz als „Nulpenverein“ bezeichnet habe. Diese Äußerung habe ich ausdrücklich als unparlamentarisch angesehen.

Kolleginnen und Kollegen, bevor wir in der Debatte weiterfahren und weil ich jetzt gleich abgelöst werde, möchte ich etwas nachholen, was wir heute Morgen versäumen mussten, nämlich die Glückwünsche an Frau Faeser und die Überreichung des Blumenstraußes.

(Allgemeiner Beifall – Vizepräsidentin Heike Habermann überreicht Abg. Nancy Faeser (SPD) einen Blumenstrauß. – Vizepräsident Frank Lortz übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren, wir fahren in der Debatte fort. Das Wort hat Herr Kollege Norbert Schmitt, SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! – Ja, ich weiß, dass ich fünf Minuten habe. – Ich will nach dieser erregten Debatte festhalten, dass die Fakten, die wir in unserem Antrag dargelegt haben, von keinem Vertreter der Regierungsmehrheit, weder vom Minister noch von den Vertretern der GRÜNEN und der CDU, widerlegt worden sind.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Wir haben festgestellt, dass es im Straßenbau einen jährlichen Verzehr von 170 Millionen € gibt, aber dass jährlich nur 90 Millionen € investiert werden. Wir haben festgestellt, dass wegen Versäumnissen in der Vergangenheit 67.000 Wohnungen im Bestand fehlen. Das ist von niemandem bestritten worden. Es ist auch von niemandem bestritten worden, dass wir im Wohnungsbau einen jährlichen Bedarf von 37.000 Wohnungen haben. Dem ist von CDU und GRÜNEN nicht widersprochen worden.

Wir haben festgestellt, dass Hessen hinsichtlich der öffentlichen Investitionen den drittletzten Platz einnimmt. Herr Dr. Arnold, auch das haben Sie nicht bestritten, das haben auch die GRÜNEN nicht bestritten. Hessen hat den drittletzten Platz bei den öffentlichen Investitionen.

Sie haben auch nicht bestritten, dass bei der Dorf- und Regionalentwicklung im vergangenen Jahr, Haushalt 2015, 40 % der Haushaltsmittel nicht ausgegeben wurden. Oder bestreiten Sie das? – Nein.

Sie haben auch nicht bestritten, dass wir bei den kommunalen Investitionen nominal auf dem Stand von Mitte der Neunzigerjahre sind. Quotal haben wir nur noch die Hälfte der kommunalen Investitionen, die wir Mitte der Neunzigerjahre hatten. Das kann ich nach der erregten Debatte feststellen. – Jetzt kann man eines sagen: Wir haben nicht mehr Geld.

Das Einzige, bei dem ich eine Uneinigkeit festgestellt habe, ist die Frage der Breitbandversorgung im ländlichen Bereich. Das ist der einzige Punkt, bei dem CDU und GRÜNE gesagt haben, das sieht anders aus, als wir es dargestellt haben. Ich erinnere nur an die Äußerungen des Vorgängers von Herrn Dr. Schäfer, Herrn Weimar, der gesagt hatte, als wir mit einem Haushaltsantrag mehr Mittel für die Breitbandversorgung gefordert haben, das sei nicht Sache des Landes, das sei Sache der Telekommunikationsfirmen. Das war der Bewusstseinsstand der CDU noch vor wenigen Jahren in Hessen. Was soll ich dazu sagen?

Jetzt kann man sagen: Den Bestand, den Sie nicht bestreiten, nehmen wir hin. – Wir sagen: Diesen Bestand nehmen wir eben nicht hin, weil er die Zukunft Hessens verspielt.

(Beifall bei der SPD)

Dann kommen Sie und fragen: Wie finanzieren wir das? – Herr Wagner, Sie rechnen uns vor, wir forderten 2 Milliarden € für den Wohnungsbau. Sie sagen, Sie würden 1 Milliarde € bereitstellen. Da liegen wir nur 50 % auseinander. Diese 1 Milliarde €, von denen Sie gesprochen haben, würden wir gerne einmal sehen. Dieses Geld ist im Haushalt nicht abgebildet. Kommunale Mittel mit hineinzurechnen,

bei denen Sie lediglich Zinshilfen geben, für die die Kommunen Tilgung zahlen, das halte ich nicht für solide. Wir sind sehr gespannt, was die Ministerin in der kommenden Zeit darstellt, um diese 1 Milliarde € zu belegen.

(Beifall bei der SPD)

So zu tun, als würden wir 2 Milliarden € in einem Jahr fordern, dem kann ich widersprechen. Wir haben in unserem Haushaltsantrag 50 Millionen € für die Nassauische Heimstätte gefordert und belegt, dass damit auch Hebeleffekte entstehen. Damit kann man viel bewegen. Herr Kollege Wagner, das ist eine Milchmädchenrechnung – in Ihrem Fall eine Milchbubirechnung –, die Sie hier vorgenommen haben, nämlich so zu tun, als wäre das eine Forderung für ein Jahr. Das fordern wir eben nicht über ein Jahr, das ist ein länger angelegtes Programm.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen komme ich noch einmal zur Finanzierung. Ich bin sehr erfreut, dass das Land Hessen im Bundesrat den Vermittlungsausschuss zur Erbschaftsteuer angerufen hat. Herr Wagner, ich hoffe sehr, dass das Land Hessen den Vermittlungsausschuss im Bundesrat mit dem Ziel angerufen hat, Steuermehreinnahmen für das Land Hessen zu generieren.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Schmitt, wer hat das beschlossen? Das ist ja nicht zum Aushalten! – Gegenruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Wir haben widersprochen, das ist nicht zum Aushalten! – Glockenzeichen des Präsidenten)

Herr Wagner, Sie haben den Vermittlungsausschuss im Bundesrat angerufen, um mehr Mittel bei der Erbschaftsteuer für das Land Hessen zu erzielen. Ist das Ihre Aussage?

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist doch nicht zum Aushalten! – Anhaltende Zurufe von der SPD)

Herr Wagner, ist das Ihre Aussage, dass das Land Hessen den Vermittlungsausschuss angerufen hat, um für mehr Geld bei der Erbschaftsteuer zu sorgen, oder nicht? Das möchte ich jetzt wissen. Haben Sie den Vermittlungsausschuss angerufen, damit es mehr Geld für das Land Hessen gibt, oder nicht? Warum haben Sie den Vermittlungsausschuss angerufen?

(Anhaltende Unruhe)